| Titel: | Die Herstellung der Bronzefarbe in Vergangenheit und Gegenwart. | 
| Autor: | Wilhelm Theobald | 
| Fundstelle: | Band 328, Jahrgang 1913, S. 262 | 
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                        Die Herstellung der Bronzefarbe in Vergangenheit
                           								und Gegenwart.
                        Von Regierungsrat Dr.-Ing. Wilhelm Theobald
                           								in Berlin-Lichterfelde.
                        (Fortsetzung von S. 217 d. Bd.)
                        THEOLBALD: Die Herstellung der Bronzefarbe in Vergangenheit und
                           								Gegenwart.
                        
                     
                        
                           Das Stampfen.
                           Die unter pappscherenähnlichen Schneidvorrichtungen zu Streifen und in einer Art
                              									Häckselmaschine zu quadratischen Schnitzeln von etwa 4 cm Breite zerschnittenen
                              									Zainmetallblätter erfahren nun den Pulverisierungsprozeß in den Stampfen, der
                              									regelmäßig in eine Vor- und eine Nacharbeit zerfällt. Die erste, das
                              										„Vorschroten“, wird von den Sechser-Schrotern, d.h. zu je sechs Stück
                              									gruppierten Stampfen, geleistet, wie Abb. 6 (S. 215)
                              									sie dem Leser in einer Ausführungsform für die Herstellung der Aluminiumbronze
                              									vorführt. Ein schweres Balkengerüst trägt in zwei Drittel seiner Höhe die gemeinsame
                              									Antriebswelle, auf der in gleichmäßigen Winkelabständen sechs spiralig geformte
                              									Hebedaumen aufgekeilt sind. Sie heben, unter einen scheibenförmigen Wulst der in
                              									zwei Lagern senkrecht geführten Stößelstangen fassend, diese allmählich bis zu einer
                              									gewissen Höhe an, um sie dann plötzlich auf das im Mörser befindliche Stampfgut
                              									niederfallen zu lassen. Zwischen dem oberen Mörserrand und dem hierüber sichtbaren
                              									Teller ist ein Lederbeutel gespannt, um das Ausstauben des Stampfgutes zu
                              									verhindern. Da sich die Stößelstange in ihren Lagern nicht nur senkrecht
                              									verschieben, sondern auch drehen kann, bewirkt das Abwälzen der Hebedaumen unter dem
                              									Wulst der Stößelstangen neben einem Heben auch ein Drehen der letzteren, so daß der
                              									Stößel bei jedem Niederfallen mit einer anderen Stelle auf das Stampfgut aufschlägt.
                              									Neben jeder Stößelstange befindet sich ein „Auffanger“, der sich in den
                              									Bereich des Bundes drehen läßt, um beispielsweise zwecks Entleerung oder bei
                              									Erhitzung des Mörsers usw. den einzelnen Stößel ausschalten zu können, ohne daß die
                              									ganze „Sechser-Garnitur“ still gestellt zu werden braucht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 328, S. 263
                              Abb. 8.Bronze-Feinsieb (Rundsieb) von Sporer.
                              
                           Eine „Sechser-Vorschrotgarnitur“ erfordert bei etwa 80 Schlägen i. d. Min. 1
                              									PS und leistet die Vorzerkleinerung von 4,5 bis 6 kg Metall in etwa 2½ Stunden.
                           Ehe das Stampfgut der Vorschroter zur vollständigen Zerkleinerung in die
                              										„Feinstampfen“ kommt, wird das in ihm enthaltene feinere Gut durch ein
                              									Rundsieb oder ein Schüttelsieb abgeschieden und nun der Rest in die
                              									Feinstampfgarnitur gegeben.
                           Wie in den Vorschrotern sechs, sind hier sechszehn Stampfen zu einer Maschinengruppe
                              									vereinigt, in der wiederum je vier Stampfen zu einer Untergruppe zusammengefaßt
                              									sind.
                           Abb. 7 (S. 216) zeigt eine solche
                              									Sechzehner-Garnitur moderner Bauart. Das schwere Balkengerüst ist hier durch ein
                              									gußeisernes Gestell aus drei Säulen und einem auf diesen gelagerten Querhaupt
                              									ersetzt. Der Antrieb ist der gleiche wie bei der Sechser-Vorschrotgarnitur.
                           Jede der vier Stößelgruppen arbeitet in einem gemeinsamen „ Stampfhafen“. Im
                              									Gegensatz zu den Vorschrotern ist dieser ganz geschlossen und die Stößelstangen
                              									werden in Stopfbüchsen geführt, um das Ausstauben der feinen Bronzekörnchen zu
                              									vermeiden. Zum Abscheiden des feinsten Staubes dient ein an der Hinterseite des
                              									Stampfhafens angebrachter, in der Abbildung nicht sichtbarer schräger Stutzen mit
                              									angehängtem Beutel. Eine durch eine Bügelschraube verschließbare Tür dient zur
                              									Füllung, Entleerung und Beobachtung. Die Auffanger sind über dem Querhaupt
                              									angeordnet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 328, S. 263
                              Abb. 9.Steigmühle von Sporer.
                              
                           Eine Sechzehner-Garnitur verbraucht bei der gleichen Hubzahl wie die Vorschroter 2
                              									bis 2½ PS und verarbeitet das Stampfgut in drei bis vier Stunden. Die Füllung
                              									schwankt auch hier zwischen 4, 5 und 6 kg für den Stampfhafen.
                           
                        
                           Das Sortieren.
                           Dem Feinmachen folgt das Sortieren des Stampfguts, wozu teils Feinsiebe nach Abb. 8, teils Steigmühlen nach Abb. 9 zur Verfügung stehen. Erstere bestehen aus
                              									liegenden Trommeln, die mit Seidengaze überspannt sind und je nach deren fein- oder
                              									grobmaschigem Geflecht Bronzen verschiedener, jedoch immer nur einer Korngröße
                              									absieben. Im Gegensatz hierzu liefern die Steigmühlen Bronze von viererlei
                              									Korngrößen.
                           Die Steigmühle wird von Kieser in seiner Beschreibung der
                              									Bronzefarbenfabrikation im Jahre 1868 noch nicht erwähnt, dagegen kennt sie Düll
                              										1894Bayerisches
                                    											Industrie- und Gewerbeblatt, München 1894, S. 300. in von der jetzigen wenig
                              									abwelchender Form. Sie scheint danach in der Zwischenzeit aufgekommen zu sein.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 328, S. 264
                              Abb. 10.Reibmaschine mit umlaufendem Bodenstein von Sporer.
                              
                           Ihr Prinzip beruht auf der Sichtung durch einen Luftstrom, der das zu sichtende Gut
                              									mit sich reißt und dabei das schwerere nach kürzerer, das leichtere nach längerer
                              									Flugbahn in entsprechende Behälter fallen läßt. Wie Abb.
                                 										9 zeigt, besteht die Steigmaschine aus einem senkrecht stehenden
                              									zylindrischen Blechmantel, in dessen Inneres eine durch Riemenscheibe und
                              									Kegelradübersetzung angetriebene senkrechte Welle führt. An dem unteren Ende dieser
                              									Welle sitzt – in der Zeichnung nicht sichtbar – eine Bürste oder ein Flügelpaar. Das
                              									in den unteren Teil des Blechmantels eingefüllte, durch die Drehung der Bürsten bzw.
                              									Flügel aufgewühlte Stampfgut wirbelt mit dem aufwärtsführenden Luftstrom in die Höhe
                              									und wird infolge seiner Fliehkraft nach der Innenfläche des Blechmantels gedrängt.
                              									An diesem sind in drei Stockwerken übereinander abnehmbare ringförmige Blechbehälter
                              									aufgehängt, welche das wieder nach unten sinkende Stampfgut auffangen. Die Höhe, bis
                              									zu der das Stampfgut aufsteigt, steht im umgekehrten Verhältnis zu der Schwere bzw.
                              									Korngröße der Bronzeteilchen. Infolgedessen werden die leichtesten oder feinsten
                              									Bronzeteilchen in den obersten Blechbehältern, die schwereren, also gröberen,
                              									entsprechend tiefer abgelagert, während das schwerste Stampfgut sich am Boden der
                              									Steigmaschine sammelt.
                           Die obersten Kästen liefern fertige Bronze, „erste Auszugsware“ genannt, die
                              									mittleren und unteren zweite und dritte Ware. Diese mehr schuppenförmigen Bronzen,
                              									die Brokate, werden z.B. in der Tapeten- und Buntpapierfabrikation, zu
                              									Galanteriewaren u.a.m. verwandt oder mit der am Boden verbliebenen Bronze gröbsten
                              									Korns, der sogen. Sechzehnerware, zur weiteren Zerkleinerung in die
                              									Sechzehnerstampfe zurückgegeben.
                           Das Aufwirbeln in der Steigmühle dauert etwa zehn Minuten, worauf man nach
                              									erfolgtem Absetzen die Kästen entleert.
                           Das fertig gestampfte Gut wird nun den Poliertrommeln überwiesen, welche später zu
                              									besprechen sein werden, oder aber zur weiteren Verfeinerung der
                              										„Reibmaschine“ zugeführt.
                           
                        
                           Das Reiben.
                           Die durch den Steigprozeß gewonnene erste Auszugsware, die „gestiegene“
                              									Bronze, ist noch immer verhältnismäßig grobkörnig und infolge der größeren
                              									spiegelnden Flächen ihrer Partikelchen glänzend. Zur Herstellung feinerer und somit
                              									matter Bronzen muß daher zwischen den Steig- und den Polierprozeß der Reibprozeß
                              									eingeschaltet werden, dessen Produkt „geriebene“ Bronze heißt.
                           Das Reiben wird, auf Kollergängen vorgenommen, welche Abb.
                                 										10 veranschaulicht. Auf einem kräftigen Untergestell dreht sich, durch
                              									Riemscheiben und Kegelräder angetrieben, der „Bodenstein“, auf den die mit
                              									einer Lösung von Gummiarabicum angemachte Bronze aufgebracht ist. Beim Drehen läuft
                              									der Bodenstein unter drei kegelförmigen Granitwalzen hindurch, die an einem
                              									dreiarmigen Kreuz nachstellbar gelagert sind. Schräg nach innen gerichtete Kratzer
                              									sorgen dafür, daß die nach dem Rand des Bodensteins strebende Masse stets wieder
                              									nach innen zurückgeführt und dabei umgeschaufelt wird. Der Reibprozeß erfordert je
                              									nach der gewünschten Feinheit vier bis sechs Stunden. Die Reibmaschine macht 20
                              									Umläufe des Bodensteins und verzehrt 1 bis 1,5 PS.
                           Das Gummiarabicum hat die Aufgabe, den der Bronze anhaftenden Schmutz zu binden. Nach
                              									Beendigung des Reibprozesses wird es durch Einfüllen des Reibguts in Wasserbehälter
                              									von der Bronze gelöst und fortgeschüttet.
                           
                        
                           Neues Sortieren.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 328, S. 264
                              Abb. 11.Schotfeimaschine von Sporer.
                              
                           Die Bronze selbst aber erfährt ein neues Sortieren. Mit Wasser versetzt wird sie in
                              									Schüsseln mit geneigter Wand gefüllt, welche in Gruppen auf die langsam hinund
                              									herschwingenden Bretter der „Schottelmaschine“ (Abb. 11) gesetzt werden. Das Schwingen bewirkt die Kurbel einer durch
                              									Schneckenantrieb langsam gedrehten Welle. Bei diesem Prozeß lagert sich die Bronze
                              									in Schichten verschiedener nach unten zunehmender Korngröße ab. Indem man dann
                              									mittels eines Löffels eine Zone des Niederschlages nach der andern abkratzt, erhält
                              										man soviel
                              									verschiedene Korngrößen, als man Zonen abhebt. Die Bronze wird nunmehr auf Papier
                              									ausgebreitet, das, über gemauerten Oefen auf etwa 40° erhitzt, die Bronze zum
                              									Trocknen bringt.
                           Hiermit ist auch die geriebene Bronze zum Polieren fertig.
                           
                        
                           
                              Das Polieren
                              
                           erfolgte früher in Trommeln mit senkrechter Welle (Abb. 12) und geschieht heute in liegenden Zylindern.
                              									Die ersten derartigen Maschinen scheinen von Haag, der durch eine
                              									Turbinenkonstruktion bekannt ist, 1870 in Nürnberg gebaut worden zu sein.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 328, S. 265
                              Abb. 12.Stehende Poliermühle von Sporer.
                              
                           Die heutige Maschine (Abb. 13) stellt einen liegenden
                              									Zylinder von etwa 1 m Länge und 40 cm ⌀ aus Blech dar, innerhalb dessen eine in
                              									Stopfbüchsen gelagerte Welle mit zwei dreiarmigen Kreuzen rotiert. Nahe der
                              									Innenfläche des Mantels tragen die Kreuze drei der Welle parallele Bürsten von der
                              									Länge der Trommel. Durch eine staubdicht verschließbare Klappe der Oberseite des
                              									Mantels eingefüllt, wird die Bronze durch das Bürstenkreuz an den Narben des
                              									Mantels entlanggerieben und erhält hierdurch, unter Zusatz einer öligen bzw.
                              									fettigen Substanz, einen matteren bzw. lebhafteren Glanz. Die Höhe des Glanzes wird
                              									nach dem Verwendungszweck bemessen. So erhalten die für lithographische und
                              									Tapetendrucke bestimmten, trocken zu verarbeitenden Bronzen nur den sogen. Hochglanz
                              									und zwar durch Beimischung eines halben bis ganzen Löffels Olivenöl zu einer
                              									Trommelfüllung. Einen emailartigen Glanz dagegen gibt man den Bronzen, welche wie
                              									jede Anstrichfarbe flüssig aufgetragen werden sollen, den sogen. Emaillackbronzen.
                              									Bei diesen wird außer dem Vorpolieren mit Olivenöl noch ein Nachpolieren mit Stearin
                              									erforderlich, das den hochgradigen „Spiegel“ erzeugt. Das Vorpolieren nimmt
                              									etwa zwölf Stunden, das Nachpolieren etwa sechs Stunden in Anspruch.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 328, S. 265
                              Abb. 13.Liegende Poliermaschine von Sporer.
                              
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)