| Titel: | Polytechnische Rundschau. | 
| Fundstelle: | Band 328, Jahrgang 1913, S. 440 | 
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                        Polytechnische Rundschau.
                        Polytechnische Rundschau
                        
                     
                        
                           Englischer und deutscher Wettbewerb in China. (Aus
                              										„Technik und Wirtschaft“, Monatschrift des Vereines deutscher Ingenieure,
                              									Juni 1913.) Im fernen Osten geht Großes vor sich. China, das Riesenreich mit seinen
                              									mehr als 400 Millionen Einwohnern, ist „erwacht“. Neue Bedürfnisse machen
                              									sich geltend; Eisenbahnen, welche die Glieder des unermeßlichen Reiches miteinander
                              									verbinden, die äußere Einheit herstellen sollen, der die innere, das
                              									Zusammengehörigkeitsgefühl, ohne weiteres folgt, sind am dringlichsten, in ihrem
                              									Gefolge Unternehmungen ungewohnten Umfanges zur Erschließung der reichen
                              									Bodenschätze. Große Geldsummen braucht China, Riesenaufträge, die sich über
                              									Jahrzehnte erstrecken, hat es als Gegenleistung zu vergeben. Kein Wunder, daß
                              									stärkster Wettbewerb um den aussichtsreichen Markt besteht, daß er am schärfsten ist
                              									zwischen den drei großen Industriestaaten: Amerika, England und Deutschland. Ihre
                              									Kampfmethoden unterscheiden sich generell nur wenig von einander. Verschieden ist
                              									nur der Grad ihrer Anwendung, der abhängig ist von den Geldmitteln, die das
                              									Heimatland zur Verfügung stellt; die Höhe dieser Mittel ist ein zuverlässiger
                              									Gradmesser für das weltwirtschaftliche Verständnis der Einheimischen.
                           Einfluß auf die Erziehung des Nachwuchses zu erzielen, wird mit Recht als eine
                              									Hauptsache angesehen. Deutsche, englische, amerikanische Schulen für Chinesen werden
                              									gegründet. Ständige Ausstellungen, welche die neuesten Erzeugnisse der heimischen
                              									Industrie vorführen sollen, sind im Werden. Große Vereinigungen, wie die British
                              									Engineers' Association in England, entstehen mit dem einzigen Zweck der gründlichen
                              									Bearbeitung des chinesischen Marktes.
                           Hierzu kommt die Beteiligung an den neuen Staatsanleihen, die mehr oder weniger
                              									nachdrückliche Unterstützung durch die Diplomatie. Der Kampf im Ganzen entbehrt
                              									nicht eines gewissen großen Zuges. Nicht um Augenblickserfolge wird gekämpft, die
                              									weltwirtschaftliche Stellung der drei Länder selbst wird auf Jahrzehnte hinaus durch
                              									den Ausgang des Kampfes bestimmt.
                           Einem Engländer blieb es vorbehalten, diese Mittel des Vorgehens um eines zu
                              									vermehren, das im schärfsten Gegensatz zu dem gerade von den Engländern besonders
                              									nachdrücklich in Anspruch genommenen Ruhm der fairness steht.
                           Die von Stafford Ransome, dem Organisator der British
                              									Engineers' Association, herausgegebene Londoner Zeitschrift „Eastern
                                 										Engineering“ veröffentlicht seit einiger Zeit Aufsätze über Deutschland,
                              									sein Ingenieurwesen und seine Industrie, die weit über das Maß des selbst für ein
                              									sehr robustes Gewissen Zulässigen im Wettbewerb hinausgehen.
                           Ein Beispiel aus dem Märzheft des Eastern Engineering! In einem „Chinese or
                                 										British Ignorance“ überschriebenen Aufsatze wird zunächst der britische
                              									Gesandte in Peking aufs schärfste angegriffen, weil er eine deutsche Firma mit dem
                              									Bau einer für das Gesandtschaftsgebäude bestimmten Elektrizitätsanlage beauftragt
                              									hat. (an outrageously suicidal measure“ nennt der Verfasser das Vorgehen.) Wo
                              									solle da bei den Chinesen das Verständnis für die Vorzüge englischer Waren
                              									herkommen? Er fährt dann fort: „Die Leute in London, Paris, Berlin oder New York
                                 										mögen schön lachen über den einfältigen Chinesen, der sein Vertrauen auf
                                 										deutsche Militärinstrukteure und deutsches Kriegsmaterial setzt. Ein Beispiel
                                 										nach dem andern in den verschiedensten Gegenden zeigt, daß ein solches Vorgehen
                                 										zum Sturz des Reiches geführt hat. Das zwingendste Beispiel ist das letzte, wo
                                 										das von deutschen Offizieren ausgebildete türkische Heer von einem Feinde
                                 										vernichtet worden ist, der im Vergleich mit der Türkei als wenig beachtenswert
                                 										angesehen worden war. Aber die Türkei hatte nicht nur die Ausbildung ihrer
                                 										Soldaten Deutschland zu danken, sondern auch ihre Waffen und ihre Munition. Ein
                                 										jammervolleres und verächtlicheres Schauspiel hat die Geschichte wohl noch nie
                                 										erlebt, als das der Türken, die sich mit den hölzernen Kugeln und den nicht
                                 										krepierenden Geschossen, die in Deutschland hergestellt worden sind, verteidigen
                                 										wollten.“ Von den deutschen Offizieren, denen ja die Wertlosigkeit der
                              									Waffen und Munition bekannt gewesen sei, hätte man selbstverständlich in diesem
                              									Kriege keine besonderen Beweise von Mut erwarten dürfen. Diesem giftigen Ausfall
                              									folgt dann die Mahnung an die Chinesen, die deutschen Instrukteure und das deutsche
                              									Kriegsmaterial so schnell wie möglich zu beseitigen, sofern sie nicht das gleiche
                              									Schicksal erleben wollten. Es wird dann auf Japan hingewiesen, das von dem
                              									Augenblick an, wo es sich von seinen deutschen militärischen und technischen
                              									Beratern freigemacht habe, wo es nicht mehr die leichte Beute der
                              										„unehrlichen“ deutschen Kaufleute gewesen sei, groß und stark geworden
                              									sei. Leider habe China im Gegensatz zu Japan den Deutschen gestattet, sich in
                              									Tsingtau niederzulassen und dort einen Mittelpunkt zu schaffen, von dem aus es den
                              									als „Deutsche Pest“ (Ger-man Blight) bekannten Bazillus weiterverbreite, der
                              									das Herzblut des rechtmäßigen chinesischen Geschäftes nach und nach aussauge.
                           Eine der erkennbarsten Wirkungen dieses Bazillus seien die letzhin nach Deutschland
                              									gegangenen Aufträge für Waffen und Munition, Aufträge, die für die deutschen Firmen
                              									jetzt um so wichtiger seien, als sie diese wertlosen Sachen ja nicht mehr wie früher
                              									auf den türkischen Markt wegkarren könnten.
                           Die Nutzanwendung, die aus diesem Lügengewebe für China – und England gezogen wird,
                              									liest sich besonders erbaulich, weil der Verfasser jetzt im Namen der Moral
                              									spricht.
                           „Wir hoffen auf die Zeit, wo China in der Lage sein wird, seine Angelegenheiten
                                 										selbst zu führen und seine militärischen wie industriellen Bedürfnisse auf einem
                                 											„bona fide“ Markt zu bestellen, auf dem es mit „fairness“
                                 										bedient wird.“ In der Zwischenzeit sei es Aufgabe der britischen Regierung,
                              										„China über all diese wichtigen Dinge aufzuklären, wenn nicht im Interesse
                                 										der englischen Fabrikanten, so doch im Interesse der öffentlichen Moral. Es gibt
                                 										Länder, die es ehrlich mit China in diesen verzweifelten Uebergangszeiten meinen
                                 										und die auf die Dauer auch den Nutzen davon haben werden. Von diesem Standpunkt
                                 										aus muß es mit Befriedigung erfüllen, daß Deutschland nicht zu diesen
                                 										gehört.“
                           Als der Verfasser diesen Aufsatz schrieb, war ihm sicherlich nicht gegenwärtig, was
                              									einige Zeit vorher die in dem Eastern Engineering gern zitierte angesehene Londoner
                              									Fachzeitschrift „The Engineer“ anläßlich des Kruppschen Jubiläums geschrieben hat: „Die Begeisterung, mit der diese
                                 										Hundertjahrfeier in Deutschland gefeiert worden ist, hat zweifellos ihren Grund
                                 										in dem Zusammenhang, der zwischen den Krupp-Werken
                                 										und der Kriegsrüstung besteht, die den Namen Krupp
                                 										berühmt gemacht und Deutschland zu seiner heutigen hohen Stellung unter den
                                 										Völkern gehoben hat.“
                           Auch Stafford Ransome wird nicht glauben, daß es
                              										„hölzerne“ Kugeln sind, die den Neidern Deutschlands bisher einen so
                              									heilsamen Respekt eingeflößt haben.
                           Weitere Aufsätze des Eastern Engineering beschäftigen sich mit der angeblichen
                              									Minderwertigkeit deutscher Schienen, mit schlechten Erfahrungen, die angeblich Japan
                              									auf dem Gebiete der Eisen- und Stahlindustrie mit Deutsehen gemacht hat usw.
                           Alle diese Aufsätze sind im gleichen Tone gehalten: Unterstellungen, Verdächtigungen
                              									müssen, da Tatsachen fehlen, zur Herabsetzung alles Deutschen dienen. Man könnte
                              									beim Lesen des Eastern Engineering beinahe zu der Ansicht gelangen, daß es doch um
                              									die Wettbewerbfähigkeit der englischen Waren bedenklich bestellt sein muß, wenn
                              									solche Mittel angewendet werden.
                           Dabei sind die Beispiele des Eastern Engineering außerordentlich unvorsichtig
                              									gewählt. Wer die englische Fachpresse auch nur oberflächlich verfolgt – und dazu ist
                              										Stafford Ransome als Herausgeber einer englischen
                              									Fachzeitschrift doch einigermaßen in der Lage und verpflichtet –, weiß, welchen Raum
                              									darin die Klagen über die Rückständigkeit gerade der englischen Eisen-und
                              									Stahlindustrie einnehmen und wie nachdrücklich auf die vorbildliche Organisation und
                              									Technik in Deutschland hingewiesen wird in diesen Industriezweigen wie in manchen
                              									anderen. Die englischen Klagen werden verständlich, wenn man die Abb. 1 und 2
                              										betrachtet.Für das Jahr 1912
                                    											liegt die englische Ziffer noch nicht vor. Sie ist hier auf 9 Mill. t
                                    											angenommen, wahrscheinlich zu hoch, da im ersten Halbjahr 1912 nur 3,66
                                    											Mill. t Roheisen erzeugt worden sind.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 328, S. 441
                              Abb. 1.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 328, S. 441
                              Abb. 2.
                              
                           Vergrößert sich hiernach der Abstand in der Roheisenerzeugung der beiden Länder immer
                              									mehr zugunsten Deutschlands, so auch in der Weiterverarbeitung: in Schienen,
                              									Halbzeug, Trägern, Draht, gewalzten Röhren, um nur einiges herauszugreifen, hat
                              									Deutschland die unbestrittene Führung auf dem Weltmarkt.
                           Es gibt wohl kaum ein anderes Gebiet, das so geeignet ist, die Errungenschaften
                              									deutscher Technik so eindringlich vor Augen zu führen wie gerade das von Stafford Ransome gegen Deutschland ausgespielte
                              									Eisenhüttenwesen.
                           Nirgends ist die Kraft- und Transportwirtschaft besser ausgebildet als auf deutschen
                              									Werften. Die Gicht- und Koksofengase werden in hohem Maße ausgenutzt; aus letzteren
                              									gewann Deutschland 1912 rd. 500000 t schwefelsauren Ammoniak gegen nur 380000 t in
                              									England.
                           Der neueste Fortschritt in der Reinigung der Gichtgase (trockne Gasreinigung, Bauart
                              									Halberger Hütte) ist deutschen Ursprunges. Die Großgasmaschine verdankt den
                              									Deutschen Otto und Langen ihre
                              									Ausbildung.
                           Was die Stahlwerke angeht, so ist das Thomas-Verfahren in
                              									Deutschland entwickelt, das Martin-Verfahren mit
                              									flüssigem Einsatz am meisten bei uns durch gebildet worden, wie auch die
                              									neuesten Verbesserungen am Martin-Ofen aus Deutschland
                              									stammen.
                           Der Elektrostahlofen ist ein deutscher Erfolg; wir besitzen die meisten Oefen im
                              									Betrieb, in England steht die Entwicklung noch in den Anfängen. Der neueste Erfolg
                              									des Héroult-Ofens, in dem jetzt saurer Stahl hergestellt
                              									werden kann, ist im Remscheider Stahlwerk Lindenberg
                              									gezeitigt worden.
                           Der deutsche Walzwerksbau ist weltberühmt: Bauten in England, Frankreich, IndienDie Tata Iron and Steel
                                       												Co. hat für 10 Mill. M Maschinen und Materialien aus Deutschland
                                    											bezogen., China legen ein beredtes Zeugnis ab. Der elektrische
                              									Walzenantrieb (besonders Umkehrwalzwerke) ist von den deutschen großen
                              									Elektrizitätsgesellschaften geschaffen worden.
                           Hebezeuge von einer Mächtigkeit, wie sie die Welt noch nicht gesehen, sind deutschen
                              									Ursprunges, ja, England selbst hat die deutsche Ueberlegenheit hier anerkannt, wie
                              									deutsche Riesenkrane auf englischen Werften bezeugen. Die Elektroindustrie und die
                              									chemische Industrie Deutschlands sind tonangebend in der Welt.
                           Diese Stellung auf dem Weltmarkte würde die deutsche Industrie sicher nicht
                              									einnehmen, wären ihre Erzeugnisse minderwertig, wie der Eastern Engineering seinen
                              									Lesern vorzutäuschen nicht müde wird; sie verdankt diese hohe Stellung vielmehr dem
                              									Umstände, daß sie dank ihrer Organisation und der deutschen Technik in der Lage ist,
                              									besser, billiger und schneller zu liefern als England.
                           Einen Beweis hierfür bieten die Aufträge, die gerade in den letzten Wochen wieder aus
                              									dem Auslande an deutsche Werke ergangen sind: aus Amerika auf den Bau der für den
                              									Panamakanal bestimmten riesigen Schwimmkrane, wie auf Errichtung eines elektrischen
                              									Kraftwerkes in Chile, aus England auf Lieferung von Schleusentoren und Drehbrücken.
                              									Die Londoner Hafenbehörden sind sicher gute Patrioten, aber nicht immer kann nach
                              									der Losung des Birminghamer Stadtverordneten N. Chamberlain verfahren werden: „Britische Aufträge an britische Werke;
                                 										zum Teufel mit den Kosten“, wonach im vorigen Jahre laut einer Mitteilung
                              									der englischen Zeitschrift „Ironmonger“ ein deutsches Angebot auf
                              									Straßenbahnschienen aus dem Felde geschlagen wurde zugunsten eines um 15 v. H.
                              									höheren englischen Angebotes. Auf die Dauer kommt das zu teuer.
                           Doch genug hiervon! Die wenigen Beispiele genügen, zu zeigen, wie die vergifteten
                              									Pfeile des Eastern Engineering den Schützen selbst treffen. Auch die Wirkung auf die
                              									Chinesen wird ausbleiben. Lügen haben kurze Beine; der kluge und nachdenkliche
                              									Chinese, der den Eastern Engineering liest, wird sich unwillkürlich fragen: Wie kann
                              									sich der Engländer erlauben, mir solche offenbaren Unwahrheiten zu erzählen? Große
                              									Vorsicht allen Anpreisungen einer solchen Zeitschrift gegenüber wird voraussichtlich
                              									das Ergebnis sein.
                           Nach alledem liegt auf deutscher Seite kaum ein Anlaß vor, den Angriffen des Eastern
                              									Engineering besonderes Interesse zuzuwenden, viel eher auf englischer. Wie oben
                              									erwähnt, ist der Spiritus rector des Eastern Engineering Stafford Ransome zugleich Begründer der British Engineers' Association,
                              									die gerade in den letzten Wochen eine umfangreiche Werbetätigkeit in allen
                              									bedeutenden Städten Englands betreibtDer Londoner
                                    												„Engineering“ vom 23. Mai berichtet, daß schon 150 Firmen, die
                                    											ein Kapital von mehr als 1200 Mill. M vertreten, der Vereinigung
                                    											angehören.. Ihr gehören sehr ernsthafte, auch in Deutschland
                              									hochangesehene Ingenieure an: Douglas Vickers als
                              									Vorsitzender, dann der Präsident der Institution of Mechanical Engineers Ellington,
                              										Wilfrid Stokes, William Porter und viele andere, die
                              									sicherlich mit Recht den Anspruch erheben dürfen, rechtlich denkende Ingenieure und
                              									Kaufleute zu sein, die es dann aber auch im eigensten Interesse unmöglich billigen
                              									werden, daß mit Waffen der geschilderten Art gegen die Erzeugnisse deutscher
                              									Fachgenossen vorgegangen wird, Waffen, die geeignet sind, die Atmosphäre, deren
                              									beginnende Klärung von allen Einsichtigen dies- und jenseits des Kanales so
                              									freundlich begrüßt wird, von neuem zu vergiften.
                           Daß im übrigen die Engländer mit großer Tatkraft für ihre Weltmarktstellung kämpfen,
                              									ist ihr gutes Recht; daß es ihnen besonders schwer ankommt, gerade Deutschland als
                              									ebenbürtigen, auf manchen Gebieten als überlegenen Mitbewerber anerkennen zu müssen,
                              									macht die geschichtliche Entwicklung begreiflich: England – früh schon ein
                              									machtvoller Einheitstaat – hat auf dem kampfzerrissenen Festlande jahrhundertelang
                              									das entscheidende Wort gesprochen, hat ohne ernstlichen Widerstand das mächtige
                              									Weltreich, dessen es sich heute erfreut, aufbauen können, hat bis vor wenigen Jahren
                              									auch den Weltmarkt unbeschränkt beherrscht, während sich die deutschen Stämme im
                              									endlosen Bürgerkriege zerfleischten, ohnmächtig zu jeder Betätigung nach außen. Daß
                              									dem heute nicht mehr so ist, daß Deutschland – seit mehr als vierzig Jahren zum
                              									Einheitstaat zusammengeschweißt – einen Aufstieg sondergleichen erlebt hat, daß es
                              									Weltgeltung beansprucht, beanspruchen darf und muß, wenn es nicht in die Reihe der
                              									Nichtzählenden zurückfallen soll, das ist dem Engländer noch nicht so recht zum
                              									Bewußtsein gekommen. Das Herrschaftsgefühl, das die glanzvolle Geschichte seines
                              									Landes ihm eingeimpft hat, sitzt noch zu tief im Blute. So fällt das Umdenken auch
                              									dem weiterblickenden Engländer nicht eben leicht. Bis das Verständnis für die durch
                              									die Entwicklung des letzten halben Jahrhunderts geschaffene neue Lage in die breite
                              									Masse des Volkes gedrungen sein wird, bedarf es noch einer großen Spanne Zeit.
                           W. Matschoß.
                           ––––––––––
                           Zeichnerische Untersuchung der Gemischbildung in
                                 										Gasmaschinen. Ein guter Wirkungsgrad wird bei Explosionsmotoren durch hohe
                              									Kompression, möglichste Verringerung der wärmeabführenden Oberflächen, kurzem
                              									Zündweg und gleichbleibendes Mischungsverhältnis von Gas und Luft mit guter
                              									Diffusion erreicht. Während den erstgenannten Punkten schon seit längerer Zeit die
                              									gebührende Beachtung geschenkt wurde, ist das Streben, auch dem letzten Erfordernis
                              									Genüge zu leisten, erst neuesten Datums. Es ist zu erwarten, daß durch Arbeiten in dieser Richtung
                              									dem Gasmotorenbau der größte Dienst geleistet wird, da den Versuchen, die
                              									Kompression auch weiterhin zu erhöhen, durch die Gefahr der Selbstzündung eine
                              									natürliche Grenze gesetzt ist, und auch die bauliche Ausbildung bereits eine so
                              									große Vollkommenheit erreicht hat, daß eine umwälzende Neuerung nicht mehr
                              									wahrscheinlich ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 328, S. 443
                              Abb. 1.Gemischregler.
                              Hellenschmidt-Diagramm; g' =
                                 										Geschwindigkeitskurve, H = – 50 Sauggas, H = -f 50 Sauggas. i i = Sauggas,
                                 										Druckgas (Vollast) i i' = Sauggas, Druckgas (Halblast)
                              
                           Das graphische Verfahren bietet die Möglichkeit, in übersichtlicher Weise die
                              									Faktoren, welche die Gemischzusammensetzung beeinflussen, zur Anschauung zu bringen.
                              									Die Grundlage der zeichnerischen Darstellung bildet das Hellenschmidt-Diagramm, das aus der folgenden Ueberlegung entstanden ist.
                              									Bezeichnet man mit P1
                              									den Luftdruck vor dem Mischorgan und mit P0 den Saugdruck im Zylinder, und ist ferner p1 = P1
                              									– P0, so ist die
                              									Geschwindigkeit der Luft im Mischquerschnitt
                              										w_1=\sqrt{2\,g\,\frac{p_1}{\gamma_1}} gemäß der Gleichung für
                              									hydraulischen Ausfluß, die bei Vernachlässigung der geringen Expansionsarbeit
                              									angewendet werden kann. Analog ergibt sich die Gasgeschwindigkeit
                              										w_g=\sqrt{2\,g\,\frac{p_g}{\gamma_g}} und das
                              									Mischungsverhältnis
                              										m=\frac{f_1\,w_1}{f_g\,w_g}=\frac{f_1}{f_g}\,.\,\sqrt{\frac{p_1\,.\,\gamma_g}{\gamma_1\,.\,p_g}}.
                              									Bezeichnet man \sqrt{\frac{\gamma_g}{\gamma_1}} und
                              										\frac{f_1}{f_g} mit q, so ist
                              										m=q\,K\,.\,\sqrt{\frac{p_e}{p_g}}. Wird der Ueberdruck
                              									des Gases über die Luft H genannt, so wäre pg = Pe + H – P0. Setzt man
                              									diesen Wert sowie p1 =
                              										P1
                              									– P0 in die Gleichung
                              									für m ein, so ergibt sich
                              										m=q\,K\,.\,\sqrt{\frac{P_e-P_0}{P_1+H-P_0}}. Wird K = 1, so
                              									erhält man mit einem Luftdruck von 10000 mm Wassersäule
                              										\frac{m}{q}=\sqrt{\frac{10000-P_0}{10000+H-P_0}}. Im Hellenschmidt-Diagramm ist nun als Abszisse P0 und als Ordinate
                              										\frac{m}{q} angenommen und K = 1 gesetzt. Eine in der Höhe 1
                              									gezogene Wagerechte würde also anzeigen, daß der Quotient
                              										\frac{m}{q} bei Veränderung von P0 konstant und = 1 bleibt. Dies ist, wie
                              									ein Blick auf die obige Gleichung zeigt, nur möglich, wenn H = 0 ist. Die Parallele zur Abszisse (s. Abb.
                                 										1 rechte Seite) kennzeichnet also einen Gasüberdruck = 0. Wenn aber ein
                              									bestimmter Ueberdruck vorhanden ist, so muß das Verhältnis
                              										\frac{m}{q} durch Anwachsen von P0 geändert werden, bleibt indessen unter
                              									1. Sofern schließlich H negativ wird, d.h. ein
                              									Gasunterdruck besteht, wird \frac{m}{q}\,<\,1. Letzteres
                              									tritt bei der Verwendung von Sauggas, ersteres bei Verwendung von Druckgas ein. In
                              									das Diagramm werden nun die Größen von \frac{m}{q} unter Annahme
                              									wechselnder Ueber- und Unterdrücke eingetragen, und es ergeben sich Kurven, die sich
                              									bei sinkendem P0, also
                              									bei wachsendem p, asymptotenartig der Wagerechten im
                              									Abstand 1 von der Abszisse nähern. Es wird daraus ersichtlich, daß die Größe
                              										\frac{\mbox{Mischungsverhältnis}}{\mbox{Querschnittverhältnis}}
                              									bei wachsendem Drosseldruck immer geringeren Schwankungen unterliegt Der Verlauf der
                              									Kurven zeigt ferner, daß diese günstige Wirkung bei den Druckgasanlagen früher als
                              									bei den Sauggasanlagen eintritt. Auch die Tatsache, daß der Unterdruck im Zylinder
                              									naturgemäß größer sein muß als der Unterdruck des Gases, wenn letzteres überhaupt
                              									angesogen werden soll, kommt in der Darstellung zum Ausdruck. Nimmt man weiter an,
                              									daß die Senkrechte, welche das Diagramm auf der rechten Seite begrenzt, die
                              									Geschwindigkeit w in m/Sek. darstelle, so läßt sich bei
                              									der Abhängigkeit derselben von p auch noch eine
                              									Geschwindigkeitskurve eintragen. Man berücksichtigt die Verminderung von w infolge der Reibung dadurch, daß man den Wert
                              										\sqrt{2\,g\,\frac{p}{\gamma}} mit der Zahl 0,8 multipliziert.
                              									Es ergibt sich dann (mit γ = 1,293) w= 3,1√p. Ist H ≠ 1, so tritt eine einfache Korrektur der erhaltenen
                              									Werte \frac{m}{q} durch Multiplikation mit einem Koeffizienten
                              									ein.
                           
                           In folgender Weise verwendet man die geschilderte zeichnerische Darstellung zur
                              									Untersuchung der gebräuchlichen Regelungsverfahren. Es stelle in Abb. 1 (linke Seite) die Grundlinie den Kolbenhub
                              									dar. Bei Annahme von Gemischregelung wird in dem oberen linken Teil eine Wagerechte
                              										a eingetragen, die den konstanten Luftquerschnitt
                              									kennzeichnet. Die Kurven b und b' zeigen demgegenüber den veränderlichen Gasquerschnitt bei Voll- und
                              									Halblast. Durch Addition der Ordinaten von a und b bzw. b' ergeben sich
                              									dann die Kurven c und c'
                              									welche den Gesamtquerschnitt für beide Fälle veranschaulichen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 328, S. 444
                              Abb. 2.Füllungsregler.
                              Sauggas, Druckgas (Vollast) i' i' =
                                 										Sauggas, Druckgas (Halblast)
                              
                           Die Kurven d und d' zeigen das sich aus den obigen Linienzügen ergebende
                              									Querschnittsverhältnis q. Den Verlauf der
                              									Kolbengeschwindigkeit v stellt die Linie e dar, woraus sich gemäß der Gleichung f w = F v (wobei F die
                              									Kolbenfläche bedeutet), w=\frac{F\,v}{f} ergibt. Die
                              									Mischgeschwindigkeiten w sind durch die Linien f und f' eingetragen.
                              									Rechts oben schließt sich das Hellenschmidt-Diagramm mit
                              									den Kurven für H = + 50 und H = – 50 an. Durch g soll die
                              									Mischgeschwindigkeit in ihrer Abhängigkeit vom Druck gekennzeichnet werden. Will man
                              									nun das Mischungsverhältnis bei einer beliebigen Kolbenstellung, z.B. in Punkt I, feststellen, so lotet man zunächst bis Punkt II der Kurve f und erhält
                              									die Mischgeschwindigkeit. Durch Uebertragen auf Punkt III der Linie g und Loten auf die Kurve H = +
                              									50 bzw. H = – 50 ergibt sich
                              										\frac{m}{q} bei Saug- und Druckgas. Da nun q durch die Senkrechte von I auf Punkt V des Linienzuges d ermittelt werden kann, so kann man m feststellen. Durch die Kurven i und i' sind als Ergebnis die
                              									Mischungsverhältnisse bei Voll- und Halblast eingetragen. In gleicher Weise läßt
                              									sich diese Darstellung des Mischungsverhältnisses für Füllungsregelung durchführen.
                              									Der einzige Unterschied ergibt sich bei den Kurven a
                              									und b, da das Verhältnis von Luft- und Gasquerschnitt
                              									konstant ist. Man erhält die in Abb. 2 eingetragenen
                              									Linien i und i'. Bei
                              									Leistungsregelung ändert sich bei geringerer Tourenzahl Kurve e und mit ihr die abhängige Linie f. Es ergibt sich als Darstellung des
                              									Mischungsverhältnisses Kurve (i) in Abb. 2. Die Resultate der Untersuchung lassen sich
                              									folgendermaßen zusammenfassen. Gemischregelung ist für Sauggasbetrieb ungeeignet, da
                              										m zu stark schwankt. Bei Entlastung sind auch bei
                              									Druckgas die Verhältnisse ungünstig. Bei Vollast ergibt dagegen Druckgasbetrieb
                              									ziemlich gleichmäßiges Gemisch. Füllungsregelung wirkt in beiden Fällen bei Halblast
                              									sehr günstig. Bei Leistungsreglern verändert sich das Mischungsverhältnis stark bei
                              									Verminderung der Tourenzahl. Das Gemisch wird unter Umständen viel zu gasreich. Es
                              									treten schlechte Verbrennung, Heißwerden und andere Mißstände ein. Das günstigste
                              									Regel verfahren, welches bereits bei den Konstruktionen einiger Großfirmen Anwendung
                              									findet, ist Gemischregelung bei Vollast, Füllungsregelung bei Entlastung unter
                              									Anwendung starker Drosselung zur Erzielung hoher Mischgeschwindigkeiten.
                              									[Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure Nr. 18, 1913.]
                           Schmölke.
                           ––––––––––
                           Angebliche Ueberspannungserscheinungen. Die in der letzten
                              									Zeit gehaltenen Vorträge und veröffentlichten Abhandlungen über das Auftreten von
                              									Ueberspannungen in elektrischen Anlagen haben zur Folge gehabt, daß die
                              									Betriebsleiter verschiedener Werke geneigt sind, Erscheinungen auf Ueberspannungen
                              									zurückzuführen, die damit nichts zu tun haben. Um der hierdurch veranlaßten, ganz
                              									ungerechtfertigten Beunruhigung und einer übertriebenen Angst vor Ueberspannungen
                              									vorzubeugen, schreiben uns die Siemens-Schuckertwerke
                              									folgendes:
                           
                              „Die Erfahrung hat gezeigt, daß in Anlagen, die mit unserem Ueberspannungsschutz
                                 										in üblicher Weise ausgerüstet und in ordnungsmäßigem Zustand gehalten werden,
                                 										Ueberspannungen von ganz außerordentlicher Größe – wie sie nach den
                                 										theoretischen Ueberlegungen fremder Autoren angeblich auftreten müßten – so gut
                                 										wie gar-nicht vorkommen. In Fällen, in denen von Ueberschlägen über sehr große
                                 										Entfernungen berichtet wurde, konnte fast stets nachgewiesen werden, daß es sich
                                 										nicht um Ueberspannungen handelte, sondern um verschleppte Lichtbogen, die an
                                 										irgend einer Stelle, z.B. an einem zerbrochenen Isolator aufgetreten und dann
                                 										durch Wärmeauftrieb oder magnetische Blaswirkung nach anderen Stellen der
                                 										Schaltanlage getrieben waren. Auf ihrem Weg hatten sie sich in die Länge gezogen
                                 										und schließlich die Ueberbrückung der weitauseinanderliegenden Punkte in der Schaltanlage
                                 										herbeigeführt. Von diesem Lichtbogen rührten dann die Brandspuren her, von denen
                                 										man angenommen hatte, daß sie durch ganz gewaltige Ueberspannungen an dieser
                                 										Stelle hervorgebracht waren.
                              
                           
                              Als bemerkenswertes Beispiel in dieser Hinsicht erwähnen wir einen vor einigen
                                 										Monaten vorgekommenen Fall, bei dem berichtet war, daß in einer Schalterzelle
                                 										Ueberschläge von der Steigleitung zu einem 50 cm entfernten Rohr vorgekommen
                                 										seien. Es wurden Ueberspannungen vermutet, die wahrscheinlich an der
                                 										Durchführungsklemme des in der Zelle befindlichen Schalters eingeleitet seien,
                                 										da diese Klemme eine alte Bruchstelle zeigte und bei einem Erdschluß
                                 										durchschlagen worden war. Es konnte jedoch auch hier festgestellt werden, daß
                                 										die große Schlagweite nicht von Ueberspannungen entsprechender Größe überbrückt
                                 										war, sondern daß der Vorgang so verlaufen ist, daß der mechanisch zerbrochene
                                 										oder durch Temperatureinflüsse gesprungene Durchführungsisolator des Schalters
                                 										bei einem Erdschluß im Netz an der Bruchstelle durchschlug, und der Lichtbogen
                                 										dann an den Steigleitungen aufstieg und schließlich in der Länge von einem
                                 										halben Meter zwischen einer Steigleitung und dem geerdeten Rohr stehen blieb.
                                 										Einen Beweis für die Richtigkeit dieser Annahme lieferten Brandstellen längs der
                                 										ganzen Steigleitung, die allerdings auf den ersten Blick nicht zu finden waren,
                                 										weil sie der Rückwand der Schalterzelle zugekehrt waren.
                              
                           
                              Fälle, wie der oben geschilderte, können naturgemäß in jeder Anlage auftreten.
                                 										Sie sind tatsächlich wiederholt in ähnlicher Form festgestellt worden. Allgemein
                                 										ist ferner damit zu rechnen, daß in Fällen, in denen überhaupt Lichtbogen
                                 										auftreten, Ueberschläge auf große Entfernungen auch ohne Ueberspannungen möglich
                                 										sind, weil die durch den Lichtbogen erhitzte Luft in ihrer elektrischen
                                 										Widerstandsfähigkeit herabgesetzt ist.
                              
                           
                              Vielfach wird auch das häufige Auslösen von selbsttätigen Schaltern oder
                                 										Durchgehen von Sicherungen fälschlicherweise mit Ueberspannungen in Zusammenhang
                                 										gebracht. In sehr vielen Fällen sind aber solche Vorkommnisse nur auf eine
                                 										mangelhafte Ausästung von Bäumen zurückzuführen, die Erdschlüsse und
                                 										Kurzschlüsse auf der Leitung einleiten. Wo die Stromunterbrechungen im Anschluß
                                 										an das Arbeiten von Hörnerableitern erfolgen, ist fast immer die unsachgemäße
                                 										Verwendung dieser Apparate schuld. Entweder ist den Hörnern nicht genügend
                                 										freier Kaum zur Entwicklung der Lichtbogen gegeben, so daß diese Leitungen und
                                 										Metallteile erreichen, dabei die Dämpfungswiderstände überbrückend, oder es
                                 										haben die Dämpfungswiderstände zu niedrige Ohmbeträge, so daß die Stromentnahme
                                 										aus dem Netz zu groß wird.
                              
                           
                              Wir empfehlen daher, bei Meldungen über angeblich große Ueberspannungen – als
                                 										deren Anzeichen lange Lichtbogen oder häufiges Arbeiten der selbsttätigen
                                 										Schalter und Schmelzsicherungen angegeben werden – zu prüfen, ob sich die
                                 										beobachteten Erscheinungen nicht in der oben geschilderten Weise erklären
                                 										lassen. Hierdurch wird – wie wir hoffen – einer übertriebenen Angst vor
                                 										Ueberspannungen vorgebeugt werden, die bei unseren Anlagen durchaus nicht am
                                 										Platze ist.“
                              
                           ––––––––––
                           Die Anwendung von symbolischen Belastungskurven für
                                 										Elektrizitätswerke. Die jährlichen Wirkungsgrade
                                 										werden meist aus den mittleren monatlichen Belastungskurven einzeln
                                 										bestimmt. Dies kann durch eine „vereinfachte“ Summenkurve, die aus
                              									der Zusammenschiebung gleichhoher wagerechter Streifen jener gebildet wird,
                              									übersichtlicher und der Rechnung zugänglicher gemacht werden. Abb. 1 zeigt zwölf Tageskurven entsprechend den
                              									Monaten; Abb. 2 gibt die Summenkurve, welche gegen
                              									die Zeitachse die gleiche Fläche einschließt, wie jene der zwölf Kurven. Rossander nennt diese neue Kurve die symbolische und gibt
                              									ihre analytische Gleichung aus Beispielen an:
                           i = 0,02 + 0,98 t6,85 für ein
                              									Lichtwerk
                           und
                           i = t⅓ für ein Kraftwerk,
                           wobei i die Stromlast und t die Zeit bedeuten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 328, S. 445
                              Abb. 1.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 328, S. 445
                              Abb. 2.
                              
                           Er kann nun rechnerisch die Fläche bestimmen und allen wirtschaftlichen Fragen leicht
                              									nachgehen, die mit den veränderlichen Belastungsverhältnissen und den
                              									Energieverlusten in den Erzeugern, Leitungen, Umformern und Anschlußteilen
                              									zusammenhängen. Die festen Verluste werden durch Scherung der Kurvenordinaten, die
                              									proportionalveränderlichen durch affine Kurvenbildung berücksichtigt. Schon W. Lynen hat in der Zeitschrift des Vereines deutscher
                              									Ingenieure 1895 diese vereinfachte Belastungskurve für die Frage des
                              									wirtschaftlichsten Betriebes parallelgeschalteter Wechselstrommaschinen benutzt und
                              										Herzog-Feldmann haben sie gleichfalls in allen drei
                              									Auflagen ihres Handbuches der elektrischen Beleuchtung zur Klarstellung der
                              									augenblicklichen und der durchschnittlichen Wirkungsgrade der Belastungskurven
                              									aufgenommen. Da dieser Gesichtspunkt schließlich bei allen Werken, gleichviel
                              									welcher Art sie angehören, gilt und gleiche Wichtigkeit überall behält, so ist
                              									dieser Gegenstand allgemeiner Beachtung wert. [Carl A.
                                 										Rosander, Elektrot. Zeitschr. Heft 18, 1913.]
                           J. Herzog.
                           ––––––––––
                           Entwicklungsgeschichte der Zündholzindustrie. 1812 brachte
                              										Chancel in Wien die ersten Tunkhölzchen in den Verkehr und legte
                              									damit den Grund zur Zündholzindustrie, denn der stetig wachsende Verbrauch war bald
                              									die Veranlassung, von der Handarbeit zur Maschine überzugehen und somit eine
                              									Industrie zu begründen. Das Tunkfeuerzeug waren in Schwefel getunkte Hölzchen mit
                              									Köpfen aus einem Gemisch von 1 Teil Schwefel und 3 Teilen chlorsaurem Kali, die sich
                              									beim Eintunken in ein Fläschchen mit konzentrierter Schwefelsäure entzündeten.
                              									Später wurde mit Schwefelsäure getränkter Asbest verwendet, um ein Verspritzen der
                              									Säure zu vermeiden. Durch Verbesserungen in der Herstellung der Hölzchen und durch
                              									Einführung einer neuen Methode zur Fabrikation des chlorsauren Kaliums sank der
                              									Preis für 1000 Hölzchen bald von 10 Gulden auf 4 bis 5 Kreuzer, welcher Betrag etwa
                              									dem heutigen Preise der Zündhölzer entspricht. Um 1830 brachte Jones ein auf ähnlicher Grundlage beruhendes tragbares Feuerzeug
                              									(Prometheans) in den Handel. Da jedoch das Hantieren mit Schwefelsäure im Haushalt
                              									gefährlich war, suchte man eifrig nach einer Verbesserung der Zündhölzer. 1832 kamen
                              									die „Congreveschen Reibzündhölzer“ auf den Markt, bei denen der Kopf aus
                              									einem Gemisch von chlorsaurem Kali und Schwefelantimon bestand und die durch
                              									Abziehen an einem harten, eventl. mit Glaspulver überzogenen Papier entzündet werden
                              									konnten. Diese Vorläufer unserer schwedischen Zündhölzer wurden aber bald durch die
                              									Phosphorzündhölzer verdrängt, die vom Jahre 1833 an in Gebrauch kamen, nachdem die
                              									bereits von 1805 an unternommenen Versuche mit diesem leichtentzündlichen und
                              									überaus giftigen Stoff zu einem Erfolg geführt hatten. In den dreißiger Jahren
                              									wurden sehr gute Fabrikate von Kammerer in Ludwigsburg,
                              									von Moldenhauer in Darmstadt und von Prehsel in Wien in den Handel gebracht; die
                              									Zusammensetzung der Zündmasse wies damals ziemliche Verschiedenheiten auf, so wurden
                              									z.B. statt des chlorsauren Kalis auch Salpeter, Mennige, Braunstein oder Gemische
                              									dieser Stoffe angewandt. Die Selbstentzündung der Hölzer, die anfangs sehr erheblich
                              									war, wurde durch verbesserte Fabrikationsmethoden bald fast ganz beseitigt, und es
                              									fand damals bereits ein großer Versand von Zündhölzern statt. Verfasser gibt einige
                              									Rezepte und Kostenberechnungen aus jener Zeit an. Die Erfindung des ungiftigen und
                              									weniger feuergefährlichen roten Phosphors im Jahre 1845 trug wesentlich zur
                              									Weiterentwicklung der Zündholzindustrie bei. Schon im Jahre 1848 erfand der
                              									deutsche Chemiker Böttcher phosphorfreie
                              									Sicherheitszündhölzer, die unseren heutigen Zündhölzern vollkommen glichen; da aber
                              									zu ihrer Entzündung eine besondere Reibfläche erforderlich war, fanden sie keinen
                              									Eingang. Böttcher wandte sich nach Schweden, wo sich sein
                              									neues Fabrikat in Jönköping so schnell entwickelte, daß er seine Hölzer nach zehn
                              									Jahren auch in Deutschland einführen konnte, wo man nun ihren Wert erkannte. Diese
                              									einzige Fabrik in Jönköping erzeugt heute mit 800
                              									Arbeitern täglich eine Million Schachteln, d. s. 15000 kg im Werte von 10000 M ohne
                              									Steuer. Die Maschinen zur Herstellung der Zündhölzer wurden in den letzten
                              									Jahrzehnten sehr verbessert. Neben den Zündhölzern kamen schön in den frühesten
                              									Jahren verschiedene Apparate zum Feueranzünden auf den Markt, wie z.B. das Döbereinersche Feuerzeug, die Molletsche Pumpe u.a. Zum Schluß macht Verfasser einige statistische
                              									Angaben; im Jahre 1910 wurden in Deutschland 71100 Millionen Zündhölzer mit 17,7
                              									Mill. Mark versteuert. Der jährliche Verbrauch entspricht etwa 1400 Millionen
                              									Schachteln mit einem Gewicht von 21000 Tonnen. [Dr. P. Fischer, Zeitschrift für angewandte Chemie 1913 S. 73.]
                           Dr. Sander.
                           ––––––––––
                           54. Hauptversammlung des Vereines deutscher Ingenieure Leipzig
                                 										1913. In der Eröffnungssitzung verkündete der Rektor der Technischen
                              									Hochschule zu Dresden die Ehrenpromotion des Königs Friedrich August von Sachsen zum
                              									Dr.-Ing. ehrenhalber.
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                           Die Hauptversammlung verlieh die goldene Grashof-Denkmünze, die höchste Ehrung, die
                              									der Verein für hervorragende Leistungen auf dem Gebiete der Technik vergeben kann,
                              									an den amerikanischen Ingenieur George Westinghouse in
                              									Pittsburg, Pa. Westinghouse erfand 1868, 22 Jahre alt, die nach ihm benannte
                              									Luftdruckbremse, die auf die Entwicklung unseres ganzen Eisenbahnwesens einen
                              									weitgehenden Einfluß ausgeübt hat. Ferner erwarb er sich große Verdienste um die
                              									Ausbildung raschlaufender Dampfmaschinen und um die Einführung des Wechselstromes
                              									für Kraftzwecke in den Vereinigten Staaten. 1906 wurde er von der Technischen
                              									Hochschule zu Berlin zum Dr.-Ing. ehrenhalber ernannt.
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                           Die Hauptversammlung des nächsten Jahres findet in Bremen statt.