| Titel: | Zu dem Entwurf für das neue Patent-, Gebrauchsmuster- und Warenzeichengesetz. | 
| Autor: | Emil Bierreth | 
| Fundstelle: | Band 328, Jahrgang 1913, S. 538 | 
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                        Zu dem Entwurf für das neue Patent-,
                           								Gebrauchsmuster- und Warenzeichengesetz.
                        Von Patentanwalt Dipl.-Ing. Emil Bierreth in
                           									Berlin SW. 48.
                        (Schluß von S. 515 d. Bd.)
                        BIERRETH: Zu dem Entwurf für das neue Patent-, Gebrauchsmuster- und
                           								Warenzeichengesetz.
                        
                     
                        
                           Ebenso treten gegenüber dem Patentgesetz die beiden anderen Gesetze, das
                              									Gebrauchsmuster- und Warenzeichengesetz, zurück.
                           Den wenigen Aenderungen des Gebrauchsmustergesetzes wird man vorbehaltlos zustimmen
                              									können.
                           Die wichtigste Aenderung ist wohl die, daß es nunmehr möglich gemacht werden soll,
                              									den Gebrauchsmusterschutz über die bisherige Höchstdauer von sechs Jahren hinaus auf
                              									zehn Jahre zu verlängern. Die Gebühr für die ersten drei Jahre ist von M 15 auf M 20
                              									erhöht, die erste Verlängerungsgebühr von drei auf sechs Jahre Schutzdauer beträgt
                              									wie bisher M 60 und die zweite Verlängerungsgebühr von sechs auf zehn Jahre
                              									Schutzdauer M 150. Alle Gebühren wird man nicht als zu hoch bezeichnen können.
                           Das Erfinder- und Angestelltenrecht ist wie im Patentgesetz geregelt, desgleichen das
                              									bisher schon in der Rechtsprechung anerkannte Vorbenutzungsrecht bei
                              									Gebrauchsmustern und die Schadenersatzpflicht des Verletzers dagegen ist der
                              									Bereicherungsanspruch nicht mit aufgenommen worden.
                           Während bisher gegen die Zurückweisung eines Gebrauchsmusters nur die Vorstellung
                              									beim Präsidenten des Patentamts möglich war, ist jetzt dem zurückgewiesenen Anmelder
                              									ein Beschwerderecht gegeben.
                           Die strittige Frage, ob ein Gebrauchsmuster durch ein denselben Gegenstand
                              									betreffendes älteres Gebrauchsmuster vorweggenommen wird, ist in dem Entwurf in
                              									bejahendem Sinne entschieden.
                           Der hauptsächlichste Mangel, der dem Entwurf aber nach Ansicht des Verfassers noch
                              									anhaftet, ist der, daß die bisherige Beschränkung des Schutzes auf Modelle von
                              									Arbeitsgerätschaften oder Gebrauchsgegenständen oder von Teilen davon beibehalten
                              									worden ist. Alle Verfahren und Erzeugnisse, bei denen das Neue in der Herstellungs-
                              									und Bearbeitungsweise besteht, sowie unbewegliche Sachen, und ferner nach der
                              									bisherigen reichsgerichtlichen Rechtsprechung auch die „aus vielen
                                 										ineinandergreifenden Arbeitsmitteln und zur Bewegung durch Naturkräfte
                                 										bestimmten Maschinen sowie die Gesamtheit einer Reihe selbständiger, zum Zwecke
                                 										eines auf einer Mehrheit von Arbeitsvorgängen aufgebauten Betriebes
                                 										zusammengefügter Vorrichtungen“ sollen also künftig wie bisher vom
                              									Gebrauchsmusterschutz ausgeschlossen bleiben. Da nun das Gebrauchsmustergesetz
                              									gerade eine Lücke ausfüllen und den kleineren technischen Erfindungen einen Schutz
                              									gewähren soll, die den Ansprüchen, welche man an eine patentfähige Erfindung stellt,
                              									nicht genügen, so wird es seiner Bestimmung ebensowenig wie bisher völlig gerecht,
                              									solange die an sich zwecklose Beschränkung des Gesetzes auf „Modelle von
                                 										Arbeitsgerätschaften oder Gebrauchsgegenständen oder von Teilen davon“
                              									beibehalten wird.
                           Einem allgemeinen Wunsch hätte es auch sicherlich entsprochen, wenn mit dem Entwurf
                              									für das Gebrauchsmustergesetz gleichzeitig ein Entwurf als Ersatz für das Gesetz
                              									betr. das Urheberrecht an Mustern und Modellen vom 11. Januar 1876, das sogen.
                              									Geschmacksmustergesetz, vorgelegt worden wäre, über dessen
                              									Verbesserungsnotwendigkeit kaum Zweifel bestehen. Beide Gesetze hätten in ein
                              									gemeinsames Gesetz verschmolzen werden können, wie es bei dem kürzlich im Entwurf
                              									veröffentlichten österreichischen Musterschutzgesetz der Fall ist und von dem
                              									Altmeister auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes, Prof. Dr. J. Kohler, seit langem vorgeschlagen wird.
                           In dem Entwurf für das neue Warenzeichengesetz sind verschiedene wichtige Aenderungen
                              									vorgesehen.
                           Die bisherige amtliche Prüfung der Zeichen auf Kollisionsgefahr und das daran
                              									anschließende Widerspruchsverfahren sollen abgeschafft werden und es sollen dafür ähnlich
                              									wie beim Patentgesetz das Aufgebot der Anmeldungen und des Einspruchsrecht während
                              									der zweimonatlichen Bekanntmachung treten. Das Patentamt wird dadurch wesentlich
                              									entlastet, und es können die mit der Vermehrung der eingetragenen Zeichen häufiger
                              									werdenden Versehen bei der Kollisionsprüfung, die bisher den älteren Zeicheninhaber
                              									zwangen, das mit seinem Zeichen verwechselungsfähige jüngere Zeichen im Wege der
                              									gerichtlichen Klage anzufechten, nicht dem Patentamt in die Schuhe geschoben
                              									werden.
                           Die Einspruchsgebühr von 20 M wird man jedoch hier im Gegensatz zu der
                              									Einspruchsgebühr im Patentverfahren verwerfen müssen, da es eine Härte darstellt,
                              									wenn der ältere Zeicheninhaber, der ein berechtigtes Interesse an der
                              									Nichteintragung des mit seinem Zeichen verwechselungsfähigen jüngeren Zeichens hat,
                              									zur Wahrung seiner Rechte noch 20 M zahlen soll. Besonders von Firmen, die eine
                              									große Anzahl Warenzeichen eingetragen haben und daher öfters gezwungen sind,
                              									Einspruch zu erheben, wird diese Härte empfunden werden. Das Patentamt kann zwar
                              									anordnen, daß dem obsiegenden Einsprechenden die Einspruchsgebühr erstattet wird und
                              									außerdem nach freiem Ermessen bestimmen, in wie weit die Kosten des Verfahrens den
                              									Beteiligten zur Last fallen, indessen kann man nicht wissen, wie sich die Praxis des
                              									Patentamtes hier heranbildet, ob insbesondere von der Befugnis auf Erstattung der
                              									Einspruchsgebühr an den obsiegenden Einsprechenden regelmäßig Gebrauch gemacht
                              									werden wird. Fällt daher die Einspruchsgebühr von 20 Mark nicht ganz, so ist es zum
                              									mindesten angebracht, daß dem Patentamt die Erstattung der Einspruchsgebühr an den
                              									obsiegenden Einsprechenden zur Pflicht gemacht wird. Böswillige und unbegründete
                              									Einsprüche werden dadurch ebensogut vermieden werden, während die amtlichen
                              									Verfahrenskosten wie bisher genügend durch die überdies noch erhöhten anderen
                              									Gebühren gedeckt werden.
                           Die Anmeldegebühr ist von 10 M auf 20 M erhöht, während außerdem für jede
                              									Warenklasse, auf die sich die Anmeldung erstreckt, 20 M zu zahlen sind.
                           Diese Warenklasseneinteilung, die sich in den meisten ausländischen
                              									Markenschutzgesetzen bereits befindet, ist eine wichtige Neuerung des neuen
                              									Gesetzes. Es wird dadurch verhindert, daß die Zeichen über das notwendige Bedürfnis
                              									hinaus für eine größere Anzahl Waren beantragt werden, wie dies bisher vielfach
                              									geschehen ist.
                           Andererseits wird den Firmen, die tatsächlich einen großen Warenverkehr haben, wie
                              									z.B. den Exportfirmen die Anmeldung ihrer Zeichen durch die Bestimmung erleichtert,
                              									daß in dem Falle, wenn die Anmeldung mehr als zwei Drittel aller Warenklassen
                              									umfaßt, für die überschießenden Klassen eine Klassengebühr nicht zu zahlen ist.
                           Die Klassengebühren werden zur Hälfte erstattet, wenn das Zeichen für die
                              									betreffenden Warenklassen nicht eingetragen worden ist. In besonderen Fällen können
                              									auch die vollen Klassengebühren erstattet werden.
                           Die Erneuerungsgebühr nach zehn Jahren Schutzdauer beträgt wie bisher 10 M, wozu noch
                              									für jede Warenklasse, für die das Zeichen erneuert wird, soweit nicht mehr als zwei
                              									Drittel aller Warenklassen in Frage kommen, eine Gebühr von 10 M zu zahlen ist.
                           Die Beschwerdegebühr ist wie im Patentgesetz auf 50 M heraufgesetzt.
                           Als wichtige Neuerung ist ferner noch die Aufnahme des Vorbenutzungsrechts in das
                              									Warenzeichengesetz zu erwähnen. Dieses Recht soll demjenigen zustehen, der das
                              									eingetragene Zeichen zur Zeit der Anmeldung bereits derart benutzt hat, daß es
                              									innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen seiner Waren gilt. Diese
                              									Bestimmung hilft einem lange empfundenen Uebelstand ab, daß das in den beteiligten
                              									Verkehrskreisen anerkannte, nicht eingetragene Zeichen eines Gewerbetreibenden von
                              									einen Dritten angemeldet wurde und dieser nach Eintragung alsdann dem ersteren die
                              									Weiterbenutzung des Zeichens untersagen konnte.
                           Andererseits ist die zweijährige Sperrfrist für gelöschte Zeichen im neuen
                              									Gesetzentwurf nicht mehr vorgesehen. Diese Bestimmung, die schon im alten Gesetz
                              									keinem Bedürfnis entsprach, ist durch Aufnahme des Vorbenutzungsrechts in das
                              									Zeichenrecht ganz überflüssig geworden.
                           Wie im Patentgesetz sind auch hier die Bestimmungen über die Wiedereinsetzung in den
                              									vorigen Stand bei Versäumnis von bestimmten Notfristen (Vorbescheids- und
                              									Beschwerdefrist) sowie über die Herausgabe der Bereicherung und über die
                              									Schadenersatzpflicht bei nur fahrlässiger Verletzung der Zeichenrechte aufgenommen
                              									worden.
                           Zu erwähnen ist schließlich von den wichtigeren neuen Bestimmungen des
                              									Warenzeichengesetzes nur noch, daß die Erhebung der öffentlichen Strafklage durch
                              									die Staatsanwaltschaft bei einer Zeichenverletzung künftig nur dann erfolgt, wenn
                              									dies im öffentlichen Interesse liegt, während sonst der Verletzte auf den Weg der
                              									Privatklage verwiesen wird, für welche die Schöffengerichte zuständig sind.
                           Wenn somit auch bei der Neuregelung der drei Gesetze manche Wünsche unberücksichtigt
                              									bleiben, so ist die stete Weiterentwicklung der Gesetze doch ein Beweis dafür, daß
                              									der gewerbliche Rechtsschutz zu einem unentbehrlichen Bestandteil der Industrie und
                              									des Handels geworden ist, deren Aufschwung zum großen Teil diesem Schütze
                              									zuzuschreiben ist. Und insofern ist jeder Fortschritt in der Gesetzgebung auf dem
                              									Gebiete des gewerblichen Rechtsschutzes dankbar zu begrüßen.