| Titel: | Kolloidchemie. | 
| Autor: | H. F. Baumhauer | 
| Fundstelle: | Band 328, Jahrgang 1913, S. 599 | 
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                        Kolloidchemie.
                        Von Dr. H. F. Baumhauer in
                           									Charlottenburg.
                        (Schluß von S. 454 d. Bd.)
                        BAUMHAUER: Kolloidchemie.
                        
                     
                        
                           II.
                           Wohl kein zweites Spezialgebiet der chemischen Wissenschaft hat in den letzten
                              									Jahrzehnten eine solche Ausdehnung erfahren wie die Kolloidchemie. Dies hat
                              									abgesehen von den interessanten physikalischen Eigenschaften der kolloiden
                              									Lösungen seinen Hauptgrund in der großen technischen Bedeutung, die den kolloiden
                              									Substanzen zukommt. Es gibt kaum noch ein Gebiet der Naturwissenschaft, in
                              									dem die Kolloide nicht eine Rolle spielen, und die Zahl der kolloid-chemischen
                              									Prozesse, die für die Technik von Wichtigkeit sind, mehren sich von Tag zu Tag, sei
                              									es, daß ganz neue kolloide Vorgänge technische Verwertung finden, oder daß bei schon
                              									längst praktisch ausgeführten Prozessen deren kolloide Natur erkannt wird.
                           Zur Darstellung eines Kolloids können zwei prinzipiell verschiedene Wege
                              									eingeschlagen werden. Entweder geht man aus von einer gelösten chemischen
                              									Verbindung, aus der durch chemische Einflüsse der kolloidgelöste Körper durch
                              									Zusammentreten mehrerer Moleküle oder Atome gebildet wird, oder man muß umgekehrt
                              									durch mechanische, chemische oder physikalische Mittel die Substanz so fein
                              									verteilen, daß sie in den kolloiden Zustand übergeht. Svedberg hat die erste Methode Kondensationsmethode, die zweite Dispersionsmethode genannt. Die im ersten Teil erwähnte Darstellung
                              									kolloider Kieselsäure gehört demnach zu den Kondensationsmethoden. Als ein weiteres
                              									Beispiel sei die Darstellung der prächtig gefärbten Gold- und Silberlösungen
                              									genannt, bei denen man so verfährt, daß man die stark verdünnten Salzlösungen dieser
                              									Metalle (Goldchlorid und Silbernitrat) mit geringen Mengen eines Reduktionsmittels
                              									versetzt, wodurch das Metall in feinster kolloider Form abgespalten wird. Als
                              									Reduktionsmittel für Gold kann z.B. das Natriumsalz der hydroschwefligen Säure oder
                              									Formaldehyd nach Zugabe von Kaliumbikarbonat verwandt werden, für Silber eignet sich
                              									außer Formaldehyd u.a. besonders Zucker oder Seignettesalz.
                           Diese Reduktion findet bei der Herstellung von Silber- bzw. Goldspiegeln Anwendung.
                              									Durch das Reduktionsmittel entsteht zuerst eine kolloide Lösung, die aber ihre
                              									Metallteilchen auf dem Glase in einer glänzenden Schicht niederschlägt. Nur durch
                              									sorgfältiges und exaktes Arbeiten wird eine wirklich tadellose glatte Metallschicht
                              									erhalten, so ist besonders darauf zu achten, daß das Glas gründlich gereinigt und
                              									von jeder Spur anhaftenden Fettes befreit ist. Da die dünne Metallschicht den
                              									elektrischen Strom gut leitet, so kann galvanisch auf ihr eine dicke Metallschicht
                              									niedergeschlagen werden, die durch Erhitzen von dem Glase losgelöst werden kann.
                              									Fabrikmäßig stellt man auf diesem Wege über gewölbten Glasformen metallische
                              									Hohlspiegel her.Arndt, Die Bedeutung der Kolloide für die Technik
                                    											S. 24.
                           Eine ausgedehnte technische Verwendung finden kolloide Metalle bei der Herstellung
                              									gefärbter Glassorten; so rührt z.B. die rote Farbe des bekannten Rubinglases von kolloid gelösten Goldteilchen her. Der
                              									Gang der Fabrikation ist kurz folgender. Man setzt dem Glassatz Goldchlorid zu und
                              									erhitzt ihn bis zur Weißglut. Bei diesen Temperaturen zersetzt sich das Goldsalz,
                              									und es scheidet sich Gold in feinster Verteilung ab. Jedoch ist die Verteilung des
                              									Goldes zuerst eine derartig feine, daß das schnell abgekühlte Glas farblos
                              									erscheint, erst nachdem das Glas nochmals bis zum Weichwerden erhitzt ist, schließen
                              									sich mehrere Goldteilchen zusammen, und es tritt nach dem langsamen Abkühlen
                              									des Glases die rubinrote Farbe auf. Der Goldgehalt dieses Glases ist sehr gering, er
                              									beträgt nur 0,05 bis 0,06 v. H. Auf ähnliche Weise wird auch das Kupferrubinglas hergestellt. Mit dem Ultramikroskop
                              									lassen sich die kleinen Goldteilchen sichtbar machen. Auch bei verschiedenen
                              									künstlichen und natürlichen Edelsteinen nimmt man an, daß sie ihre Farbe
                              									kolloidgelösten Stoffen verdanken. So soll die blaue Farbe des Saphirs von Kobaltoxydteilchen, und die rote des Rubins von kolloiden Chromoxydteilchen herrrühren.
                           Interessant ist auch die Anwendung des Goldkolloids im Cassiusschen Goldpurpur. Die durch Reduktion
                              									einer Goldchloridlösung entstandene rote kolloide Goldlösung wird, wie im ersten
                              									Teil erwähnt, durch Zusatz eines Elektrolyten zuerst blau gefärbt, und es scheidet
                              									sich unlösliches (irreversibles) Gold aus. Hat man aber ein Schutzkolloid wie Gummi
                              									oder Gelatine zugesetzt, so verhindert dieses das Ausfällen des Goldes. Dampft man
                              									diese Flüssigkeit auf dem Wasserbade zur Trockne, so kann das erhaltene Pulver immer
                              									wieder durch Wasser mit roter Farbe gelöst werden, das Gold ist zu einem reversiblen
                              									Kolloid geworden. Reduziert man nun die Goldchloridlösung mit Zinnchlorür, so bildet
                              									sich neben dem Goldkolloid zu gleicher Zeit kolloide Zinnsäure, die jetzt für das
                              									Gold die Rolle eines Schutzkolloides spielt. Dieser sogenannte Goldpurpur stellt
                              									getrocknet ein violett-farbenes Pulver dar. Durch geeignete Abänderungen im
                              									Reduktionsprozeß kann man Farben von dunkelrot bis rosa und auch indigoblaue Farben
                              									erhalten. Der Cassiussche Goldpurpur findet in der
                              									Porzellan- und Glasmalerei vielfach Verwendung.
                           Kolloide Silberlösungen sind in der Medizin von Bedeutung geworden. Unter dem
                              									pharmazeutischen Namen Collargol oder Argentum colloidale sind sie als tiefrote Flüssigkeit in
                              									den Apotheken erhältlich. Diese Silberlösungen sind durch Zusatz eines organischen
                              									Schutzkolloides haltbar gemacht..
                           Wir kommen nun zu der zweiten Art der oben genannten Darstellungsmethoden für
                              									Kolloide, der sogenannten Dispersionsmethode. Im Jahre 1898 machte Bredig zuerst die Beobachtung, daß durch Erzeugung eines
                              									Gleichstromlichtbogens unter Wasser die als Elektroden dienenden Metalle zerstäubt
                              									werden und kolloid in Lösung gehen. Es gelang auf diese Weise von einer großen
                              									Anzahl von Metallen kolloide Lösungen herzustellen, doch können hierbei natürlich
                              									auch andere Dispersionsmittel benutzt werden als Wasser, so wurden nach dieser
                              									Methode die Alkalimetalle Kalium, Natrium usw. in Aether zur Lösung gebracht. Zu den
                              									Dispersionsmethoden ist auch das Verfahren zu rechnen, nach welchem durch Anätzen, das heißt abwechselndes Behandeln schon
                              									feinverteilter Metalle mit sauren und alkalischen Reagenzien kolloide Lösungen
                              									gewonnen werden. Es war schon bekannt, daß feinverteilte Metalle, die man auf einem
                              									Filter auswaschen will, besonders leicht kolloid durch das Filter laufen, wenn sie
                              									vorher mit einer Säure oder Lauge behandelt sind. Diese Erscheinung ist von Dr. Kuzel weiter ausgearbeitet worden, der sich sein
                              									Verfahren besonders zur Erzeugung kolloiden Wolframs patentieren ließ. Es gelingt
                              									leicht durch diese Anätzmethode aus dem schon durch die Reduktion von WO3 mittels Zink in
                              									feinster Verteilung erhaltenen Wolframpulver eine konzentrierte kolloide Lösung zu
                              									bereiten. Fällt man aus einer solchen Lösung mit Chlorammonium als Elektrolyten das
                              									Metall, das sich hierbei in großen schwarzen Flocken zu Boden setzt, und hebert die
                              									überstehende klare Flüssigkeit ab, so erhält man eine knet- und formbare,
                              									tiefschwarze Paste, aus der sich ohne jedes Bindemittel haltbare Wolframfäden
                              									spritzen lassen, die, nachdem sie durch Hindurchleiten des elektrischen Stromes in
                              									einer inerten Atmosphäre metallisiert worden sind, fertig sind zum Einsetzen in die
                              									Lampe. Daß dieses Verfahren zur Herstellung der elektrischen Glühfäden, gegenüber
                              									dem damals üblichen Pasteverfahren mit organischen
                              									Bindemitteln Vorteile bot, leuchtet wohl ein. Heute hat dieses Verfahren allerdings
                              									an Bedeutung verloren, nachdem es gelungen ist das spröde Wolframmetall durch
                              									mechanische Bearbeitung so duktil zu machen, daß es sich zu den feinsten Fäden
                              									ausziehen läßt.
                           Die organischen Bindemittel, die man früher beim Pasteverfahren zur Herstellung der
                              									Wolframfäden benutzte, sind Kolloide, und durch die Klebekraft dieser Kolloide
                              									gelingt es, haltbare Metallfäden zu spritzen. Beim Kolloidverfahren hat man das
                              									Wolframmetall selbst in ein Gel übergeführt, das plastische und knetbare
                              									Eigenschaften besitzt. Auf derselben Gelbildung beruht
                              									auch das Plastischwerden der Ton- und Porzellanerde für die Keramik. Die feine abgeschlemmte und mit den Magerungsmitteln Quarz und
                              									Feldspat versetzte Porzellanerde, die größtenteils aus Aluminiumsilikat besteht,
                              									besitzt ohne weiteres noch keine Plastizität, diese wird ihr erst durch längeres
                              									Lagern in feuchten Kellern durch das sogenannte Faulen oder Mauken verliehen. Bei
                              									diesem Prozeß entstehen durch die Zersetzung der vorhandenen organischen Substanzen
                              									Gase wie Kohlensäure, Schwefelwasserstoff und Ammoniak, die durch längere Einwirkung
                              									einen Teil der Porzellanerde in den kolloiden Zustand überführen. Durch den Einfluß
                              									der sich bildenden Salze werden diese Kolloide dann in knetbare und plastische Gele
                              									übergeführt, die hauptsächlich aus den Hydroxyden des Siliziums und Aluminiums
                              									bestehen sollen. Die entstandenen Kolloidteilchen wirken hier als Klebemittel und
                              									rufen ein inniges Zusammenhalten der anderen Teilchen hervor. Diese Bindekraft des
                              									Tons ist mit der Klebekraft des Leims zu vergleichen, der, nachdem er wie alle
                              									organischen Kolloide durch Aufnahme von großen Mengen Wasser gequollen ist, hohe
                              									Bildsamkeit erlangt hat und infolgedessen im Stande ist, alle Spalten und Poren der
                              									Materialien, die zusammengeleimt werden sollen, zu durchdringen, wodurch nach dem
                              									Trocknen das außerordentlich feste Zusammenhalten (z.B. zweier zusammengeleimter
                              									Stücke Holz) bewirkt wird.
                           Von der Eigenschaft der Kolloide, große Flüssigkeitsmengen aufzusaugen, macht man bei
                              									der Fabrikation der Trockenelemente Gebrauch. Hierbei
                              									werden zum Aufsaugen die kolloiden Substanzen Gelatine, Agar-Agar, Zellulose
                              									usw. und für saure Flüssigkeiten Kieselsäuregel benutzt. Die Fähigkeit der kolloiden
                              									Körper infolge ihrer riesigen Obenflächenentwicklung Gase, Flüssigkeiten und feste
                              									Substanzen zu adsorbieren und zähe festzuhalten ist die Eigenschaft, die den
                              									Kolloiden bei unzähligen, wichtigen Prozessen eine große Bedeutung verschafft hat.
                              									So ist auf diese Adsorptionsfähigkeit eine interessante Methode zur Anreicherung und
                              									Isolierung radioaktiver Substanzen begründet worden.
                              									Bisher war man darauf angewiesen durch fraktionierte Kristallisation und
                              									fraktionierte Fällung aus den Lösungen die geringen Mengen radioaktiver Substanzen
                              									anzureichern. F. EblerZeitschr. für angew. Chemie 1911, S. 1909. fand
                              									nun, daß eine ganze Reihe dieser Substanzen wie Radium, Uran X und Polonium durch
                              									Kolloide adsorbiert werden und sich so von anderen Elementen trennen lassen. Günstig
                              									ist hierfür die kolloide Kieselsäure, die sich auch nach erfolgter Adsorption durch
                              									Abrauchen mit Flußsäure als Fluorid wieder entfernen läßt.
                           In der Metallraffination und der GalvanotechnikK. Neukam, Zeitschr. f. angew. Chemie 1913, S.
                                    											441. hat man beobachtet, daß durch Zusatz von organischen
                              									Kolloidstoffen zu elektrolytischen Metallbädern die Struktur der Niederschläge
                              									günstig beeinflußt wird; so soll beim Blei durch Zusatz von Gelatine oder Leim eine
                              									besonders dichte und feinkrystallinische Abscheidung erzielt werden. Erklärt wird
                              									diese Erscheinung durch eine Adsorption der Metallteilchen durch die Kolloide und
                              									zugleich durch eine Veränderung in der Krystallisationsgeschwindigkeit.
                           Beim Goldpurpur des Cassius adsorbiert die kolloide Zinnsäure das kolloide Gold. Von
                              									der Tatsache, daß ein Kolloid das andere absorbiert, wird auch sonst noch vielfach
                              									Gebrauch gemacht, und viele wegen des überaus festen Zusammenhaltens der Kolloide
                              									bisher als rein chemische Prozesse angesehene Erscheinungen lassen sich durch diese
                              									Adsorptionsfähigkeit der Kolloide untereinander erklären. Unter einem Lack versteht
                              									man die Vereinigung eines Farbstoffes mit Tonerdehydrat. Versetzt man z.B. eine
                              									Farbstofflösung mit Alaun (Aluminiumkaliumsulfat) und gibt Soda hinzu, was ein
                              									Ausfällen von Aluminiumhydrat bewirkt, so adsorbiert das Aluminiumhydratgel den
                              									Farbstoff und reißt ihn unter Bildung des sogen. Lackes mit sich. Beispiele für
                              									solche Adsorptionsvorgänge begegnen wir auch in der Gerberei und Färberei. Die Haut ist nichts
                              									anderes als eine kolloide Substanz im Gelzustande, die den Gerbstoff in kolloider
                              									Form in sich aufnimmt und ihn so verändert, daß er aus dem Leder nicht mehr
                              									ausgelaugt werden kann. Als Gerbemittel dienen z.B. basische Chrom- und
                              									Aluminiumsalze und kolloide Fette. Arndt schreibt in seinem Buch „Die Bedeutung
                                 										der Kolloide für die Technik“: „Nach der Auffassung von P. S. Zacharias
                                 										besteht das Wesen jeden Gerbens darin, daß die Haut in Leder verwandelt wird,
                                 										indem die verquollene Hautfaser gerinnt und ihr Wasserbindungsvermögen durch
                                 										geeignete Einlagerung von Gerbstoffen aufgehoben wird.“ Auf ähnliche Weise werden
                              									manche Färbevorgänge erklärt. Bei einer Reihe von Farbstofflösungen hat man mit
                              									Hilfe des Ultramikroskopes nachgewiesen, daß sie kolloider Natur sind. Die
                              									Textilfasern, die man als eingetrocknete Gele betrachten muß, quellen beim Dämpfen
                              									auf und nehmen in diesem Zustande die kolloiden Farbstoffe auf, welche dann durch
                              									chemische Reaktion oder durch Koapulation innerhalb der Zellen oder Fasern
                              									festgehalten und fixiert werden.
                           Beim Klären trüber Flüssigkeiten spielen die Kolloide eine große Rolle, so können
                              									z.B. Bier und Wein durch kolloide Kieselsäure gereinigt werden. Handelt es sich um
                              									schwachsaure Flüssigkeiten, so kann man auch durch Zusatz geringer Mengen von
                              									Silikatlösung (wie z.B. Natriumsilikat-Wasserglas) direkt in der Flüssigkeit die
                              									kolloide Kieselsäure entstehen lassen, die dann alle Verunreinigungen an sich nimmt
                              									und mit zu Boden reißt. Um aus den Abwässern die
                              									schädlichen organischen Kolloide, die leicht in Fäulnis übergehen, zu entfernen,
                              									versetzt man sie mit Adsorptionsmitteln wie Eisenhydroxyd. Auch kann man dem Wasser
                              									berechnete Mengen eines Eisensalzes und Natriumkarbonat zusetzen, wobei sich im
                              									Wasser das reinigende Eisenhydroxyd bildet, nach folgender chemischen Gleichung:
                           2 Fe Cl3 + 3 Na2
                                 											CO3 + 3 H2Q
                                                   = 2 Fe (OH)3 + 6 Na Cl + 3 CO2.
                           Es ist bekannt, daß die meisten Körper, besonders auch die Metalle, in feiner
                              									Verteilung katalytische Wirkungen ausüben, d.h. manche chemische Reaktion
                              									beschleunigen. Eine solche Wirkung muß natürlich bei der feinen Verteilung des
                              									kolloiden Zustandes besonders kräftig sein. Hierauf beruht eine neue LuftuntersuchungsmethodeWeichardt und Kelber, Münch. med. Wschr. 1912, Bd. 2, S. 1889
                                    											bis 1891. mittels kolloiden Osmiums. Es hat sich gezeigt, daß in
                              									der schlechten Luft bewohnter Räume die Hautausdünstungen beiweitem
                              									gesundheitsschädlicher sind, als eine größere Menge Kohlensäure. Mit Hilfe des
                              									kolloiden Osmiums will man nun diese schädlichen Substanzen in der Luft bestimmen.
                              									Durch eine Lösung kolloiden Osmiums in Glyzerin leitet man die zu untersuchende Luft
                              									und hieraus in Terpentinölwasser, das mit einer Jodkaliumstärkelösung versetzt ist.
                              									Die Luft, die frei von schädlichen Substanzen ist, wird von dem kolloiden Osmium
                              									schnell ozonisiert und färbt dann die Jodkaliumstärkelösung blau. Die Ozonisierung
                              									wird aber gehemmt von den schädlichen Beimengungen der Luft und das Blauwerden tritt
                              									entweder gar nicht oder nur sehr langsam und schwach ein.
                           Interessant ist die Rolle, die die Kolloide in der Kautschukindustrie spielen. Die Kautschukteilchen sind als
                              									Emulsionskolloide im Milchsaft der Kautschukpflanzen gelöst und werden darin durch
                              									das Eiweiß als Schutzkolloid in Lösung gehalten. Bei der Gewinnung des Kautschuks
                              									hat man also die schützende Wirkung des Eiweißes aufzuheben, was durch Verdünnen mit
                              									Wasser oder durch chemische Einwirkung geschieht. Hierdurch gerinnt das Eiweiß und
                              									die Kautschukteilchen fließen ineinander.
                           Mit dieser kurzen Zusammenstellung ist natürlich die Zahl der technisch wertvollen
                              									kolloid-chemischen Prozesse nicht erschöpft, nur die wichtigsten sind kurz
                              									gestreift. Ich hoffe jedoch, daß es mir gelungen ist, von der großen Bedeutung der
                              									kolloiden Stoffe einen Begriff zu geben. Noch eine ganze Reihe anderer Wissenszweige
                              									sind bei der Lösung wichtiger Fragen auf die Kolloidchemie angewiesen, so besonders
                              									die Physiologie, Pharmakologie, Mineralogie und Agrikulturchemie. Um sich
                              									ausführlicher über die Kolloidchemie zu unterrichten, seien zwei kleine Bücher
                              									empfohlen: V. Pöschl, „Einführung in die
                                 										Kolloidchemie“ und K. Arndt, „Die Bedeutung
                                 										der Kolloide für die Technik“.