| Titel: | Die neue Hellinganlage und der neue Kran auf der Werft von Blohm & Voß in Hamburg. | 
| Fundstelle: | Band 328, Jahrgang 1913, S. 743 | 
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                        Die neue Hellinganlage und der neue Kran auf der
                           								Werft von Blohm & Voß in Hamburg.
                        Die neue Hellinganlage und der neue Kran auf der Werft von Blohm
                           								& Voß, Hamburg.
                        
                     
                        
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 328, S. 742
                              Abb. 1.
                              
                           Am 3. April d. J. lief auf der Werft von Blohm & Voß
                              									in Hamburg das größte Schiff der Welt, die 50000 t große „Vaterland“ von
                              									Stapel. Für den Bau derartiger Riesenschiffe reichten die bestehenden Hellinganlagen
                              									der Werft nicht aus. Dieselbe erteilte daher der Deutschen
                                 										Maschinenfabik A.-G. in Duisburg den Auftrag auf den Bau einer neuen
                              									Helling, die so groß werden sollte, daß sie für längere Zeit allen an sie zu
                              									stellenden Ansprüchen vollkommen genügen könnte. Abb.
                                 										1 zeigt den Augenblick des Stapellaufes der „Vaterland“ und im
                              									Hintergrunde die neue Helling.
                           Die Länge der Helling beträgt rund 291 m und ihre lichte Breite an der Wasserseite
                              									rund 85 m. Sie enthält zwei Ablaufbahnen und ist so eingerichtet, daß zwei Schiffe
                              									von je 25 bis 35 m Breite bequem nebeneinander gleichzeitig gebaut werden können.
                              									Die lichte Höhe bis zur Oberkante Kranbahn ist rund 51 m. Von der auf der Abbildung
                              									rechts sichtbaren Hälfte der neuen Helling sind einstweilen nur die beiden
                              									vordersten Binderfelder in einer Länge von zusammen etwa 73 m zur Ausführung gekommen, während die
                              									sechs hinteren Binderfelder erst für eine später vorzunehmende Vergrößerung
                              									vorgesehen sind. Das kurze ausgebaute Hellingstück wird zurzeit für den
                              									Schwimmdockbau benutzt.
                           Die Hellingbreite von 85 m ist in acht Kranfelder eingeteilt. In jedem Felde arbeiten
                              									zwei Krane von je 7,5 t Tragfähigkeit, insgesamt also 16 Laufkrane. Außerdem laufen
                              									an den Untergurten der Kranbahnen noch je zwei Zweischienen-Führerstandslaufkatzen
                              									mit einer Tragfähigkeit von je 5 t, zusammen also 16 Stück. Die ganze Helling kann
                              									demnach 16 Hebezeuge nebeneinander in einer Reihe aufnehmen.
                           Die Spannweite der beiden äußeren und der beiden mittleren Felder beträgt je rund 12
                              									m. Die in ihnen verkehrenden Krane sind normale Laufkrane mit gewöhnlicher Katze.
                              									Die Hubgeschwindigkeit ist bei ihnen 25 m und die Fahrgeschwindigkeit 42 m in der
                              									Min. Zwischen den großen Kranfeldern liegen vier kleinere, von denen zwei eine
                              									Spannweite von je etwa 8,5 m und die beiden andern eine solche von je etwa 5 m
                              									haben. Die hier untergebrachten Krane sind Drehlaufkrane. Das Heben der Last
                              									geschieht mit einer Geschwindigkeit von 26 m und das Fahren mit einer solchen von 60
                              									m in der Min. Zu einer Umdrehung um 360° werden etwa 40 Sek. benötigt. Es ist mit
                              									diesen Kranen möglich, einmal Gegenstände ohne besondere Schwierigkeiten von einem
                              									Felde in das benachbarte hinüberzureichen und ferner unter Zuhilfenahme aller vier
                              									Krane zweier nebeneinander liegender Felder Teile bis zu einem Gesamtgewicht von 30
                              									t zu verarbeiten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 328, S. 743
                              Abb. 2.
                              
                           Die an den Untergurten der Laufkranbahnen fahrenden Katzen haben eine
                              									Hubgeschwindigkeit von 28 m und eine Fahrgeschwindigkeit von 70 m in der Min. Die
                              									Kranbahnen sind sämtlich an der Wasserseite um etwa 15 m ausgekragt. Ueber ihnen,
                              									d.h. quer zu denselben, läuft ein nach Art der Bockkrane gebauter Versatzkran
                              									mit einer Tragfähigkeit von 35 t. Dieser Kran, welcher auch die nebenanliegende
                              									alte Hellinganlage bedient, hat die Aufgabe, im Bedarfsfalle die Laufkrane von einer
                              									Laufbahn auf eine andere hinüberzuheben. Man ist hierdurch in die Lage versetzt, in
                              									besonderen Fällen eine größere Anzahl Krane an einer Stelle zu vereinigen, wo sie
                              									nötiger gebraucht werden als auf ihrem gewöhnlichen Arbeitsfelde. Soll ein Kran von
                              									einer Bahn nach einer anderen versetzt werden, so fährt er auf die Auskragung und
                              									wird hier von dem Versatzkran im ganzen abgehoben und an die gewünschte Stelle
                              									hinbefördert.
                           Außer der neuen Helling zur Herstellung der Schiffsrümpfe für die neuesten
                              									Riesendampfer mußte die Werft von Blohm & Voß auch
                              									noch einen neuen Kran aufstellen, der die innere Ausrüstung und Fertigstellung der
                              									Schiffe nach dem Stapellaufe zu besorgen hat. Dieser Kran (s. Abb. 2), welcher im April d.J. in Betrieb genommen
                              									wurde, ist ebenfalls von der Deutschen Maschinenfabrik
                              									A.-G. in Duisburg errichtet worden. Er besitzt eine Tragfähigkeit von 250 t und ist
                              									deshalb sowie wegen seiner gewaltigen Abmessungen zurzeit der größte Kran der
                              									Welt.
                           Der Kran ist als Hammerwippkran, also mit aufklappbarem Lastausleger, gebaut. Die
                              									nutzbare Höhe ist dadurch um 22 m vergrößert worden. Sie beträgt nämlich bei
                              									wagerechtem Ausleger rund 44 m und bei ganz aufgerichtetem Ausleger etwa 66 m über
                              									Flur. Aus diesem Grunde wird der Kran auch dann noch allen Ansprüchen genügen
                              									können, wenn die Decksaufbauten der Schiffe, besonders die Schornsteine und Masten,
                              									noch weiter anwachsen sollten.
                           Ueber die mit dem Fundament fest verbundene Säule, welche die Gestalt einer
                              									abgestumpften Pyramide mit quadratischem Querschnitt hat, ist der drehbare Teil nach
                              									Art einer Glocke gestülpt. Das ganze Gewicht des drehbaren Teiles wird von einem auf
                              									dem Säulenkopfe angebrachten Kegelrollenlager aufgenommen. Unten stützt sich die Glocke auf den an
                              									der Säule befestigten Druckring, auf dem auch die beiden Drehwerke untergebracht
                              									sind. Am vorderen Teile der Glocke, dicht unter dem Ausleger, ist das Führerhaus
                              									angeordnet, welches sämtliche Bedienungsapparate zum Betriebe des großen Kranes
                              									enthält. Die Vorderwand ist mit einem Vorbau versehen, so daß der Führer sowohl
                              									senkrecht nach unten als auch geradeaus und schräg aufwärts sehen und das ganze
                              									Arbeitsfeld bequem überblicken sowie die Last auf ihrem ganzen Wege beobachten kann.
                              									Um auch ein Arbeiten während der Dunkelheit zu ermöglichen, ist am Führerstande ein
                              									Scheinwerfer angebracht.
                           Der Ausleger, welcher sich auf zwei kräftige Stahlzapfen stützt, besteht aus zwei
                              									parallelen Tragwänden, zwischen denen die Fahrbahn für die große Katze aufgehängt
                              									ist, so daß der Obergurtverband ohne Unterbrechung in seiner ganzen Länge durchgehen
                              									kann. Das Einziehen des Auslegers geschieht durch die gegenläufige Bewegung der
                              									beiden Spindeln von je 460 mm ⌀, die im Gegengewichtsarm angeordnet sind und auf
                              									zwei Lenker wirken, welche den Ausleger mit dem Einziehwerk verbinden. Am äußersten
                              									Ende des rückwärtigen Auslegerteiles ist in einem Eisenblechkasten das aus Beton
                              									bestehende Gegengewicht untergebracht. Ueber diesem Kasten liegt das Windenhaus, in
                              									dem nahezu alle Antriebsmechanismen des großen Kranes vereinigt sind.
                           Auf dem Obergurt des insgesamt 96 m langen Auslegers läuft ein Hilfsdrehkran mit 10
                              									bzw. 20 t Tragfähigkeit. Bei Belastung mit 10 t kann mit Hilfe dieses Drehkranes ein
                              									Arbeitsfeld von 147 m ⌀ oder rund 17000 qm Fläche bestrichen werden.
                           Die Hubhöhe sowohl des großen als auch des Hilfsdrehkranes beträgt rund 75 m.
                           In einer Entfernung von 34,5 m von Drehmitte gerechnet darf die große Katze noch mit
                              									250 t belastet werden. 110 t trägt sie sogar noch bei 53 m Ausladung.
                           Soll mit der großen Katze gearbeitet werden, so muß zuvor der Hilfskran an das
                              									äußere Ende des Gegengewichtsarmes gefahren werden, um hier zur Verstärkung des
                              									Gegengewichtes mit beizutragen, und umgekehrt ist ein Arbeiten mit dem kleinen Kran
                              									nur dann möglich, wenn die große Katze ganz eingefahren ist. Wenn der Kran als
                              									Wippkran benutzt werden soll, so muß zuerst die große Katze ganz ausgefahren und in
                              									ihrer äußersten Stellung verriegelt werden. Sie dient in diesem Falle als feste
                              									Oberflasche. In vollständig aufgerichtetem Zustande ragt die Auslegerspitze mehr als
                              									100 m über den Wasserspiegel empor. Das Einziehen des Auslegers aus der tiefsten in
                              									die höchste Lage mit einer Last von 100 t am Haken beansprucht etwa 40 bis 50
                              									Minuten. Das Heben von 250 t geschieht mit einer Geschwindigkeit von etwa 1,6 m in
                              									der Minute und das Katzfahren mit der gleichen Last mit einer solchen von etwa 10 m
                              									in der Minute.
                           Die Bedienung des Kranes erfolgt durch nur zwei Mann, von denen der eine im
                              									Hauptsteuerhause, der andere im Führerhause des Hilfskranes, der als vollkommen
                              									selbständiges Hebezeug ausgebildet ist, seinen Platz hat. Der Steuermann des
                              									letzteren kann durch eine geeignete Schaltung auch das Drehwerk des großen Kranes
                              									betätigen, ohne seinen Platz verlassen zu müssen.
                           Der Antrieb des Kranes erfolgt ausschließlich elektrisch. Als Schaltung ist eine Leonard-Schaltung zur Anwendung gekommen, die es
                              									ermöglicht, kleinere Lasten oder den leeren Haken mit einer größeren Geschwindigkeit
                              									zu heben oder zu senken. Elektromagnetisch betätigte Bremsen sowie Notbremsen, die
                              									vom Führerstande aus in Wirksamkeit gesetzt werden können und gestatten, jede
                              									Bewegung augenblicklich zu hemmen und die Last in jeder Lage festzuhalten, sind in
                              									ausreichendem Maße vorhanden.