| Titel: | Die Oelmaschine System Junkers. | 
| Autor: | Meuth | 
| Fundstelle: | Band 329, Jahrgang 1914, S. 1 | 
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                        Die Oelmaschine System Junkers.
                        Von Dr.-Ing. Meuth in
                           									Stuttgart.
                        MEUTH: Die Oelmaschine System Junkers
                        
                     
                        
                           Seit etwa 20 Jahren arbeitet Professor Junkers an der
                              									Verbesserung der Verbrennungskraftmaschine. Als Richtlinien für die Konstruktion
                              									einer möglichst ökonomischen und betriebsicheren Maschine galt ihm die Erzielung
                              									eines hohen Expansionsverhältnisses, die Einführung einer reinen kalten Ladung und
                              									die Berücksichtigung der Wärmespannungen im Arbeitszylinder.
                           Der Vorteil eines hohen Expansionsverhältnisses steht wissenschaftlich und praktisch
                              									fest. Eine reine kalte Ladung ergibt großes Luftgewicht und damit auch bessere
                              									Verbrennung der eingeführten Gasladung, infolgedessen größere Leistung und die
                              									Möglichkeit einer erheblichen Leistungssteigerung, auch größeren mittleren Druck im
                              									Verhältnis zum Anfangsdruck, der wieder für die Beanspruchung des Getriebes und für
                              									die Reibung günstig ist. Die Kühlung der Zylinderwand durch die kalte Ladung bringt
                              									den Vorteil geringeren Wärmeverlustes an die Wandung und geringeren Kühlwasser- und
                              									Schmierölverbrauchs.
                           Das erste Ergebnis der Arbeiten war die bekannte Oechelhäuser-Junkers-Gasmaschine, mit der Anfang der neunziger Jahre in
                              									der Gasmaschinenversuchsanstalt zu Dessau Versuche gemacht wurden, die eine
                              									Verbesserung der Wärmeausnutzung um etwa 60 v. H. gegenüber der damaligen Ottoschen Viertaktmaschine ergaben. Diese Gasmaschine von
                              										Oechelhäuser und Junkers
                              									arbeitete im Zweitakt zunächst mit einem, dann mit zwei Kolben mit gegenläufiger
                              									Bewegung. Die Maschine hat sich trotz ihrer guten Wärmeausnutzung in der Praxis nur
                              									in geringem Umfang eingeführt. In den letzten Jahren hat Junkers das Zweitaktsystem seiner Gasmaschine mit den gegenläufigen
                              									Doppelkolben auch bei der Konstruktion einer Großölmaschine, die nach dem Diesel-Verfahren arbeitet, angewandt. Dieser Anwendung
                              									des Diesel-Verfahrens bei der Zweitaktmaschine mußten
                              									eine Reihe von Versuchen vorausgehen, um insbesondere festzustellen, ob die
                              									besondere Art der Brennstoffzuführung beim Diesel-Verfahren hier eine ebenso gute Verbrennung ergibt wie bei der
                              									Viertaktmaschine. Zu diesem Zweck, wie zum Studium noch weiterer für die
                              									Verbrennungsmaschine wichtiger Fragen, wurde von Junkers
                              									eine Versuchsanstalt für Oelmotoren in Aachen errichtet, in welcher zunächst an
                              									einer einzylindrigen Versuchsmaschine, die im Jahre 1908 gebaut wurde, eingehende
                              									Studien gemacht wurden. 1910 wurde die Maschine als Tandemmaschine ausgebaut, um
                              									auch den Nachweis der Brauchbarkeit der Tandemanordnung, die für Großölmaschinen von
                              									besonderer Bedeutung ist, zu erbringen.
                           Die Abb. 1 bis 5
                              									lassen die Wirkungsweise der Junkers-Oelmasehine
                              									erkennen. Ihre konstruktive Eigenart liegt in dem Fortfall der gewöhnlichen
                              									Steuerungsorgane für den Luftein- und -Auslaß, in der Steuerung durch den
                              									Arbeitskolben selbst, in der Anwendung zweier in einem beiderseits offenen, glatten
                              									Zylinder gegenläufig arbeitender Kolben und der Uebertragung der Kolbenkräfte auf
                              									eine dreifach gekröpfte Welle, deren Kurbeln um 180° versetzt sind. Diese Anordnung
                              									bietet eine sehr gute Massenausgleichung der bewegten Getriebeteile und zugleich
                              									eine Entlastung des Fundamentrahmens von den Kolbenkräften.
                           In Abb. 1 ist die Maschine in der inneren
                              									Totpunktstellung der mittleren Kurbel dargestellt. In dieser Stellung stehen die
                              									beiden Arbeitskolben einander am nächsten; die zwischen ihnen eingeschlossene Luft
                              									ist während der vorausgegangenen Kompressionsperiode auf 30 bis 40 at verdichtet
                              									worden. In die hocherhitzte Luft wird der Brennstoff von einer besonderen Pumpe in
                              									den Raum zwischen den beiden Kolben eingespritzt und verbrennt ohne weitere
                              									Entzündung, während die Kolben auseinander gehen. Während der Verbrennung (Strecke
                              										A B im Indikatordiagramm) bleibt der Druck
                              									annähernd gleich. Beim weiteren Auswärtshub der Kolben findet von A bis C Expansion der Verbrennungsgase statt.
                              										Abb. 2 stellt die Stellung der beiden Kolben
                              									dar, welche sie am Ende der Expansion (im Punkt C des
                              									Indikatordiagramms) erreicht haben. In dieser Stellung beginnt der vordere Kolben
                              									die Auslaßschlitze zu öffnen, welche rings um den Zylinder herumlaufen, und durch
                              									welche das expandierte Gemisch ins Freie ausgestoßen wird. In der Kolbenstellung der
                              										Abb. 3 hat der Druck im Zylinder annähernd die
                              									Atmosphärenspannung erreicht (Punkt D im Diagramm).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 2
                              Abb. 1.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 2
                              Abb. 2.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 2
                              Abb. 3.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 2
                              Abb. 4.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 2
                              Abb. 5.
                              
                           Nun wird durch den hinteren Kolben der hinten liegende
                              									Schlitzkranz freigelegt, durch welchen frische Luft von geringer Spannung in den
                              									Zylinder tritt und die Verbrennungsrückstände vollends hinausgetrieben werden unter
                              									gleichzeitiger Kühlung der Zylinderwände. Dieses Ausspülen des Zylinders dauert
                              									auch nach der Umkehr des Kolbens noch an (bis zum Punkt F im Diagramm), bis die beiden Kolben die Schlitze wieder überdeckt haben
                              										(Abb. 5). Nun ist nur noch frische Luft im
                              									Zylinder zwischen den Kolben eingeschlossen, die beim weiteren Einwärtsgehen stark
                              									zusammengedrückt wird, so daß bei A (im
                              									Indikatordiagramm) wieder der Anfangszustand des Arbeitsprozesses erreicht ist,
                              									worauf sich dieser wie beschrieben wiederholt.
                           Es ist klar, daß hierbei eine ausgezeichnete Spülung des Zylinders stattfindet, und
                              									daß die Kompression mit einer reinen, kalten Luftmenge beginnt. Nirgends finden sich
                              									in dem Zylinder Hohlräume, in denen Verbrennungsgase zurückbleiben könnten. Auch
                              									findet die eintretende Spülluft an den glatten Wandungen keine Gelegenheit zur
                              									Wirbelbildung und engeren Mischung mit den Abgasen; es ist deshalb anzunehmen, daß
                              									diese in geschlossener Masse vor der Spülluft durch die Auslaßschlitze strömen, so
                              									daß sich mit einem verhältnismäßig geringen Luftquantum eine gute Spülung und
                              									Kühlung des Zylinders erreichen läßt, und auch eine schädliche Erwärmung der
                              									Spülluft vermieden wird. Die einfache Gestaltung der mit den heißen Gasen in
                              									Berührung stehenden Wandungen ist natürlich auch zur Verhütung von Wärmedehnungen
                              									des Zylinders und der hieraus entspringenden Gefahren von sehr günstigem Einfluß.
                              									Die Wandungen des Zylinders, dessen Durchmesser wegen des Doppelhubes klein
                              									ausfällt, bieten eine verhältnismäßig kleine Oberfläche im Augenblick der
                              									Verbrennung, also zur Zeit der höchsten Temperatur.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 2
                              Abb. 6.
                              
                           Mit Rücksicht auf eine sichere Zündung schwerentzündlicher Oele und Oelrückstände,
                              									deren Dämpfe sich an abgekühlten Wandungen niederschlagen und die Verbrennung
                              									stören, erscheint die Gestaltung des Verbrennungsraums sehr wichtig. Doch ist bei
                              									einer änßersten Beschränkung der Oberfläche des Verbrennungsraums auch die Gefahr
                              									naheliegend, daß namentlich bei großen Maschinen auf die kleine Oberfläche eine sehr
                              									hohe Erhitzung kommt und daß darunter das Material leidet. Es ist das ausschließlich
                              									eine Sache der Betriebserfahrung, und diese wird lehren, ob man dem theoretisch
                              									richtigen Gesichtspunkt der kleinen Oberfläche, wie er bei der Junkers-Maschine im Vordergrund steht, uneingeschränkt Rechnung tragen
                              									kann. Bis jetzt ist, so viel bekannt, in dieser Richtung etwas Nachteiliges nicht
                              									aufgetreten.
                           Zu den genannten Vorzügen der Doppelkolbenmaschine kommt beim Zweitaktverfahren eine
                              									gleichmäßige Arbeitsleistung, in verstärktem Maße bei der in Abb. 6 dargestellten
                              									Tandemanordnung. Bei letzterer ist der vordere Kolben des vorderen Zylinders mit dem
                              									hinteren Kolben des hinteren Zylinders verbunden. Beide arbeiten auf die mittlere
                              									Kurbel. Die beiden ebenfalls miteinander verbundenen inneren Kolben arbeiten mittels
                              									Traverse und Umführungsstangen, die mit Rücksicht auf Längenänderungen gelenkartig
                              									verbunden sind, auf die beiden äußeren Kurbeln. Es findet bei jeder halben Umdrehung
                              									ein Arbeitshub statt wie bei der Kolbendampfmaschine. Durch die beim
                              									Zweitaktverfahren notwendigen Spülluftpumpen büßt die Maschine allerdings an ihrer
                              									Einfachheit etwas ein; diese verringere ihren mechanischen Wirkungsgrad, auch baut
                              									sich die Maschine in der Doppelkolbenanordnung etwas länger als die gleich starke
                              									Viertaktmaschine. Dabei weist aber die Doppelkolbenmaschine ein viel größeres
                              									Verhältnis von Hub zum Durchmesser auf. Die Ausführung einer Tandemmaschine von 1000
                              									PS, gebaut von Gebr. Klein in Dahlbruch, zeigt Abb. 7. Die Maschine hat einen Zylinderdurchmesser
                              									von 450 mm, der Hub eines jeden Kolbens beträgt ebenfalls 450 mm. Die Pumpen für die
                              									Spülluft und die Kompressoren für die Brennstoffzerstäubung liegen symmetrisch zu
                              									beiden Seiten der Arbeitszylinder; die ersteren hinten, die letzteren vorn. Ihre
                              									Kolbenstangen greifen außen an der Traverse zwischen den beiden inneren Kolben
                              									an.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 3
                              Abb. 7.
                              
                           Mit der ersten zu Versuchszwecken gebauten Junkers-Oelmaschine wurden nach Anhängung eines zweiten Zylinders folgende
                              									Ergebnisse erzielt: Bei Verwendung von Rückständen aus rumänischem Petroleum, die
                              									bisher in der Diesel-Maschine nicht verwendet werden
                              									konnten, wurden für die indizierte Pferdestärke und Stunde 138 g verbraucht; das
                              									entspricht einer Umsetzung in indizierte Maschinenarbeit von 46 v. H. und bei
                              									Annahme eines mechanischen Wirkungsgrades der Maschine von 75 v. H. einer Umsetzung
                              									in effektive Leistung von 34 ½ v. H. Die Leistung betrug hierbei etwa 200 PS bei
                              									einem mittleren Druck von 10,5 at im Zylinder und 250 Umdrehungen in der Min. Auch
                              									mit sehr asphaltreichen Rückständen von kalifornischem Oel und mit
                              									mexikanischem Rohöl wurde die gleich günstige Wärmeausnutzung erzielt. Auch nach
                              									Verbrauch von mehreren 1000 kg dieser Oele zeigten sich keinerlei Verschmutzungen
                              									von Zylinder, Kolben und Brennstoffdüsen. Der Dauerbetrieb verlief störungsfrei.
                              									Auch mit Teeröl erzielte man gleich günstige Verbrennung und einen Verbrauch von 156
                              									g für die indizierte Pferdestärke und Stunde, etwa 200 g für die Bremspferdestärke
                              									entsprechend, ein Beweis für die gute Verbrennung in der Doppelkolbenmaschine. Die
                              									Maschine gab auch bei ganz niedrigen Umdrehungszahlen von etwa 30 in der Min. noch
                              									sichere Zündungen und rauchfreie Verbrennung.
                           Im Juli dieses Jahres wurden von den Professoren Laas und
                              										Romberg der Technischen Hochschule Charlottenburg
                              									eingehende Versuche an einer 100 PS-Junkers-Oelmaschine
                              									für den Antrieb eines Flußbootes vorgenommen. Die Maschine war von Gebr. Klein in Dahlbruch gebaut und hatte stehende Bauart
                              									mit zwei nebeneinander liegenden Zylindern. Die Spülluftpumpe, welche Luft von 0,15
                              									bis 0,2 at Ueberdruck lieferte, wurde von einer besonderen Kurbel angetrieben. Die
                              									Preßluft zum Zerstäuben des Brennstoffs wurde in einer dreistufigen Pumpe erzeugt,
                              									an denen die mittlere Stufe über der Spülluftpumpe, die beiden anderen neben
                              									derselben angeordnet waren. Bei den Versuchen, bei denen die Maschine 60 Stunden
                              									ununterbrochen durchschnittlich mit 304 Umdrehungen i. d. Min. lief, wurde die
                              									Geräuschlosigkeit des Ganges, die geringe Erhitzung der Teile, das leichte Anlassen
                              									und der ausgezeichnete Zustand der arbeitenden Teile nach dem Oeffnen der Maschine
                              									festgestellt. Der Brennstoffverbrauch betrug im Mittel 185 g für die effektive
                              									Pferdestärke i. d. Std. Die maximale Leistung erreichte 120 effektive PS.
                           Prof. Junkers Verbesserung der Verbrennungsmaschine
                              									richtete sich auch auf die Steigerungsfähigkeit in der Leistung, die bei den gewöhnlichen Gas- und
                              									Oelmaschinen nur in beschränktem Umfang vorhanden ist. Für manche Betriebe, so
                              									besonders für den Antrieb von Schiffen und Lokomotiven, ist die Leistungssteigerung
                              									von großer Bedeutung. Mit der vermehrten Brennstoffzufuhr allein ist eine
                              									Leistungssteigerung nicht zu erzielen, wenn nicht zugleich die zur Verbrennung
                              									nötige Luft vermehrt wird. Die Luftmenge, die in den Zylinder eingeführt werden
                              									kann, ist aber normalerweise durch dessen Inhalt begrenzt. Bei Kühlung der Luft
                              									gelingt es, ein größeres Luftgewicht in den Zylinder zu bringen. Bei einer Oechelhäuser-Gasmaschine in Horde ergab sich durch
                              									Kühlung der Spülluft von 90° auf 30° eine Leistungssteigerung von 17 v. H. Bei einem
                              									andern Versuch an einer Körtingschen Großgasmaschine des
                              									Bochumer Vereins wurde durch eine Kühlung der Luftladung von 65 auf 30° C eine
                              									Mehrleistung von 11 v. H. am Schaltbrett erzielt. Für größere Leistungssteigerungen
                              									führt Junkers die Spülluft unter höherem Druck ein. Zu
                              									diesem Zweck wird der Auspuff gedrosselt, so daß sich im Zylinder von selbst ein
                              									höherer Druck als der atmosphärische einstellt. Gegen diesen muß die Luftpumpe ihre
                              									Ladung in den Zylinder schieben; beim Beginn der Kompression findet sich dann Luft
                              									von höherer Spannung und dementsprechend größerem Gewicht im Zylinder vor. Auf diese
                              									Weise kann lediglich durch Einfügen einer Drosselklappe in der Auspuffleitung, z.B.
                              									bei einer Erhöhung des Gegendruckes auf 1,5 at abs., eine Leistungssteigerung
                              									um 50 v. H. erzielt werden. Demgegenüber steht allerdings eine Erhöhung des
                              									Arbeitsverbrauchs für die Spülpumpen, die aber nach den Versuchsergebnissen nicht
                              									sehr ins Gewicht fällt (nur etwa 5 v. H.). Da die Kompression bei höherem Druck
                              									beginnt, das Kompressionsverhältnis aber unverändert bleibt, so wird entsprechend
                              									dem größeren Anfangsluftgewicht auch ein höherer Enddruck der Kompression erreicht.
                              									Verbrennung und Expansion verlaufen ebenfalls bei höheren Drucken; das ganze
                              									Indikatordiagramm erscheint im Druckmaßstab vergrößert, im gleichen Verhältnis auch
                              									die Leistung. Eine Grenze bei dieser Leistungssteigerung bildet nur die
                              									Leistungsfähigkeit der Spülluftpumpe. Die Höhe des Kompressionsenddruckes macht
                              									selbst bei 100 at keine besonderen Schwierigkeiten infolge der günstigen Gestaltung
                              									des Verbrennungsraumes dieser Maschine. In der wichtigen Frage der Leistungserhöhung
                              									bei Verbrennungsmaschinen stellt die Junkers-Maschine in
                              									der Tat eine praktische Lösung dar, welche die weitere Einführung der Großölmaschine
                              									namentlich auf Schiffen fördern wird. Dazu kommen die schon erwähnten übrigen
                              									Vorzüge der Maschine, ihre einfache Bauart durch Fortfall einer Reihe im Betrieb
                              									empfindlicher Teile, die gute Ausgleichung der Triebwerkskräfte und der günstige
                              									Brennstoffverbrauch.