| Titel: | Lokomobil-elektrische Zentralen. | 
| Autor: | H. Sch. | 
| Fundstelle: | Band 329, Jahrgang 1914, S. 148 | 
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                        Lokomobil-elektrische Zentralen.
                        Von Ingenieur H. Sch.
                        (Schluß von S. 135 d. Bd.)
                        H SCH.: Lokomobil-elektrische Zentralen.
                        
                     
                        
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 148
                              Abb. 5. Elektrische Bahnzentrale Hohenschönhausen der Nordöstlichen Berliner
                                 										Vorortbahn mit einer 510 PS Lanz sehen Heißdampf-Verbund-Lokomobile mit direkt
                                 										gekuppelter Dynamo.
                              
                           Die Nordöstliche Berliner Vorortbahn Aktien-Gesellschaft
                              									in Berlin wählte für die Erweiterung ihrer Bahnzentrale in
                                 										Hohenschönhausen bei Berlin eine Lanzsche
                              									Heißdampf Verbundlokomobile mit Ventilsteuerung System Lentz, und zwar sollte die Dynamomaschine in direkter Kupplung angetrieben
                              									werden. Das Maschinenhaus (Abb. 5 bis 7), das außer dem neuen lokomobil-elektrischen
                              									Aggregat eine ältere Lokomobile mit Riemenantrieb auf zwei Dynamomaschinen
                              									enthält, hat 19,5 m Länge und 10,8 m Breite, also eine Gesamtfläche von 212
                              										m2. Die Lanzsche
                              									Heißdampf-Verbundlokomobile mit Ventilsteuerung System Lentz hat eine Normalleistung von 510 PS, kann jedoch bis auf maximal 660
                              									PS überlastet werden. Die normale Umdrehungszahl beträgt 170 in der Minute, der
                              									Ungleichförmigkeitsgrad 1: 250. Der Aufbau der Maschine entspricht der bekannten Lanzschen Bauart. Die Lagerung der Kurbelwelle erfolgt
                              									(wie bei allen Lanzschen Lokomobilen über 400 PS) nicht direkt
                              									auf dem Kessel, sondern auf besonderen massiven, gußeisernen Ständern, die um den
                              									Kessel herumgreifen und sich direkt auf das gemauerte Fundament stützen. Dadurch ist
                              									der Kesselausdehnung freiester Spielraum gelassen. Es bleibt also die Kurbelwelle
                              									mit ihren Lagern unbeeinflußt von den schädlichen Wirkungen der Kesseldehnung und
                              									-Wärme. Das rechtsseitige Schwungrad hat 3600 mm ⌀ bei 300 mm Breite. Auf der linken
                              									Seite ist die verlängerte Kurbelwelle direkt und starr mit der auf einem
                              									freistehenden Fundamentblock gelagerten Gleichstromdynamo gekuppelt und zwar ohne
                              									Zwischenschaltung einer elastischen Kupplung. Das ganze lokomobilelektrische
                              									Aggregat besitzt dadurch nur drei Lager. Der Kessel, dessen Betriebsdruck 12 at
                              									beträgt, hat selbsttätigen Rostbeschikkungsapparat für wechselseitige Beschickung.
                              									Die Maschine ist mit ringsumlaufenden Podesten und zwei eisernen Treppen
                              									ausgerüstet, so daß die leichte Zugänglichkeit aller bewegten Teile gegeben ist.
                           Eine größere modern eingerichtete Fabrikzentrale ist diejenige der Präzisions-Kugellagerwerke Fichtel & Sachs in
                              									Schweinfurt (Bayern). Die Firma sah sich durch die aufsteigende Entwicklung ihrer
                              									Werke gezwungen, die bisherige Kraftzentrale von 1500 PS durch Anlage einer neuen
                              									Kraftzentrale zu erweitern. Es wurde dementsprechend ein neues Maschinenhaus gebaut,
                              									das in seiner technischen Einrichtung wie auch in seiner baulichen Ausstattung mit
                              									besonderer Sorgfalt durchgebildet ist und somit durchaus als Musteranlage einer
                              									mittelgroßen Fabrikzentrale gelten kann.
                           Die Abb. 8 bis 12 zeigen in verschiedenen Ansichten und Schnitten
                              									das Innere des Maschinenhauses. Es enthält zwei Lanzsche
                              									Heißdampf – Verbundlokomobilen mit je einem direkt gekuppelten. Drehstromgenerator.
                              									Die gesamte Zentralenleistung beträgt normal r. d 1100 PS, maximal 1400 PS. Das
                              									Maschinenhaus, das eine Innengrundfläche von 342 in hat, ist durch eine feste
                              									Zwischendecke so geteilt, daß der hochgelegene eigentliche Maschinenraum, in
                              									dem die Dampfmaschine, der Generator und die Schalttafel liegen, von dem
                              									tiefgelegenen Heizraum und dem Kondensations- bzw. Kesselraum unter der
                              									Zwischendecke entsprechend abgeteilt ist. Die Verbindung zwischen dem geräumigen
                              									Heizraum und dem Maschinenraum wird durch eine – unten durch eine Tür abgeschlossene
                              									– eiserne Treppe vermittelt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 149
                              Abb. 6. Querschnitt der Zentrale Hohenschönhausen.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 149
                              Abb. 7. Grundriß der Zentrale Hohenschönhausen.
                              
                           Der eigentliche Maschinenraum unterscheidet sich in keiner Weise von einem
                              									Maschinenraum mit stationärer Dampfmaschine. Die Dampfmaschine liegt in Flurhöhe,
                              									von allen Seiten bequem zugänglich, daneben der mit ihr direkt gekuppelte
                              									elektrische Generator. In der Mitte von beiden Maschinen befindet sich an der Wand,
                              									eine gute Uebersicht gewährend, die Schalttafel. Das ganze Maschinenhaus wird von
                              									einem Laufkran bestrichen, der die Montage und etwaige Revisionen sowie auch das
                              									Ausziehen der Röhrenkessel zu ihrer Reinigung in den Heizraum hinein in einfachster
                              									Weise ermöglicht.
                           Die Maschinen sind Lanzsche Heißdampf-Verbund –
                              									Lokomobilen mit Ventilsteuerung, System Lentz. Die erste
                              									Lokomobile leistet normal 500 bis 540 PS bei 167 Umdrehungen in der Minute, maximal
                              									dauernd 590 PS und vorübergehend 650 PS. Die zweite, zuletzt aufgestellte Lokomobile
                              									hat eine Normalleistung von 580 PS bei 170 Umdrehungen in der Minute, die dauernd
                              									auf 660 PS, vorübergehend auf 750 PS gesteigert werden kann. Der Aufbau beider
                              									Lokomobilen entspricht der bekannten Lanzschen
                              									Anordnung.
                           Der Kessel für 12 at Betriebsspannung ist ein ausziehbarer Röhrenkessel mit gewellter
                              									Feuerbüchse. Die Ankerrohre sind mit Gewinde eingeschraubt, während der größte Teil
                              									der Siederohre eingewalzt und gebördelt ist. Zur Reinigung der Siederohre von Ruß
                              									ist ein Dampfstrahlrohrbläser vorgesehen. Mit diesem Dampfrohrbläser wird Heißdampf
                              									von der Feuerung her, also mit der Zugrichtung, durch die Rauchrohre geblasen und
                              									diese damit in wenigen Minuten ohne irgend welche Betriebsstörung reingefegt. Beide
                              									Lokomobilen sind mit normalen Planrostfeuerungen für Steinkohlen ausgerüstet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 150
                              Fig. 8 und 9. Querschnitt und Grundriß der neuen Lokomobilelektrischen
                                 										Zentrale der Kugellagerwerke Fichtel & Sachs.
                              
                           Besondere Sorgfalt ist auf die Kohlenzufuhr verwendet, die vom
                              									Bunker bis zum Rost völlig selbsttätig erfolgt. Vom Eisenbahnwaggon fallen die
                              									Kohlen durch einen Schacht in die unter dem Heizerstand liegenden Kohlenbunker.
                              									Diese sind als Trichter ausgebildet, so daß die Kohle stets nach der tiefsten Stelle
                              									abfließt. Hier ist, unter allen Kohlenbunkern herlaufend, eine wagerechte
                              									Transportschnecke angeordnet, die die Kohle einem an der Seitenwand errichteten
                              									Kohlenelevator (Becherwerk ohne Ende) zuführt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 150
                              Abb. 10. Längsschnitt der Lokomobilelektrischen Zentrale Fichtel &
                                 										Sachs.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 150
                              Abb. 11. Lokomobil-elektrische Fabrikzentrale der Kugellagerwerke Fichtel
                                 										& Sachs in Schweinfurt a. M. mit zwei Lanzschen
                                 										Heißdampf-Verbund-Ventil-Lokomobilen von 1400 PS Gesamtleistung, direkt
                                 										gekuppelt mit Wechselstromgeneratoren.
                              
                           In dem Elevator wird die Kohle gehoben, bis sie auf eine
                              									wagerechte Transportschnecke fällt, die am Kopfende der Zwischendecke vor den
                              									Kesselstirnwänden entlang führt. Durch diese Transportschnecke werden die
                              									Schütttrichter der selbsttätigen Wurfbeschickungsapparate, System Weck, gespeist. Der Antrieb dieser selbsttätigen
                              									Rostbeschickungsapparate erfolgt durch je einen kleinen Elektromotor. Der
                              									Ueberhitzer ist so in die Rauchkammer eingebaut, daß die Mündungen der Siederohre
                              									zur bequemen Reinigung völlig frei bleiben. Da die Rohrwindungen des Lanzschen Ueberhilzers in wagerechten Schleifen nach oben
                              									ansteigen, können sich an keiner Stelle Wassersäcke bilden, so daß Wasserschläge vom Ueberhitzer her
                              									ausgeschlossen sind. Der Sattdampf wird von unten in den Ueberhitzer geleitet, so
                              									daß Dampf und Rauchgase im Gegenstrom zueinander strömen, womit der höchste
                              									thermische Nutzeffekt erreicht wird. Durch eine Klappe können die Heizgase ganz oder
                              									teilweise direkt in den Rauchkanal geleitet und dadurch der Ueberhitzer ganz oder
                              									teilweise ausgeschaltet bzw. die Höhe der Ueberhitzung reguliert werden. Da die
                              									Ventilsteuerung gestattet, sofort mit der höchsten Ueberhitzungstemperatur in den
                              									Eintrittsraum des Hochdruckzylinders einzutreten, so ist nur einfache Ueberhitzung
                              									erforderlich und ausgeführt. Zylinder, Steuerung und Kreuzkopfführung entsprechen
                              									der normalen Lanzschen Anordnung. Die
                              									Kurbelwellenlagerung erfolgt auf besonderen massiven, gußeisernen
                              									Lagerständern, die um den Kessel herumgreifen und sich direkt auf das gemauerte
                              									Fundament stützen. Der Kessel kann sich somit ungehindert unter der
                              									Kurbelwellenlagerung bzw. unter den Ständern ausdehnen, ohne daß die Stellung der
                              									Lagerung, die durch die bekannte Strebestangenverbindung gegen den Zylinder fixiert
                              									ist, irgendwie verändert wird. Beide Lokomobilen sind durch ein Dampfsammelrohr so
                              									untereinander verbunden, daß jede Maschine im Bedarfsfall mit Dampf des
                              									Nachbarkessels gespeist werden kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 151
                              Abb. 12. Maschinenraum der neuen Lokomobil-elektrischen Zentrale der
                                 										Kugellagerwerke Fichtel & Sachs mit den direkt gekuppelten
                                 										Generatoren.
                              
                           Mit der Kurbelwelle ist je ein Drehstromgenerator der Siemens-Schuckertwerke direkt und starr (also ohne Zwischenschaltung einer
                              									elastischen Kupplung oder dergleichen) gekuppelt.