| Titel: | Ueber die Bekämpfung der Kohlenstaubexplosionen in Steinkohlenbergwerken. | 
| Autor: | M. Tornow | 
| Fundstelle: | Band 329, Jahrgang 1914, S. 170 | 
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                        Ueber die Bekämpfung der Kohlenstaubexplosionen
                           								in Steinkohlenbergwerken.
                        Von Bergassessor Dr. M. Tornow in
                           									Berlin.
                        (Fortsetzung von S. 148 d. Bd.)
                        TORNOW: Ueber die Bekämpfung der Kohlenstaubexplosionen in
                           								Steinkohlenbergwerken.
                        
                     
                        
                           II. Maßnahmen zur
                                 										Unschädlichmachung entstandenen Staubes.
                           Trotz aller in praktischen Grenzen liegenden Vorsichtsmaßregeln läßt sich jedoch die
                              									Staubbildung in Steinkohlenbergwerken nicht genügend verhindern. Durch die
                              									bergpolizeilichen Aufsichtsorgane findet durch häufige Befahrungen der Gruben auch
                              									darüber eine Kontrolle statt, daß eine Ansammlung größerer Staubmengen in den
                              									Grubenbauen nicht stattfindet, andernfalls diese beseitigt werden müssen. Besonders
                              									ist auch darauf zu achten, daß der Versatz von Staub möglichst frei bleibt, da sonst
                              									der sogenannte „alte Mann“ ständig eine neue Gefahr für neue Staubbildung
                              									bleibt, ein Reservoir bei Explosionen, das zur Speisung der Explosionsflamme
                              									außerordentlich viel beitragen kann. Ein hervorragendes Mittel, gerade diese
                              									Gefahren zu vermeiden, bildet die bekannte Spülversatzmethode, bei welcher der
                              									Versatz aus einer kleinkörnigen Masse, Sand, Waschrückständen und dergleichen,
                              									besieht, die mittels Rohrleitungen mit Wasser vor Ort gespült wird. Infolge der
                              									großen Wassermengen, die dazu benötigt werden, wirkt diese Versatzmethode sehr
                              									günstig im Sinne der Staubverminderung. Außerdem dient sie dazu, den
                              									Feuchtigkeitsgehalt der Wetter zu erhöhen, wodurch erfahrungsgemäß die
                              									Explosionsmöglichkeit des Kohlenstaubes etwas herabgemindert wird. Die
                              									Spülversatzmethode wird in Deutschland wegen ihrer hohen Kosten nur vereinzelt in
                              									Anwendung gebracht, und zwar meist da, wo Abbau unter Wohnstätten umgeht, die bei
                              									Anwendung der gewöhnlichen trockenen Versatzmethode durch Bergschäden leiden
                              									würden.
                           Weit wirksamer und durchgreifender ist die nunmehr in Deutschland ganz allgemein und
                              									nur unter Zulassung von Ausnahmen vorgeschriebene sogenannte Berieselung, das heißt
                              									die systematische Bindung des Kohlenstaubes in den Grubenbauen durch Bespritzen mit
                              									Wasser. Kurz nach dem oben erwähnten Explosionsunglück auf der Zeche Carolinenglück,
                              									bei dem 115 Mann hauptsächlich durch die unheilvollen Wirkungen des Kohlenstaubes
                              									ihren Tod gefunden hatten, verordnete das Königliche Oberbergamt zu Dortmund für
                              									seinen Bezirk die Berieselung, und zwar mit Rücksicht auf die Erfahrung, daß
                              									Kohlenstaub auch ohne die Gegenwart von Schlagwettern explosionsfähig ist. Die
                              									günstigen Erfahrungen, die einzelne Gruben freiwillig mit diesem Verfahren gewonnen
                              									hatten, ermutigten in der Tat mit Recht zu einer allgemeinen Durchführung trotz der
                              									hohen dadurch entstehenden Kosten. Wurde doch dadurch für einzelne Gruben ein
                              									Rohrnetz von 50 und mehr Kilometern Länge notwendig.
                           Das für die Berieselung nötige Wasser wird meistens aus den oberen lockeren
                              									Gebirgsschichten, in denen es reichlich vorhanden zu sein pflegt, einfach
                              									dadurch entnommen, daß man den Schachtausbau durch eine starke Rohrleitung anzapft;
                              									von hier aus wird das Wasser mittels eines weit verästelten Rohrnetzes den einzelnen
                              									Abbauörtern zugeführt. So steht das Berieselungswasser vor Ort unter einem Druck von
                              									beispielsweise 20 und mehr Atmosphären. Es dürfte von Interesse sein, im folgenden
                              									die für den Oberbergamtsbezirk Dortmund heute gültigen Bestimmungen der
                              									Bergpolizeiverordnung vom 1. Januar 1911 mitzuteilen:
                           § 159. In allen Gruben sind Spritzwasserleitungen herzustellen und dauernd in
                              									brauchbarem Zustande zu erhalten, mittels derer alle zur Kohlengewinnung, Förderung,
                              									Fahrung oder Wetterführung dienenden Baue den in den §§ 160 bis 163 getroffenen
                              									Anordnungen gemäß zur Verhütung der Kohlenstaubgefahr befeuchtet werden können.
                           Von der Herstellung und dauernden Erhaltung solcher Spritzwasserleitungen für die
                              									ganze Grube oder für einzelne Teile darf ausnahmsweise abgesehen werden, wenn und so
                              									lange die Grubenbaue feucht oder frei von Kohlenstaub sind, oder wenn ganz besondere
                              									Umstände betriebstechnischer Art eine Ausnahme rechtfertigen. Diese Ausnahmen
                              									unterliegen, sofern es sich um Fettkohlenflöze handelt, der Genehmigung des
                              									Oberbergamts, in allen übrigen Fällen der Genehmigung des Revierbeamten.
                           Zur Befeuchtung darf nur solches Wasser benutzt werden, das die Gesundheit der
                              									Arbeiter in keiner Weise gefährdet.
                           Der Revierbeamte ist befugt, zu jeder Zeit Wasserproben aus der Spritzwasserleitung
                              									zu entnehmen und auf Kosten des Bergwerksbesitzers untersuchen zu lassen.
                           § 160. In allen Ausrichtungs-, Vorrichtungs- und Abbaubetrieben, für die gemäß § 159
                              									die Herstellung von Spritzwasserleitungen vorgeschrieben ist, müssen die Firste, die
                              									Stöße, die Zimmerung und die hereingewonnenen Kohlen zur Vermeidung einer Ablagerung
                              									von trockenem Kohlenstaub in diesen Betrieben selbst und in deren Nähe nach
                              									Bedürfnis in ausreichendem Maße befeuchtet werden.
                           Alle übrigen zur Förderung, Fahrung oder Wetterführung dienenden Grubenbaue sind nach
                              									Bedürfnis in dem Maße zu befeuchten, daß Ablagerungen von Kohlenstaub in ihnen
                              									unschädlich gemacht werden.
                           Von der Befeuchtung kann in einzelnen Betrieben mit besonderer Genehmigung des
                              									Oberbergamts abgesehen werden, wenn voraussichtlich durch die Befeuchtung das
                              									Nebengestein derartig gelockert wird, daß dadurch die Stein- und Kohlenfallgefahr
                              									erheblich vermehrt wird.
                           § 161. Bei der Befeuchtung ist Sorge zu tragen, daß nach Zeiten der Betriebsruhe in
                              									den im § 160 Absatz 2 bezeichneten Grubenbauen vor Anfahrt der Belegschaft und in den im § 160
                              									Absatz 1 bezeichneten Grubenbauen vor Wiederaufnahme der Arbeit trockener
                              									Kohlenstaub unschädlich gemacht wird.
                           § 162. Für die Befeuchtung der Ausrichtungs-, Vorrichtungs- und Abbaubetriebe bis auf
                              									20 m vom Arbeitsstoß sind während ihrer Arbeitsschicht die Ortsältesten
                              									verantwortlich.
                           Im übrigen ist die Befeuchtung der Grubenbaue durch besonders dafür angestellte und
                              									verantwortliche Personen zu bewirken. Der Betriebsführer hat diese Personen –
                              									Spritzmeister – mit einer schriftlichen Dienstanweisung zu versehen. Ihre Namen
                              									sowie die ihnen erteilten Dienstanweisungen sind in ein besonderes Buch
                              									einzutragen.
                           § 163. Die zur Befeuchtung verpflichteten Personen (§162 Absatz 1 und 2) haben dem
                              									Abteilungsteiger unverzüglich Meldung zu machen, wenn sie durch Mängel oder Schäden
                              									der Befeuchtungseinrichtungen verhindert werden, ihren Verpflichtungen
                              									nachzukommen.
                           Die Abteilungsteiger haben bei ihren Befahrungen darüber zu wachen und dafür zu
                              									sorgen, daß die mit der Befeuchtung beauftragten Personen ihren Verpflichtungen
                              									nachkommen, sowie daß Mängel und Schäden der Befeuchtungsanlagen alsbald beseitigt
                              									werden, oder, sofern dies nicht möglich ist, die Arbeiten an den davon betroffenen
                              									Betriebspunkten einzustellen.
                           Außer den Abteilungssteigern bleibt der Betriebsführer für die Herstellung und
                              									Instandhaltung, sowie die zweckentsprechende Anwendung der Befeuchtungseinrichtungen
                              									verantwortlich.
                           Der Revierbeamte ist befugt, zu jeder Zeit Staubproben zu entnehmen und auf Kosten
                              									des Bergwerksbesitzers untersuchen zu lassen.
                           Zwar ist nicht zu verkennen, daß bei den hohen Temperaturen, wie sie häufig
                              									besonders im westfälischen Steinkohlenbergbau herrschen, durch die hohe Sättigung
                              									der Wetter mit Wasserdampf infolge der Berieselung die Arbeitsbedingungen etwas
                              									verschlechtert sind, doch ist zweifellos mit der richtig angewendeten Berieselung in
                              									weitaus den meisten Fällen dem Kohlenstaube die ihm innewohnende Gefahr genommen.
                              									Besonders ist bei der Berieselung darauf zu achten, daß die gewissenhafte Ausführung
                              									durch geeignete Aufsichtspersonen genau kontrolliert wird, da die Arbeiter die
                              									Berieselungsleitung nur ungern in Tätigkeit setzen, einesteils wegen des
                              									entstehenden Arbeitsverlustes, andernteils wegen der dadurch entstehenden größeren
                              									Schwüle der Wetter.
                           Wenn trotz der Einführung der Berieselung immer noch Katastrophen möglich gewesen
                              									sind, so ist hieraus keineswegs der Schluß gerechtfertigt, daß diese Maßregel ohne
                              									Wirkung verblieben wäre. Einerseits ist öfters nachgewiesen worden, daß die
                              									Berieselung nicht ordnungsgemäß gehandhabt worden ist, andererseits aber ist zu
                              									bedenken, daß der deutsche Steinkohlenbergbau eine ganz ungeahnte Entwicklung
                              									gewonnen hat. Die Fördermenge ist außerordentlich gestiegen; der Bergbau hat nicht
                              									nur wagerecht, sondern auch nach der Tiefe zu ganz bedeutend an Umfang zugenommen,
                              									und hier in den größeren Teufen ist nicht nur die Gefahr der Schlagwetter, sondern
                              									auch die des Kohlenstaubes eine weitaus größere, und es ist nicht abzusehen, welche
                              									Katastrophen eingetreten wären, wenn nicht die Bergaufsichtsbehörden rechtzeitig die
                              									Einführung der Berieselung angeordnet hätten. Seit einigen Jahren ist diese nicht
                              									nur in den schlagwettergefährlichen Bezirken Westfalens und Saarbrückens, sondern
                              									auch in Oberschlesien durch Polizeiverordnung vorgeschrieben.
                           
                              (Schluß folgt.)