| Titel: | Die Entstaubungsanlage der Kgl. Bibliothek. | 
| Autor: | A. Schacht | 
| Fundstelle: | Band 329, Jahrgang 1914, S. 305 | 
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                        Die Entstaubungsanlage der Kgl.
                           								Bibliothek.
                        Von Ing. A. Schacht in
                           									Berlin.
                        [SCHACHT: Die Entstaubungsanlage der Kgl. Bibliothek.]
                        
                     
                        
                           Inhaltsübersicht.
                           Allgemeines. – Wirkungsweise des Saugers. – Wirkungsweise der
                              									Vakuumpumpen. – Beseitigung des angesaugten Staubes. – Ausdehnung der
                              									Entstaubungsanlage.
                           Eine der interessantesten Einrichtungen der vor einigen Wochen der Oeffentlichkeit
                              									übergebenen Kgl. Bibliothek zu Berlin stellt die Entstaubungsanlage dar, die von den
                              										Siemens-Schuckert-Werken geliefert wurde und in der Hauptsache für die
                              									Entstaubung der umfangreichen Büchersammlung bestimmt ist. Die Anlage bietet u.a.
                              									auch große sanitäre Vorteile, da mit ihrer Hilfe einer der gefährlichsten
                              									Krankheitsträger, der Staub, in wirksamster Weise von den Büchern entfernt und
                              									unschädlich gemacht wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 305
                              Abb. 1.
                              
                           Abb. 1 zeigt, auf welche einfache Art und Weise die
                              									Entstaubung vorgenommen werden kann. Der eigentliche Sauger, ein bequem und leicht
                              									zu handhabendes Spezialwerkzeug, wird mit der Hand über die zu reinigenden Bücher
                              									geführt und wirkt dabei in der Weise, daß die ihn umgebende Luft angesaugt wird,
                              									wobei der Staub infolge der großen Geschwindigkeit mitgerissen und durch den
                              									anschließenden Saugschlauch und die Rohrleitung hindurch einer Vorrichtung zugeführt
                              									wird, die ihn in hygienisch einwandfreier Weise beseitigt.
                           Die Vakuumpumpen, die das am Sauger erforderliche Vakuum zu erzeugen haben, sind
                              									im Keller des Gebäudes untergebracht. Abb. 2 läßt
                              									den Pumpenraum erkennen, in dem drei elektrisch betriebene Pumpen aufgestellt sind.
                              									Die Pumpen haben eine Leistung von insgesamt rund 650 m3/Std. angesaugter Luft und erfordern zu ihrem Betriebe etwa 20 PS. Die
                              									Konstruktion dieser Pumpen ist insofern besonders beachtenswert, als die von vielen
                              									andern Firmen bei Entstaubungsanlagen benutzten Filter, die gewöhnlich aus Filz,
                              									Tuch oder Fries hergestellt werden, in Fortfall kommen. Ganz abgesehen davon, daß
                              									ein solches Filter nur in beschränktem Maße imstande ist, die einzelnen
                              									Staubteilchen, unter welchen sich zahllose, gesundheitsschädliche Bakterienkeime
                              									befinden, zurückzuhalten, hat es auch noch den Nachteil, innerhalb gewisser
                              									Zeiträume gereinigt werden zu müssen, wobei natürlich eine große Staubentwicklung
                              									auftritt, die die Gesundheit der mit der Reinigung der Filter beauftragten Personen
                              									nachteilig beeinflußt. Bei den in der Kgl. Bibliothek verwendeten Pumpen – System
                              										Siemens-Schuckertwerke –
                              									wird der in den Sauger mitgerissene Staub vollkommen unschädlich gemacht, und zwar
                              									dadurch, daß man die angesaugte, staubhaltige Luft zwingt, ihren Staubgehalt an Wasser
                              									abzugeben, worauf dann der Staub mit diesem Wasser zusammen der Kanalisation
                              									zugeführt wird. In dem mit Wasser angefüllten Pumpengehäuse dreht sich ein
                              									exzentrisch gelagertes Flügelrad, wodurch das Wasser infolge der Zentrifugalkraft an
                              									die Wandungen des Gehäuses geschleudert und an der Rotation teilzunehmen gezwungen
                              									wird. Dabei entsteht infolge der eigenartigen Konstruktion des Gehäuses in den durch
                              									den Wasserring abgeschlossenen Zellen des Flügelrades abwechselnd Luftverdünnung, so
                              									daß durch eine Oeffnung im Deckel der Pumpe hindurch Luft aus der Rohrleitung
                              									gesaugt wird. Durch das sich selbsttätig stets ergänzende Wasser wird dann die Luft
                              									aus dem Gehäuse herausgefördert und gelangt mit Wasser gemischt in einen an der
                              									Pumpe befindlichen Wasserkasten, aus welchem die vom Staub befreite Luft entweichen
                              									kann, während das schmutzige, staubhaltige Wasser der Kanalisation zuläuft; der
                              									Wasserkasten ist in Abb. 2 zu erkennen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 306
                              Abb. 2.
                              
                           Das Frischwasser wird durch einen regulierbaren Hahn in ein Einhängerohr des
                              									Wasserkastens eingeführt, aus welchem sich die Pumpe das zum Betriebe erforderliche
                              									Wasserquantum ansaugt. Der Frischwasserverbrauch ist äußerst gering und beträgt
                              									bei den verwendeten Pumpenmodellen etwa 0,4 m3/Std.
                           Da die Pumpen mit rotierenden Elementen arbeiten, die sich nicht berühren, sondern
                              									bei welchen die gegenseitige Abdichtung durch Wasser bewirkt wird, so tritt eine
                              									Abnutzung der bewegten Teile der Pumpe überhaupt nicht ein; außerdem erübrigt sich
                              									dadurch jede Oelschmierung des Pumpen-innern. Die Pumpen arbeiten praktisch
                              									geräuschlos und die Bedienung ist die denkbar einfachste.
                           Die Gesamtlänge der in der Königlichen Bibliothek verwendeten Rohrleitung beträgt
                              									etwa 2 km, und zwar sind 42 von oben nach unten führende Rohrleitungsstränge
                              									vorgesehen, die zusammen mit den wagerecht verlegten Leitungen in den einzelnen
                              									Etagen 330 Schlauchanschlüsse haben. Abb. 3 zeigt
                              									zwei mit der Entstaubung von Büchern beschäftigte Leute, und läßt gleichzeitig auch
                              									den Anschluß des beweglichen Saugschlauches an die fest verlegte Rohrleitung
                              									erkennen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 306
                              Abb. 3.
                              
                           Schließlich soll noch angegeben werden, daß es mit der Entstaubungsanlage möglich
                              									ist, jedes Buch der Kgl. Bibliothek einmal im Jahre einer gründlichen Entstaubung zu
                              									unterwerfen, was bei der überaus großen Zahl vorhandener Bücherexemplare für die
                              									Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Anlage von Wichtigkeit ist.