| Titel: | Ueber Hebel- und Kurbelhubverminderer für den Antrieb der Papiertrommel des Indikators. | 
| Autor: | W. Wilke | 
| Fundstelle: | Band 329, Jahrgang 1914, S. 357 | 
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                        Ueber Hebel- und Kurbelhubverminderer für den
                           								Antrieb der Papiertrommel des Indikators.
                        Von Dipl.-Ing. W. Wilke, Dozent an der
                           									Techn. Hochschule Hannover.
                        (Schluß von S. 331 d. Bd.)
                        WILKE: Ueber Hebel- und Kurbelhubverminderer usw.
                        
                     
                        
                           Ebenfalls mit Rolle für die Trommelschnur ausgestattet ist ein Hubverminderer,
                              									bei dem der Antriebhebel nach der Kreisevolvente gekrümmt ist (Abb. 24). Das Uebersetzungsverhältnis von S zu s ist hier durch den
                              									Radius des Grundkreises R für die Evolvente und den der
                              									Rolle r gegeben. Der Grundkreis muß stets von der
                              									Richtungslinie des zum Antrieb dienenden Stiftes tangiert werden. Bekanntlich
                              									entsteht die Evolvente durch die Bewegung irgend eines Punktes einer Geraden, welche
                              									ohne zu gleiten, sich auf einem Kreise abwälzt. Die Gerade ist die Richtungslinie
                              									des zum Antrieb dienenden Stiftes. Es steht hier aber der Grundkreis nicht still,
                              									sondern bewegt sich. Infolgedessen wird vom Antriebstift zwar eine gerade Linie
                              									beschrieben, seine Relativbewegung zum Kreise ist jedoch die Evolvente. Der Antriebhebel
                              									muß also nach dieser Kurve gekrümmt sein. (Der Hubverminderer ist nichts anderes als
                              									eine Differentialrolle, wobei der Grundkreis die große Rolle darstellt. Vom
                              									Grundkreise wickelt der Mitnehmerstift die Strecke S =
                              										R (φ2 – φ1) ab, während von der Schnur der Weg s = r (φ2
                              									– φ1) zurückgelegt
                              									wird.) Die Lage des festen Drehpunktes A wird
                              									zweckmäßig außerhalb der Senkrechten, die in den Endpunkten B und C zur Kolbenbewegung gezogen sind,
                              									gewählt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 358
                              Abb. 24.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 358
                              Abb. 24a.
                              
                           Liegt er innerhalb, z.B. in der Mitte von B C, so müßte der Hebel nach Abb. 24a ausgebildet sein,
                              									was sich praktisch schlecht ausführen läßt. Um die Evolvente zu konstruieren, teilt
                              									man den Hub B C in gleiche Teile a, b, c. . . Von B aus
                              									wird auf der Peripherie des Grundkreises die Länge des Hubes B C abgetragen mit den Teilpunkten a1, b1, c1 . . . Die Schnittpunkte der Kreisbogen um A als Mittelpunkt mit A b, A c,
                                 										A d . . . als Radien und der entsprechenden Kreisbogen um b1, c1, d1 . . . als Mittelpunkt mit a b, a c, a d... als Radien sind Punkte der
                              									Evolvente.
                           Bei den Hubverminderern mit Rolle für die Schnur ist als vorteilhaft hervorzuheben,
                              									daß ohne weiteres beliebig viel Indikatoren in beliebigen Lagen davon angetrieben
                              									werden können, da der Anlauf der Schnur auf die Rolle stets tangential erfolgt. Die
                              									Kulisse kann statt nach der Evolvente auch nach einem Kreisbogen, der sich der
                              									Evolvente am besten anschmiegt, ausgebildet sein. Den Kreisbogen durch Lenker zu
                              									ersetzen, führt zu der Konstruktion nach Abb. 21 und
                              									ist daher falsch. Bei allen derartigen Konstruktionen bleibt jedoch der große
                              									Uebelstand, daß die mit dem Kreuzkopf hin- und hergehende Führungsrolle bei jedem
                              									Hub einen verhältnismäßig langen Weg an der Kulisse beschreibt, daß diese selbst
                              									plump ausfällt und genau nach einer Schablone hergestellt werden muß. Zu empfehlen
                              									sind derartige Konstruktionen nicht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 358
                              Abb. 25.
                              
                           Abb. 25 zeigt einen Hubverminderer, bei dem der eine
                              									Endpunkt B des Hebels vom Kreuzkopf und der andere A in einer Kulisse, deren Mittellinie senkrecht zur
                              									Kolbenmittellinie steht, gerade geführt wird. Der Punkt C, von dem die Papiertrommel aus angetrieben wird, bewegt sich dabei auf
                              									einem Ellipsenbogen. Der Antrieb ist nur für unendlich lange Schnur kinematisch
                              									richtig. Der entstehende Fehler ist praktisch zu vernachlässigen, wenn die mittlere
                              									Schnurrichtung die Pfeilhöhe des Bogens halbiert und genügend lang ist. Statt der
                              									Geradführung für A wird auch wohl ein Lenker angewandt
                              										(Abb. 26), dessen Länge mindestens gleich oder
                              									größer als die
                              									halbe Hebellänge ist. Die entstehende Ungenauigkeit wird dadurch nicht wesentlich
                              									vergrößert. Diese beiden letzten Lenker sind nichts anders als eine Umkehrung der
                              									durch Abb. 12 bzw. Abb.
                                 										1 wiedergegebenen Anordnung, bei welcher die Kulisse bzw. der Hebel mit
                              									dem Kreuzkopf verbunden ist und A der Festpunkt ist.
                              									Bei dem gleichen kinematischen Aufbau ist die Anordnung nach Abb. 12 oder 1 einfacher,
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 359
                              Abb. 26.
                              
                           Bekanntlich bewegt sich die Mitte der Geraden AB, deren
                              									beide Endpunkte auf den Schenkeln eines rechten Winkels geführt werden, auf einem
                              									Kreisbogen vom Radius gleich ½ A B. Man erhält also
                              									ebenfalls eine für unendlich lange Schnur fehlerlose Hubverminderung, wenn die Mitte
                              									von A B auf einem Kreise geführt wird, wobei dann die
                              									Führung für A in Fortfall kommen kann. Hiernach ist der
                              									Hubverminderer (Abb. 27) konstruiert. In der
                              									Mittelstellung muß allerdings der Punkt A wiederum
                              									geführt werden, da in dieser Stellung zwei Bewegungsfreiheiten für A vorliegen. Der zum Antrieb der Papiertrommel
                              									dienende kleine Hebel kann je nach der Lage der Trommel in einem Winkel zum Lenker
                              									gestellt werden. Auch hier läßt sich dasselbe wiederholen, was bei den Anordnungen
                              									nach Abb. 25 und 26
                              									gesagt worden ist. Es wird durch den Hubverminderer nach Abb. 13 und 14 dasselbe bei einfacherer
                              									und gefahrloserer Bauart erreicht.
                           Für Maschinen mit sehr kleinem Hub wird von einigen englischen Firmen ein
                              									Hubverminderer (Abb. 28) hergestellt, bei dem der
                              									Endpunkt eines Hebels A B in einer zur
                              									Kolbenmittellinie geneigten Kulisse sich bewegt. Die Hubverminderung ist durch die
                              									Steigung der Kulisse gegeben, also durch das Verhältnis OM : ON. Dabei ist allerdings gleiche Länge
                              									der Hebel A B und A C, von
                              									welch letzterem die Papiertrommel bewegt wird, vorausgesetzt. Durch entsprechende
                              									Veränderung der Hebel kann natürlich eine weitere Verminderung des Kolbenhubes
                              									erreicht werden. Dieser Hubverminderer läßt sich, wie schon bemerkt, nur bei kleinen
                              									Hüben bis etwa 200 mm verwenden. Darüber hinaus kann seine Anwendung schwerlich
                              									empfohlen werden. Der auftretende Fehler ist auch nicht unbedeutend. In der
                              									Mittelstellung erreicht er den Höchstwert und hat bei AB =
                                 										s/2 und ON : OM
                              									gleich ½ bzw. ⅓ eine Größe von 4,3 bzw. 1,1 v. H.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 359
                              Abb. 27.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 359
                              Abb. 28.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 359
                              Abb. 29.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 359
                              Abb. 30.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 359
                              Abb. 30a.
                              
                           Bei allen diesen Hubverminderern erfolgte der Antrieb von einem sich in gleichem
                              									Sinne mit dem Kolben bewegenden Maschinenteil. Bei einigen Maschinen, vor allem den
                              									Verbrennungskraftmaschinen, sind die hin- und hergehenden Teile so eingeschlossen,
                              										daß der
                              									Hubverminderer manchmal nur schwierig von ihnen angetrieben werden kann. In diesem
                              									Falle werden von der Kurbelwelle her die Indikatoren betätigt. Kann ein freies
                              									Wellenende benutzt werden, so wird die Schnur zweckmäßig an einem Stift im
                              									Wellenstumpf nach Abb. 29, 30 oder 30a, dessen Mitte um s/2 von der Welle entfernt ist, sonst an einem Exzenter
                              									mit der Exzentrizität s/2,
                              									befestigt. In jedem Falle ist absolute Gleichläufigkeit mit der Maschinenkurbel
                              									erforderlich. Bei den ersten Verbrennungskraftmaschinen wurden die Papiertrommeln
                              									nahezu ausschließlich in dieser Weise angetrieben.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 360
                              Abb. 31.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 360
                              Abb. 32.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 360
                              Abb. 33.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 360
                              Abb. 34.
                              
                           Da auch heute in dieser Weise vielfach noch wegen der großen
                              									Einfachheit gearbeitet wird, so möge darauf hingewiesen werden, daß durch diese
                              									Antriebsvorrichtung erhebliche Verzerrungen im Diagramm auftreten. Da nämlich die
                              									Schnurlänge l vom Indikator bis zur kleinen Kurbel sehr
                              									groß ist im Verhältnis zum Radius r (Abb. 31), so ist in Annäherung zu setzen l : r = ∞. Für den Schnurweg gilt daher die Beziehung
                           s = r (l
                              									– cos α),
                           wobei α der Kurbelwinkel aus der
                              									Totpunktstellung ist. Dasselbe gilt aber nicht für den Haupt-Kurbelmechanismus.
                              									Die Länge der Pleuelstange ist unter normalen Verhältnissen beispielsweise das
                              									fünffache der Kurbel. Für den Kreuzkopfweg läßt sich der Weg aus der
                              									Totpunktstellung beim beliebigen Winkel a darstellen
                              									durch die Gleichung
                           
                              S=R\,(1-\cos\,\alpha)\,\pm\,\frac{R^2}{2\,L}\,\sin^2\,\alpha.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 360
                              Abb. 35.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 360
                              Abb. 36.
                              
                           Das Fehlerglied \frac{R^2}{2\,L}\,.\,\sin^2\,\alpha kommt hierbei
                              									also un-mittelbar als Maß der Verzerrung in Frage. Bei
                              										\frac{L}{R}=5 und α = 90°, also
                              									in der Mittelstellung der Kurbel, wird das Fehlerglied den Höchstbetrag erreichen,
                              									nämlich
                           
                              f_{\mbox{max}}=\frac{R}{10}.
                              
                           Die Verzerrung beträgt demnach in Mitte Hub etwa 10 v. H. des
                              									Kurbelradius oder 5 v. H. des Kolbenhubes.
                           Dieser Fehler kann nun ohne weiteres aufgehoben werden, wenn die Trommelschnur nicht
                              									unmittelbar an der kleinen Kurbel angreift, sondern an einem Kreuzkopf, der von
                              									einer Lenkstange angetrieben wird (Abb. 32). Es muß
                              									dabei die Beziehung gelten:
                           
                              R : L = r : L
                              
                           Das Fehlerglied des Kurbelmechanismus tritt dabei in gleicher
                              									Weise beim Hubverminderer auf, so daß tatsächlich eine vollkommene Proportionalität
                              									vorhanden ist. Die Geradführung kann auch praktisch genügend genau durch einen
                              									Lenker (Abb. 33) ersetzt werden. Ausführungen derartiger
                              									Hubverminderer geben die Abb. 34 und 35 wieder. Bei Abb.
                                 										34 ist örtlicher Verhältnisse wegen ein Hebelwerk eingeschaltet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 361
                              Abb. 37.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 361
                              Abb. 38.
                              
                           Abb. 36 gibt eine Anordnung der Gasmotorenfabrik Deutz für liegende Dieselmaschinen
                              									wieder. Die Lenkstange l ist je nach den Abmessungen
                              									der Pleuelstange und des Kurbelradius der Maschine verstellbar eingerichtet. In
                              									besondere- Weise führen Gebr. Körting, Hannover,
                              									derartige Kurbelhubverminderer aus, bei denen der Antrieb von der Steuerwelle aus
                              									abgeleitet wird (Abb. 37). Da die Steuerwelle bei
                              									Viertaktmaschinen mit halber Umdrehzahl der Hauptwelle läuft, so ist es
                              									erforderlich, zunächst ein Zahnräderpaar z1 und z2 anzuordnen, durch das die Welle w mit derselben Umdrehzahl wie die Hauptwelle
                              									angetrieben wird. Von den beiden Kurbeln k1 und k2 werden durch die beiden Lenkstangen l1 und l2 zwei Kreuzköpfe
                              									betätigt, an denen die Stifte s1 und s2 für die Papiertrommelschnur sitzen. Abb. 38 zeigt die Anordnung im Bilde.
                           Bei der Entnahme von versetzten Diagrammen wird man ausschließlich Exzenterantrieb
                              									wählen müssen, außer wenn bei Maschinen mit zwei oder mehr Kurbeln, die unter 90 °
                              									zueinander stehen, der Indikatorantrieb für die eine Seite von der anderen
                              									abgeleitet werden kann, was unter Umständen jedoch umständlich ist. Da diese
                              									Diagramme nicht zur Berechnung dienen, so spielt hier meistens das auftretende
                              									Fehlerglied keine Rolle, und man verzichtet daher auf das Einschalten der
                              									Geradführung oder der Lenker.