| Titel: | Polytechnische Rundschau | 
| Autor: | Pr. | 
| Fundstelle: | Band 329, Jahrgang 1914, S. 537 | 
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                        Polytechnische Rundschau
                        Polytechnische Rundschau
                        
                     
                        
                           Schiebelokomotiven. Für die bayrischen Staatsbahnen
                              									hat die Lokomotivfabrik J. A Maffel in München 2 × 4/4
                              									gekuppelte Güterzug-Tenderlokomotiven gebaut. Diese Lokomotivbauart stellt die
                              									größte und kräftigste Güterzuglokomotive in Europa dar. Die Länge der Lokomotive
                              									beträgt 17,55 m, das große Lokomotivgewicht von 122,5 t ist auf acht gekuppelte
                              									Achsen verteilt, von denen die vier ersten von den beiden Niederdruckzylindern, die
                              									vier letzten von den Hochdruckzylindern angetrieben werden, nach dem bekannten
                              									System Mallet.
                           Die zweite Achse jedes Rahmens läßt sich um 15 mm seitlich verschieben, die
                              									Lokomotive kann deshalb noch Kurven von 180 m Halbmesser durchfahren. Der Kessel
                              									besitzt einen Dampfüberhitzer System Schmidt von 55,5
                              										m2. Beim Anfahren mit ganz ausgelegter
                              									Steuerung erhalten die Niederdruckzylinder durch Anfahrhähne selbsttätig Frischdampf
                              									zugeführt. Die größte Zugkraft berechnet sich zu 25000 kg, bei einer Reibungsziffer
                              									von 1 : 4,5. Bei Geschwindigkeiten von 33 km beträgt die dauernd auszuübende
                              									Zugkraft noch 12500 kg. Von dieser Lokomotivgattung wurden 15 Stück beschafft. Der
                              									Preis einer Lokomotive beträgt 123000 M. Die neuen Lokomotiven stehen im Dienst auf
                              									Strecken mit 2 bis 2,5 v. H. Steigung. Durch diese Lokomotiven werden viele
                              									Doppelbesetzungen im Schiebedienst überflüssig.
                           Abmessungen der Lokomotive.
                           
                              
                                 Dampfdruck
                                 15
                                 at
                                 
                              
                                 Hochdruckzylinderdurchmesser
                                 520
                                 mm
                                 
                              
                                 Niederdruckzylinderdurchmesser
                                 800
                                 mm
                                 
                              
                                 Kolbenhub
                                 640
                                 mm
                                 
                              
                                 Gesamtheizfläche
                                 1216
                                 m2
                                 
                              
                                 Wasservorrat
                                 11
                                 t
                                 
                              
                                 Kohlenvorrat
                                 4
                                 t
                                 
                              
                           [Glasers Annalen 1914, S. 190 bis 191.]
                           W.
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                           Ueberhitzer für Lokomotiven. Während die deutschen
                              									Eisenbahnverwaltungen sich längst zur Einführung eines bestimmten
                              									Ueberhitzersystems, dem bekannten Schmidtschen
                              									Ueberhitzer, entschlossen haben, sind ausländische Bahnverwaltungen noch immer mit
                              									Versuchen solcher Ueberhitzerbauarten beschäftigt.
                           Die französische Ostbahn versucht zurzeit einen Lokomotivüberhitzer, Bauart Mestre, der sich durch besonders schnelle Heizwirkung
                              									auszeichnen soll. Diese wird dadurch erreicht, daß der Hauptteil der
                              									Ueberhitzerfläche aus verhältnismäßig dünnen Rohren besteht. Der gesättigte Dampf
                              									strömt bei diesem Ueberhitzer aus dem Dampfdom in die Ueberhitzerkammer und verteilt
                              									sich dort auf die verschiedenen Ueberhitzerelemente, die in den Rauchröhren des
                              									Lokomotivkessels eingebaut sind. Der Dampf strömt in einem solchen Element aus der
                              									Kammer des Ueberhitzergehäuses in ein gerades Rohr von 36 × 46 mm ⌀. Dieses Rohr ist
                              									am Feuerbüchsenende zugeschweißt und mit je neun Rohren von 13 × 20 mm ⌀
                              									verbunden, durch die dann der Dampf in die zweite Kammer des Ueberhitzers
                              									zurückströmt. Diese neun Rohre sind an das Hauptrohr angeschweißt und umgeben es in
                              									Schraubenlinien. Die freien Enden dieser engen Rohre münden im
                              									Ueberhitzergehäuse.
                           Die französische Ostbahn, die den in seiner Bauart nicht einfachen Ueberhitzer bei
                              									verschiedenen Lokomotivbauarten ausprobiert hat, hat nun zehn
                              									l-E-l-Güterzug-Tenderlokomotiven von 630 mm Zylinderdurchmesser und 660 mm Hub mit
                              									diesem Ueberhitzer ausgerüstet. Im Vergleich zu dem obenerwähnten Schmidtschen Ueberhitzer sollen bei zwei
                              									Vorortlokomotiven eine Brennstoffersparnis von 5 v. H. erzielt worden sein. [The
                              									Engineer, 8. Mai 1914.]
                           W.
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                           Ueber Verwendbarkeit von Kondenswasser zum Kesselspeisen.
                              									Bei Dampfkesseln, Ueberhitzern, Rohrleitungen usw. wird vielfach über Anfressung,
                              									sogenannte Korrosionen, geklagt. Diese treten erfahrungsgemäß nur auf, wenn Oel im
                              									Speisewasser ist. Ferner findet man sie ausschließlich in der Druckleitung der
                              									Speisepumpe und den dahinter eingebauten Apparaten, woraus geschlossen werden kann,
                              									daß sich Korrosionen nur bilden, wenn das Wasser unter Druck steht. Die vielfach im
                              									Gebrauch befindlichen Abdampfentöler erfüllen ihren Zweck nur unvollkommen. Selbst
                              									innerhalb der von den liefernden Firmen meist bewilligten Probezeit von drei Monaten
                              									gelingt es nicht, eine völlige Trennung von Oel und Wasser zu erzielen, wie man
                              									leicht feststellen kann, wenn man das Wasser in einem Sammelbassin zur Ruhe kommen
                              									läßt. Hierbei wird sich in den meisten Fällen an der Oberfläche eine sichtbare
                              									Oelschicht bilden. Da schon der geringste Oelgehalt schädlich wirkt, kann man daher
                              									auf eine Reinigung durch chemische oder elektrolytische Behandlung nicht verzichten.
                              									Auch bei der Verwendung von Kondenswasserrückleitern oder
                              									Kondenswasserrückspeisepumpen ist Vorsicht geboten. Durch Benutzung derartiger
                              									Vorrichtungen, die man vielfach in Zuckerfabriken, Braunkohlenbrikettfabriken usw.
                              									findet, wird oft der wirtschaftliche Vorteil einer Kohlenersparnis von höchstens 3
                              									bis 4 v. H. durch eine Verringerung der Betriebssicherheit erkauft. Bei
                              									Zuckerfabriken tritt allerdings dieser Uebelstand wenig in die Erscheinung, da die
                              									Kampagne im Jahre nur acht Wochen dauert, überwiegend die völlig ölfreien
                              									Brüdendämpfe zur. Speisung verwendet werden und dem Wasser meist Soda zugesetzt
                              									wird. In anderen Betrieben liegen die Verhältnisse aber weit ungünstiger. Die
                              									Anschauung, daß Gußeisen widerstandsfähiger gegen Korrosion als Schmiedeisen ist,
                              									beruht vermutlich auf einem Irrtum. Bei Verwendung von Gußeisen in der Speiseleitung
                              									dürfte vielmehr die Betriebssicherheit der ganzen Anlage leiden. [M. R. Schulz in Zeitschrift für Dampfkessel und Maschinenbau,
                              									Nr. 21, 1914.]
                           Schmolke.
                           
                           Die Auswahl und Behandlung zweckdienlicher Kernsande.
                              									Bei Kernen, deren Festigkeit auf dem Gehalt der Sandmischung an natürlichen Bindern
                              									beruht, vermehrt man bei wachsender Beanspruchung den Tongehalt immer stärker, so
                              									daß man für die höchsten Anforderungen an die Widerstandsfähigkeit die überwiegend
                              									aus Ton bestehenden Lehmkerne erhält. Diese haben den Nachteil, daß sie infolge des
                              									wiederholten Trocknens eine beträchtliche Herstellungszeit erfordern und sich nach
                              									dem Guß schwer beseitigen lassen. Sie werden daher für Massenartikel mit Vorteil
                              									durch Kernsande mit künstlichen Bindern ersetzt. So ist bei der Herstellung von
                              									Heizkörpern die Oelkernmasse von der größten Bedeutung, da die aus ihr hergestellten
                              									Kerne billig anzufertigen sind, sich ohne viel Eiseneinlagen und Stützen frei tragen
                              									und nach dem Gusse mühelos entfernt werden können. Für Warmwasserheizungskessel
                              									haben die Mehlkerne eine ähnliche Bedeutung. Indessen spielen die Kernsande mit
                              									künstlichen Bindern voraussichtlich nicht nur bei der Herstellung von
                              									Heizungsanlagen eine große Rolle, sie können wohl auch bei anderen Massewaren mit
                              									Vorteil verwandt werden. Leider sind die bisher in Deutschland meist verwendeten
                              									Trockenkammern mit unmittelbarer Feuerung derartigen Bestrebungen wenig günstig, da
                              									sich bei ihnen schwer eine bestimmte Temperatur innehalten läßt. Bei der Herstellung
                              									der Mischungen ist es vor allein von Wichtigkeit, die geeignete Sandsorte
                              									auszuwählen. Durch eine Siebprobe stellt man die Körnung und die von ihrer
                              									Gleichmäßigkeit abhängige Gasdurchlässigkeit fest. Die Mineralanalyse gibt
                              									Aufklärung über den Tongehalt, der bei Mehlkernen in mäßigen Grenzen vorteilhaft,
                              									bei Oelkernen nachteilig wirkt. Unter allen Umständen ist Kalkfreiheit zu erstreben,
                              									da anderenfalls die Güsse blasig werden und viel Anbrand zeigen. Das Vorhandensein
                              									von Kalk ergibt sich aus der chemischen Analyse. Nachdem man eine Anzahl Sandarten
                              									als geeignet befunden hat, werden diese einzeln mit derselben Menge Oel und bei
                              									gleichem Wasserzusatz gemischt und auf der Kernzerreißmaschine geprüft. Wenn in
                              									bestimmten Zwischenräumen einige Kerne gleicher Sorte dem Ofen entnommen werden,
                              									kann man zugleich die richtige Trockenzeit feststellen. In ähnlicher Weise findet
                              									man durch Mischung von verschiedenen Oelen mit derselben Sandart die für die Bindung
                              									am meisten geeignete Flüssigkeit. Besondere Aufmerksamkeit ist dem Trockenvorgang zu
                              									widmen. Bei zu geringer Wärmewirkung bleibt der Kern immer weich, bei zu ausgiebiger
                              									Trockenwärme verdampft der Binder. Ein selbstaufzeichnender Wärmemesser ist daher
                              									von großem Nutzen. [Irresberger in Stahl und Eisen, Nr.
                              									22, 1914.]
                           Schmolke.
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                           Ueber den Einfluß des Hinterschliffs aufdie Schneidhaltigkeit von Spiralbohrern stellte Dr. R.
                              										Sommerfeld an einer schweren Bohrmaschine im
                              									Versuchsfeld für Werkzeugmaschinen an der Techn. Hochschule zu Berlin eingehende
                              									Versuche an. Der Bohrmaschinentisch trug eine Meßdoseneinrichtung, die mit
                              									Hilfe von selbstregistrierenden Manometern sowohl den Bohrdruck als auch die
                              									Umfangskraft fortlaufend verzeichnete. Verwendet wurden nur Bohrer einer Art
                              									(Novo-Schnellstahlbohrer von L. Löwe) von 30, 40 und 50
                              									mm Durchmesser. Sie wurden in drei Abstufungen mit verschieden starkem Hinterschliff
                              									versehen – Abb. 1a, ε =
                              									6, bzw. 12, bzw. 18°, gemessen am Umfang des Bohrers – um den Einfluß auf den
                              									Bohrdruck bzw. den der Umfangskraft entsprechenden Schneidwiderstand zu untersuchen.
                              									Die Bedeutungen der übrigen Bezeichnungen ist in die Abb.
                                 										1a bis 1e eingeschrieben. Es wurden eine
                              									größere Anzahl Löcher in Gußeisen mit Vorschüben von 0,48 mm, 0,75 mm und 1,46 mm
                              									und in Flußeisen mit 0,5 mm und 0,75 mm gebohrt und daraus die Mittelwerte bestimmt.
                              									Da eine Schnittgeschwindigkeit von 18 m in der Minute infolge zu schnellen
                              									Stumpfwerdens der Bohrer ungenaue Resultate zeitigte, wurden für alle Versuche 12 m
                              									zu Grunde gelegt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 538
                              α Meißelwinkel; β Ansatzwinkel; δ
                                 										Schneidwinkel; ε Hinterschleifwinkel; γ Vorschubwinkel; s Vorschub z.
                                 										Umdrehung
                              
                           Nach den Ergebnissen ist besonders bemerkenswert, daß diese Verschiedenheit des
                              									Hinterschliffs ohne Einfluß auf das benötigte Drehmoment blieb. Da zu stark
                              									hinterschliffene Bohrer aber leicht ausbrechen, so ist zu empfehlen, den Winkel ε nicht größer als etwa 6° zu nehmen. Auch bezüglich
                              									des Bohrdruckes zeigte sich keine wesentliche Rückwirkung. Es wurden zwar beim
                              									Bohren in Gußeisen Unterschiede bis zu 39 v. H. zugunsten des stark
                              									hinterschliffenen Bohrers konstatiert, doch zeigte sich bei genauerer Untersuchung,
                              									daß hieran lediglich die Verkleinerung des Winkels η
                              										(Abb. 1d) Schuld war. Bei einem Parallelversuch,
                              									bei welchem ein 10 mm-Loch vorgebohrt wurde, ergab sich für alle Hinterschliffe der
                              									gleiche Wert. Als Nutzanwendung folgt hieraus die Forderung, daß der Winkel e nach der Bohrermitte zu bis auf 20 bis 24° ansteigen
                              									soll.
                           Die Stellung der Querschneide (Abb. 1c) ist am
                              									günstigsten bei einem Winkel von 55° zwischen der eigentlichen Schneide des Bohrers
                              									(der Brust) und der Querschneide. Das bekannte Anspitzen des Bohrers zeigte sich nur
                              									für das Bohren von Flußeisen von erheblichem Einfluß im Sinne einer Verringerung des
                              									Bohrdruckes. Dr.-Ing. Sommerfeld in Z. d. V. d. I., 2.
                              									Mai 1914.]
                           Rich. Müller.
                           
                           Die Vislok – Schraubenmuttersicherung. Auf keinem
                              									Gebiete gibt es wohl soviele Erfindungen und Patente, wie auf dem der
                              									Muttersicherungen. Hunderte, wenn nicht Tausende von Versuchen sind angestellt, um
                              									das scheinbar so einfache Problem zu lösen, eine Mutter gegen Lockern zu sichern.
                              									Eine vollkommen zuverlässige Sicherung ist immer noch nicht gefunden. Auch die
                              									vorliegende Sicherung kann diesen Anspruch nicht erheben. Sie ist aber infolge ihrer
                              									Eigenart bemerkenswert.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 539
                              Abb. 1.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 539
                              Abb 2.
                              
                           Die Sicherung besteht aus Mutter und Gegenmutter Die Gegenmutter ist mit einem
                              									zylindrischen Ansätze versehen, der in eine konische Ausbohrung der Mutter
                              									hineinfaßt. (Abb. 1.) Beide Teile werden
                              									zusammengepreßt, und der zylindrische Ansatz wird seitlich ausgetrieben, so daß er
                              									die konische Bohrung ganz ausfüllt. Beide Muttern sind so untrennbar mit einander
                              									vereinigt, besitzen aber soviel Spiel, daß sie sich frei drehen können. (Abb. 2.) Nachdem Mutter und Gegenmutter an einem
                              									Flächenpaare mit einer Kerbe parallel zur Schraubenachse versehen sind, wird das
                              									Gewinde gebohrt. Beim Aufschrauben auf einen Gewindebolzen müssen diese Kerben
                              									zusammenfallen, damit das Gewinde fortlaufend ist. Mit einem gewöhnlichen
                              									Schraubenschlüssel werden dann beide Muttern gemeinschaftlich fest angezogen und
                              									darauf die Gegenmutter allein zur Sicherung weitergedreht. Im Grunde ist soweit
                              									diese Sicherung eine gewöhnliche Doppelmutter. Beide Muttern sind aber so mit
                              									einander vereinigt, daß die obere nicht allein verloren gehen kann. Der Erfinder
                              									beansprucht für seine Sicherung den weiteren Vorteil, daß sich beim Anziehen die
                              									Gegenmutter infolge der konischen Flächen a fester um
                              									das Gewinde legt. Die hierdurch erzielte größere Reibung soll auch bei
                              									Erschütterungen eine Drehung verhindern. Schließlich sollen nach der Ansicht des
                              									Erfinders auch noch die konischen Flächen b die
                              									Sicherung unterstützen. In Wirklichkeit ist aber der Erfolg der Sicherung wohl nicht
                              									diesen vermeintlichen Deformationen, sondern der beträchtlichen Reibung zwischen den
                              									beiden Muttern zuzuschreiben. Bei einer gewöhnlichen Doppelmutter löst sich bei
                              									Erschütterungen zunächst die Gegenmutter und dann gibt die Hauptmutter nach, während
                              									dieses bei der Vislok-Sicherung nicht möglich ist, da sich die beiden Muttern nicht
                              									unabhängig von einander bewegen können. Selbst bei den stärksten Erschütterungen hat
                              									sich diese Sicherung bewährt, so findet sie z.B. schon bei Kraftfahrzeugen und
                              									Fahrrädern vielfach Verwendung. Das Lösen der Muttern erfolgt dadurch, daß man
                              									zunächst die Gegenmutter soweit zurückdreht, bis die Kerben wieder zusammenfallen.
                              									Hierauf können beide Muttern leicht gemeinschaftlich abgeschraubt werden.
                              									[Engineering, 29. Mai 1914.] S)
                           Dr.-Ing. Steuer.
                           –––––
                           Erfahrungen bei der Verwendung von Atmungsgeräten im
                                 										Steinkohlenbergbau. (Nach dem „Jahresberichte des Vereins für die
                                 										bergbaulichen Interessen im Oberbergamtsbezirk Dortmund“.) Durch die
                              									folgenden Ausführungen soll dem auf dem II. Intern. Kongreß für Rettungswesen und
                              									Unfallverhütung, über den seinerzeit an dieser Stelle berichtet worden ist (S. 61
                              									ff. d. J, vgl. auch S. 285), mehrfach geäußerten Wunsche entsprochen werden, daß
                              									über jeden Fall der Verwendung von Atmungsgeräten in den Fachzeitschriften berichtet
                              									werden soll. Bei Unglücksfällen sind auf den westfälischen Zechen im Berichtsjahre
                              									Atmungsgeräte nicht benutzt worden, häufig dagegen bei
                              									Grubenbrandbekämpfungsarbeiten; wegen der dabei gemachten Fehler verdienen die
                              									folgenden Fälle besondere Beachtung. Ein Unfall ereignete sich dadurch, daß ein
                              									Wettersteiger beim Vordringen in einem heißen, von der Bewetterung abgeschnittenen
                              									Aufbruch den Helmdruck unangenehm empfand und deshalb die Pneumatik ein wenig
                              									lockerte. Durch die eindringenden Schlagwetter stellte sich heftiger Kopfschmerz
                              									ein, und der Wettersteiger schraubte den Schlauch auf der Ausatmungsseite ganz los;
                              									er versuchte sogar, den Helm ganz vom Kopfe zu entfernen. Infolgedessen stürzte er
                              									ab und konnte nur als Leiche geborgen werden. Die Untersuchung des Falles ergab die
                              									Unversehrtheit des Atmungsgerätes (Dräger-Helm), so daß
                              									die Schuld an dem Unfall lediglich auf die Unbesonnenheit des Wettersteigers, der
                              									noch dazu Oberführer der Rettungstruppe war, zurückzuführen ist. – Bei einem Brande
                              									auf einer Dortmunder Zeche empfanden die Leute bei starker Rauchentwicklung die
                              									Helmatmung angenehmer, obwohl keine besondere Arbeitsleistung erzielt werden konnte;
                              									bei geringer Rauchentwicklung und angestrengter Arbeitsleistung war die Mundatmung
                              									vorzuziehen. – Beim Arbeiten an Branddämmen ließen sich die Bergleute, da die Luft
                              									klar war und die Lampen gut brannten, leicht dazu verleiten, die Helmklappe zu
                              									öffnen, um sich abzukühlen, wodurch mehrfach Betäubungen vorkamen. Zur Vermeidung
                              									solcher Unfälle mußten die Arbeiter dauernd durch einen Beamten überwacht werden. –
                              									Bei der Verwendung frei tragbarer Atmungsgeräte versagte ein Atmungsgerät. Die
                              									Untersuchung ergab, daß sich bei der Beförderung des Gerätes zur Unfallstelle die
                              									Atmungsklappe im Mundstück infolge der Erschütterung festgesetzt hatte. – Bei der
                              									Herstellung von Branddämmen versagten in einem Falle die Mannschaften, vermutlich
                              									aus dem Grunde, weil sie schon vor Anlegung der Atmungsapparate Brandgase eingeatmet
                              									hatten; später gelang es dann, den Damm zu errichten. – Ein tödlicher Unfall hat
                              									sich endlich bei einer Uebung mit Atmungsgeräten ereignet. Ein Fahrhauer, der
                              									bereits 18 Uebungen mitgemacht hatte übte mit einem Westfalia-Mundgerät, Modell
                              									1909. Nachdem er 5000 m/kg geleistet hatte, setzte er sich nieder und atmete nur
                              									noch schwach. Nach neun Stunden verschied er. Die Obduktion ergab Gehirnschlag, die
                              									Arterienwandungen waren auffallend dünn. Die eigentliche Todesursache konnte nicht festgestellt
                              									werden. Die Temperatur im Uebungsraum und der Ueberdruck im Atmungsgeräte waren
                              									nicht hoch. Die geleistete Uebungsarbeit war wohl beträchtlich, ist aber von anderen
                              									Mannschaften vielfach noch weit übertroffen worden.
                           Schorrig.
                           –––––
                           Ueber die Temperatur Verhältnisse in der Längsrichtung eines
                                 										Koksofens hat Simmersbach neuerdings Versuche
                              									angestellt, die ein interessantes Bild von der gesamten Ofenbeheizung ergeben haben.
                              									(Stahl und Eisen 1914, 34, 954.) Der Temperaturverlauf im Koksofen wurde dabei in
                              									dessen Längsrichtung beobachtet, und zwar in der Ofenmitte, an der Maschinenseite
                              									und an der Löschseite sowohl im Kohlenkuchen wie in dem darüber befindlichen
                              									Gassammelraum. Als Versuchsofen diente ein mit Koksofengas beheizter Verbundofen von
                              										Koppers. Die Kohle enthielt 22,7 v. H. flüchtige
                              									Bestandteile, 6,32 v. H. Asche, 12,1 v. H. Wasser. Das  Koksausbringen stellte sich
                              									auf 79,80 v. H. Der erzeugte Koks zeigte gute Beschaffenheit. Er enthielt 8,91 v. H.
                              									Asche, 2,56 v. H. flüchtige Bestandteile, 88,53 v. H. Kohlenstoff. Die Ergebnisse
                              									sind in den Abb. 1 und 2 graphisch dargestellt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 540
                              Abb. 1. Temperaturen im Kohlekuchen, gemessen unter den Füllöchern und zwar
                                 										1000 mm oberhalb der Ofensohle
                              
                           Aus den Kurven der Abb. 1 ergibt sich zunächst, daß
                              									die Temperatur bei 100° einige Stunden lang stehen bleibt, und zwar auf der
                              									Löschseite am längsten. Das erklärt sich daraus, daß an dieser Seite der Ofen
                              									breiter ist, daher mehr Kohle verkokt und infolgedessen auch mehr Wasser verdampft.
                              									Diese Verdampfung benötigte hier drei Stunden mehr als an der Maschinenseite.
                           Nachdem alles Wasser ausgetrieben ist, beginnt die Vergasung der Kohle, und von
                              									dieser Zeit an (nach 12, 13, 15 Stunden) fand eine ziemlich gleichmäßige Zunahme der
                              									Temperatur statt. Nach 20 Stunden wurde ein Nachbarofen ausgedrückt, was sich in der
                              									Mitte des Ofens nur schwach, an der Löschseite aber stark durch Abfall der
                              									entsprechenden Kurve bemerkbar macht. An der Löschseite ist von da ab die Beheizung
                              									des Ofens im Vergleich zur Maschinenseite und zur Ofenmitte schwächer. Daher bleibt
                              									auch am Schluß der Garungszeit die Temperatur in der Kohle, wie Abb. 1 zeigt, nach dieser Seite ungefähr 200 °
                              									niedriger als in der Ofenmitte und an der Maschinenseite. Da aber trotzdem der Koks
                              									an der Löschseite den an einen guten Koks zu stellenden Anforderungen genügte, muß
                              									geschlossen werden, daß die gefundenen Temperaturen zur Verkokung genügen und die
                              									schmalere Ofenseite zuviel Gas zur Beheizung erhielt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 540
                              Abb. 2. Temperaturen im Koksofen, gemessen im Gassammelraum oberhalb des
                                 										Kohlekuchens
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 540
                              Abb. 3. Gaszusammensetzung.
                              Garungsstunden H2 = Wasserstoff, N2
                                 										= Stickstoff, O2 = Sauerstoff, CO = Kohlenoxyd CO2 = Kohlensäure, CH4 = Methan,
                                 										C2H4 = Athylen, C6H8 = Benzol
                              
                           Im Gassammelraum verlief die Temperaturentwicklung in der durch die Kurven der Abb. 2 gegebenen Weise.
                           
                           Hier ist die Anfangstemperatur zuerst an der Löschseite am höchsten, weil hier
                              									die Ofenwände von der vorherigen Beschickung noch warm waren und die eintretende
                              									Luft hier nicht mehr so kalt ist wie an der Maschinenseite.
                           Schon nach der ersten Stunde aber ist die Temperatur stark abgefallen, weil die Wärme
                              									zur Verdampfung der größeren Wassermenge verbraucht wird. Danach verlaufen die
                              									Temperaturkurven für die Löschseite, die Maschinenseite und Ofenmitte ziemlich
                              									gleichmäßig bis zum Ende der Garungszeiten und zwar
                           
                              
                                 auf der Löschseite
                                 von
                                 690°
                                 auf
                                 810°
                                 um
                                 120°,
                                 
                              
                                 in der Ofenmitte
                                 „
                                 740°
                                 „
                                 865°
                                 „
                                 125°,
                                 
                              
                                 auf der Maschinenseite
                                 „
                                 720°
                                 „
                                 870°
                                 „
                                 150°.
                                 
                              
                           Die hauptsächlichste Steigerung findet in der zweiten Hälfte der Garungszeit statt,
                              									denn die Temperatur nimmt von der 3. bis 15. Stunde zu
                           
                              
                                 an der Löschseite
                                 von
                                 690°
                                 auf
                                 730°
                                 um
                                 40°,
                                 
                              
                                 in der Ofenmitte
                                 „
                                 740°
                                 „
                                 795°
                                 „
                                 55°,
                                 
                              
                                 an der Maschinenseite
                                 „
                                 720°
                                 „
                                 775°
                                 „
                                 55°.
                                 
                              
                           Von der 15. Stunde an aber bis zum Schluß
                           
                              
                                 an der Löschseite
                                 von
                                 730 °
                                 auf
                                 810°
                                 um
                                 80°,
                                 
                              
                                 in der Ofenmitte
                                 „
                                 795 °
                                 „
                                 865°
                                 „
                                 70 °,
                                 
                              
                                 an der Maschinenseite
                                 „
                                 775°
                                 „
                                 870°
                                 „
                                 95°.
                                 
                              
                           Die Temperaturen des Sammelraumes (Abb. 2) sind
                              									niedriger als die des Kokskuchens (Abb. 1), weil die
                              									Heizwand dieses Raumes dicker und gegen Wärmeverluste durch Strahlung mehr geschützt
                              									ist. Sie sind auch niedriger als die der Kohle. Im Gasraum und an der Maschinenseite
                              									im Koks werden gleichzeitig 800° erreicht.
                           Dann steigt die Temperatur im Kuchen noch um weitere etwa 280 °, im Gasraum aber nur
                              									um 50 °. Aehnliche Erscheinungen machten sich auch in der Ofenmitte bemerkbar. Die
                              									Untersuchungen ergeben, daß eine ungleichmäßige Beheizung des Koksofens hinsichtlich
                              									der Güte des Kokes nicht schadet, wenn eine bestimmte Mitteltemperatur nicht
                              									unterschritten wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 541
                              Abb. 4. Heizwert des Destillationsgases. Garungsstunden
                              
                           Abb. 3 zeigt graphisch die Aenderung der chemischen
                              									Zusammensetzung des Destillationsgases mit der Garungszeit und Abb. 4 diejenige seines Heizwertes. Die Abnahme des
                              									letzteren beginnt jedoch meist schon, wenn die Gasentwicklung in der Mitte des
                              									Kokskuchens einsetzt, also nach der 17. Stunde. Darauf weist auch die Abnahme
                              									des Gehalts an Benzol, Aethylen und Methan von diesem Zeitpunkt ab hin (Abb. 3). Da dann eine Gesamtmenge ursprünglich
                              									vorhandenen Wassers verdampft ist, ergibt sich hieraus der schützende Einfluß des
                              									Wasserdampfes auf die Zersetzung dieser nutzbaren Bestandteile des Gases.
                           Loebe.
                           –––––
                           Brown, Boveris Kondensator für ununterbrochenen Betrieb.
                              									Der Oberflächenkondensator ist zweifellos am besten zur Erzielung eines hohen
                              									Vakuums geeignet, welches für einen wirtschaftlichen Betrieb unerläßlich ist.
                              									Außerdem bildet er den Vorteil, daß das Kondensat wieder als Speisewasser verwendet,
                              									und daß jedes beliebige Wasser zur Kühlung benutzt werden kann. Unreines
                              									Zirkulationswasser hat jedoch den Nachteil, daß sich innerhalb der Rohre ein Satz
                              									(eine Art Kesselstein) bildet, der den Wärmeübergang zwischen Dampf und Kühlwasser
                              									stark beeinträchtigt. Die hiermit verbundene Verschlechterung des Vakuums hat
                              									natürlich eine Erhöhung des Dampfverbrauches zur Folge. Es ist daher eine häufige
                              									Reinigung der Kondensatorkühlrohre notwendig. Läßt sich diese nicht in
                              									Betriebspausen ausführen, so muß die Dampfmaschine mit Auspuff arbeiten. Hiermit ist
                              									aber besonders bei großen Maschinen ein bedeutender Verlust verbunden.
                           Diesen Nachteil vermeidet der neue Kondensator von Brown,
                                 										Boveri & Co., der während des Betriebes ohne Störung gereinigt werden
                              									kann. Er unterscheidet sich von einem gewöhnlichen Oberflächenkondensator nur
                              									dadurch, daß die Wasserkammern durch eine senkrecht stehende Wand in zwei Hälften
                              									geteilt sind. Beide Hälften sind durch halbkreisförmige Türen verschließbar, welche
                              									sich um Angeln in der Mitte des Kondensators drehen und unabhängig von einander
                              									geöffnet werden können. Das Kühlwasser fließt in zwei parallelen Strömen durch den
                              									Kondensator hindurch und wird durch zwei getrennte Rohrleitungen zu und abgeführt,
                              									welche unabhängig von einander ein- und abgestellt werden können. Der Dampfraum ist
                              									nicht geteilt, Kondensat und Luft werden wie üblich entfernt.
                           Zum Zwecke des Reinigens wird der eine Strom des Kühlwassers abgesperrt. Nachdem das
                              									stehengebliebene Wasser durch Entwässerungshähne abgelassen ist, werden die
                              									betreffenden Deckelschrauben gelöst, die Türen geöffnet, worauf die Rohre der
                              									betreffenden Kondensatorhälfte bequem und ohne Störung gereinigt werden können. Der
                              									Dampf wird während dieser Zeit in der anderen Kondensatorhälfte kondensiert.
                              									Nachteilige Folgen haben sich für den Kondensator nicht gezeigt.
                           Die Vakuumabnahme infolge der Ausschaltung des halben Kondensators ist nur gering.
                              									Sie beträgt bei Vollast ungefähr 3 v. H., während das Vakuum bei halber Leistung mit
                              									halbem Kordensator etwas höher ist als bei Vollast mit beiden Kondensatorräumen.
                           Die Anwendung dieses geteilten Kondensators empfiehlt sich also bei unreinem
                              									Kühlwasser, da die Rohre jederzeit und so oft wie notwendig gereinigt, und auch Undichtigkeiten
                              									ausgebessert werden können. Das hiermit verbundene bessere Vakuum ist für einen
                              									geringeren Dampfverbrauch von großem Vorteil. Bis zum März dieses Jahres haben Brown, Boveri & Co. 57 derartige Kondensatoren für
                              									eine Gesamtleistung von 221175 PS. hergestellt. [Engineering, 29. Mai 1914.]
                           Dr.-Ing. Steuer.
                           –––––
                           Die Entnahme von Probestäben ist im Gießereibetriebe
                              									üblich, um bei großen Gußstücken aus der Untersuchung dieser Probestücke ein Urteil
                              									über den Ausfall des Gusses zu gewinnen. Häufig wird dann die Abnahme des Gußstückes
                              									verweigert, weil die Probestäbe nicht den vorausgesetzten Eigenschaften entsprechen.
                              									Für die Herstellung der Stäbe ist jetzt Bedingung, daß sie zusammen mit dem in Frage
                              									stehenden Gußstück gegossen, also angegossen, werden, um eine sichere Gewähr zu
                              									haben, daß es sich um den gleichen Guß handelt.
                           W. F. Prince (Zeitschr. für prakt. Maschinenbau, 16. Mai
                              									1914) weist nach, daß dieses Verfahren zu großen Irrtümern führen kann, zumindest
                              									jedoch eine erhebliche Unsicherheit einschließt, wenn der Probestab, wie natürlich
                              									meist der Fall, eine zu sehr von dem zu beurteilenden Gußstück abweichende Größe und
                              									Gestalt hat.
                           Es ist bekannt, daß in Gußstücken poröse Stellen, sog. Saigerungen, sehr leicht da
                              									entstehen, wo ein schroffer Uebergang in der Materialstärke vorhanden ist, weil das
                              									Material an den dünnwandigeren Stellen zuerst erkaltet und infolge
                              									Volumenverminderung von den kompakteren Stellen noch flüssiges Metall nachsaugt. Ein
                              									Probestab kann mithin sehr verschieden ausfallen, je nachdem er an einem
                              									verhältnismäßig dünnwandigen oder im Gegenteil mässigen Teil angesetzt ist.
                           Noch unsicherer werden die Verhältnisse beim Vergießen von Legierungen, wo die
                              									Bestandteile keine chemische Verbindung miteinander eingehen. Es handele sich
                              									beispielweise um eine Bronze von 88 Teilen Kupfer, 10 Teilen Zinn und 2 Teilen Zink.
                              									Die zugehörigen Schmelzpunkte sind 1084°, 232° und 419°. Von der innigen Vermischung
                              									der Grundstoffe, für die in erster Linie die Temperatur maßgebend ist, sind die
                              									Festigkeitseigenschaften abhängig. Nun zeigen bei verschieden schneller Abkühlung
                              									solche Legierungen in noch viel höherem Maße Neigung zum saigern, der Art, daß
                              									zunächst die Grundstoffe mit niederem Schmelzpunkt erstarren und darauf leicht ein
                              									Abwandern und eine Anreicherung der zuletzt erkaltenden Metalle an anderer Stelle
                              									stattfindet. Von 19 Probestäben zeigten z.B. drei poröse Stellen und waren daher für
                              									eine Untersuchung überhaupt nicht brauchbar, bei den übrigen schwankte die
                              									Festigkeit zwischen 19,4 und 27,5 kg/mm2, und die
                              									Dehnung zwischen 4,5 und 15,5 v. H.
                           Da solche Verschiedenheiten die Regel sind, erscheint es fast ausgeschlossen, sich
                              									auf diesem Wege ein zutreffendes Urteil bilden zu können. Unabhängig für sich
                              									gegossene Probestäbe zeigen dagegen ein ziemlich regelmäßiges Verhalten, und
                              									der Verfasser empfiehlt daher ein Uebereinkommen der interessierten Kreise dahin,
                              									daß Probestäbe in gesonderten Formen abgegossen werden dürfen. Da die
                              									Vergießtemperatur für den Ausfall des Gusses eine wichtige Rolle spielt, soll je ein
                              									Stab zu Anfang und zu Ende des Gusses hergestellt werden. Zwischendurch wird der
                              									Pfanne noch eine Probe für chemische Untersuchung entnommen. Als Normalform wird ein
                              									Stab von etwa 30 bis 32 ø und 380 mm Länge empfohlen.
                           Von Seiten der Abnehmer wird man wohl kaum ernste Einwände zu erwarten brauchen,
                              									vorausgesetzt, daß die Mittel für eine zuverlässige Kontrolle gegen Täuschung noch
                              									angegeben werden. Der Probestab wird so voraussichtlich die günstigsten
                              									Eigenschaften aufweisen, die dem Material und den Umständen nach erwartet werden
                              									dürfen; es ist natürlich damit keineswegs gesagt, daß das zu begutachtende Gußstück
                              									in allen Teilen ebensogut ist, da unabhängig für den Ausfall des Gusses dieselben
                              									Umstände maßgebend sind, wie eingangs für den Ausfall der Probestäbe betrachtet.
                           Rich. Müller.
                           –––––
                           Mikroskopische Stahluntersuchung. (B. Strauß-Essen auf der
                              									Hauptvers, des Vereins Deutscher Chemiker in Bonn.) Während man früher die chemische
                              									Zusammensetzung und die physikalischen Eigenschaften der Stahle feststellte, hat man
                              									jetzt durch die metallographischen Untersuchungen zahlreicher deutscher und
                              									ausländischer Forscher einen wunderbaren Einblick in den Gefügebau der Stahle
                              									gewonnen und vielfach den Zusammenhang zwischen den physikalischen Eigenschaften und
                              									der chemischen Zusammensetzung der Stahle erklären können.
                           Es wurden die wesentlichen Gefügearten der Kohlenstoffstahle im geglühten und von
                              									hoher Temperatur abgelöschtem Zustande erläutert. Das reine Eisen, metallographisch
                              									Ferrit genannt, bildet in allen geglühten Stahlen die weiche und duktile Grundmasse,
                              									in welcher das harte Karbid je nach Zusammensetzung und Wärmebehandlung in
                              									verschiedener Form eingebettet erscheint. In den Stahlen bis 0,90 v. H. Kohlenstoff
                              									tritt das Karbid in Mischung mit dem Ferrit als Eutektikum auf und wurde wegen
                              									seines perlmutterartigen Glanzes „Perlit“ genannt. Durch Verwendung der
                              									Photographie in natürlichen Farben mittels der Lumiere-Autochromplatten kann man
                              									diese Erscheinung im Lichtbild vorführen. Enthält der Stahl mehr als 0,9 v. H.
                              									Kohlenstoff, so tritt neben dem Perlit freies Karbid auf, als Gefüge Zementit
                              									genannt. Es wurden dann die Härtungsgefüge und ihre Uebergänge. Austenit, Martensit,
                              									Troostit und Sorbit und die parallel verlaufenden Aenderungen der physikalischen
                              									Eigenschaften besprochen. Wenn nun noch andere Elemente zu Eisen und Kohlenstoff
                              									hinzutreten, so ergeben sich im ausgeglühten Zustande schon Legierungen mit dem
                              									Gefüge und den Eigenschaften der von hohen Temperaturen abgelöschten
                              									Kohlenstoffstahle, weil durch das Vorhandensein bestimmter Mengen mancher Elemente
                              									wie z.B. des Nickels, bewirkt wird, daß der Kohlenstoff in Lösung bleibt. Die
                              									Gefügearten haben zu einer systematischen Gruppierung der Stahle geführt, so daß dem
                              									Metallographen mit dem Gefügebild stets auch die physikalischen Eigenschaften der
                              									Stahle vor Augen stehen.
                           Gute Dienste leistet die mikroskopische Untersuchung zur Aufklärung der bei der
                              									Fabrikation oder im Betrieb entstandenen Fehler und Schäden an den
                              									verschiedenartigsten aus Stahl hergestellten Stücken.
                           Die Ursache des Platzens eines Kesselrohres wird aus dem Gefüge in einer lokalen
                              									starken Ueberhitzung des Rohres auf helle Rotglut nachgewiesen. Durch die
                              									mikroskopische Untersuchung einer gebrochenen Lokomotivachse wird an den
                              									Gefügeänderungen sowie an Einschlüssen von geschmolzener Bronze aus den Lagerschalen
                              									festgestellt, daß starkes Heißlaufen zum Bruch geführt hatte, obwohl die äußeren
                              									Spuren des Heißlaufens der Achse beseitigt waren. Durch Gefügebilder werden die
                              									Aenderungen gezeigt, welche an den Laufflächen von Eisenbahnradreifen im Betriebe
                              									entstehen können.
                           In fast allen Stahlen sind unter dem Mikroskop kleine Schlackeneinschlüsse zu
                              									beobachten, denen je nach ihrer Art und Größe, sowie dem Verwendungszweck der
                              									Stahlprodukte eine mehr oder minder große Bedeutung zukommt.
                           Die Beobachtung eines bisher nicht bekannten Gefüges in Schweißnähten elektrisch
                              									geschweißter Eisenbleche führte zu einer eingehenden Untersuchung über Stickstoff im
                              									Stahl, welche einige interessante Ergebnisse mikroskopischer Forschung brachte. In
                              									solchen Schweißnähten wurde bis zu 0,12 v. H. Stickstoff, in autogen mit Azetylen
                              									geschweißten Blechen bis zu 0,020 v. H. Stickstoff gefunden.
                           Durch Nitrieren von Eisenproben im Ammoniakstrom, welcher Vorgang schon unterhalb 300
                              									° einsetzt und bei 600 bis 800 ° am stärksten erfolgt, erhält man Schichten mit
                              									verschiedenem Stickstoffgehalt und verschiedenem Gefüge. Die äußerste helle
                              									Randschicht der nitrierten Proben aus reinem Eisen besteht aus Eisennitrid, Fe4
                              									N2, dann folgt eine
                              									Schicht mit einem perlitähnlichen Gefüge X, welches aus
                              									Eutektikum zwischen Eisen und Stickstoff anzusehen ist. Hieran schließt sich eine
                              									Zone mit einem nadelförmigen Gefüge Z, welches auch in den Schweißnähten gefunden
                              									worden war. Diese Nadeln Z bestehen aus einer Eisen
                              									Stickstoff- bzw. Eisen Kohlenstoff Stickstoffverbindung.
                           Beim Nitrieren von Kohlenstoffstahlen, oder wenn man gleichzeitig zementiert und
                              									nitriert, beobachtet man einen weiteren Gefügebestandteil Y, der in den geätzten Schliffen als hellbraun gefärbte Flecken zu
                              									erkennen ist. Beim Glühen tritt leicht Zerfall des Eisennitrids ein. Wenn jedoch im
                              									Eisen andere Elemente, z.B. Silizium oder Chrom gelöst sind, so bilden sich beim
                              									Nitrieren bei höheren Temperaturen die Nitride dieser Elemente selbst, die im
                              									Gegensatz zum Eisennitrid sehr beständig sind. In dem Verhalten des Stickstoffs und
                              									Kohlenstoffs gegenüber dem Eisen bestehen zahlreiche Analogien, welche sich
                              									besonders in den Gefügen verfolgen lassen.
                           Zur Klarstellung dieser Gefüge hat die Färbungsmethode mit Hilfe der Anlaßfarben
                              									wesentlich beigetragen, da die stickstoffhaltigen Gefüge etwas schneller
                              									oxydiert werden als die Karbide und der Ferrit. Diese neuen Gefüge wurden in den
                              									natürlichen Farben, wie sie unter dem Mikroskop erscheinen, im Lichtbild
                              									dargestellt.
                           Plohn.
                           –––––
                           Die neue Stadthalle in Hannover hat die Anregung zu einen
                              									sehr wesentlichen Fortschritt auf dem Gebiete des Heizungs- und Lüftungswesens
                              									gegeben.
                           Man kann die Funktion derartiger Anlagen mit der Funktion der inneren Organe eines
                              									Menschen vergleichen: Beide arbeiten am besten, wenn man von ihrem Vorhandensein
                              									möglichst wenig merkt und dennoch das Gefühl der Behaglichkeit oder der Gesundheit
                              									hat. Sie sollen das allgemein Zugängliche eines Gebäudes oder eines Menschen
                              									möglichst wenig beeinträchtigen. Diese Bedingungen bei der Heizung und Lüftung eines
                              									Gebäudes nun restlos zu erfüllen, ist eine besondere Kunst des Architekten und des
                              									Heizungsingenieurs, die auf ein ständiges Zusammenarbeiten angewiesen sind. Wie
                              									notwendig dieses Zusammenarbeiten bei der Einrichtung der Stadthalle war, geht
                              									allein daraus hervor, daß es in dem großen Gebäude fast keinen Raum gibt, ja fast
                              									keine Wand, die nicht in irgend einer Beziehung mit den Bestandteilen der Heizung
                              									und Lüftung in Verbindung stehen dürfte.
                           Der ganze Gebäudekomplex wird von einer Stelle aus geheizt, die sich auf der Ostseite
                              									zwischen Halle und Wirtschaftsflügel befindet und sich von außen durch den als
                              									notwendiges Uebel zu bezeichnenden Schornstein bemerkbar macht. Als Heizart ist eine
                              									Niederdruck-Dampfheizung, eine sogenannte GKA- (Gebr.
                                 										Körting-Aktiengesellschaft) Milddampfheizung, gewählt worden. Der für die
                              									Heizung erforderliche Dampf wird in fünf Kesseln von zusammen 400 m2 Heizfläche erzeugt und besitzt nur eine Spannung
                              									von höchstens 0,07 at Ueberdruck, d.h. die Spannung entspricht nur dem Druck einer
                              									Wassersäule von 70 cm Höhe. Trotz dieses geringen Druckes muß der Dampf zum Teil,
                              									einen Weg von rd. 400 m zurücklegen, um nach den entferntesten Heizkörpern zu
                              									gelangen. Diese Entfernungen hatten ein Rohrnetz von mehr als 10 km Länge zur Folge.
                              									Die Kessel müssen auch den Dampf für die Kochküchen und für die Warmwasserversorgung
                              									liefern können und sind zu diesem Zweck so eingerichtet, daß sie den notwendigen
                              									höheren Dampfdruck von etwa 0,3 at Ueberdruck ebenfalls erzeugen können. Der
                              									Gesamtwärmebedarf für die Heizung, Lüftung, Warmwassererzeugung und Kochzwecke
                              									beträgt bei voller Beanspruchung etwa 5000000 WE in der Stunde. Zur Erzeugung dieser
                              									Wärmemenge ist eine Verfeuerung von etwa 700 kg oder 14 Zentner Koks in der Stunde
                              									notwendig. Selbstverständlich wird diese Wärmemenge nur in Ausnahmefällen zu
                              									erzeugen sein, allgemein wird sie nur ein Viertel bis ein Drittel davon
                              									betragen.
                           Zur Erwärmung der einzelnen Räume war die Aufstellung von etwa 500 Stück Heizkörpern
                              									aus Radiatoren und 60 Stück Heizkörpern aus Rohrschlangen erforderlich.
                           
                           Die Gesamtheizfläche dieser Heizkörper beträgt 3000 m2, der Rauminhalt aller geheizten Räume etwa
                              									160000 m3. Für die Lüftung der einzelnen Räume
                              									sorgen 15 elektrisch angetriebene Ventilatoren, die zusammen eine Luftmenge von
                              									355000 m3 in der Stunde in die Räume drücken oder
                              									aus ihnen entfernen. Die in die Räume einzuführende Frischluftmenge, die vorher auf
                              									die Temperatur der Räume erwärmt werden kann, ist dabei 178000 m3 in der Stunde. Die vier Ventilatoren für die
                              									Festhalle können stündlich 260000 m3 Luft fördern,
                              									so daß die Lüftung allen Anforderungen gewachsen sein wird.
                           Der Lüftung ist übrigens eine Ozonanlage angegliedert, welche die Lüftung wirksam
                              									unterstützen wird. Auch die Ozonanlage wird vom Hauptregulierraum aus
                              									eingestellt.
                           Die Anlage bildet eine Sehenswürdigkeit für alle Hygieniker, Architekten,
                              									Städteverwaltungen und Großindustrielle.
                           –––––
                           Der Verwaltungsbericht der Berliner Feuerwehr für das Jahr
                                 										1913 enthält folgende interessante Angaben über die Verwendung von
                              									Automobilen. Die Gesamtzahl der automobilen Fahrzeuge beträgt 74, und zwar setzt
                              									sich diese Zahl folgendermaßen zusammen: Rein elektrischer Betrieb: 12 Löschzüge zu je 4 Fahrzeugen, nämlich Gasspritze,
                              									Gerätewagen, Motorspritze und Leiter und ein Uebungswagen. Reiner Benzinantrieb: 2 Wagen für den Branddirektor, 16
                              									Offizierwagen, 3 Motorspritzen, 1 Gerätewagen, 2 Arbeitswagen, 1 Aktenwagen.
                           Zur völligen Durchführung der Automobilisierung der Berliner Feuerwehr sind noch 71
                              									Automobile erforderlich. Die für Berlin gewählte Antriebsart, elektrisch für den
                              									Stadtbetrieb und Benzin für den Fernbetrieb, die Offizier-, Geräte- und
                              									Arbeitswagen, hat sich seit nunmehr sechs Jahren ausgezeichnet bewährt.
                           Bezüglich der Betriebsergebnisse der acht Automobillöschzüge seit ihrer
                              									Indienststellung bis zum 31. März 1914 ergibt sich, daß die jährlichen Kosten für
                              									einen aus vier Fahrzeugen bestehenden Elektro-Automobillöschzug durchschnittlich
                              									5555 M betragen. Auf ein Fahrzeug entfallen demnach 1389 M,
                           Ein bespannter, ebenfalls aus vier Fahrzeugen bestehender Löschzug erfordert dagegen
                              									jährlich 21913 M. Auf ein Fahrzeug eines bespannten Löschzuges entfallen somit 5478
                              									M; ein Betrag, für den vier Elektromobile unterhalten werden können.
                           In den 25 Betriebsjahren der acht Elektromobillöschzüge sind mithin 408950 M an
                              									laufenden Kosten für die Unterhaltung und den Betrieb gegenüber bespannten
                              									Löschzügen gespart worden. Allerdings sind die Anschaffungskosten eines
                              									elektromobilen Löschzuges höher.
                           Von Interesse ist die Feststellung in der Kolonne 15 der Nachweisung, daß ein
                              									Elektro-Automobil in einem Jahre wegen Ausführung von Reparaturen durchschnittlich
                              									nur 15 Stunden außer Betrieb war. Für die bei der Abteilung im Betriebe befindlichen
                              									schweren Benzinfahrzeuge lassen sich jetzt noch keine zuverlässigen Angaben über die
                              									erzielten Betriebsergebnisse machen, da einmal die Zahl derartiger Fahrzeuge noch zu
                              									gering ist, und dann erst sechs Betriebsjahre in Frage kommen. Soweit sich bis
                              									jetzt übersehen läßt, stellen sich bei einzelnen Benzinfahrzeugen die
                              									Reparaturkosten recht hoch. Dementsprechend ist auch die Zahl der Tage, an denen
                              									jene Fahrzeuge wegen Ausführung von Reparaturen außer Dienst gestellt werden mußten,
                              									ebenfalls sehr hoch. So waren zum Beispiel durchschnittlich die Motorspritze
                              									innerhalb eines Jahres 30 Tage, und ein Arbeitswagen 38 Tage außer Betrieb. Wie sich
                              									die Unterhaltungs- und Betriebskosten bei schweren Benzinfahrzeugen nach einer
                              									größeren Anzahl von Betriebsjahren gestalten, muß allerdings erst abgewartet werden.
                              									Branddirektor Reichel ist ein überzeugter Anhänger des rein elektrischen Antriebes
                              									von Feuerwehr-Automobilen für den Stadtbetrieb. Die Mehrzahl der deutschen
                              									Berufs-Feuerwehren gibt jedoch dem Rein-Benzinbetrieb den Vorzug. G.
                           –––––
                           Alieinbezugsrecht und Abnahmepflicht in der technischen und
                                 										Maschineoindustrie. Die Gewährung eines Alleinbezugsrechtes hat für den
                              									Lieferanten von Maschinen, technischen Anlagen, Apparaten usw. den einen großen
                              									Vorteil, daß der ganze Lieferungsbetrieb eine einzige Richtung annimmt, daß sich der
                              									Geschäftsgang dadurch außerordentlich vereinfacht, und daß der
                              									Alleinbezugberechtigte ihm nicht nur als Käufer gegenübersteht, sondern zugleich den
                              									Verkaufskommissionär ersetzt. Eine Gefahr ist aber gleichzeitig darin begründet, daß
                              									der Lieferant sich jeder Möglichkeit eines anderen Vertriebes begibt, und daß er,
                              									falls der Alleinbezugsberechtigte nicht hinreichend vertriebsfähig ist, pekuniär
                              									sehr geschädigt sein kann.
                           In der technischen Industrie wie in vielen anderen Geschäftszweigen ist es daher
                              									üblich, einem Abnehmer technischer Artikel, Maschinen usw. in Verträgen neben dem
                              									Alieinbezugsrecht, gleichzeitig eine Bezugpflicht aufzuerlegen, in der Weise, daß
                              									der Alleinbezugsberechtigte die Pflicht zur Abnahme eines bestimmten Jahresquantums
                              									hat, und den Lieferanten auf diese Weise sicher stellen muß.
                           Wird der erfahrene Geschäftsmann auch stets darauf bedacht sein, sein
                              									Alieinbezugsrecht nie ohne eine entsprechende Bezugspflicht zu gewähren, so kommen
                              									doch im Geschäftsleben oft genug Fälle vor, in denen eine solche Bezugspflicht nicht
                              									ausbedungen wird; sei es, daß der Betrieb des Alleinbezugberechtigten von vornherein
                              									in bestimmter Höhe feststeht und die Parteien nicht damit gerechnet haben, daß der
                              									Geschäftsbetrieb auch zurückgehen kann, sei es, daß der Lieferant von vornherein das
                              									nötige Vertrauen hat, daß die zu liefernden Maschinen, Apparate usw. sich
                              									gewissermaßen von selbst vertreiben, oder der Alleinbezugsberechtigte hinreichend
                              									für den Betrieb sicher ist, sei es schließlich, daß die Parteien überhaupt die
                              									ganzen Folgen nicht übersehen haben.
                           Wie ist die Rechtslage, wenn der Alleinbezugsberechtigte nur in so geringem Umfange
                              									abnimmt, daß der Lieferant in seinen Erwartungen getäuscht und pekuniär geschädigt
                              									ist; ist der Alleinbezugsberechtigte zur Abnahme angemessener Quanten an sich
                              									verpflichtet, und kann der Lieferant, trotzdem es an einer ausdrücklichen Abmachung fehlt, auf
                              									Abnahme dringen und anderenfalls vom Vertrage zurücktreten; oder kann sich der
                              									Bezugsberechtigte auf den Buchstaben des Vertrages stützen und hat der Lieferant,
                              									der unbedachtsamerweise einen für ihn ungünstigen Vertrag geschlossen hat, dann das
                              									Nachsehen?
                           Das Reichsgericht hatte zu dieser Frage kürzlich Stellung zu nehmen gehabt und
                              									zugunsten des Lieferanten entschieden.
                           Verträge sind nach Treu und Glauben auszulegen. Wenn die Parteien sich auch nur auf
                              									bestimmte Punkte bei den ausdrücklichen Vereinbarungen beschränken, so gehen sie
                              									dabei doch von bestimmten Voraussetzungen aus, die nicht nur zu den Voraussetzungen,
                              									sondern zu den Bedingungen des Vertrages gemacht werden, gleichviel ob diese Dinge
                              									bei den Vertragsverhandlungen zur Sprache gekommen, und bei dem Abschluß des
                              									Vertrages bestätigt sind (wenn nicht etwa der Vertrag selbst einen abweichenden
                              									Willen der Parteien erkennen läßt) oder ob überhaupt diese Dinge nicht erwähnt
                              									werden, weil sie zu den selbstverständlichsten Voraussetzungen gehören; im letzteren
                              									Falle würde die Willeneinigung durch sogenannte stillschweigende Willenerklärung
                              									zustande gekommen sein.
                           Um solche stillschweigende Willenerklärung handelt es sich, wenn ein Lieferant von
                              									Maschinen, technischer Artikel usw. ein Alleinbezugsrecht gewährt. Es ist
                              									selbstverständlich, daß ein Kaufmann bei derartigen Verträgen auf seine eigenen
                              									Interessen bedacht ist. Ueberläßt jemand einem anderen ein Alleinbezugsrecht, so
                              									will er es nicht diesem überlassen nach Gutdünken viel oder wenig abzunehmen, und
                              									ihm die Möglichkeit geben, seinen eigenen Betrieb durch Beschränkung auf eine
                              									geringe Abnahme lahm legen, sondern er will seinen eigenen Betrieb aus seinen Händen
                              									heraus in die Hand des Alleinbezugsberechtigten legen. Wer einem anderen das
                              									Alleinbezugsrecht gewährt, erwartet, daß dieser solche Menge von ihm bezieht, daß
                              									der Alleinbezugsberechtigte nicht wie ein gewöhnlicher Käufer ihm gegenübersteht,
                              									sondern vom wirtschaftlichen Standpunkt aus genommen als sein Vertriebskommissionär.
                              									Er erwartet, daß der Vertragsgegner ihm für die Ueberlassung seines
                              									Alleinvertriebsrechts ein Aequivalent gewährt, das in der Pflicht beruht, durch
                              									Bezug großer Mengen die Uebertragung des Alleinbezugsrechts auch rentabel zu machen,
                              									soweit dieses überhaupt von jenem verlangt werden kann.
                           In diesem Sinn ist eine entsprechende Offerte zu verstehen, gleichviel ob jemand die
                              									Uebertragung eines Alleinbezugrechtes für sich verlangt, oder ob er sich zur
                              									Uebertragung dieses Rechtes erbietet. In diesem Sinne wird die Offerte angenommen,
                              									und es wird daher zum stillschweigenden Vertragsinhalt gemacht, daß der
                              									Alleinbezugsberechtigte auch die Pflicht zum Bezug angemessener Mengen der
                              									betreffenden Ware übernimmt.
                           Eine Einschränkung nur wird man machen müssen. Die Uebertragung des
                              									Alleinbezugsrechts darf für den Lieferanten nicht vertriebsfähiger Gegenstände den
                              									Vertrieb nicht auf Kosten des Bezugsberechtigten rentabel machen. Der
                              									Bezugsberechtigte soll nur durch seine Bezugspflicht das ersetzen, was dem
                              									Lieferanten durch den Fortfall seiner sonstigen Vertriebsmöglichkeiten entgeht. Der
                              									Bezugsverpflichtete braucht daher, wenn er sich nicht zur Abnahme bestimmter Quanten
                              									verpflichtet hat, nicht mehr zu beziehen, als der Lieferant zu liefern Aussicht
                              									hatte, wenn er durch das Alleinbezugsrecht nicht gebunden wäre.
                           Dr. jur. Eckstein.
                           –––––
                           Verschleißfeste Eisenbahnschienen. Die im Jahre 1907 auf
                              									der Strecke Halle-Leipzig verlegten verschleißfesten Schienen haben sich nach dem
                              									Ergebnis der Messungen außerordentlich gut bewährt. Sie sollten bedingungsgemäß nach
                              									sieben Jahren eine Höhenabnutzung von höchstens 4 mm haben, erreichten nach 73
                              									Monaten jedoch nur eine solche von 1,57 mm, also noch nicht die Hälfte der nach 84
                              									Monaten zulässigen. Trotz geringerer Betriebsbelastung (15 Millionen Tonnen gegen 19
                              									Millionen Tonnen) stellte sich die Abnutzung der gewöhnlichen Schienen im gleichen
                              									Zeitraum 1,42-mal so hoch. Ganz ähnliche Zahlen ergaben die Messungen auf der
                              									Badischen Schwarzwaldbahn zwischen Triberg und Hornberg, wo damals die gleichen
                              									Schienen verlegt worden sind. Die verschleißfesten Schienen stammen von der
                              									Rheinhausener Hütte und bestehen aus Thomasstahl.
                           
                              Pr.