| Titel: | Einrichtung und Betrieb von Panzerplatten-Walzwerken. | 
| Autor: | Schömburg | 
| Fundstelle: | Band 329, Jahrgang 1914, S. 633 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Einrichtung und Betrieb von
                           								Panzerplatten-Walzwerken.
                        Von Ingenieur Schömburg in
                           									Essen.
                        SCHOEMBURG: Einrichtung und Betrieb von
                           								Panzerplatten-Walzwerken.
                        
                     
                        
                           Ueber Panzerplattenwalzwerke finden sich in der Literatur verhältnismäßig wenig
                              									Veröffentlichungen; in der Regel beschränken sie sich auf Darstellung einiger
                              									besonderen Einzelheiten von mehr allgemeinem Interesse. Das Vollständigste, was in
                              									dieser Hinsicht m. W. bis heute erschienen ist, dürfte die Beschreibung des
                              									österreichischen neuen Werkes in Mitkowitz seins.
                                    											Stahl und Eisen 1912, S. 1904., die allerdings in der
                              									Hauptsache nur den elektrischen Hauptantrieb behandelt. Maßgebend hierfür ist
                              									allerdings das erklärliche Bestreben der Werke, die Einzelheiten ihrer
                              									Fabrikationsweise und Einrichtungen sowie ihre Betriebserfahrungen geheim zu halten,
                              									ferner der Umstand, daß neue Anlagen von den betreffenden Hütten gebaut oder doch
                              									wenigstens konstruktiv festgelegt werden, welche selbst schon Panzerplattenwerke in
                              									Betrieb haben.
                           
                           Die ofentechnischen und namentlich maschinellen Teile einer solchen neueren
                              									Anlage sind gegenüber den älteren Werken ganz wesentlich vervollkommnet. Während
                              									letztere in der Regel nur für Brammen von 30 bis 80000 kg in bezug auf Hebezeuge,
                              									Ofenanlage, Walzenhub und Antrieb bemessen waren, gehen die in den letzten Jahren
                              									gebauten bis auf das doppelte dieses Gewichtes. Im Prinzip ähneln sich natürlich die
                              									einzelnen Gesamtanlagen, wesentlichere Abweichungen zeigen sie jedoch hinsichtlich
                              									der Art der Härtung, also des hüttentechnisch schwerwiegendsten Faktors in der
                              									Fabrikation.
                           
                        
                           I. Allgemeines.
                           Je nach dem Zweck der Panzerplatten unterscheidet man hüttentechnisch zwischen den
                              									Außenrumpfplatten und den Deckschutzplatten. Letztere erfordern infolge anderer
                              									chemischer Zusammensetzung und infolge ihrer geringeren Stärke von nur 25 bis 75 mm
                              									eine andere Wärmebehandlung als die mässigen Außenplatten für den Rumpf, die
                              									Geschütz- und Kommandotürme. Die Stärke der letzteren, die sich mehrere Jahre
                              									hindurch auf 220 bis 300 mm erhielt, ist bei den letzten Schiffneubauten fast aller
                              									Mächte wieder auf 300 bis 360 mm vergrößert worden – eine Folge des alten Kampfes
                              									zwischen Panzer und Geschoß durch Verstärkung der Schwerartillerie auf 34 cm- und 38
                              									cm-Kaliber.
                           Panzerplatten müssen hart und zähe sein; deshalb die Legierungen mit Nickel, Chrom,
                              									Mangan und Vanadium, je nach Kohlenstoffgehalt, und deshalb auch die einseitige
                              									Bekohlung und die besondere, geheimnisvolle Wärmebehandlung in Verbindung mit der
                              									chemischen Zusammensetzung. Der verwendete Stahl muß dabei nach der Vergütung einen
                              									solchen C-Gehalt besitzen, daß er die einseitige
                              									Härtung erlaubt und nach der anderen Seite zu in seiner Struktur sich immer mehr den
                              									gewöhnlichen niederen Kohlenstoffstählen nähert.
                           Die beiden hier üblichen Verfahren, das von Krupp und dem
                              									Amerikaner Harvey, unterscheiden sich eigentlich nur
                              									insofern, als ersterer in der Regel Kohlenwasserstoffe, Leuchtgas usw. zur Bekohlung
                              									verwendet, während dies Harvey durch eine zwischen zwei
                              									zusammengelegten Platten befindliche Schicht pulverförmiger reiner Holzkohle
                              									erreicht. Beide Prozesse werden bekanntlich in großen gasgefeuerten Glühöfen mit
                              									ausziehbarem, als Wagen konstruiertem Herde durchgeführt, wobei der Ofen vollkommen
                              									luftdicht gemacht wird. Je nach der erforderlichen Härtung dauert dieser Vorgang bei
                              									gleichmäßiger Temperatur acht Tage bis drei Wochen, worauf dann eine ebenso
                              									allmähliche Abkühlung im Ofen erfolgt. Beim Krupp-Verfahren geht der Gasstrom zwischen den beiden Platten hindurch mit
                              									einer Temperatur von etwa 1100°, die unter Umständen bis auf 900° sinken kann. Die
                              									Kohlenstoffaufnahme dringt hierdurch bis 80 mm tief in die Platte. Harvey sieht einen besonderen Vorteil in der durch den
                              									mechanischen Druck der oberen Platte vergrößerten Unterstützung bei der Bekohlung,
                              									wobei er die physikalisch-metallurgischen Nachteile infolge einer Ungleichmäßigkeit
                              									des Druckes für die Plattenstruktur m. E. zu wenig würdigt. Zweifellos muß eine rein
                              									thermische Behandlung dieses Prozesses saubere und vor allem gleichmäßigere
                              									Ergebnisse liefern.
                           Die Maschinenarbeit, vor allem die grobe Bearbeitung, muß in der Regel vor dem Härten
                              									erledigt sein, wobei Löcher usw. zwecks Vermeidung von Rissen und Sprüngen mit Lehm
                              									u. dgl. verstopft werden müssen. Das Härten selbst erfolgt, nachdem die Platten
                              									vorher im Ofen einigemal erhitzt und abgekühlt sind – jedesmal in gewissen
                              									Temperaturabständen – zuletzt bei einer Temperatur von 50 bis 90° durch Abbrausen
                              									mit Wasser oder durch Eintauchen bzw. Berieseln mit Wasser oder Oel. Die Amerikaner
                              									ziehen für dieses Abschrecken gewöhnlich Wasser vor, das dann aber zwecks Vermeidung
                              									eines Dampfschleiers mit Zentrifugalpumpen unter Druck aufgebracht werden muß. Je
                              									nach Ausfall des Ergebnisses müssen die einzelnen Verfahren wiederholt werden.
                           Glühdauer, Härte- und Anlaßtemperaturen sind Funktionen des C-Gehaltes und des Nickelzusatzes. Je höher z.B. letzterer ist, um so
                              									weniger schroff braucht – bei gleichbleibendem C-Gehalt
                              									– die Abschreckung für eine gewisse Härtung zu sein. Die praktische Grenze der
                              									Anwendung liegt hierfür einmal in der Bearbeitungsfähigkeit eines solchen Stahles
                              									und dann natürlich im Kostenpunkt. Die genannte Einsatzhärtung mit
                              									Oberflächenkohlung und zähem, weicherem Kern sowie mit anschließender Abschreckung,
                              									wobei die hochkohlenstoffhaltige Außenzone in den martensitischen Zustand
                              									übergeführt wird, bleibt einstweilen noch die wirtschaftlichste
                              									Behandlungsweise.
                           Die vorausgegangene Walzung oder Schmiedung der Blöcke und das nachfolgende Richten
                              									der Platten bewirkt an sich bereits eine Verfeinerung der Kristallisation. Es ist
                              									nun heute möglich, ohne Hilfe von Walze und Hammer bzw. Presse einen bestimmten
                              									Stahl lediglich durch Wärmebehandlung zu erhalten, so daß die Frage eines direkten
                              									Gusses kleinerer Panzerplatten auch zur Außenhaut des Schiffskörpers wieder in den
                              									Vordergrund tritt. Die noch nicht ganz gelösten Punkte hinsichtlich der
                              									Verwendungsmöglichkeit feuerfester Formen sowie die Gefahren der Steigerung bilden
                              									hier noch die Hauptschwierigkeiten.
                           Es erübrigt noch, kurz die Schumannnsche Panzerplatte zu
                              									erwähnen, deren Behandlungsweise einfacher ist. Sie besteht aus einer vorderen
                              									härtbaren Nickelstahlplatte und einer rückwärtigen aus Leichtmetall, beide
                              									punktweise durch Schweißung verbunden. Letztere Platte kann durch den Zusammenhang
                              									mit der vorderen Platte ihre Elastizitätsgrenze nicht überschreiten und verhindert
                              									indirekt das glatte Durchschlagen der letzteren. Für Deckschutzplatten sowie
                              									Schildarmierung der Feldartillerie durfte diese Konstruktion infolge der
                              									Gewichtsersparnis nicht unzweckmäßig sein, wie auch Versuche bereits bewiesen
                              									haben.
                           Bei den gewöhnlichen Deckschutzplatten fällt eine künstliche Bekohlung in der Regel
                              									fort, es findet volle Härtung mit Abschrecken statt, nachdem sie vorher auf
                              									gleichmäßige Temperatur von 750 bis 850° langsam erhitzt sind. Bis zur Erkaltung
                              									verbleiben sie dann im Oel- und Härtebassin. Dieses Verfahren wird bis zu einer
                              									bestimmten Mindesttemperatur mehrfach wiederholt. Da diese für das Panzer- und
                              									Maschinendeck usw. bestimmten Platten in erster Linie Schutz gegen das Aufprallen
                              									von Sprengstücken gestatten müssen, kommt es auf Einhaltung bester physikalischer
                              									Eigenschaften besonders an. Die Glühdauer und die hierbei durch Versuche zu
                              									ermittelnde höchste Temperatur beeinflussen nach neueren Ergebnissen die
                              									Schlagfestigkeit von Nickelstahl sehr erheblich.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 635
                              Abb. 1. Gesamtplan einer Panzerplattenanlage
                              B Biegepresse, G Gießgrube, H
                                 										Härteanlage, K Laufkran, K1 Kamine, K2 Kanal f. d. fahrbaren Ofenherde, L
                                 										Bassin, O1 Wärmöfen, O2 Glühöfen, O3 Martinöfen 30 t, S Schmiedepressen, W
                                 										Walzwerk.
                              
                           Die Zusammensetzung von Panzerplatten hängt von der Höhe der Zusätze ab; gewöhnliche
                              									Platten zeigen folgende Analysen:
                           0,3 bis 0,4 C, 0,7 bis 0,8 v. H. Mn,
                              									1,5 bis 1,65 Cr,
                           3,5 bis 2,8 v. H. Ni.
                           Deckplatten haben 0,2 bis 0,3 C,
                              									0,3 bis 0,6 Mn, 1 bis 1,75 v. H. Cr und 3 bis 4 v. H. Ni.
                              									Der Zusatz an Vanadium beträgt 0,1 bis 0,25 v. H.; P
                              									und S müssen unter 0,04 liegen. Die Prüfungsergebnisse
                              									schwanken dabei zwischen 6500 und 10000 kg/cm2
                              									Festigkeit, 5000 bis 9000 kg Elastizitätsgrenze und 25 bis 17 v. H. Dehnung, je nach
                              									Stahlsorte und Verwendungszweck. Für die exponiert liegenden Ptatten sollte die
                              									Elastizitätsgrenze bei 9500 bis 10000 kg Festigkeit nicht unter 8000 kg für den
                              										cm2 liegen mit einer Dehnung von 17 bis 18 v.
                              									H. Die Vorschriften der einzelnen Marinen sind hier verschieden.
                           
                        
                           II. Allgemeine Anordnung.
                           Den Plan einer modernen Panzerplattenanlage, bei deren Entwurf keine beengenden
                              									Rücksichten auf lokale Verhältnisse genommen zu werden brauchten, zeigt Abb. 1. In Verbindung hiermit steht zugleich eine
                              									Schmiedepressenanlage, teils für etwaiges Vorschmieden der schweren Brammen, teils
                              									zum Schmieden von Geschützrohren. Die Zentral-Generatorenanlage versorgt außer den
                              									30 t-Martinöfen des Stahlwerks zugleich die Wärm- und Glühöfen des Walzwerks und der
                              									Pressen. Die punktiert gezeichneten Umrisse stellen die spätere Vergrößerung dar.
                              									Angegeben sind ferner die Hauptgeleiseverbindungen zwischen den einzelnen Betrieben.
                              									Der Antrieb des Walzwerkes erfolgt hier durch eine Umkehr-Dampfmaschine. Die
                              									Kesselanlage in Größe von 1800 bis 2000 m2
                              									muß außerdem noch den Dampf zum Betrieb der Generatoren und der Biege- und
                              									Schmiedepressen liefern, soweit sie dampf-hydraulisch arbeiten.
                           Zwei andere bestehende Anlagen zeigen die Abb. 2 und
                              										3, bei denen die einzelnen Sonderbetriebe mehr
                              									ineinander gebaut sind. In der Regel spielen die Rücksichten auf bestehende
                              									Verhältnisse eine wichtige Rolle im Gesamtplan. Die richtige Wahl des Grundrisses
                              									und der Gleisverbindungen sind von großer wirtschaftlicher Bedeutung.
                           
                        
                           III. Stahlerzeugung und
                                 									Ofenanlage.
                           Für die meist festen Martinöfen sind heute Chargengrößen von 30 bis 50 t im Gebrauch,
                              									wobei sich besserer Baustoff noch gut beherrschen läßt. Die oben genannten Zusätze
                              									werden in der Hauptsache im Ofen, in kleineren Mengen in der Pfanne gegeben. Die
                              									schwereren Brammen werden durch Zusammengießen des Inhaltes mehrerer Oefen
                              									hergestellt. Der für den Einsatz verwendete Rohstoff muß in erster Linie möglichst
                              									schwefelarm sein; der gesamte Schrott und Abfall, 18 bis 24 v. H., wird hierbei
                              									wieder miteingeschmolzen.
                           Abweichend von den gewöhnlichen Martinwerken sind der Form und Größe nach die
                              									Gießgruben, die sich in einer Längsreihe vor den Oefen hinziehen. Die
                              									Brammenkokillen, in Höhe bis zu 3½ m, sind mehrteilig und haben Wandstärken bis zu
                              									200 mm; die flache, an den Seitenflächen gekrümmte Form, ist die übliche.
                           Die Wärmöfen für die Blöcke und die Glühöfen für die ausgewalzten Platten werden
                              									heute fast durchweg mit fahrbarem Herd und mit Gasfeuerung ausgeführt. Meines
                              									Wissens findet sich nur bei einem großen französischen Panzerplattenwalzwerk die
                              									Anwendung von unmittelbar gefeuerten Oefen mit Abgas-Dampfkesseln dahinter. Die
                              									Herdgröße beträgt bei den Wärmöfen für die schweren Anlagen 4,7 × 6,2 m bis 5,6 × 10
                              									m, bei den Glühöfen – je nach Plattenfläche – sogar bis zu 4,5 × 18 m. Die Anordnung wird bei
                              									einigen dieser Oefen so getroffen, daß der Herdwagen nach beiden Seiten
                              									herausfahrbar ist. Abb. 4 zeigt den Querschnitt
                              									eines solchen Ofens, bei dem die Gas- und Luftschlitze in der Außenwand
                              									hintereinander liegen; bei anderen Ausführungen sind sie abwechselnd nebeneinander
                              									angeordnet. Ein durchbrochenes Schutzgewölbe über dem Herd dient zur Abhaltung der
                              									ersten strahlenden Verbrennungshitze. Die Regeneratoren, deren Rauminhalt je nach
                              									Ofengröße zwischen 20 und 30 m3 für Gas und 25 und
                              									40 m3 für die Luft schwankt, liegen in üblicher
                              									Weise unter dem Oberofen. Für die schweren Gas und Luftventile der Umsteuerung sowie
                              									für die Türaufzugs Vorrichtungen wird elektrische oder hydraulische Betätigung
                              									angewendet; die Steuerungen hierfür sind dann auf einer gemeinsamen Steuerbühne an
                              									geschützt liegender Stelle vereinigt (s. Abb.
                                 									3).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 636
                              Abb. 2. Panzerplattenwalzwerk mit Dampfbetrieb; B Biegepresse, D
                                 										Dampfmaschine, H Härteanlage, L Oelbassin, O1
                                 										Wärmöfen, O2 Glühöfen, W Walzwerk.
                              
                           Interesse beansprucht die Ausführung der schweren Herdwagen, die infolge ihrer
                              									erheblichen Tragkraft und des großen Eigengewichtes oft bis zu 12 Achsen erhalten
                              									müssen; die Belastung beträgt z.B. bei den schwersten Wagen mit etwa 60 t
                              									Eigengewicht und 130 t Brammengewicht rd. 200 t. Die Heizgase müssen bei den
                              									Wärmöfen auch die Plattenunterseite bestreichen, die Platten liegen zu dem Zweck
                              									hohl auf kleinen Mauerpfeilern oder schweren Tragböcken. Das Ausziehen und
                              									Hereinfahren der Wagen erfolgt entweder mittels Kette und elektrisch betätigter
                              									Trommel oder hydraulisch durch unter der Fahrbahn außerhalb des Ofens liegende
                              									Doppelplunger mit Rollenübersetzung (s. Abb. 3). In
                              										Abb. 1 zieht sich zu diesem Zweck ein
                              									abgedeckter Längskanal mit einer 180er Antriebswelle vor der Ofenfront hin, wobei an
                              									verschiedenen Stellen 60 PS-Antriebsmotoren vorgesehen sind. Die Wagen werden
                              									gewöhnlich mit großen, für Achsenstärken von 150 bis 160 mm bemessenen Rollenlagern
                              									und seitlichen Kugellagern für die Horizontalkräfte versehen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 636
                              Abb. 3. Panzerplattenstraße mit elektrischem Antrieb; A Akkumulator, K Kamin,
                                 											K1 Rohr- und Kabelkanal, M Motor, O Ofen, P
                                 										Preßwasseranlage, S Steuerbühnen, V Ofenventile, W Walzwerk.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 636
                              Abb. 4. Querschnitt eines Panzerplatten-Glühofens.
                              
                           Auf Gelsenkirchen-Rote Erde ist man zur Anlage von Tieföfen für die Brammenerwärmung
                              									übergegangen. Sie haben die Vorteile leichterer Abdichtung des Herdraumes gegen
                              									Außenluft und gestatten ein schnelleres Einsetzen und Ausziehen mittels
                              									Spezialzangenkranes von oben. Ein Panzerplattenwärmofen mittlerer Größe mit
                              									ausfahrbarem Herd kommt immerhin insgesamt auf 70 bis 90000 M zu stehen; als Ganzes
                              									betrachtet stellt sich eine Tiefofengruppe für die Brammenerwärmung daher billiger
                              									als mehrere Herdöfen und nimmt weniger Raum in Anspruch.
                           
                        
                           IV. Walzwerk mit Antrieb.
                           Der Transport der Flachbrammen vom Ofenherd zum Rollgang des Walzwerks erfolgt durch
                              									wagerecht versteifte, geschmiedete Traghaken oder Zangen, welche mittels Ketten und
                              									Traversen an der Kranflasche hängen. Die Tragkraft dieser Krane beträgt bis 200 t.
                              									Sie sind oft aus zwei Einzelkatzen zusammengesetzt, um den verschiedenen
                              									Möglichkeiten des Transportes leichter gerecht zu werden. Für Tiefofenbetrieb verwendet man bei
                              									größeren Entfernungen zwischen Ofen und Rollgang wohl auch fahrbare Transportwagen
                              									mit elektrischer unterirdischer Stromzuführung (Gelsenkirchen-Rote Erde).
                           Die Größen der Walzen betragen 1200 bis 1250 mm ⌀ bei 4000 bis 4500 mm Ballenlänge,
                              									die Zapfenstärke 750 bis 850 mm; die aus Spezialgußeisen oder besser in
                              									Schmiedestahl hergestellten Walzen erreichen das ansehnliche Einzelgewicht von 43000
                              									bis 55000 kg.
                           Die nachstehende Zusammenstellung zeigt die wissenswertesten Daten von neun
                              									Walzwerken. Die englischen Anlagen bei Vickers sowie die
                              									neuesten russischen und japanischen zeigen ähnliche Abmessungen. Bei den
                              									amerikanischen Werken – es handelt sich da um die Bethlehem
                                 										Steel Co., die Carnegie- und Midvale-Werke wird ein größerer Teil der
                              									Walzarbeit durch Pressen ersetzt; das Auswalzen erfolgt, nachdem die Platten
                              									geschöpft sind, in einer Hitze. Das erstgenannte Werk besitzt hierfür z.B. eine
                              									14000 t-Schmiedepresse für mehrstufige Betriebsweise und mit Bedienung durch zwei
                              									hydraulische Krane von 200 t Tragkraft.
                           Von Wichtigkeit für ein betriebsicheres Arbeiten sind in erster Linie die
                              									Hilfsvorrichtungen zur Durchführung des eigentlichen Walzprozesses. Es sind
                              									dies:
                           
                              1. die Rollentische vor und hinter den Arbeitswalzen mit je 10
                                 										bis 18 angetriebenen Rollen von 650 bis 800 mm ⌀ und 3300 bis 4500 mm Länge,
                                 										meist in Stahlguß mit eingesetzten Zapfen oder teilweise in vollem,
                                 										geschmiedeten Stahl hergestellt, der Rahmen fast durchweg in Stahlguß. Zum
                                 										Antrieb dient je eine 60 bis 100 PS-Umsteuerdampfmaschine oder ein
                                 										Doppel-Elektromotorenaggregat von je 75 bis 100 PS mit hohem Anzugsmoment. Diese
                                 										Motoren, wie auch bei elektrischem Antrieb der Hauptwalzenzugmotor, müssen für
                                 										etwaige künstliche Kühlung durch Preßluft eingerichtet sein;
                              2. die Anstellung der Ober walze, die ihrerseits hydraulisch
                                 										ausgeglichen ist, durch Umsteuerdampfmaschine mit großen Stirnrädern auf den
                                 										Druckschrauben oder durch Elektromotoren mit Spezialbremsvorrichtungen. Hierfür
                                 										sind Einheiten von 30 bis 50 PS nötig;
                              3. eine hydraulisch heb- und senkbare Vorrichtung für das
                                 										Auflegen der Brammen bzw. für das Abheben der fertiggewalzten Platten am Ende
                                 										jedes Rollgangs;
                              4. eine hydraulische Dreh Vorrichtung, für wagerechte Drehung
                                 										der Platten aus walztechnischen Gründen, bestehend aus Plungern mit
                                 										kegelförmigen Spitzen als Drehpunkte für die Platten in der
                                 										Gleichgewichtslage;
                              5. eine hydraulische Wendevorrichtung für das Wenden um 180°
                                 										mittels Kettengehänge oder schwerer Kantdaumen;
                              6. eine Verschiebevorrichtung für die Bewegung parallel zur
                                 										Walzenachse, mittels liegender Plunger oder elektrisch betätigter
                                 										Schleppvorrichtungen.
                              
                           Die unter 3 bis 6 angeführten Hilfsapparate werden meist zwischen den Rollgangsrollen
                              									eingebaut oder auch
                           Zusammenstellung von Panzerplatten-Walzwerken.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 329, S. 637
                              Betriebsstätte; Walzengröße,
                                 										Walzenhub; Walzwerk; Hauptantrieb; Bemerkungen;
                                 										Kammwalzen; Walzständer; Rollgänge; Vorgelege; Antriebsmaschine; Krupp, Essen;
                                 										Krupp, Essen; Dillingen; Gelsenkirchen-Rote Erde; Schneider, Frankreich-Creuzot;
                                 										St. Chamond und Guérigny, Frankreich; Witkowitz, Oesterreich; Terni, Italien;
                                 										Ischora-Werke, Rußland, St. Petersburg
                              
                           
                           bei 5 in einem hohen Eisengerüst quer über einem Rollentisch angebracht. Die
                              									Vorrichtung unter 3 läßt sich auch bei kleineren Brammen und Wagentransport mittels
                              									Kippstuhles ausführen.
                           Diese Apparate und ihre Antriebe müssen natürlich in Hinsicht auf die Stöße beim
                              									Walzen und die Wirkungen der Strahlhitze äußerst kräftig konstruiert und möglichst
                              									gegen Zunder und Schlacke geschützt sein. Die Steuerungen sind auf einer gemeinsamen
                              									Steuerbühne vereinigt, von wo aus drei geübte Leute für die Bedienung des ganzen
                              									Walzwerkes genügen.
                           
                        
                           V. Vergütung und Härtung.
                           Darüber ist schon allgemein unter I das nötige gesagt, desgleichen unter III über die
                              									Ofenanlage. Für die größeren Härteanlagen sind ebenfalls fahrbare Wagen mit festem
                              									Kabel in Gebrauch (Abb. 2). Die Oel- und
                              									Härtebassins zeigen Abmessungen von 7 × 2 m bis 10 × 4½ m, meist mit ovaler
                              									Grundfläche. Für die Brauseanlage werden Zentrifugalpumpen von 6 bis 10 m3 Leistung, oft in senkrechter Bauart mit
                              									unmittelbar gekuppeltem Motor angewendet. Eine in Verbindung mit dem Walzwerk, den
                              									Glühöfen und der Biegepresse zweckmäßig angeordnete Krananlage in den Hallen, wobei
                              									das Zusammenarbeiten durch die fahrbaren Ofenherde und Quergeleise unterstützt wird,
                              									ist eine Hauptbedingung (s. Abb. 1 und 2).
                           
                        
                           VI. Biegepressen.
                           Diese dienen für die äußere Formgebung der Platten je nach ihrem besonderen
                              									Verwendungszweck. Das Biegen erfolgt im warmen Zustande, bei schwächeren Platten
                              									wohl auch kalt, da diese infolge ungleicher Abkühlung leicht rissig werden. Die
                              									Größe der Preßkraft richtet sich außer nach der Arbeitstemperatur nach der
                              									Backengröße. Sie ist für schwere Panzerplatten in den letzten Jahren von 5000 bis
                              									7000 t auf 10000 t gesteigert worden. Meist werden die Pressen mit wagerechten
                              									Backen und Kraftwirkung von unten her ausgeführt, wobei dann ein massiver,
                              									mehrteiliger Gußstahlholm das Widerlager bildet. Dieser Holm wird bei den schweren
                              									Pressen durch Elektromotor mittels Kegelradantrieb und Trapezgewindespindel
                              									anstellbar gemacht. Der gekrümmie Teil der Platte wird während des Biegens, am Kran
                              									hängend, in eine vor der Presse befindliche Grube eingeführt.
                           Diese meist einzeln stehenden Pressen erhalten in der Regel dampfhydraulischen
                              									Betrieb durch einen seitlich davorstehenden Treibapparat bei 300 bis 400 at Druck,
                              									wobei sich der Dampfverbrauch der Größe der Preßflächen und dem jeweiligen
                              									Widerstand anpaßt. Die großen, bei Krupp und in Witkowitz
                              									in Betrieb befindlichen 10000 t-Pressen dieser Art im Gewicht von rd. 900000 kg
                              									kosten allein 350000 bis 400000 M.
                           
                        
                           VII. Fertigbearbeitung.
                           Hierfür ist eine ausgedehnte, mit zahlreichen teuren Bearbeitungsmaschinen und
                              									kostspieligen Laufkranen versehene Werkstatt erforderlich. Die hauptsächlichsten
                              									dieser großen Bearbeitungsmaschinen sind:
                           Kaltsägen und Besäummaschinen,
                           Grubenhobelmaschinen mit 10 bis 15 m Bettlänge, wagerechte
                              									Fräsbänke,
                           Bohrmaschinen und Plandrehbänke, Stoßmaschinen usw. Mehr oder weniger verlangen hier
                              									die besonderen Umstände der Bearbeitung eigene Spezialmaschinen, so z.B. mehrfache
                              									Kaltsägen, vierspindlige Bohrmaschinen und Grubenhobelmaschinen. Von dem früheren
                              									umsteuerbaren Riemenantrieb ist man vor allem bei Grubenhobelmaschinen zu dem
                              									Antriebe durch 40 bis 70 PS starke, umsteuerbare Gleichstrom- oder
                              									Drehstrom-Kollektormotoren mit verlustloser Regelung gekommen. Der Leistungsbedarf
                              									dieser Einzelantriebe ist meist ein ziemlich bedeutender. Versuche haben z.B.
                              									nachstehende Ergebnisse geliefert:
                           Besäummaschine (40 mm Schnittgeschwindigkeit, Bearbeiten einer
                              									25 cm starken Panzerplatte mit 2 Stählen): 8 bis 13 PS, Umsteuern 17 PS.
                           Zwillingsstoßmaschine (30 mm Geschwindigkeit, 2 Meißel): 12 bis
                              									16 PS.
                           Fräsbank (Schnitt 20 mm bei 5 mm Transport): 7 bis 13 PS,
                              									schneller Gang bis 18 PS.
                           Grubenhobelmaschine (Planhobeln mit 4 Stählen, 48 mm
                              									Geschwindigkeit): 42 PS.
                           Grubenhobelmaschine (Planhobeln mit 2 Stählen, 48 mm
                              									Geschwindigkeit): 1 7 bis 26 PS. Umsteuern 40 bis 60 PS.
                           Sechsfache Kaltsäge (senkrechter Schnitt mit 4 Sägeblättern, 2
                              									Umdrehungen): 7 bis 12 PS, Anlassen der Säge mit Schnitt: bis 20 PS.
                           Plandrehbank, 6 mm ⌀ (Span von 40 × l mm in Material von 100 kg
                              									Festigkeit bei 0,02 m Drehgeschwindigkeit): bis 25 PS.
                           Diese Werkzeugmaschinen sind infolge ihrer Größe teilweise sehr teuer;
                              									Grubenhobelmaschinen von 40000 bis 60000 M und Plandrehbänke bis 100000 M sind da
                              									keine Seltenheit. Die neueste Werkzeugmaschinentechnik sowie die Verwendung von
                              									Spezialstählen haben übrigens Fortschritte geschaffen, deren eingehendere
                              									Betrachtung hier zu weit gehen würde.
                           Naturgemäß erfordern diese Bearbeitungshallen, wie schon der Plan Abb. 1 zeigt, eine erhebliche Grundfläche.
                           
                        
                           VIII. Nebeneinrichtungen
                              									usw.
                           Hierzu gehört die hydraulische Preßwasseranlage für die oben genannten Hilfsapparate
                              									an Oefen und Walzwerk. Sie wird gewöhnlich für 40 bis 50 at bemessen und besteht in
                              									elektrisch- oder dampfangetriebenen Preßpumpen mit großem Gewichtsakkumulator für 6
                              									m Hub von 1 bis 1½ m3 Inhalt, deren Ballastkasten
                              									Erz- oder Schwerspatfüllung enthält. Auch die in der Regel mit Druckwasser
                              									betriebenen Umsteuervorrichtungen der Hauptwalzenzugdampfmaschine sind an das Netz
                              									angeschlossen. Großer Wert muß auf die leichte Zugänglichkeit der Rohrkanäle wie
                              									auch der Kabel- und Entlüftungskanäle gelegt werden.
                           Für die hydraulische Gewichtsausbalancierung der Oberwalze und der meist 6 bis 7 m
                              									langen oberen Kuppelspindel aus Schmiedestahl zwischen ersterer und dem
                              									Kammwalzgerüst sieht man der Stöße wegen besondere Akkumulatoren vor.
                           
                           Die Binderhöhe der Gebäudehallen beträgt mit Rücksicht auf die hohen Laufkrane
                              									11,5 bis 13 m bis Unterkante; sie muß bei den Anlagen mit hochliegender
                              									Wendevorrichtung (siehe unter IV) auf 15 bis 16 m über dem Walzwerk vergrößert
                              									werden.
                           Die Gaserzeugeranlagen für die Oefen bieten gegenüber ähnlichen Einrichtungen wenig
                              									Bemerkenswertes.
                           Die Durchführung eines Normalspurgeleises mit schwerer Waggonwage und Bedienung durch
                              									Drehkran erweist sich fast überall als notwendig. Auf die betriebstechnische
                              									Wichtigkeit von Geleiseverbindungen zwischen den einzelnen Unterbetrieben wurde
                              									schon oben aufmerksam gemacht.
                           
                        
                           Schlußwort.
                           Die vorstehende Schilderung an Hand von Beschreibungen ausgeführter Anlagen läßt im
                              									einzelnen erkennen, welche Summe von Erfahrungen zur Herstellung der modernen
                              									Panzerplatten gehört. Sie gibt aber zugleich auch einen ungefähren Anhalt für
                              									die Höhe der Gesamtanlagekosten. Beides zusammen stellen die ausschlaggebenden
                              									Momente dar, an denen schon manches neue Projekt gescheitert ist, sei es nun von
                              									privater Seite geplant gewesen oder von staatlicher Stelle aus in Vorschlag gebracht
                              									worden. Panzerplatten sind nun einmal teure Zutaten an dem Schiffsgewand – aber
                              									unentbehrliche. Im Verhältnis zu dem Preise eines modernen Linienschiffes von 50 bis
                              									60 Mill. M mit seiner 30,5 bis 38 cm-Schwer-Artillerie muß der auf die
                              									Panzerplattenarmierung entfallende Anteil dieser Kosten daher lediglich als „fast
                                 										bombensichere Hypothek“ auf dieses schwimmende Grundstück angesehen werden,
                              									die allerdings mehr oder weniger dem schwankenden Zufall ausgesetzt ist. Gerade die
                              									heutige Zeit mit ihrer blutroten Praxis wird hierüber noch manche Erfahrung zu
                              									verzeichnen haben.