| Titel: | Ueber die freie Expansion von Gasen und Dämpfen. | 
| Autor: | G. Zerkowitz | 
| Fundstelle: | Band 330, Jahrgang 1915, S. 87 | 
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                        Ueber die freie Expansion von Gasen und
                           								Dämpfen.
                        Von Privatdozent Dr. G. Zerkowitz, Ingenieur
                           								in München.
                        ZERKOWITZ: Ueber die freie Expansion von Gasen und
                           								Dämpfen.
                        
                     
                        
                           Im Anschluß an meine unter dem gleichen Titel in Heft 44/45, Jahrgang 1914,
                              									erschienenen Arbeit sei der größeren Klarheit wegen noch folgendes bemerkt:
                           Wie die Anwendung des Impulssatzes ergeben hat, läßt sich die mittlere achsiale Geschwindigkeit bei freier Expansion aus der Gleichung
                              									(9)
                           
                              M (w
                              II
                              – w
                              I
                              ) = f
                              1
                              (p
                              1
                              – p
                              2
                              ) – P
                              r
                              
                           berechnen. Es ist nun zu bemerken, daß in Pv nur die
                              									Reibung am Strahlrande enthalten ist. Die innere Reibung
                              									äußert sich in Schubkräften, die paarweise auftreten; sie bewirkt nur einen
                              									Austausch der Bewegungsgröße der einzelnen Stromfäden und trägt dadurch zur Dämpfung
                              									der Schwingungen bei, ohne indessen die mittlere achsiale
                              									Geschwindigkeit des freien Strahles herabzusetzen. Aehnliche Verhältnisse treten
                              									z.B. bei der Mischung von zwei strömenden gasförmigen oder tropfbaren Flüssigkeiten
                              									auf. Durch die auftretenden Schubkräfte wird wohl ein Energieverlust, nicht aber ein
                              									Impulsverlust hervorgerufen.
                           Anders steht es mit der Reibung am Strahlrande. Durch die dämpfende Wirkung des
                              									umgebenden Mediums wird ein Teil des Impulses vom Strahl auf die Umgebung
                              									übertragen.
                           Bei der Bewertung versuchstechnischer Ergebnisse ist zu beachten, daß die
                              									Reaktionsmessung nichts darüber aussagt, inwieweit Impuls vom Strahl auf die
                              									Umgebung übergeht. Bei der Stoßdruckmesung hängt es wesentlich davon ab, wie weit
                              									die Platte von der Mündung entfernt, und wie groß die Platte gewählt wird.
                           An dieser Stelle sei noch besonders betont, daß die beiden angeführten Meßverfahren
                              									nichts anderes als Impulsmessungen sind. Streng genommen ist es nicht zulässig, aus
                              									den auf diesem Wege gewonnenen Ergebnissen auf den „Energieverlust“ schließen
                              									zu wollen; denn dafür ist nicht die mittlere Achsialgeschwindigkeit, sondern das mittlere Quadrat der Geschwindigkeit maßgebend. Dieses
                              									läßt sich aber weder mittels des Reaktionsverfahrens, noch mit Hilfe des
                              									Stoßdruckverfahrens bestimmen. Man muß sich also hüten, aus den auf experimenteller
                              									Grundlage gewonnenen Resultaten allzu weitgehende Schlußfolgerungen zu ziehen.
                              									Immerhin verdankt man den verschiedentlich durchgeführten Versuchen die Erkenntnis,
                              									daß entgegen der ursprünglichen Ansicht auch bei nicht erweiterten Düsen eine höhere
                              									Geschwindigkeit erreicht werden kann als die Schallgeschwindigkeit. Am deutlichsten
                              									geht dies übrigens aus den photographischen Aufnahmen hervor.
                           
                           Ob nun in Wirklichkeit die freie Expansion auch tatsächlich stattfindet, hängt
                              									ganz davon ab, inwieweit sich der Strahl frei entwickeln kann. Findet der Strahl
                              									Hindernisse vor, so wird der weitere Strömungsvorgang wesentlich beeinflußt. Auf die
                              									Anzeige des Reaktionsapparates kann ein vorgebautes Hindernis jedoch keinen Einfluß
                              									ausüben, so lange der ausströmende Strahl eine die Schallgeschwindigkeit auch nur um
                              									einen geringen Betrag überschreitende Geschwindigkeit angenommen hat. In diesem
                              									Falle können auftretende Störungen, die sich ja nur mit Schallgeschwindigkeit
                              									fortpflanzen, keinen Einflußauf den Zustand im Mündungsquerschnitt ausüben. Die
                              									Reaktionsmessung kann daher über die Hindernisse, Widerstände und dergleichen, die
                              									der Strahl nach Verlassen der Düse vorfindet, keinerlei Auskunft geben.
                           Ebenso ist es für die durchströmende Menge ganz gleichgültig, ob und wie die freie
                              									Expansion verläuft. Hierfür ist nur der Zustand des strömenden Mediums im
                              									Endquerschnitt, bzw. im engsten Querschnitt maßgebend. Nur eine wesentliche Erhöhung
                              									des Gegendruckes, wobei natürlich jede freie Expansion ausgeschlossen ist, vermag
                              									die durchströmende Menge zu verändern.