| Titel: | Kapok für die Technik. | 
| Autor: | Otto A. R. Cantzler | 
| Fundstelle: | Band 330, Jahrgang 1915, S. 143 | 
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                        Kapok für die Technik.
                        Von Otto A. R. Cantzler, Direktor der Deutschen Kolonial-Kapok-Werke,
                           									Rathenow.
                        CANTZLER: Kapok für die Technik.
                        
                     
                        
                           Java, Britisch-Indien und in
                              									beschränktem Maße auch Südamerika liefern schon seit etwa 25 Jahren Kapok in
                              									größeren Mengen. Unser letztes Jahrzehnt hat auch unsere deutschen kolonialen
                              									Besitzungen in Ostafrika, Togo, Kamerun und in der Südsee in die Reihe der Kapok
                              									exportierenden Länder treten lassen.
                           Die dem Text eingefügten Abbildungen zeigen Kapok-Vorkommen in unseren
                              									Kolonien.
                           Das Aussehen der Kapokwolle ist dem der Baumwolle ähnlich, doch wächst die
                              									Kapokschote auf hohen Bäumen, die perennierend sind, während die Baumwolle
                              									bekanntlich jedes Jahr von neuem angepflanzt werden muß.
                           
                           Ein weiterer Unterschied zwischen der Kapok- und Baumwollfaser besteht darin,
                              									daß die Kapokfaser eine Hohlfaser ist und mithin eine große Elastizität und
                              									Schwimmfähigkeit besitzt, zumal sie mit einem Pflanzenfett behaftet ist, das eine
                              									Aufsaugungsmöglichkeit von Wasser vollkommen ausschließt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 144
                              Wilder Kapokbaum (Kamerun)
                              
                           In erster Linie bedeutet Kapok daher eine vorzügliche Füllung für jede Art von
                              									Polsterstücken, wie Matratzen, Plumeaus, Kissen, Steppdecken usw.
                           Seine Vorzüge sind: Größte Füllkraft und Leichtigkeit bei billigem Preise, ferner
                              									unbedingter Schutz gegen Ungeziefer, Motten usw.
                           Besonders aber eignet sich Kapok – und dies macht ihn für Schiffahrtszwecke
                              									schätzenswert – hervorragend als Füllmaterial für Rettungsgegenstände irgendwelcher
                              									Art an Bord von Schiffen. Er verdankt dies hauptsächlich dem Umstände, daß seine
                              									Faser spezifisch außerordentlich leicht ist und daher die größte Tragkraft im Wasser
                              									für alle Rettungsgegenstände, Schwimmgürtel, Schwimmwesten, Bootsfender usw.
                              									gewährleistet. Die Tragkraft des Kapoks ist je nach seiner Qualität verschieden,
                              									doch mag zur Beurteilung die Tatsache dienen, daß es Sorten gibt, die das 50-fache
                              									des Eigengewichts dauernd zu tragen vermögen.
                           Auch unsere Kaiserliche Marine verwendet seit Jahren ausschließlich Kapok als
                              									Füllmaterial für ihre Rettungsgegenstände.Kapok ist das Aluminium unter den
                              									pflanzlichen und tierischen Fasern, und keine kommt ihr an leichtem Gewicht auch nur
                              									annähernd nahe. Freiballone, Luftschiffe und Flugzeuge benutzen Kapok wegen dieser
                              									Eigenschaft zum Abschwächen von Stößen an exponierten Stellen und zum
                              									Ueberwasserhalten bei eventuellen Notlandungen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 144
                              Enthülsen von Kapokschoten durch Eingeborene in Deutsch-Ostafrika
                              
                           Noch wenig ausgenutzt ist die wärmehaltende Eigenschaft des Kapoks zu
                              									Isolierungszwecken. Als Hohlfaser ist die Kapokfaser der schlechteste Wärmeleiter
                              									und demgemäß der denkbar beste Wärmehalter, so daß mit Kapokmaterial bewickelte
                              									Röhren usw. als geradezu ideal isoliert gelten können. Diese Eignung des Kapoks gibt
                              									ein weiteres Verwendungsfeld für die Wärmeisolation bei: Häusern mit Doppelwandung,
                              									Blockhäusern, Baracken usw., und es übertrifft weit die sonstigen Isolierungsmittel
                              									wie Torf, Korkmehl, Asche usw., zumal die Immunität gegen Feuchtigkeit gerade
                              									hierbei von nicht zu unterschätzender Bedeutung sein dürfte.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 144
                              Kapokbäume aus dem Hinterland von Tanga (Deutsch-Ostafrika)
                              
                           Ein weiteres wichtiges Moment für die Verwendung von Kapok ist die fast unbedingte
                              									Schallsicherheit, da auch der Schall nicht besser als wie durch dazwischen
                              									geschaltete Hohlfasern gebrochen und aufgehalten wird, so daß die Polsterung von
                              									schallsicheren Räumen wie bei Telephonzellen, geräuschvollen Betriebsstätten usw.
                              									durch Kapok bestens gewährleistet wird.
                           Der Marktpreis des Kapoks ist allerdings ein verhältnismäßig hoher, d.h. Rohkapok gilt
                              									etwa 10 bis 20 v. H. höher als Rohbaumwolle, jedoch wiegen sicher die großen Vorzüge
                              									des Materials namentlich auch bei der Verwendung für die Technik einen eventuellen
                              									Mehrpreis auf. Geht man doch auch heute schon namentlich zu Isolierungszwecken zu
                              									Materialien über, die im Preise den Kapok noch um ein Vielfaches übertreffen.
                           Trotz des Kriegszustandes ist auch derzeitig noch ein größerer Bestand von Kapok im
                              									Lande und überHolland eine wenn auch beschränkte Zufuhr möglich. Nach
                              									Beendigung des Feldzuges steht zu erwarten, daß namentlich aus unseren Kolonien,
                              									deren erneutes Aufblühen und wohl auch Vermehrung in sicherer Aussicht steht, recht
                              									erhebliche Mengen zu uns gelangen, da sich eine große Anzahl von Plantagen an Stelle
                              									der unlohnenden Kautschuk-Kultur auf den aussichtsvollen Anbau von Kapok gelegt
                              									haben.