| Titel: | Das Automobil im Kriege. | 
| Autor: | Th. Wolff | 
| Fundstelle: | Band 330, Jahrgang 1915, S. 281 | 
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                        Das Automobil im Kriege.
                        Von Th. Wolff in
                           								Friedenau.
                        WOLFF: Das Automobil im Kriege.
                        
                     
                        
                           In dem gewaltigen Kriege, der gegenwärtig die Völker Europas zu einem Kampfe auf
                              									Leben und Tod gegeneinanderführt und in welchem sich jetzt alles das erproben muß,
                              									was die Staaten in jahrzehntelanger Arbeit für diesen Fall geleistet und vorbereitet
                              									haben, hat auch das Automobil zum ersten Male Gelegenheit, seine militärische
                              									Bedeutung und Verwendbarkeit im Ernstfalle praktisch zu erweisen. Denn der moderne
                              									Krieg kennzeichnet sich durch die Heranziehung und intensive Ausnutzung aller der
                              									Verkehrsmittel und Verkehrsmöglichkeiten, die die Technik in den letzten Jahren
                              									geschaffen hat, und unterscheidet sich auch in dieser Hinsicht wesentlich von den
                              									Kriegen vergangener Jahrzehnte, beispielsweise auch von dem letzten großen Kriege
                              									des deutschen Volkes, dem von 1870/71, wo die Verkehrstechnik noch bei weitem nicht
                              									zu einer solchen Stufe der Entwicklung und Leistungsfähigkeit gelangt war, wie es
                              									heute der Fall ist.
                           Im Kriege von 1870/71 war – abgesehen von den durch tierischen Zug fortbewegten
                              									Fahrzeugen – die Eisenbahn das einzige große Verkehrsmittel. Wenn nun freilich auch
                              									heute und auch in dem gegenwärtigen Kriege die Eisenbahn noch immer das bei weitem
                              									wichtigste und bedeutungsvollste Verkehrs- und Transportmittel für jegliche Art
                              									militärisch-kriegerischer Beförderung und in dieser Bedeutung gegen 1870/71 sogar
                              									noch ganz gewaltig gewachsen ist, so sind seitdem von der Technik doch noch eine
                              									ganze Reihe anderer Verkehrsmittel geschaffen worden, die höchste militärische
                              									Bedeutung erlangt haben, und durch welche das militärisch-kriegerische
                              									Verkehrswesen, das auf der Eisenbahn als erster und breitester Grundlage beruht, in
                              									vieler Hinsicht weiter ausgebaut und vervollständigt worden ist. Zu den neuen
                              									Mitteln des militärischen Verkehrswesens gehören das Fahrrad, das Automobil, und
                              									zwar sowohl das Personen- wie auch das Lastautomobil, ferner auch das Luftschiff und
                              									Flugfahrzeug, und ebenso gehören hierher die Errungenschaften der Telegraphie, die
                              									seitdem erzieltworden sind, vornehmlich die drahtlose Telegraphie, die ja von
                              									größter militärischer Bedeutung ist.
                           Dem Automobil haben die Heeresverwaltungen nahezu aller größeren Länder ihre
                              									Aufmerksamkeit zugewandt, seit der Motorwagen überhaupt zu praktischer Bedeutung und
                              									Verwendbarkeit als Verkehrsmittel gelangt ist, was ja bekanntlich noch nicht allzu
                              									lange, erst etwa ein bis anderthalb Jahrzehnte, her ist. Diese verhältnismäßig kurze
                              									Frist aber hat genügt, um dem Automobil in der militärischen Verkehrstechnik eine
                              									Bedeutung zu verschaffen, die damals, zu Beginn jener Aera, wohl kaum geahnt worden
                              									ist und die heute den Kraftwagen in nahezu jeder Gestalt, vom schwersten Lastzug bis
                              									zum leichtbeschwingten Personenwagen oder Motorrad, zu einem unentbehrlichen
                              									Hilfsmittel der Kriegsführung, insbesondere des kriegerischen Verkehrswesens,
                              									gemacht hat. Diese militärische Bedeutung des Automobils hat sich schon in
                              									Friedenszeiten, bei allen großen militärischen Uebungen, Manövern usw. bekundet und
                              									ist, wie die Mitteilungen der Kriegsberichterstattung erkennen lassen, jetzt auch im
                              									Ernstfalle in weitestem Umfange zur Tat geworden. In dem russisch-japanischen Kriege
                              									vom Jahre 1904 hatte das Automobil noch keine nennenswerte Bedeutung erlangt, wenn
                              									es damals auch schon von beiden kriegsführenden Seiten in geringem Umfange verwandt
                              									wurde, denn damals war die Automobiltechnik noch lange nicht vorgeschritten genug,
                              									um ihrem Erzeugnis auch nur größere Bedeutung als Mittel des friedlichen Verkehrs,
                              									geschweige denn größere militärische Bedeutung zu verleihen. In dem
                              									italienisch-türkischen Kriege und ebenso auch in den Balkankriegen von 1912/13 (Abb. 3 und 5) hatte das
                              									Automobil allerdings bereits wesentlich an Bedeutung und Umfang hinsichtlich seiner
                              									Verwendung gewonnen; jedoch standen die Heeresmittel der damals beteiligten Staaten
                              									und damit auch ihr militärisches Verkehrswesen weit hinter der Kriegstechnik der
                              									eigentlichen Großmächte zurück, und das vollendete Bild der Bedeutung und Verwendung
                              									des Motorwagens im Kriege wird erst das ungeheure Völkerringen bieten, das der Kriegsgott im
                              									Jahre 1914 entfesselt hat.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 282
                              Abb. 1. Subventions-Lastwagen der Heeresverwaltung
                              
                           Wie für die Zwecke des friedlichen Verkehrswesens, so tritt der Motorwagen auch im
                              									militärischen bzw. kriegerischen Verkehrswesen in zweierlei Gestalt in Erscheinung:
                              									erstens als Mittel des Lastentransportes; zweitens als Mittel der
                              									Personenbeförderung, die, über den Zweck des Personenautomobils in Friedenszeiten
                              									hinausgehend, hier allerdings noch zugleich mit den Zwecken militärischer
                              									Nachrichtenübermittelung und Erkundigung verknüpft wird.
                           Befassen wir uns zunächst mit dem militärischen Lastautomobil, das gegenwärtig noch die weitaus wichtigere
                              									Verwendungsweise des Motorwagens fürKriegszwecke darstellt und diese Bedeutung
                              									auch wohl für absehbare Zeit beibehalten wird. Das Lastautomobil ist für
                              									Kriegszwecke vor allem als Ersatz des Pferdegespannes, des bespannten Trainwagens,
                              									gedacht und weist diesem gegenüber in vieler Hinsicht eine so bedeutende
                              									Ueberlegenheit auf, daß es ihn gegenwärtig an Wert und Bedeutung wohl schon
                              									übertrifft, wenn auch andererseits das Pferdegespann heute noch wie je unentbehrlich
                              									für das militärische Verkehrs- und Transportwesen ist und sich infolge seiner
                              									besonderen Eigenschaften für bestimmte Fälle besser wie das Automobil eignet und von
                              									diesem hier keinesfalls ersetzt werden kann. Der Wert des Lastautomobils gegenüber
                              									dem Pferdegespann für friedliche wie militärische Zwecke liegt vor allem in seiner
                              									wesentlich größeren Leistungsfähigkeit. Ein Motorlastwagen von etwa 24/30 PS, wie er
                              									die zumeist verwandte Type des Lastautomobils für diese wie jene Zwecke darstellt,
                              									kann bei einer Belastung von etwa 5000 kg täglich rund 80–100 km, nötigenfalls auch
                              									noch mehr zurücklegen, was einer Arbeitsleistung von 400-500 tkm entspricht. Um die
                              									gleiche Arbeitsleistung in derselben Zeit mit Pferdegespann zu erreichen, wären
                              									mindestens drei bis vier Doppelgespanne notwendig. Ein Motorwagen der angegebenen
                              									Type ersetzt also sechs bis acht schwere Pferde (Abb.
                                 										4). Es bedeutet natürlich gerade für das militärische Transportwesen einen
                              									großen Vorteil, wenn statt drei oder vier bespannter Wagen nur ein einziger
                              									Motorwagen gebraucht wird. Die Trainkolonne wird, soweit sie aus Motorwagen besteht,
                              									hierdurch auf den dritten oder vierten Teil des Umfanges wie bei Pferdegespann
                              									vermindert und gewinnt gewaltig an Beweglichkeit, Uebersicht und allgemeiner
                              									Betriebssicherheit, Vorteile, die für den Transport auf dem Kriegsschauplatz von
                              									allergrößtem Wert sind. Diese Bedeutung des Motorlastwagens hat die deutsche
                              									Heeresverwaltung schon vor etwa sechs Jahren veranlaßt, sich für den Kriegsfall die
                              									notwendige Zahl von Lastautomobilen zu sichern. Da aber die Anschaffung und die
                              									Unterhaltung der notwendigen Zahl solcher Wagen durch die Heeresverwaltungen selbst
                              									zu große Kosten verursacht hätte, auch die Wagen verhältnismäßig schnell veralten,
                              									so ließ es sich insbesondere die preußische Heeresverwaltung angelegen sein, die
                              									Einführung von Motorlastwagen in die Industrie nach Möglichkeit zu fördern, um für
                              									den Kriegsfall solche Wagen (Abb. 1) dann durch
                              									Requirierung in möglichst großer Zahl zur Verfügung zu haben. Das Mittel für diesen
                              									Zweck bestand in der staatlichen Subvention für Motorlastwagen, eine Einrichtung,
                              									mit der die preußische Heeresverwaltung bahnbrechend voranging. Diese Subvention
                              									bestand und besteht noch darin, daß den privaten Käufern von nach den Vorschriften
                              									der Militärverwaltung gebauten Motorlastwagen, im wesentlichen natürlich den
                              									Großindustriellen, die solche Wagen für Schwertransporte in ihren Betrieben
                              									verwenden, ein Zuschuß von 4000 M für die Anschaffung und ein jährlicher
                              									Kostenbeitrag von 1000 M, welch letzterer fünf Jahre hindurch gezahlt wird, gewährt
                              									wurde. Hierdurch verringerten sich für die Industriellen die Kosten der Anschaffung
                              									und des Betriebes solcher Wagen ganz bedeutend, was zur Folge hatte, daß die Einführung von
                              									Motorlastwagen seitens der Großindustrie in den letzten sechs Jahren ganz bedeutende
                              									Fortschritte gemacht hat. Für den Kriegsfall muß der Wagen der Militärverwaltung zur
                              									Verfügung gestellt werden, die den Wert des Wagens ausbezahlt und letzteren nunmehr
                              									für ihre Zwecke in Betrieb nimmt. An 1000 solcher subventionierten Motorlastwagen
                              									waren wohl vor dem Kriegsausbruch in Deutschland in den verschiedenen Zweigen der
                              									Industrie vorhanden und waren, wenige Tage nach der Kriegserklärung, in den
                              									Kriegsdienst übergegangen. Nach dem Beispiel der preußischen Heeresverwaltung hat
                              									auch Bayern eine ähnliche Subvention eingeführt, und ebenso sind auch Oesterreich
                              									und Frankreich dem preußischen Beispiel gefolgt. Außer den subventionierten Wagen
                              									sind aber in den Tagen der Mobilmachung noch Hunderte anderer Motorlastwagen jeder
                              									Type requiriert worden, ebenso wie auch Personenwagen jeder Art, und allgemein
                              									erlebten wir in jenen Tagen zum ersten Male das Bild einer
                              									Automobil-Requirierung.
                           Die Motorlastwagen, wie sie die Militärverwaltung für ihre Zwecke gebraucht und wie
                              									sie gegenwärtig im Kriege Dienste tun, werden in zwei große Gruppen geschieden. Die
                              									erste sind die sogenannten Schnell-Lastwagen mit einer
                              									Tragfähigkeit bis zu etwa 3000 kg und einer Geschwindigkeit von 30 km die Stunde.
                              									Diese Wagen stehen im Dienst der Kraftwagenkolonnen und Kavalleriedivisionen und
                              									werden zum schnellen und leichten Transport von Munition, Verpflegungsmaterial,
                              									Betriebsstoffen jeder Art und ähnliche Zwecke verwandt. Hierher gehören aber auch
                              									schwerere Lastwagen, solche von 3000 bis 5000 kg Tragfähigkeit bei einer
                              									Geschwindigkeit von 20 km die Stunde, die in Kolonnen zusammengestellt werden und
                              									ähnlichen Transportzwecken wie die vorerwähnten Wagen dienen.
                           Die andere Gruppe, eine ganz andere Gattung von Motorwagentransporten, stellen
                              									dagegen die Lastzüge, vor allem der sogenannte
                              									Armeelastzug dar, die das Ergebnis langjähriger Versuche und Erprobung der
                              									Militärverwaltungen sind (Abb. 2). Ein Armeelastzug besteht aus einem Motorwagen von mindestens
                              									4000 und einem Anhängewagen von mindestens 2000, zusammen 6000 kg Nutzlast. Der Zug
                              									muß bei voller Belastung beider Wagen eine Geschwindigkeit bis zu 16 km in der
                              									Stunde entwickeln können, muß Betriebsvorrat für 250 km mit sich führen und eine
                              									Tagesleistung von 60 bis 100 km ausführen können, wobei die jeweilige
                              									Geschwindigkeit von der Beschaffenheit des Geländes abhängt. Bemerkt sei, daß der
                              									Zug an beiden Wagen mit Vorrichtungen versehen sein muß, um ihn im Falle des
                              									Versagens des Motors mit Zugtiervorspann weiterbefördern zu können, und die
                              									Schwierigkeiten des Kriegsdienstes dürften es oft genug mit sich bringen, von dieser
                              									Einrichtung Gebrauch zu machen, so daß auch auf diese Weise das Pferd als Mittel des
                              									militärischen Transportwesens wieder zur Geltung kommt. Bei Kriegsausbruch dürften
                              									unserer Heeresleitung rund 1000 kriegsbrauchbareArmeelastzüge zur Verfügung
                              									gestanden haben, die zum größten Teil aus den eingestellten Subventionswagen
                              									gebildet werden konnten. Die ungeheure Leistungsfähigkeit dieser 1000 Armeelastzüge
                              									wird an folgendem Beispiel klar.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 283
                              Abb. 2. Armee-Lastzugkolonne
                              
                           Der tägliche Verpflegungsbedarf eines kriegsstarken Armeekorps (rund 40000 Mann)
                              									beträgt für den Tag etwa 54 t. Wenn das Armeekorps einen täglichen Vormarsch von 25
                              									km zurücklegt, und der Verpflegungsbedarf jeden vierten Tag von den Magazinen aus dem Armeekorps für
                              									zwei Tage vermittelst Lastzüge nachgeführt werden soll, so sind im ganzen 108 t über
                              									100 km zu transportieren, was einer Transportleistung von 10800 tkm entspricht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 284
                              Abb. 3. Lastautomobil zum Kanonentransport im türkischen Heer
                              
                           Da ein Armeelastzug auf Motorwagen und Anhänger zusammen 6 t
                              									Nutzlast führt und für den Tag eine Marschleistung von 100 km sehr gut erreichen
                              									kann, so erzielt er für den Tag eine Leistung von 600 tkm. Um also die oben
                              									berechnete Transportleistung von 10800 tkm, die die Nachführung des
                              									Verpflegungsbedarfs für den angegebenen Fall erfordert, auszuführen, wären noch
                              									nicht 20 Armeelastzüge notwendig. Die vorhandenen 1000 Anneelastzüge können also
                              									über 50 Armeekorps, also zusammen über zwei Millionen Krieger, versorgen (Abb. 4, 5).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 284
                              Abb. 4. Automobil zum Truppentransport im spanischen Heer
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 284
                              Abb. 5. Lastwagenzug im türkischen Heer
                              
                           Bemerkt sei noch, daß versuchsweise von der Heeresverwaltung auch noch bedeutend
                              									größere Lastzüge eingestellt worden sind, so der von den Siemens-Schuckertwerken
                              									gebaute schwere Armeelastzug mit elektrischer Kraftübertragung auf den Anhängewagen.
                              									Bei diesem Motorwagen werden die Räder nicht von dem Motor selbst bzw. von dem durch
                              									den Motor betätigten Getriebe angetrieben, sondern der Motor im ersten Wagen setzt
                              									zunächst nur eine Dynamomaschine in Bewegung underzeugt vermittelst dieser
                              									elektrische Kraft; diese wird auf die sämtlichen Räder des Zuges übertragen, welche
                              									zu diesem Zweck mit Elektromotoren versehen sind. Der Zug, der also nach dem Prinzip
                              									des „gemischten Betriebes“ arbeitet, besteht außer aus dem Motorwagen noch
                              									aus fünf Anhängewagen und kann eine Nutzlast von zusammen 15000 kg führen. Der von
                              									der Straßenzug-Gesellschaft A. Th. Müller gebaute
                              									Müllerzug besteht sogar aus Motorwagen nebst sechs Anhängewagen und kann eine
                              									Nutzlast von zusammen 30000 kg aufnehmen. Der gegenwärtige Krieg wird wohl
                              									Gelegenheit bieten, auch die Verwendbarkeit dieser Systeme zu erproben (Abb. 3).
                           Endlich muß noch darauf hingewiesen werden, daß auch der Dampfwagen noch Verwendung im militärischen Verkehrswesen findet, zwar
                              									weniger im deutschen Heer, wohl aber im englischen und in beschränktem Maße auch im
                              									französischen Heer. Das deutsche Heerwesen hat von dem Dampfwagen keinen Gebrauch
                              									gemacht, sondern sich vollständig auf die Verwendung und Ausbildung des Benzinwagens
                              									verlegt und hierin die besten Erfolge erzielt. Wohl aber werden, wie im englischen
                              									so auch im deutschen Heer, Dampfstraßenlokomotiven
                              									verwandt und zwar für solche Zwecke, bei denen es sich um die Beförderung sehr
                              									schwerer Lasten über kürzere Strecken und ohne große Geschwindigkeit handelt. Diese
                              									Maschinen sind für schwerste Lasten geeignet und führen bis zu sechs Anhängewagen
                              									mit sich. Die Geschwindigkeit dieser Fahrzeuge beträgt allerdings nur 1 bis 7 km in
                              									der Stunde, je nach Beschaffenheit der Wege. Diese Dampflokomotiven haben im
                              									englischen Heere eine ziemliche Verbreitung gefunden und werden besonders in den
                              									Kolonien vielfach und mit Vorteil für militärische Zwecke angewandt, da sie selbst
                              									noch auf schlechtestem Wege und bei mangelhaftester Behandlung betriebsfähig
                              									bleiben. Auch im
                              									deutschen Heerwesen sind die Versuche mit den Dampflokomotiven recht befriedigend
                              									ausgefallen, und im gegenwärtigen Kriege werden diese zum Transport der schweren
                              									Geschütze verwandt, wobei sie außer den erwähnten Eigenschaften zugleich noch den
                              									großen Vorteil bieten, vollständig unabhängig von Benzin zu sein, da sie nicht nur
                              									mit Kohle, Holz, Torf, sondern mit jedem überhaupt denkbaren festen oder flüssigen
                              									Brennstoff betrieben werden können. Außer zum Geschütztransport werden diese
                              									Maschinen auch zum Transport der Benzintankwagen für die Automobile verwandt, und
                              									die Berichte vom Kriegsschauplatz lassen erkennen, daß sich die
                              									Dampfstraßenlokomotive als ein vortreffliches Transportmittel für schwerste und
                              									größte unteilbare Lasten bewährt, das zwar langsam, aber unbedingt sicher und
                              									zuverlässig arbeitet und nach dieser Hinsicht sich dem Benzinmotor oftmals überlegen
                              									erweist. Unsere 42 cm-Geschütze, die das größte und schwerste fahrbare Geschütz
                              									repräsentieren, das je gebaut worden ist und mit denen unsere Westarmee vor Lüttich,
                              									Namur, Maubeuge, Longwy, Antwerpen usw. so überraschende und glänzende Erfolge
                              									erzielte, wurden ebenfalls mit den Dampfstraßenlokomotiven transportiert und hätten
                              									auf andere Weise überhaupt nicht transportiert werden können.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 285
                              Abb. 6.
                              
                           Wenden wir uns nunmehr den Personen-Automobilen, wie sie
                              									im gegenwärtigen Kriege zur Verwendung kommen, zu. Der Personenkraftwagen ist auf
                              									dem Kriegsschauplatz für die schnelle Beförderung höherer Offiziere und Stäbe über
                              									weite Strecken sowie auch für Zwecke der Aufklärung und der Befehlsübertragung
                              									bestimmt. Diesen Zwecken entsprechend werden mehrere verschiedene Arten von
                              									Personenwagen im Kriege verwandt. Zunächst Wagen für Kommandobehörden für sechs bis sieben Personen, die für
                              									dieBeförderung höherer Offiziere und Stäbe dienen und dazu bestimmt sind, diese
                              									über längere Wegestrecken in möglichst kurzer Zeit zu befördern, wie es die
                              									Erfordernisse der Kriegsführung so vielfach mit sich bringen. Diese Wagen sind als
                              									Limousinen oder Landaulets gebaut und haben eine Geschwindigkeit von 60 bis 70 km in
                              									der Ebene, können Vorrat an Betriebsstoff für 300 km Fahrt aufnehmen und müssen
                              									geeignet sein, bei voller Besetzung und auf fester Straße Steigungen von 1 : 5 zu
                              									nehmen. Der Befehls- und Nachrichtenübermittelung sowie auch Erkundigungszwecken
                              									dagegen dienen zwei- bis viersitzige Kleinautos (Abb. 6) mit einer Geschwindigkeit von etwa 50 km die
                              									Stunde. Solche Wagen werden im gegenwärtigen Kriege vielfach für dieselben Zwecke
                              									wie die Meldereiter verwandt und haben sich in dieser Funktion gut bewährt,
                              									gelegentlich wurden sie sogar zu Patrouillen vorgetrieben und erzielten auch hierin
                              									gute Erfolge. Auf guten Wegen, die freilich Voraussetzung sind, dürften solche Wagen
                              									das Pferd des Meldereiters zum Teil zu ersetzen bestimmt sein.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 285
                              Abb. 7. Modernes Panzerautomobil
                              
                           Eine ausgedehnte Verwendung findet im Kriege auch der Automobil-Omnibus, der sich vermöge seiner hohen Sitzzahl zur schnellen
                              									Beförderung kleinerer Truppenabteilungen eignet, auch solcher mit Maschinengewehr
                              									ausgerüsteter Abteilungen, und diese verhältnismäßig schnell und leicht an bedrohte
                              									Punkte hinbringt. Die Automobilgesellschaften mußten daher bei der Mobilmachung
                              									einen erheblichen Teil ihrer Motorwagen der Heeresverwaltung zur Verfügung stellen, und
                              									namentlich viele der Wagen, deren sich die Berliner sonst zu bedienen pflegten, tun
                              									gegenwärtig bei der deutschen Westarmee Kriegsdienst. Diese Kriegsautobusse nehmen
                              									15 bis 40 Personen auf und entfalten eine Geschwindigkeit bis zu 30 km. Außer zu
                              									solchen wie den erwähnten Zwecken werden die Kraftomnibusse aber auch zum Transport
                              									der Verwundeten benutzt, wozu sie sich infolge ihrer Geräumigkeit und
                              									Sitzeinrichtungen ja besonders gut eignen, aber auch zum leichteren Lastentransport,
                              									für welchen Zweck allerdings der Aufbau der Wagen eine erhebliche Umänderung
                              									erfahren muß.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 286
                              Abb. 8.
                              
                           Endlich sei auch das Motorrad erwähnt, das ebenfalls
                              									gegenwärtig Kriegsdienste tut. Obwohl das Motorrad die erste Form des militärischen
                              									Kraftfahrzeuges war (es wurde schon im Jahre 1899 versuchsweise von der deutschen
                              									Heeresverwaltung eingeführt), hat es doch von allen Kraftfahrzeugen nur die
                              									geringste Bedeutung erlangt und ist nach dieser Hinsicht von dem später in das Heer
                              									eingeführten Motorwagen vollständig überholt worden. Das Motorrad eignet sich nur
                              									für die Beförderung einzelner Mannschaften und auch das nur auf festen und guten
                              									Wegen, zum Ordonnanzdienst und zur Begleitung von Kolonnen und Bagagen. Eine
                              									ausgedehntere Verwendung und größere Bedeutung dürften diese Fahrzeuge kaum
                              									erreichen. Was sie zu leisten vermögen, wird im wesentlichen dem Kleinauto zufallen,
                              									das sich in allem den militärischen und kriegerischenAnforderungen besser
                              									anzupassen vermag. Das Motorrad ist nun einmal ein ziemlich unglückseliges
                              									Zwitterding zwischen Rad und Motorwagen, das sich recht weder als solches noch als
                              									jener verwenden läßt und damit in seiner Verwendbarkeit im Krieg und Frieden sehr
                              									beschränkt ist, vielleicht sogar dazu bestimmt ist, über kurz oder lang vollständig
                              									zu verschwinden.
                           Endlich muß auch noch das Automobil als Waffe erwähnt werden, nämlich das Panzerautomobil (Abb. 7),
                              									das seit einigen Jahren von mehreren Heeresverwaltungen versuchsweise eingeführt
                              									worden ist und gegenwärtig auf dem Kriegsschauplatz seine praktische Erprobung für
                              									den Ernstfall zu bestehen hat. Das Panzerautomobil ist, wie schon sein Name besagt,
                              									ein mit Panzerplatten geschützter Motorwagen, in dessen gepanzerten Wänden
                              									Schießscharten enthalten sind, durch welche die Mannschaften im Innern des Wagens
                              									feuern können. Diese Wagen dienen weniger als Verkehrs- bzw. Beförderungsmittel als
                              									mehr als Mittel für Angriff und Verteidigung. Sie sind dazu bestimmt, kleine
                              									Infanterieabteilungen schnell nach bestimmten Punkten zu bringen, wo zu
                              									Gefechtszwecken eingegriffen werden soll. Viel Wert hat man bisher den
                              									Panzerautomobilen nicht zugemessen und auch die in Friedenszeiten bzw. in Manövern
                              									mit solchen Fahrzeugen angestellten Versuche haben hervorragende Resultate nicht
                              									ergeben. Die Wagen werden durch die Panzerung zu schwer und büßen dadurch die
                              									Hauptvorteile des Automobils, Schnelligkeit und Beweglichkeit, ein; auch bietet die
                              									Panzerung immer nur einen mangelhaften Schutz, da sie niemals so stark gehalten
                              									werden kann, um einem stärkeren Feuer widerstehen zu können. Immerhin sind im
                              									gegenwärtigen Kriege eine ganze Anzahl gepanzerter Automobile auf deutscher Seite
                              									tätig, die sich auch, wie von den Kriegsberichterstattern mitgeteilt wird, bereits
                              									mehrfach recht gut bewährt haben, indem sie mit gutem Erfolge an exponierten Punkten
                              									des Kampffeldes eingriffen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 287
                              Abb. 9.
                              
                           Der Korrespondent einer italienischen Zeitung, der gegenwärtig
                              									als Kriegsberichterstatter für sein Blatt bei der französischen Armee ist, hatte
                              									selbst ein kleines, allerdings mehr humoristisches wie tragisches Erlebnis zu
                              									bestehen, das auf ein deutsches Panzerautomobil zurückzuführen ist. Er berichtete
                              									seinem Blatte darüber folgendermaßen: er war auf seinem Motorrad auf einer
                              									Inspektionsreise in der Umgegend von Paris begriffen, als ihm plötzlich auf einem
                              									Seitenwege ein französischer Leutnant nebst einigen Mannschaften mit angelegten
                              									Gewehren entgegentraten und ihm „Halt“ geboten. Trotz ihrer drohenden Haltung
                              									zeigten der Leutnant und seine Begleiter aber in ihren Mienen mehr Schreck und
                              									Entsetzen wie Kampfesmut, und unausgesetzt starrten sie auf das Motorrad des
                              									Zeitungsmannes hin. Letzterer legitimierte sich, trotzdem ließ ihn der Leutnant
                              									mitsamt seinem Rade zunächst nach einer vorgesetzten Stelle bringen, wo es sich
                              									aufklärte, warum man den harmlosen Berichterstatter angehalten hatte. An dem Orte
                              									hatte sich nämlich am Morgen des Tages ein deutsches Panzerautomobil gezeigt, das
                              									bis auf wenige Meter an die Franzosen herangefahren war, auf dieseein lebhaftes
                              									Feuer eröffnet und mehrere Tote und Verwundete gemacht hatte und dann unter dem
                              									Kugelregen der das Feuer erwidernden Franzosen unbeschädigt davongefahren war. Der
                              									Schreck über das Teufelsfahrzeug war aber den Franzosen so in die Glieder gefahren,
                              									daß sie auch in dem harmlosen Motorrade des Zeitungsmannes eine ähnliche
                              									Teufelsmaschine gesehen und ihn dieserhalb mitsamt seinem Rade sistiert hatten. Auch
                              									zur Verfolgung und Bekämpfung feindlicher Luftschiffe und Flugfahrzeuge hat man eine
                              									besondere Art von Panzerautomobilen eingestellt, die mit einem leichten Geschütz,
                              									sogenannten Ballonabwehrkanonen, versehen sind und dazu bestimmt sind, feindliche
                              									Luftschiffe oder Flieger abzuwehren und unschädlich zu machen. Der gegenwärtige
                              									Krieg dürfte jedenfalls reichlich Gelegenheit bieten, Wert und Wirksamkeit der
                              									Panzerautomobile für die Kriegsführung zu erproben (Abb.
                                 										9). Dem Transport von Leicht- und Schwerverwundeten endlich dienen Sanitätsautomobile mit besonderen, ihrem Zweck
                              									entsprechenden Einrichtungen. Doch können zum Transport von Verwundeten, besonders
                              									Leichtverwundeten, auch alle anderen Arten von Automobilen verwandt werden, die eine
                              									größere Zahl von Sitzplätzen bieten, besonders, wie schon erwähnt, auch die
                              									Autobusse. In zahllosen anderen Arten und Formen findet das Automobil jeder Gestalt
                              									außerdem noch die mannigfachste Verwendung für die Zwecke und Operationen auf dem
                              									Kriegsschauplätze (Abb. 8).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 287
                              Abb. 10. Das älteste Kriegsautomobil
                              
                           Von Interesse ist es, darauf hinzuweisen, daß, obwohl das Automobil und speziell das
                              									Kriegsautomobil doch erst ein Erzeugnis unserer Tage ist, dennoch die Versuche, Kraftfahrzeuge
                              									für die Zwecke der Kriegsführung zu verwenden, doch schon viel länger datieren.
                              									Schon aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts, also aus einer Zeit, die von dem
                              									Automobil noch keine Ahnung hatte, wird nichtsdestoweniger von einem selbstfahrenden
                              									Kriegswagen berichtet. Es wurden nämlich um diese Zeit in Deutschland wie auch
                              									anderwärts von einigen Wagenbaukünstlern Fahrzeuge gebaut, bei denen der Antrieb
                              									nicht durch ein Tiervorspann erfolgte, sondern von einem inneren Mechanismus,
                              									Kurbeln und Zahnrädern, bewirkt wurde, der von einem im Innern des Wagens
                              									befindlichen Manne angetrieben wurde und dadurch, daß er auf die Wagenräder wirkte,
                              									diese und damit das ganze Fahrzeug in Fortbewegung versetzte.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 288
                              Abb. 11. Der erste Kriegskraftwagen von Cugnot aus dem Jahre 1770
                              
                           Ein Fahrzeug dieser Art wurde auch von einem belgischen Maler
                              									konstruiert. Der Antrieb sollte von einem auf dem Wagen stehenden Manne durch ein
                              									Kurbelwerk erfolgen, das ganz in der Art, wie man einen Schleifstein dreht, in
                              									Bewegung gesetzt wurde. Nach einer Abbildung zu schließen, die von dem Fahrzeug noch
                              									erhalten ist (Abb. 10), scheint der Erfinder auch die
                              									Dampfkraft in irgend einer Form zur Anwendung bei dem Betrieb des Vehikels gebraucht
                              									zu haben. Der Wagenkasten war ungeheuer groß, bot Platz für 100 Personen und war mit
                              									einem Geschütz ausgerüstet. Der Erfinder machte eine riesige Reklame für den Wagen,
                              									den er allen Regierungen als Kriegsfahrzeug anpries. Die italienische Regierung
                              									zeigte auch anfänglich Interesse für das kuriose Ding und veranstaltete eine
                              									Probefahrt, bei welcher der berühmte Physiker und Jesuitenpater Anastasius Kircher als Sachverständiger fungierte. Die
                              									Produktion mißlang jedoch vollständig. Denn obwohl der Erfinder aus Leibeskräften an
                              									dem Kurbelwerk drehte, vermochte er den Wagen kaum einige Schritte von der Stelle zu
                              									bringen, während er vorher behauptet hatte, mit dem Fahrzeug in der Stunde 5000
                              									Schritt zurücklegen zu können. Nach dieser mangelhaften Leistung bekundete die
                              									italienische Regierung kein Interesse mehr für das Kriegsautomobil, das sein
                              									Erfinder späterhin den Maltheserrittern zum Kampfe gegen die Türken angeboten haben
                              									soll. Doch ist nichts darüber bekannt geworden, ob diese von dem Anerbieten Gebrauch
                              									gemacht und noch weniger, ob sie mit dem Wagenungetümkriegerische Erfolge
                              									erzielt haben. Das war also das erste Kriegsautomobil!
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 288
                              Abb. 12. Lokomobil zum Militärtransport von 1870/71
                              
                           Aus dem Jahre 1770 liegt dann aber ein Bericht über einen ebenfalls für kriegerische
                              									Zwecke gedachten Wagen vor, der sogar als erster Kraftwagen im modernen Sinne
                              									bezeichnet werden muß (Abb. 11). Der französische
                              									Genieoffizier Nicolaus Cugnot hatte nämlich in dem
                              									genannten Jahre als erster einen Wagen hergestellt, der mit Dampf betrieben wurde
                              									und als erstes und ältestes Kraftfahrzeug in der Geschichte des Automobils eine
                              									gewisse Berühmtheit erlangt hat. Der Wagen war mit einer Dampfmaschine Newkomenscher
                              									Konstruktion versehen, im übrigen aber ganz wie ein gewöhnlicher Wagen gebaut. Der
                              									auf- und abgehende Kolben der Dampfmaschine wirkte vermittelst Kolben- und
                              									Kurbelstange auf die Wagenräder und versetzte diese in Umdrehung, also immerhin
                              									schon eine den späteren Dampffahrzeugen angenäherte Konstruktion. Daß diese jedoch
                              									ebenfalls mehr eine Kuriosität denn ein praktisch brauchbares Fahrzeug war, geht
                              									wohl am besten aus der Tatsache hervor, daß die Maschine immer nur eine
                              									Viertelstunde lang in Betrieb blieb; nach dieser Frist mußte der Fahrer absteigen
                              									und der Maschine von neuem Wasser und Kohlen zuführen. Dennoch glaubte Cugnot, daß mit seinem Fahrzeug, besonders für
                              									Kriegszwecke, für den Munitions- und Provianttransport, große Erfolge erzielt werden
                              									könnten, und er bewarb sich bei der französischen Regierung eifrig für die
                              									Verwendung seines Fahrzeuges. Tatsächlich gelang es ihm auch, das Interesse des
                              									Kriegsministeriums für den Wagen zu erwecken. Im Beisein zahlreicher höherer
                              									Offiziere und Regierungsvertreter wurden mehrere Probefahrten veranstaltet, die
                              									jedoch nur sehr wenig befriedigende Resultate ergaben. Als Cugnot schließlich noch das Unglück hatte, bei einer dieser Probefahrten
                              									mit seinem Wagen eine Gartenmauer einzufahren und zu einem erheblichen Schadenersatz
                              									herangezogen zu werden, der ihm fast sein ganzes Vermögen kostete, stellte er die
                              									weiteren Versuche entmutigt ein. Die Geschichte hat ihm den Ruhm, nicht nur
                              									den ersten Dampfwagen, sondern auch den ersten Kriegskraftwagen gebaut zu haben,
                              									zuerkannt.
                           In der Mitte der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, als die Dampfmaschine
                              									bereits eine hohe Stufe der Entwicklung und Verwendung erreicht hatte und sich die
                              									Erfinder auch zahlreich um die Konstruktion von Dampffahrzeugen für den gewöhnlichen
                              									Straßenweg bemühten, setzten dann auch wieder die Bestrebungen ein, solche
                              									Dampfwagen für Kriegszwecke nutzbar zu machen. So baute der Engländer James Boydell damals einen Straßendampfwagen, der
                              									insbesondere für Kriegszwecke bestimmt war. Das Fahrzeug bestand aus einer
                              									Lokomobile, deren Räder auf einer Art endloser Schiene liefen, die sich selbständig
                              									vor die Räder legte und hinter den Rädern wieder aufstieg. Das hatte den Zweck, dem
                              									Fahrzeug über die Schwierigkeiten des gewöhnlichen Weges, auf denen es sich sonst
                              									nicht hätte fortbewegen können, hinwegzuhelfen. So umständlich das ganze Fahrzeug
                              									auch war, hatte es dennoch einen gewissen Erfolg erzielt und wurde von den
                              									Engländern im Krimkriege (1854) zum Transport von Munition, Geschützen und
                              									Kriegsgerät benutzt. Sehr bedeutend freilich waren die erzielten Erfolge nicht. Auch
                              									im Kriege 1870/71 wurden bereits Straßenlokomobilen, allerdings anderer Konstruktion
                              									und ohne die Vorlegeschiene von Boydell, als Vorspann für
                              									Wagenzüge, zu Transportzwecken verwandt. Während der Belagerung von Paris waren auf
                              									deutscher Seite einige solcher Maschinen tätig, die lange Proviantzüge schleppten,
                              									aber auch schwere Munitionstransporte ausführten und noch für verschiedene andere
                              									Transportzwecke recht gute Dienste leisteten. Abb. 12
                              									stellt eine solche Vorspannlokomobile aus jenen Kriegstagen dar. Aber auch das war
                              									nur eine ganz vereinzelte Verwendung von Kraftwagen für Kriegszwecke, die eine
                              									größere Bedeutung nicht erlangen konnte. Erst als dann, mehrere Jahrzehnte später,
                              									das Benzinautomobil entstanden war, begann auch wieder die Verwendung von
                              									Kraftfahrzeugen für militärische Zwecke. Zuerst in Frankreich, wo die
                              									Automobilindustrie zuerst in größerem Umfange ins Leben trat und wo schon nahezu
                              									zugleich mit den ersten überhaupt brauchbaren Automobilen die Verwendung solcher
                              									Fahrzeuge für militärische undKriegszwecke in Anregung gebracht wurde. Die
                              									Besitzer von Automobilen, die damals noch recht vereinzelt waren, stellten in sehr
                              									patriotischer Weise ihre Fahrzeuge der Militärverwaltung für diesen Zweck zur
                              									Verfügung, die dann auch bei militärischen Uebungen und Manövern eingehende Versuche
                              									über die Verwendungsfähigkeit der Fahrzeuge für Kriegszwecke anstellen ließ. Aber
                              									auch in Deutschland begann die Heeresleitung nicht viel später, dem Kraftwagen ihre
                              									Aufmerksamkeit zuzuwenden. Im Jahre 1899 wurden hier zum ersten Male Kraftwagen für
                              									militärische Zwecke eingestellt und eingehende Versuche mit solchen angestellt und
                              									zwar sowohl mit Lastwagen, die militärische Transporte auszuführen hatten, wie auch
                              									Personenwagen, die für Befehls- und Nachrichtenübermittelung bestimmt waren. Seitdem
                              									hat die Verwendung des Automobils im deutschen Heerwesen eine ungeahnt schnelle und
                              									glänzende Entwickelung genommen und in verhältnismäßig kurzer Zeit zu jener
                              									ausgedehnten und vielfältigen Verwendung des Kraftwagens geführt, die wir in den
                              									vorstehenden Zeilen geschildert haben.
                           Mit dem gegenwärtig entfesselten Kriege ist auch die große Stunde für das deutsche
                              									Kriegsautomobil gekommen, in welcher der Kraftwagen, der schon in Friedenszeiten und
                              									bei Manövern so zahlreiche Proben seiner glänzenden Leistungsfähigkeit für alle
                              									Zwecke des militärischen Transport- und Beförderungswesens gegeben hat, erweisen
                              									soll, ob er auch im Ernstfall, inmitten des blutigen Ringens auf dem
                              									Kriegsschauplatz, das zu halten vermag, was er im Frieden versprochen hat. Nach
                              									allen Berichten, die seitens der Kriegsberichterstattung vorliegen, haben sich die
                              									Erwartungen, die die deutsche Heeresleitung an die Verwendung der Automobile für den
                              									Kriegsfall knüpfte, vollauf bestätigt, hat sich das Automobil in jeder Gestalt als
                              									ein unentbehrliches und in höchstem Maße wertvolles Hilfsmittel der kriegerischen
                              									Operationen erwiesen, das viel zu der steten Schlagfertigkeit und damit zu den
                              									Erfolgen der deutschen Truppen beigetragen hat. Wenn einst, was wir alle sehnlichst
                              									hoffen und wünschen, der entfesselte Krieg für Deutschland zum siegreichen Ende
                              									geführt sein wird, wird auch das deutsche Kriegsautomobil seinen redlichen Anteil an
                              									den erzielten Erfolgen zu verzeichnen haben.