| Titel: | Darstellung von Wolken auf Bühnen. | 
| Autor: | C. Michalke | 
| Fundstelle: | Band 330, Jahrgang 1915, S. 328 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Darstellung von Wolken auf Bühnen.
                        Von Dr. C. Michalke in
                           									Berlin.
                        MICHALKE: Darstellung von Wolken auf Bühnen.
                        
                     
                        
                           Die heutige Bühnentechnik ist bei Darstellung der offenen Szenen mit Erfolg
                              									bestrebt, die Natur in ihrer vollen Wirklichkeit nachzuahmen. Sie verwendet als
                              									Hintergrund nicht mehr flache bemalte Dekorationen, sondern künstliche Horizonte,
                              									die den hinteren und seitlichen Bühnenraum kuppelförmig als Kuppelhorizont oder
                              									zylindrisch als Rundhorizont umfassen und den Bühnenraum derartig abschließen, daß
                              									von jedem Platze des Zuschauerraums der Einblick hinter die Kulissen versperrt wird.
                              									Es entsteht so ein Rundpanorama, in dem sehr vollendet das Himmelsgewölbe
                              									vorgetäuscht wird. Die Kuppelhorizonte haben annähernd die Form einer Viertelkugel.
                              									Die Rundhorizonte bilden einen Teil eines unten und oben offenen
                              									Zylindermantels.
                           An die Beleuchtungstechnik stellt die naturwahre Darstellung des Himmelsgewölbes mit
                              									den dahinziehenden Wolken hohe Anforderungen. Um beispielsweise die Wolken in großer
                              									Plastik hervortreten zu lassen, werden auf passend gestaltetem durchsichtigem
                              									Untergrund eines sogenannten Wolkenbildners die Wolken gemalt. Durch eine im Innern
                              									dieses etwa zylindrisch geformten Wolkenbildners angebrachte elektrische Lampe von
                              									großer Lichtstärke werden die Wolken auf den Horizont geworfen. Durch Drehen des
                              									Wolkenbildners erscheinen die Wolken auf dem Horizont fortbewegt. Je nach der
                              									Geschwindigkeit können z.B. leicht bewegte Federwolken auf tiefblauem Horizont
                              									hervorgebracht werden, wenn ein heiterer Sommertag dargestellt werden soll oder es
                              									können unter Aenderung von Farbe und Stärke des Lichtes in
                              									beliebigenUebergängen Gewitterstimmungen mit schnell dahinpeitschendem dunklem
                              									Gewölk erzeugt werden.
                           Erforderlich ist, damit die Naturwahrheit der Darstellung nicht leidet, und die
                              									Wolken oder die sonstigen darzustellenden Bilder bei ihrer Bewegung sich in der
                              									Größe nicht ändern und nicht verzerrt werden, daß sie mit gleichbleibender
                              									Geschwindigkeit sich fortbewegen und geradlinig über den Horizont gehen.
                           Die einfachste Lösung ist bei Rundhorizonten mit kreisförmiger Zylinderfläche, den
                              									zylindrischen Wolkenbildner so anzuordnen, daß dessen Achse mit der des
                              									Rundhorizontes zusammenfällt. Wird der Beleuchtungskörper zentrisch aufgehängt, so
                              									werden alle erwähnten Forderungen, wie ohne weiteres einzusehen ist, erfüllt. Ist
                              										R der Radius des Rundhorizonts, r der des Wolkenbildners, so ist
                              										\frac{R}{r} das Verhältnis der Geschwindigkeiten des Bildes
                              									auf dem Horizont und auf dem Wolkenbildner. \frac{R}{r} ist
                              									zugleich auch die Vergrößerung des Bildes auf dem Horizont.
                           In den meisten Fällen ist es aber nicht möglich, die Wolkenbildner koaxial mit dem
                              									Rundhorizont aufzuhängen. Ist bei exzentrischer Anordnung die Lampe im Wolkenbildner
                              									zentrisch befestigt, so erfolgt die fortschreitende Bewegung mit ungleichförmiger
                              									Geschwindigkeit, sie ist am kleinsten bei geringster Entfernung des Wolkenbildners
                              									vom künstlichen Horizont. Die Bildteilchen laufen zudem in gekrümmten Bahnen über
                              									den Rundhorizont, verlaufen also schräg nach unten oder oben, wodurch die Bilder
                              									verzerrt werden und unschön wirken.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 328
                              Abb. 1.
                              
                           Wie die Rechnung ergibt, kann man in diesem Falle gleichförmig sich bewegende
                              									unverzerrte Bilder nur erhalten, wenn die Lampe im Wolkenbildner exzentrisch
                              									aufgehängt wird. Wie groß die Exzentrizität sein muß, ist zu ersehen, wenn für einen
                              									wagerechten Schnitt die Geschwindigkeit eines Bildpunktes in Betracht gezogen wird.
                              									Es sei C (Abb. 1) in
                              									wagerechtem Schnitt der Mittelpunkt eines Rundhorizontes mit dem Radius R, B der des Wolkenbildners mit dem Radius r, A der Aufhängepunkt der Lampe, von der aus die auf
                              									den Wolkenbildner gemalten Bilder auf den Rundhorizont geworfen werden. Ist die
                              									Drehgeschwindigkeit des gemalten Bildes v, die der
                              									Abbildung auf dem Rundhorizont V, so ist, wenn ds und dS Bogenelemente
                              									auf Wolkenbildner und Rundhorizont sind
                           
                              v=\frac{d\,s}{d\,t}=p\,V=p\,\frac{d\,S}{d\,t}
                              
                           Bogen FD = pGE
                           entsprechend für den Halbkreis rπ =
                                 										pRπ:
                           
                              p=\frac{r}{R},
                              
                           da FD = r . ∡ FBD und GE = R . ∡ GCE,
                           so folgt:               ∡ FBD =
                                 										GCE,
                           d.h. Bild auf Wolkenbildner und Abbildung auf Horizont bewegen
                              									sich mit gleicher Winkelgeschwindigkeit.
                           Es folgt BD || CE,
                              									demnach
                           
                              \frac{A\,B}{A\,C}=\frac{r}{R},
                              
                           x=A\,B=\frac{e\,r}{R-r} wobei e = BC ist,
                           d.h. die Lampe muß im Wolkenbildner exzentrisch so aufgehängt
                              									werden, daß diese Bedingung erfüllt wird.
                           Aus der Aehnlichkeit der Dreiecke ABD und ACE folgt
                           
                              \frac{A\,D}{A\,E}=\frac{r}{R}
                              
                           entsprechend ist für einen zweiten unendlich nahen
                              									Leitstrahl von A aus (Abb.
                                 										2)
                           
                              \frac{A\,D'}{A\,E'}=\frac{r}{R},
                              
                           d.h.                             Δ ADD' ∾ AEE',
                           folglich                                 DD' || EE',
                           d.h. die Tangenten an den Schnittpunkt beliebiger Leitstrahlen
                              									an die Kreise gelegt, sind parallel, es bilden sich also die auf den Wolkenfilm
                              									gemalten Bilder in den kleinsten Teilen parallel auf dem Rundhorizont ab.
                           Da                 AD : AE = AD' : AE' = r : R,
                           so ist \frac{R}{r}=p, das Verhältnis der
                              									Geschwindigkeiten auch der Vergrößerungsfaktor. Vergrößerung und
                              									Geschwindigkeitsverhältnis hängen demnach nur vom Halbmesser des Films, nicht vom
                              									Aufhängungsort des Wolkenbildners ab, wenn die erwähnten Bedingungen eingehalten
                              									werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 328
                              Abb. 2.
                              
                           Wird die Bedingung x=\frac{e\,r}{R-r} nicht eingehalten, so ändert
                              									sich die Geschwindigkeit der einzelnen Bildteilchen mit Aenderung des ∡ α (Abb. 2). Es ist
                           
                              \left{{d\,S\,\cos\,\varphi=E\,H,}\atop{d\,s\,\cos\,\psi=D\,H'}}\right\frac{d\,S}{d\,s}=\frac{A\,E\,\cos\,\psi}{A\,D\,\cos\,\varphi}
                              
                           
                              \frac{E\,H}{D\,H'}=\frac{A\,E}{A\,D},\
                                 										E\,H=\frac{A\,E\,.\,D\,H'}{A\,D},
                              
                           \frac{x}{r}=\frac{\sin\,\psi}{\sin\,\alpha}, und
                              										\frac{e+x}{R}=\frac{\sin\,\varphi}{\sin\,\alpha},
                           r2 =
                              										x2 + AD2 + 2AD . x . cos α,
                           
                              A\,E=-(e+x)\,\cos\,\alpha\,\pm\,\sqrt{R^2-(e+x)^2\,\sin^2\,\alpha},
                              
                           entsprechend ist
                           
                              A\,D=-x\,\cos\,\alpha\,\pm\,\sqrt{r^2-x^2\,\sin^2\,\alpha}
                              
                           
                              \cos\,\psi=\sqrt{1-\sin^2\,\psi}=\sqrt{1-\frac{x^2}{r^2}\,\sin^2\,\alpha}
                              
                           
                              \cos\,\varphi=\sqrt{1-\left(\frac{e+x}{R^2}\right)^2\,\sin^2\,\alpha}.
                              
                           Es folgt hieraus
                           
                              d\,S=\frac{R}{r}\,d\,s.
                              
                           
                              \frac{\left(-\frac{e+x}{R}\,.\,\cos\,\alpha\,\pm\,\sqrt{1-\left(\frac{e+x}{R}\right)^2\,\sin^2\,\alpha}\right)\,\sqrt{1-\left(\frac{x}{r}\right)^2\,\sin^2\,\alpha}}{\left(-\frac{x}{r}\,\cos\,\alpha\,\pm\,\sqrt{1-\left(\frac{x}{r}\right)^2\,\sin^2\,\alpha}\right)\,\sqrt{1-\left(\frac{e+x}{R}\right)^2\,\sin^2\,\alpha}}
                              
                           
                           Es ist also Vergrößerung und Bildgeschwindigkeit auf dem Rundhorizont
                              									veränderlich und abhängig von der Lage der einzelnen Bildteilchen (von der Größe α). Es treten ungleichförmige Geschwindigkeiten und
                              									Bildverzerrungen auf.
                           Nur für \frac{x}{r}=\frac{e+x}{R} oder
                              										x=\frac{e\,r}{R-r} wird
                              										V=\frac{d\,s}{d\,t}\,.\,\frac{R}{r}=v\,\frac{R}{r}, d.h. es
                              									wird das Verhältnis der Geschwindigkeiten, ebenso die Vergrößerungen für jedes
                              									Bildteilchen in den verschiedensten Lagen konstant. Es tritt also bei gleichförmiger
                              									Bewegung des Wolkenbildners gleichförmige Geschwindigkeit des Bildes auf dem
                              									Rundhorizont, und zwar ohne jede Bildverzerrung längs der ganzen Bahn auf. Der
                              									Wolkenbildner kann demnach je nach den Raumverhältnissen ganz beliebig aufgehängt
                              									werden; er kann auch seitlich aufgehängt werden, ohne daß an den Bildwirkungen etwas
                              									geändert wird, wenn nur die Lampe in der Ebene, die durch die Achsen von
                              									Rundhorizont und Wolkenbildner gebildet wird, mit der durch obige Formel bestimmten
                              									Exzentrizität aufgehängt wird. Es werden die Wolken oder andere Bilder auch dann
                              									noch konform abgebildet, wenn der Rundhorizont volle 360°, wie z.B. in Zirkusräumen,
                              									einnimmt. Die Formel hat angenähert auch Gültigkeit, wenn der Horizontalschnitt des
                              									zylindrischen Rundhorizonts von der Kreisform abweicht. Zur Berechnung der
                              									Exzentrizität werden hierbei zweckmäßig Kreise gewählt, die sich der gegebenen Form
                              									möglichst anschmiegen. Die Forderung der konformen Abbildung wird um so strenger
                              									erfüllt, je mehr der Wolkenbildner in seinen Abmessungen denen des Rundhorizonts
                              									ähnlich gestaltet ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 329
                              Abb. 3.
                              
                           Daß nicht nur, wie obiger Rechnung zugrunde gelegt, in der Horizontalebene konform
                              									abgebildet wird, ist leicht aus Abb. 3 zu ersehen. Es
                              									ist AD : AE = r : R konstant. Da AD : AE = DL : EM, so werden
                              									alle Bildstellen (L) auf dem Wolkenbildner, die von dem
                              									durch A gelegten Horizontalschnitt gleiche Entfernung
                              									haben, die also auf einem Kreise liegen, auch auf dem Rundhorizont auf einem Kreise
                              									(Horizontalschnitt durch M) abgebildet. Es bewegen sich
                              									demnach sämtliche Bildpunkte auf dem Horizont wagerecht weiter, wenn der
                              									Wolkenbildner um eine senkrechte Achse gedreht wird.
                           Wird als Lichtquelle für den Wolkenbildner eine offene Bogenlampe verwendet, so ist
                              									der leuchtende Krater der Kohle genügend klein, so daß die Verhältnisse denen mit
                              									punktförmiger Lichtquelle nahe kommen. Die Wolkengebilde auf dem Horizont
                              									entsprechen so ziemlich genau denen der Zeichnung auf dem Wolkenbildner. In neuerer
                              									Zeit werden für Projektionszwecke häufig hochkerzige Glühlampen verwandt, da bei der
                              									hohen Entwicklung derGlühlampentechnik die Glühlampen sehr wirtschaftlich
                              									(Lampen, die nur ½ Watt für eine Kerze verbrauchen) sind, und die Glühfäden in enge
                              									Spiralen gewickelt, sich auf kleinem Räume unterbringen lassen. Eine solche
                              									Lichtquelle kann aber nicht als punktförmig angesehen werden. Es treten daher durch
                              									Streuung Bildunschärfen auf, die zugelassen werden müssen. Diese Unscharfen sind
                              									aber auch erwünscht, um die Wolkengebilde auf dem Horizont in größerer Weichheit zu
                              									erhalten, auch wenn die Malereien auf dem Wolkenbildner scharfe Umrisse haben. Es
                              									muß praktisch durchgeprüft werden, wie weit man Unscharfen durch Ueberstrahlung
                              									zulassen kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 329
                              Abb. 4.
                              
                           Es sei (Abb. 4) AB = h
                              									der Durchmesser der leuchtenden kreisförmig angenommenen Fläche, EF = d sei der Durchmesser des Bildes auf dem
                              									Bühnenhorizont, die Ueberstrahlungen reichen bis zum Durchmesser GH = D. Ist die Entfernung
                              									der leuchtenden Fläche vorn Horizont (Abstand AB von
                              										GH) a, die Entfernung
                              									der leuchtenden Fläche vom Film des Wolkenbildners (Abstand AB von CD) b, so
                              									ist, da Δ CEG ∾ CAB ist,
                           
                              \frac{D-d}{2}\,:\,a-b=h\,:\,b,
                              
                           demnach ist die Ueberstrahlung
                           
                              D-d=\frac{2\,h\,(a-b)}{b}
                              
                           unabhängig von der Größe des gemalten Bildes CD. Ist für einen Fall die zulässige Größe von D – d auf dem Film des Wolkenbildners durch Versuch
                              									bestimmt, so können für andere Fälle die zulässigen Abmessungen leicht festgestellt
                              									werden.
                           Wird die Lichtquelle innerhalb des Wolkenbildners exzentrisch angeordnet,
                              									entsprechend der obigen Darstellung, so ist \frac{a}{b} konstant,
                              									demnach auch \frac{a-b}{b} konstant. Es ist demnach auch bei
                              									exzentrischer Anordnung der Lampe im Wolkenbildner die Ueberstrahlung für alle
                              									Bildteile konstant, wenn die für die Exzentrizität aufgestellten Bedingungen
                              									eingehalten werden.Die beschriebenen
                                    											Einrichtungen sind den Siemens-Schuckertwerken
                                    											teils patentiert, teils von ihnen zum Patent angemeldet.
                           Mit derartigen Wolkenbildnern werden sowohl bei Verwendung von Bogenlampen wie von
                              									Glühlampen überaus natürliche Wirkungen erzielt.