| Titel: | Anschluß der Formate an das metrische Maßsystem. | 
| Autor: | W. Porstmann | 
| Fundstelle: | Band 330, Jahrgang 1915, S. 363 | 
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                        Anschluß der Formate an das metrische
                           								Maßsystem.
                        Von W. Porstmann in Großbothen i.
                              									Sa.
                        PORSTMANN: Anschluß der Formate an das metrische
                           								Maßsystem.
                        
                     
                        
                           Inhaltsübersicht.
                           Es werden allgemeine Betrachtungen über Normensysteme angestellt,
                              									auf Grund deren dann der Anschluß der Formate an das Metersystem erörtert wird unter
                              									Berücksichtigung der Kritik von W. Speiser in D. p. J Bd.
                              									330 S. 271 „Ueber die Weltformate“.
                           –––––
                           Unter den von Wilhelm Ostwald zusammengefaßten Sätzen zur
                              									Begründung einer einheitlichen eindeutigen Formatreihe ist ein Satz, der den
                              									Anschluß der Formate an das metrische Maßsystem fordert. Damit hat Ostwald den schöpferischen Gedanken ausgedrückt, daß die
                              									Aufstellung von Formatnormen in einer ähnlich exakten, wissenschaftlichen Weise zu
                              									behandeln ist, wie alle anderen Normbestimmungen in der Physik und Chemie, und daß
                              									geradezu die Formattypen unter die wissenschaftlichen Normen wie die Maße für
                              									Gewichte, Räume, Flächen, Längen Arbeiten, Bewegungen usw. einzureihen sind. Von
                              									diesem Standpunkt aus behandelt er denn auch überall, wo er über „Einheiten“
                              									in irgend einer Beziehung spricht und schreibt, seine Weltformate als solche Normen
                              									gerade so wie die anderen Einheiten.Vgl. u.a.
                                    											Théorie des Unités par Wilhelm Ostwald, La Vie
                                    											Internationale, 1913, fasc. 16 t IV, p. 113–163. Bevor aber diese
                              									Einordnung der Formatnormen in den allgemeinen Bestand der Wissenschaft erfolgt, ist
                              									das neue Problem erst allseitig zu prüfen und zu erörtern. Hierzu soll im folgenden
                              									ein Beitrag geliefert werden. Es ergeben sich bei diesen Betrachtungen zwei Teile:
                              									einmal die für den vorliegenden Fall notwendigen allgemeinen Erörterungen über das
                              									metrische Maßsystem und dann die über die Frage, in welcher Weise die neue Norm
                              									anzuschließen ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 363
                              Abb. 1.Eine Formatreihe, die durch fortgesetztes Halbieren eines
                                 										Quadrates als Ausgangsformat gewonnen ist. Die Reihe zerfällt in zwei
                                 										Teilreihen, von denen die eine lauter Quadrate, die andere lauter Doppelquadrate
                                 										enthält.
                              
                           Als man daran ging, die Längenmaße zu normieren, die sich in einer ähnlichen Wildheit
                              									befanden, wie gegenwärtig noch die Formate, handelte es sich darum, ein einziges
                              									Ausgangsmaß zur allgemeinen Anerkennung zu bringen. War dies gelungen, so machte
                              									dessen weitere Behandlung keinerlei Schwierigkeiten; denn hinsichtlich der Ober- und
                              									Unterteilungen des Einheitsmaßes war das Dezimalsystem die stillschweigende
                              									Voraussetzung. Wäre seinerzeit das Dezimalsystem noch nicht allgemein angenommen und
                              									etwa das Zwölfer- oder andere Systeme noch in Anwendung gewesen, so wäre außer der
                              									Wahleiner Einheitsnorm auch noch die Wahl des Systems vorzunehmen gewesen, nach
                              									dem die größeren und kleineren Längenmaße aus der Einheitslänge zu bilden waren. Wir
                              									können demnach bei einem System von Normen ganz allgemein zwei grundsätzlich
                              									verschiedene Teile feststellen: Erstens die Aufstellung der Einheitsnorm und
                              									zweitens den systematischen Zusammenhang der verschiedenen Normen desselben
                              									Bereiches mit der Einheitsnorm. Meter und Dezimalsystem sind diese beiden Teile für
                              									das gesamte System der Längenmaße. Für die Flächenmaße befaßt sich der erste Teil
                              									mit der Gewinnung einer Einheitsfläche, der zweite benutzt das Dezimalsystem in ganz
                              									bestimmter Weise zur Herstellung von größeren und kleineren Flächenmaßen aus der
                              									Einheitsfläche. Aufstellung einer Raumeinheit und Ableitung eines Systems von
                              									Raummaßen daraus sind die beiden Teile für das Raummaßsystem usw.
                           Welches sind nun diese beiden Teile für die Formatnormen? Zusammenhang und Gestaltung
                              									der sämtlichen Formate der Formatreihe werden definiert durch die beiden Sätze:
                              										„Die Flachformate werden durch fortgesetztes Halbieren oder Verdoppeln eines
                                 										Ausgangsformates gewonnen“ und „alle Formate sollen einander geometrisch
                                 										ähnlich sein“. (Diese zwei Sätze lassen sich, wie hier nebenbei bemerkt sei,
                              									mathematisch zusammenfassen in die Forderung, daß sowohl die beiden Seiten jedes
                              									einzelnen der rechteckigen Flachformate, wie auch entsprechende Linien benachbarter Formate der Reihe sich wie 1 : √2
                              									verhalten.) Beide Sätze spielen bezüglich der Formattypen dieselbe Rolle wie z.B.
                              									das Dezimalsystem bezüglich der Längenmaße. Abb. 1
                              									und 2 veranschaulichen diese Verhältnisse. Der dritte
                              									Satz, der für die Formatreihe den Anschluß an das metrische Maßsystem fordert, ist
                              									die Grundlage zur Gewinnung eines ganz bestimmten Ausgangsformates. Er stellt also
                              									den ersten der beiden Teile dar, die bei der Bildung eines ganzen Systems von Typen
                              									zu erledigen sind.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 363
                              Abb. 2.Bei bestimmten Ausgangsformaten fällt die in Abb. 1
                                 										gekennzeichnete Zwiespältigkeit weg, es entsteht bei fortgesetzter Halbierung
                                 										eine harmonische Reihe von lauter geometrisch ähnlichen Rechtecken. Es verhalten
                                 										sich die beiden Seiten des Ausgangsformates wie 1 : √2, also wie Kathete zu
                                 										Hypotenuse eines gleichschenkligen, rechtwinkligen Dreiecks.
                              
                           In einem jeden Normensystem gibt der praktische Umgang mit den herkömmlichen, noch
                              									wenig oder nicht systematisierten Normen durchgängig Anhaltspunkte, wie bei einer etwaigen
                              									Systematisierung die einzelnen Normen derselben Art, also etwa die verschiedenen
                              									notwendigen Größen der Längenmaße, oder die großen und kleinen Flächenmaße, oder die
                              									verschieden großen Formattypen miteinander zu verbinden und von einer einzigen Type
                              									abhängig zu machen sind, wie also der von uns erkannte zweite Teil jeder Normierung
                              									zu erledigen ist. Auch für den ersten Teil ergibt die Praxis vielfach Anhaltspunkte,
                              									insbesondere bei den komplizierteren Normen. Es ist nämlich die festzulegende
                              									Einheit jedesmal ein ganz spezielles Ding der betreffenden Dinggruppe, für die ein
                              									Normensystem aufgestellt werden soll, und die qualitative Beschaffenheit dieser
                              									Einheit wird durchgängig von der Praxis bestimmt. Eine letzte quantitative
                              									Festlegung dagegen bleibt immer willkürlich. So ist die Flächeneinheit auf jeden
                              									Fall wieder eine Fläche. Die Praxis legt hinsichtlich der Form dieser Einheitsfläche das Quadrat nahe. Welches Quadrat nun aber zu
                              									nehmen ist, bleibt eine willkürliche quantitative Bestimmung. Als Raumeinheit muß
                              									ein bestimmter Raum dienen, die Form dieses Raumes ist praktisch am besten ein
                              									Würfel. Welcher Würfel aber gewählt wird, bleibt von der Praxis aus eine Willkür.
                              									Das Ausgangsformat für die Formatnormen muß auf jeden Fall eine Fläche mit der
                              									Seitenbeziehung 1 : √2 sein. Wie groß diese aber gewählt wird, ist eine Willkür.
                           Bei jeder Normierung bleibt also, um zu wiederholen, letztenendes noch eine
                              									quantitative Größe willkürlich zu bestimmen. So viel Normenarten wir haben, so viel
                              									derartige quantitative Freiheiten bleiben wählbar. Zur Beseitigung dieser
                              										„Zersplitterungsstelle“ in den Vereinheitlichungsbestrebungen hat sich
                              									instinktiv die Befolgung eines ganz bestimmten Prinzips eingestellt, des Prinzips
                              									vom Anschluß der betreffenden Normengruppe an das metrische Maßsystem. Durch dieses
                              									Prinzip wird die letzte Freiheit für jedes Normensystem beseitigt. Alle die vielen
                              									quantitativen Willküren werden auf eine einzige beschränkt, nämlich auf die
                              									Bestimmung der Längeneinheit. Diese ist und bleibt eine willkürlich bestimmte Länge.
                              									Durch sie sucht man aber, wenn nur irgend möglich, alle übrigen Normen von Willkür
                              									zu befreien. Für die Flächen wird dies erreicht, indem man als Flächennorm das
                              									Quadrat mit der Längennorm als Kantenlänge festlegt, durch das Quadratzentimeter
                              									(Quadratmeter) sind dann Flächen ein für allemal dem Metermaße angeschlossen. Durch
                              									den Würfel mit der Längennorm als Kante erhalten wir ein für allemal den Anschluß
                              									der Räume. So wird das Gramm, das Erg, die Einheit der Geschwindigkeit, der
                              									Beschleunigung usw. usw. gewonnen. Alle diese durch den Einfluß jenes Prinzips
                              									zusammengeschweißten Einzelsysteme bilden in ihrer Gesamtheit das metrische System.
                              									Es gehören also nicht allein die Längen–, Flächen- und Raummaße dazu, sondern
                              									letztenendes alle darauf bezogenen Maßsysteme.
                           In welcher Weise sind nun die Formatflächen dem metrischen System anzuschließen? Die
                              									folgerichtige Antwort auf diese Frage lautet: Die Flächen sind dem metrischen System
                              									bereits angeschlossen, insofern als dasMetermaß in der Definition der
                              									Flächeneinheit verwendet wird, wenn also neue Flächenarten dem metrischen System
                              									untergestellt werden sollen, so sind sie in erster Linie auf die bereits allgemein
                              									angenommene Flächeneinheit zu beziehen, damit sind sie sekundär ohne weiteres auch
                              									dem Metermaß untergeordnet. Die Einheit für die Flachformatreihe ist demnach auf die
                              									Einheit des Flächenmaßsystems zu beziehen. Als dritter Grundsatz zur Definition der
                              									wissenschaftlich zu begründenden Formatreihe ist zu nehmen: Das Ausgangsformat der
                              									Reihe soll der Fläche nach gleich einem Quadratzentimeter sein. Mit Hilfe der oben
                              									erwähnten zwei Sätze für die Festlegung der Beziehungen der Formatnormen
                              									untereinander läßt sich dann die Reihe der metrischen Flachformate in folgender
                              									Tabelle (s. S. 365) aufstellen. Zum Vergleich sind die Weltformate mit angeführt,
                              									und Abb. 3 gibt den geometrischen Zusammenhang beider
                              									Reihen wieder.
                           
                              
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                              Abb. 3.Natürliche Größe der metrischen Formate (0, 1, 2...) und der
                                 										Weltformate (I, II, III...). Beide Formatreihen ergänzen sich gegenseitig in
                                 										geometrischer Proportionalität
                              
                           Diese Begründung der metrischen Flachformate ist nun in D. p. J. Bd. 330 S. 271 von
                              									W. Speiser einer Kritik unterzogen worden. Wir wollen die
                              									dagegen aufgestellten Gründe Punkt für Punkt untersuchen.
                           „Die praktische Verwendbarkeit der Formatreihe darf nicht außer acht gelassen
                                 										werden“. In welcher Weise soll die Praxis die Definition der Formatnormen
                              									noch beeinflussen? Die Praxis hat ja die ganze Normierung erst verursacht. Denn der
                              									Gedanke einer Formatreform überhaupt ist das Ergebnis der Praxis. Der
                              									Halbierungssatz ist auf rein praktisch-technischen Bedürfnissen aufgebaut.
                              									Demgegenüber beruht die Forderung der geometrischen Aehnlichkeit auf
                              									ästhetisch-künstlerischen Bedürfnissen. Wenn sich schließlich auch ein praktischer
                              									Grund zur Bestimmung der letzten quantitativen Willkür im Ausgangsformat angeben läßt, dann wird er
                              									willkommen sein; es muß aber dann der Satz vom Anschluß ans metrische System
                              									aufgegeben werden. Wenn gesagt wird, die metrische Formatreihe hat für den und den
                              									bestimmten praktischen Zweck kein besonders günstiges Format, wofür die
                              									konkurrierenden Weltformate besser passen, dann läßt sich eben so sicher ein Zweck
                              									dagegenhalten, für den jene günstiger liegen als diese.
                              									Außerdem ist dann die Frage ins Auge zu fassen, ob etwa der betreffende Zweck als
                              									praktischer Ausgangspunkt zur Begründung einer Reihe an Stelle des Anschlusses an
                              									das metrische System zu wählen ist.
                           
                              
                                 Nr.
                                 WeltformateSeiten
                                 Die metrischen Flachformale
                                 
                              
                                 Seiten
                                 GekürzteDezimalbrücheder Seiten
                                 Flächen-inhalt
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
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                                 cm2
                                 
                              
                                   0
                                 –
                                 2– 1/4 × 2+ 1/4
                                 0,84 × 1,19
                                        1 (=20)
                                 
                              
                                   1
                                 20 × 2½
                                 21/4 × 2¾
                                 1,19 × 1,68
                                 21
                                 
                              
                                   2
                                 2½ × 22/2
                                 2¾ × 25/4
                                 1,68 × 2,38
                                 22
                                 
                              
                                   3
                                 22/2 × 23/2
                                 25/4 × 27/4
                                 2,38 × 3,36
                                 23
                                 
                              
                                   4
                                 23/2 × 24/2
                                 27/4 × 29/4
                                 3,36 × 4,76
                                 24
                                 
                              
                                   5
                                 24/2 × 25/2
                                 29/4 × 211/4
                                 4,76 × 6,73
                                 25
                                 
                              
                                   6
                                 25/2 × 26/2
                                 211/4 × 213/4
                                 6,73 × 9,51
                                 26
                                 
                              
                                   7
                                 26/2 × 27/2
                                 213/4 × 215/4
                                 9,51 × 13,45
                                 27
                                 
                              
                                   8
                                 27/2 × 28/2
                                 215/4 × 217/4
                                 13,45 × 19,03
                                 28
                                 
                              
                                   9
                                 28/2 × 29/2
                                 217/4 × 219/4
                                 19,03 × 26,91
                                 29
                                 
                              
                                 10
                                 29/2 × 210/2
                                 219/4 × 221/7
                                 26,91 × 38,05
                                 210
                                 
                              
                                 .
                                 .
                                 .
                                 
                                 .
                                 
                              
                                 .
                                 .
                                 .
                                 
                                 .
                                 
                              
                                 .
                                 .
                                 .
                                 
                                 .
                                 
                              
                                 n
                                 
                                    2^{\frac{\mbox{n}-1}{2}}\,\times\,2^{\frac{\mbox{n}}{2}}
                                    
                                 
                                    2^{\frac{2\,\mbox{n}-1}{4}}\,\times\,2^{\frac{2\,\mbox{n}+1}{4}}
                                    
                                 
                                 2n
                                 
                              
                           „Die Ostwaldsche Lösung (Weltformate) mittels des,
                                 										Zentimeters ist mindestens gleichberechtigt.“ Der dritte Grundsatz heißt
                              									nämlich bei den Weltformaten: Es soll eine Seite des Ausgangsformats gleich 1 cm
                              									sein. Da ist zunächst zu erörtern, ob dieser Satz eine willkürliche Festsetzung oder der Anschluß an das metrische Maßsystem sein
                              									soll. Im ersteren Falle ist dann der Anspruch auf den wissenschaftlichen Anschluß
                              									aufzugeben. Im zweiten Falle ist zu prüfen, ob mittels des Zentimeters Formatflächen
                              									dem metrischen System in wissenschaftlicher Weise angeschlossen werden können. Wenn
                              									das Zentimeter in der Definition der Formate vorkommt, so ist damit noch nicht
                              									verbürgt, daß das Prinzip vom Anschluß an das metrische System durchgeführt ist,
                              									sondern es kann auch nur ein äußerer loser Zusammenhang mit dem System so erreicht
                              									sein. Um zu wiederholen, die Formate sind Flächen, und wir besitzen bereits ein wohl
                              									definiertes Flächenmaßsystem. Unsere Formatflächen haben wir in erster Linie mit
                              									unserer Flächeneinheit in Einklang zu bringen, damit ist der Anschluß an das
                              									metrische Maßsystem und mittelbar auch ein Zusammenhang mit der Längeneinheit
                              									herbeigeführt. Warum soll ferner gerade eine Seite gleich
                              									1 cm sein? Etwa aus demselben Grunde weil die Flächeneinheit ein Quadrat ist, von
                              									dem auch zum Zwecke des Anschlusses dieSeite gleich 1 cm ist? Warum wird dann
                              									für die Formate die Flächeneinheit übersprungen? Hierfür läßt sich schlechterdings
                              									keine haltbare Begründung bringen. Weltformate und metrische Formate sind daher
                              									wissenschaftlich durchaus nicht gleichberechtigt (daß sie praktisch gleichwertige
                              									Vorteile und Nachteile haben, tut hier nichts zur Sache). Die unendlich vielen
                              									Linien, die im Ausgangsformat zum Zwecke des Anschlusses gleich 1 cm gemacht werden
                              									können, werden durch die Zugrundelegung der Fläche zum Anschluß in idealer Weise
                              									organisatorisch zusammengefaßt. Daß eine Seite von den vielen Linien eine besonders
                              									in die Augen springende ist – die Diagonale ist das auch. „Daß wir mit unsern
                                 										gewöhnlichen Hilfsmitteln die Fläche nicht unmittelbar nach Quadratzentimetern
                                 										messen können, sondern die Seiten erst nach Zentimetern messen müssen“, ist
                              									erst eine Folge des schon erfolgten Anschlusses der Flächen an das Metermaß.
                              									Naturgemäß muß jede Linie auf einer Fläche eben mit dem Längenmaß gemessen werden.
                              									Dem Flächenmaßsystem liegt aber grundsätzlich nicht eine Linie, sondern eine Fläche
                              									zugrunde. Es ist gerade ein von Ostwald vertretener
                              									Standpunkt, daß, wie auch oben eingehend erläutert ist, einer bestimmten Gruppe von
                              									Normen stets ein Ding derselben Gruppe als Einheit zugrunde gelegt sein muß, daß
                              									also für den Begriff der Flächennormierung z.B. die Flächeneinheit das primäre Element ist, während die Linie erst durch das
                              									Prinzip vom Anschluß an das Längenmaßsystem hineingekommen ist, also eine sekundäre Rolle spielt. Das Verhältnis ist demnach gerade
                              									umgekehrt, wie es von Speiser aus praktischen Gründen
                              									abgeleitet ist.
                           Alle diese Punkte treten also der Formatreform hindernd in den Weg, wenn der
                              										„Anschluß an das Metersystem“ durch das Zentimeter bewirkt werden soll.
                              									Je exakter die Grundlegung ist, desto sicherer wird einem System die Zukunft.
                              									Jemand, der sich bisher noch nicht mit der Formatreform beschäftigt hat, wird bei
                              									objektiver Beurteilung der Sachlage ohne weiteres zugeben, daß sich gegen die
                              									Grundlagen der metrischen Formate nicht die mindesten Zweifel aufdrängen, während
                              									die Grundlagen der Weltformate durch allerlei anfechtbare Gründe verteidigt werden
                              									müssen.
                           „In durchaus logischer Verfolgung seines Gedankenganges kommt Porstmann dann zu einer sehr interessanten Bestimmung
                                 										der Einheit für Raumformate“. Hier gibt also Speiser den Wert der „Konsequenz“ zu. Die Begründung der Einheit
                              									für Raumrechtecke enthält notwendigerweise bei den Weltformaten wieder dieselbe
                              									Willkür, insofern die Höhe gleich 1 Zentimeter gemacht wird. Dagegen wird hier auf
                              									Grund der Prinzipien des metrischen Systems folgerichtig definiert: Die Raumformate
                              									sind in erster Linie Räume, also wird der Anschluß an das metrische System gewonnen,
                              									indem wir die Raumformatnorm gleich der metrischen Raumnorm, dem Kubikzentimeter
                              									machen, so erhalten wir das metrische Raumformat 0 mit den Seiten 0,84 × 1,19 × 1.
                              									Wie sich auf Grund dieser Raumnorm nun das System der Raumformate aufzubauen hat,
                              									ist erst noch endgiltig zu erörtern. Der systematische Zusammenhang der Raumformate und ihre
                              									Ableitung aus der Raumformatnorm ist ein Kapitel für sich, es ist der zweite Teil
                              									des Raumnormensystems. Mit dem Anschluß an das metrische Maß hat aber, wie wir oben
                              									gesehen haben, bloß der erste Teil, die Gewinnung der Norm etwas zu tun. Es bestehen
                              									für die Systematisierung der Raumformate, wie auch Speiser dargelegt hat, verschiedene praktische
                              									Möglichkeiten, über die noch keine allgemeine Einigkeit erzielt ist.Vgl. „Zeitschrift für Post u.
                                       												Telegraphie“, Wien 1914, Nr. 16, 25, 34/35; 1915 Nr. 10.
                              									Von anderer Seite ist mir noch ein Einwurf gemacht worden, der Beachtung verdient.
                              									Es wurde behauptet, die metrischen Formate seien auch noch nicht exakt begründet,
                              									insofern sie an das Quadratzentimeter angeschlossen
                              									seien, während doch die Ausgangsnorm der Längenmaße das Meter sei, also der Anschluß durchdas Quadratmeter zu erfolgen habe. Für die Anschlüsse an das metrische System ist
                              									durchgängig in der Physik das Zentimeter gewählt worden, weil das Meter etwa zur
                              									Definition des spezifischen Gewichtes usw. zu groß ist. Die Formate würden eine
                              									Ausnahmestellung innerhalb sämtlicher Anschlüsse darstellen, wenn sie nicht auch
                              									dieses internationale Uebereinkommen befolgten.
                           Zum Schluß sei noch ein Zeugnis aus der Praxis angeführt, das mir ein Leipziger
                              									Lehrer zugehen ließ, den ich bis dahin nicht kannte: „Im Anfange hielt ich die
                                 										Aufstellung Ihrer zweiten, der metrischen Reihe für überflüssig, und erst die
                                 										Durchführung der räumlichen Reihe überzeugte mich von der Notwendigkeit und
                                 										Zweckmäßigkeit theoretisch strenger Grundlegung.... Ich habe eben angefangen,
                                 										mit meinen 14-jährigen im Geometrieunterricht die Frage zu behandeln. Sie passen
                                 										ausnahmsweise auf.“