| Titel: | Einwirkung des Krieges auf Flugzeugkonstruktionen. | 
| Autor: | Paul Béjeuhr | 
| Fundstelle: | Band 330, Jahrgang 1915, S. 401 | 
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                        Einwirkung des Krieges auf
                           								Flugzeugkonstruktionen.
                        Von Dipl.-Ing. Paul Béjeuhr in
                           									Charlottenburg.
                        BÉJEUHR: Einwirkung des Krieges auf
                           								Flugzeugkonstruktionen.
                        
                     
                        
                           Vom Standpunkt des Flugzeugingenieurs darf neben all dem Schrecklichen, das
                              									dieser Weltkrieg mit sich gebracht hat, der außerordentlich fördernde Einfluß nicht
                              									verkannt werden, den er auf die Technik im allgemeinen, auf die moderne
                              									Verkehrstechnik aber im besonderen ausgeübt hat. Wenn gesagt wird, daß die letztere
                              									in zehn Friedensjahren nicht so weit gekommen wäre, wie in diesen zwölf
                              									Kriegsmonaten, so ist das nur ein ganz schiefer Vergleich; man kann ruhig sagen, daß
                              									jetzt im Felde Erfahrungen gesammelt, Neuerungen erprobt wurden, die in noch so
                              									langen Friedensjahren überhaupt nicht möglich waren, weil eben der Krieg eine
                              									derartige Probe aufs Exempel ist, die sich auch nicht angenähert nachahmen läßt und
                              									weil nur der Krieg Verhältnisse schaffen kann, die so unvergleichlich schnelle und
                              									ganz bestimmten Bahnen folgende Entwicklungen ermöglichen. So wird also dem Krieg
                              									zum Ausgleich für die vielen schweren und, fast möchte es scheinen, unheilbaren
                              									Wunden, die er schlägt, die Fähigkeit erwachsen, produktiv zu wirken.
                           Man kann die in der letzten Zeit erfolgte Entwicklung der Flugtechnik am besten auf
                              									zwei getrennten Bahnen betrachten; die erste zeigt uns all jene Fortschritte, die
                              									dadurch erreicht wurden, daß durch den großen Bedarf an Apparaten schon rein
                              									zahlenmäßig außerordentlich viele Erfahrungen gesammelt wurden, die natürlich ein
                              									schrittweises Weiterentwickeln mit sich brachten. Die zweite Bahn ist im Gegensatz
                              									hierzu überhaupt erst durch den Krieg möglich geworden, sie führt uns nicht nur alle
                              									Angriffs- und Verteidigungsmittel vor, sondern gleichzeitig jene fast sprunghaft vom
                              									Entwurf zur Ausführung entwickelten Fortschritte, die nur unter der machtvollen
                              									Zwangslage eines Weltkrieges lebensfähig werden.
                           Beim ersten Abschnitt muß zunächst festgestellt werden, daß sich die in
                              									Friedenszeiten weit entwickelte Art des Rumpfflugzeuges auch bei den großen
                              									Fluganforderungen des Krieges gut bewährt hat, so daß diese Bauartauch jetzt
                              									weitaus vorherrschend ist. Die sich immer vergrößernde Nutzlast führte dagegen bald
                              									dazu, den Eindecker durch den Doppeldecker zu ersetzen, was weiter den Vorteil mit
                              									sich brachte, die Spannweite zu verringern. Die wachsende Flugtüchtigkeit unseres
                              									Fliegerersatzes veranlaßte Heer und Industrie sehr bald, auf die natürliche
                              									Stabilität der sogenannten „Tauben“ zu verzichten, welcher Vorteil mit einer
                              									Reihe von Nachteilen erkauft wird. Erstens verloren die Maschinen durch das
                              									Hochziehen der Tragflügelenden ganz erheblich an Geschwindigkeit und Steigvermögen,
                              									dann aber waren sie bei der notwendigen Dienstlast mit den verfügbaren Motoren
                              									einfach über eine bestimmte Höhe nicht hinweg zu bringen, so daß sie bei der immer
                              									vollkommener werdenden Abwehrbereitschaft für Flüge über dem Feind nicht mehr
                              									verwendbar waren. Die Notwendigkeit schneller und zuverlässiger Erreichung größerer
                              									Höhen hat überhaupt von Beginn des Feldzuges an zu immer sorgfältiger
                              									durchkonstruierten Apparaten geführt. Während zunächst noch Höhen von 1700 m als
                              									sicher galten, wurde diese Zone dank der stärkeren Ausrüstung der Heere mit
                              									Spezialabwehrgeschützen und besonders wegen der größeren Treffsicherheit der
                              									Bedienungsmannschaften, die ja noch nie eine gleich gute Uebungsgelegenheit hatten,
                              									allmählich in 3000 bis 4000 m Höhe verlegt. Wie schnell sind die Ansichten über die
                              									Wertlosigkeit der Höhenrekorde doch überholt worden! Noch vor wenigen Monaten waren
                              									zum Erfliegen von 2000 m 30 und mehr Minuten nötig; jetzt kommt man mit der halben
                              									Zeit aus. Damals gelangen derartige Höhenflüge nur mit Spezialmaschinen, die
                              									besonders erleichtert wurden und die zur Ausrüstung nichts mitnahmen, was nicht
                              									unbedingt notwendig war; heute muß jede Serienmaschine mit voller Belastung diese
                              									Bedingung erfüllen. Höhen über 2000 m galten als außerhalb des praktischen
                              									Interesses liegend, sie wurden nur gelegentlich bei günstigen Witterungsbedingungen
                              										geschafft, und
                              									zwar 3000 m in etwa 45 Minuten, 4000 m in 90 bis 100 Minuten. Auch diese Zahlen
                              									werden jetzt nicht nur ganz beträchtlich unterboten, sondern – was das Wichtigere
                              									ist – es ist auch mit dem größten Teil der Heeresmaschinen möglich, diese Höhen zu
                              									erreichen. Natürlich bringt das Fliegen in derartiger Höhenlage nicht nur die
                              									Sicherheit mit sich, auch dem feindlichen Geschützfeuer entzogen zu sein, sondern
                              									weiter den außerordentlichen Vorteil, im Falle eines Motordefekts bei flachem
                              									Gleitflug noch hinter die eigene Linie zu kommen. Die Franzosen, die sehr bald die
                              									Ueberlegenheit der deutschen Flugzeuge in bezug auf Steigfähigkeit und
                              									Geschwindigkeit spürten, versuchten zunächst durch Heruntersetzen der
                              									Sicherheitsgrenze bei der Beanspruchung der Flugzeugteile so viel an Gewicht zu
                              									sparen, daß mit derselben Motorenleistung größere Eigengeschwindigkeit und höheres
                              									Steigvermögen erzielt wurde. Infolgedessen machten die französischen Flugzeuge,
                              									verglichen mit unseren soliden Konstruktionen einen beängstigend leichten,
                              									spinnwebenhaften Eindruck. Wenn auch bei dieser Herabsetzung des Gewichts die Masse
                              									des Flugzeuges geringer wird und dadurch die Gefahr des Brechens bei harter Landung
                              									schwindet, so ist doch immer zu bedenken, daß diese Maschinen auch in der Luft die
                              									sorgsamste Aufmerksamkeit verlangen, damit den Böen rechtzeitig ausgewichen wird und
                              									damit niemals steile Sturzflüge ein zu plötzliches Abfangen nötig machen. Sehr bald
                              									schlug man denn auch in Frankreich – ohne jedoch diese eben bezeichnete Richtung zu
                              									verlassen – noch einen anderen Entwicklungsweg ein, indem man von den Flugzeugen
                              									nicht mehr jeden Luftdienst verlangte, sondern ihnen
                              									stets nur ein und dieselbe Aufgabe zuwies, für die man sie dann besonders
                              									ausrüstete. Man änderte also die Organisation, die bisher die Esquadrillen mit
                              									Flugzeugen gleichen Systems und gleicher Stärke versah, dahin, daß jetzt Flugzeuge
                              									nach demselben Verwendungszweck in Geschwadern vereinigt wurden, die nun ihrerseits
                              									die Aufgabe hatten, entweder für Feuerbeobachtung der Artillerie zu dienen oder
                              									Aufklärung zu machen oder als Bombenwerfer zu arbeiten oder als Kampfflugzeuge den
                              									Grenzschutz zu übernehmen bzw. irgend eins der anderen Geschwader zu schützen. Das
                              									war eine sehr glückliche Einteilung, denn durch diese Beschränkung auf stets
                              									dieselbe Tätigkeit konnte nicht nur das Flugzeug wesentlich zweckentsprechender
                              									ausgerüstet werden, sondern auch die Flieger erhielten schnell Spezialerfahrungen,
                              									die sie in ihren Leistungen erheblich förderten.
                           Bei den größeren Flugleistungen und den erheblich gesteigerten Flugkilometern pro
                              									Tag, die sich infolge des Krieges ergaben, hat sich weiter herausgestellt, die
                              									Betätigungsorgane so zu verstärken und so abzustützen, daß sie einfach nicht entzwei
                              									gehen. Vornehmlich gilt dies für den Seitensteuerfußhebel, der einmal so stark sein
                              									muß, daß man unbedenklich auf ihn hinauftreten kann, ohne daß der Drehzapfen bricht,
                              									während weiter ein Abrutschen der Füße durch Fußrasten verhindert werden muß, weil
                              									sonst die Füße bald ermüden. Endlich ist es wünschenswert, den Seilabgang zum Steuer
                              									überein Kreissegment zu leiten, damit bei den starken, schnellen Maschinen
                              									nicht infolge Verkürzung des Hebelarmes zu große Steuerkräfte auftreten.
                           Zu den wichtigsten Konstruktionsteilen der Flugmaschine gehören die Tragflächenholme,
                              									auf deren Ausbildung der Krieg in zweierlei Hinsicht eingewirkt hat. Einmal ist die
                              									Belastung für das laufende Meter sehr gestiegen, weiter ist aber das bisher
                              									verwendete amerikanische Spruceholz infolge des gesteigerten Bedarfs und wegen der
                              									erhöhten Transportschwierigkeiten garnicht mehr zu haben, so daß entweder mit
                              									einheimischen Hölzern gerechnet werden muß oder aber zur Stahlkonstruktion
                              									übergegangen wird. Wird zunächst von letzterer abgesehen, die sich jetzt erst
                              									langsam durchzusetzen beginnt, der aber sicher die Zukunft gehört, so ist für die
                              									hohe Festigkeit der Holme ausschlaggebend die Wahl des Querschnitts und die Art und
                              									Weise der Strebenverbindung, die tunlichst ohne Schwächung des Holms durchgeführt
                              									werden muß.
                           Die einfachste Verstärkung des vollen Holzholmes mit Rechteckquerschnitt ist die
                              									seitliche Absperrung mit Furnieren, die außerdem den Vorteil des Schutzes gegen
                              									Wettereinflüsse mit sich bringt. Ist die Beanspruchung des Holms in senkrechter und
                              									wagerechter Achse annähernd gleich, so empfiehlt sich die Wahl kreisrunden
                              									Querschnitts, wofür vielleicht Holzbandfurnierrohre verwendet werden können, was
                              									insofern vorteilhaft ist, als das Rohr dann vom Rumpf zur Flügelspitze als Träger
                              									gleicher Festigkeit mit sich verjüngendem Querschnitt gewickelt werden kann. Die
                              									Herstellung geschieht durch das Aufwickeln dünner Holzbänder nach gegenläufig
                              									verlaufenden Spiralen unter gleichzeitiger Verbindung mittels Kaltleim.
                           Bei stärkeren Belastungen erhalten die Holme einen Kastenquerschnitt, den man aus dem
                              									Vollen herausarbeitet, damit man bei den Verbindungsstellen mit den Streben den
                              									vollen Querschnitt belassen kann. Wird der Kastenholm aus einzelnen Seitenstücken,
                              									Kopf- und Fußplatte zusammengeleimt, so wird an den Verbindungsstellen der volle
                              									Querschnitt mit entsprechenden Paßstücken hergestellt. Wird der Holm aus dem Vollen
                              									ausgearbeitet, so empfiehlt sich das Absperren der Seiten mit Furnieren aus oben
                              									angeführten Gründen. Die Formen sind: Kasten mit scharfen oder abgerundeten Ecken,
                              									Doppel-T-Form mit Leimung in der Mittelachse oder aus drei Platten und dergleichen
                              									mehr. Während bei französischen Apparaten der Holm größtenteils die Stirnkante des
                              									Tragflügels bildet, legt man bei den deutschen Konstruktionen den Holm näher dem
                              									ersten Drittel der Tragfläche, die hier ihre größte Dicke hat, so daß hier auch die
                              									größte Höhe für den Holmquerschnitt zur Verfügung steht. Es ist daher notwendig, an
                              									der Vorderkante des Tragflügels eine besondere Stoßleiste, den Stirnholm,
                              									vorzusehen, der aber keinerlei Belastungen aufzunehmen hat und infolgedessen so
                              									leicht wie möglich ausgebildet wird.
                           Zur Verbindung der Tragflügelholme der oberen und unteren Tragflügel oder aber zur
                              									Absteifung der Holme der Eindecker dienen Vertikalstreben und Schrägdiagonalen, welch letztere fast
                              									ausschließlich aus Kabeln gebildet werden. Die Verbindungsstelle dieser beiden mit
                              									dem Holm muß tunlichst so ausgeführt werden, daß eine Schwächung des Holms vermieden
                              									wird, ohne jedoch durch komplizierte Gebilde unnötige Gewichte in die Konstruktion
                              									zu bringen. Dasselbe gilt für die Versteifung der Längsholme des Rumpfes. Stets
                              									werden namhafte Gewichte durch die Strebenverbindungen verschlungen. Während man bei
                              									den Längsholmen in der Regel mit gepreßten Blechpaßstücken auskommt, in deren
                              									Flanschen die Kabelösen eingreifen, verwendet man für die Tragflächenholme möglichst
                              									Paßstücke mit zentrisch angeordneten Vertikalbolzen, an welchen je nach Bedarf ein
                              									bis drei Kabel je nach den notwendigen Richtungen angelenkt werden können. Die
                              									Befestigung der Vertikalstreben geschieht in der Regel mittels Kugelgelenk, was
                              									besonders der schnellen Zerlegbarkeit zugute kommt. Die Kabel werden derart
                              									befestigt, daß Spannschloß und Spannhaken zu einem
                              									Konstruktionsteil vereinigt sind, wodurch Montage und Zerlegen sehr beschleunigt
                              									wird.
                           Haben wir so einige Entwicklungen kennen gelernt, die mehr oder weniger auch wohl in
                              									Friedenszeiten sich herausgebildet hätten, so wenden wir uns jetzt den lediglich
                              									durch den Krieg herbeigeführten Fortschritten zu. Diese liegen einerseits in der
                              									Vervollkommnung der Angriffswaffen des Flugzeugs, andererseits in der Verbesserung
                              									seiner Verteidigungsmittel. Legen wir die vorhin erwähnte, sehr zweckmäßige
                              									Einteilung nach Artillerieflugzeugen, Erkundungsapparaten, Bombenwurf- und
                              									Kampfflugzeugen zugrunde, so sind ihre Verteidigungsmittel je nach ihrem
                              									Verwendungszweck ganz verschieden. Die notwendige Höhenhaltung von mehr als 2000 m
                              									über dem Feind ist schon bei Gewehrfeuer selbstverständlich, ihr wird durch gutes
                              									Steigvermögen und durch Kraftüberschuß in der Maschinenanlage Rechnung getragen. Die
                              									Spezialgeschütze, so weit sie standfest aufgebaut sind, müssen nach Möglichkeit
                              									vermieden werden; aber auch gewöhnliche Feldgeschütze können bei Verwendung zweier
                              									(in Geschützrichtung und seitlich hiervon aufgestellter) Beobachter, zumal wenn
                              									mehrere Geschütze zur Verfügung stehen, ganz gefährliche Gegner werden. Es hat sich
                              									als zweckmäßig herausgestellt, nicht auf das Flugzeug zu
                              									feuern, sondern unmittelbar vor dasselbe mehrere Schüsse
                              									gleichzeitig zu legen, denen es auch durch die geschicktesten Steuermanöver schlecht
                              									entgehen kann, weil es doch eine gewisse Trägheit besitzt und aus der Flugbahn nicht
                              									so schnell herauskommt. Flugzeuge zur Feuerbeobachtung der Artillerie, die meist
                              									innerhalb der eigenen Linie bleiben, brauchen als Verteidigungsmitte vor allen
                              									Dingen nur die Möglichkeit, die 2000 m Höhengrenze schnell genug zu erreichen, so
                              									daß sie vor Maschinengewehrfeuer sicher sind, Geschützfeuer haben sie in der Regel
                              									nicht zu erwarten, Luftangriffen müssen sie sich rechtzeitig entziehen, ihr
                              									Aktionsradius und daher ihr Betriebsstoffvorrat braucht nur klein zu sein, folglich
                              									kommen die kleinen leichtgebauten Maschinen mit verhältnismäßig schwachen und
                              									leichten Motoren aus. Direkte Angriffsmittel werden diesen Flugzeugen(mit
                              									Ausnahme der Selbstladewaffen der Führer) nicht gegeben.
                           Die zweite Gattung: die Aufklärungsflugzeuge, ist bestimmt als „Auge des
                                 										Heeres“ ständig Nachricht zu geben über den jeweiligen Stand der Front und
                              									des feindlichen Hinterlandes. Hier müssen also größere Flugleistungen über dem
                              									Feinde vollbracht werden. Der Motor muß daher so bemessen werden, daß er den
                              									Betriebsstoffvorrat für lange Flüge schleppen kann und außerdem die Kraft besitzt,
                              									um den Apparat schnell in die schützende Höhe von 3000 m zu bringen, während
                              									andererseits seine Eigengeschwindigkeit so groß sein muß, daß er sich auch den
                              									Angriffen feindlicher Flieger schnell entziehen kann. Wir sehen also, das
                              									Hauptschutz- und Verteidigungsmittel dieser Flugzeuge besteht in ihrer großen
                              									Geschwindigkeit, die bis zum gewissen Grade von der Motorenstärke abhängt. Jeder
                              									andere Schutz, Panzerung und dergleichen tritt gegen die große Geschwindigkeit an
                              									Wert weit zurück, so daß es jetzt das Bestreben der Technik ist, vornehmlich dieser Forderung der Praxis Rechnung zu tragen. Da die
                              									Ausrüstung der Flugzeuge für zwei Insassen mit sämtlichen Instrumenten,
                              									photographischen Apparaten usw. im Verein mit dem großen Betriebsmittelvorrat schon
                              									recht schwer wird, ist es nicht einfach, Geschwindigkeiten von mehr als 125 km/Std.
                              									und Steigfähigkeit von 2000 m in 15 bis 18 Minuten herauszuholen. Angriffswaffen
                              									erhalten auch diese Maschinen nicht.
                           Die Bombenwurf-Flugzeuge müssen ähnlichen Anforderungen genügen wie die
                              									letztbesprochenen Flugmaschinen. Da sie für Angriffe weit hinter der Front bestimmt
                              									sind, muß ihr Aktionsradius recht groß bemessen sein; um nun gleichzeitig genügend
                              									Bomben mitführen zu können, muß wohl oder übel mit einer Einbuße an Geschwindigkeit
                              									und Steigvermögen gerechnet werden. Die beladenen Flugzeuge müssen daher hinter der
                              									eigenen Front bereits die schußsichere Höhe erreicht haben, fliegen in dieser Höhe
                              									zum Ziel, erledigen dort ihre Aufgabe und kehren nun, erleichtert und mit einer
                              									gewissen Kraftreserve, auf dem schnellsten Wege zum Ausgangsort zurück. Als Ersatz
                              									für den entzogenen Hauptschutz – die große Geschwindigkeit – gibt man den Apparaten
                              									ein Maschinengewehr mit und panzert die wichtigsten Teile gegen Gewehrgeschosse.
                              									Außerdem läßt man sie (von Frankreich aus stets) geschwaderweise fliegen und gibt
                              									diesen Geschwadern ein Kampfflugzeug als Schutz mit. Die Ueberlegung ist folgende:
                              									Wird an einen Luftangriff ein großes Bombenwurfgeschwader angesetzt, so wird
                              									wenigstens ein großer Prozentsatz seine Aufgabe erfüllen können, auch wenn ein
                              									feindlicher Gegenangriff in der Luft erfolgen sollte. Dieser Gegenangriff wird in
                              									der Regel von ganz wenigen Flugzeugen ausgeführt werden, die entweder das
                              									begleitende Kampfflugzeug auf sich nimmt oder denen sich ein paar Apparate stellen;
                              									die übrigen fliegen weiter an ihren Bestimmungsort. Wird die Lage für die kämpfenden
                              									Flugzeuge kritisch, so müssen sie sich ihrer Bombenlast entledigen, um dadurch
                              									schneller und wendiger zu werden. Weil ihre Hauptbestimmung der Bombenwurf ist, so kann auf den
                              									zweckmäßigen Einbau des Maschinengewehrs nicht immer die genügende Rücksicht
                              									genommen werden. Sitzt der Motor hinten, so ist der gegebene Platz für das
                              									Maschinengewehr vor dem Führer drehbar, so daß voraus und seitlich gefeuert werden
                              									kann. Ist ein Beobachter vorhanden, bedient dieser das Gewehr, anderenfalls der
                              									Führer, indem er die mit einer gewissen Selbsthemmung versehenen Steuerorgane sich
                              									selbst überläßt. Sitzt Motor und Propeller vorn, so kann bei Mitnahme eines
                              									Beobachters das Maschinengewehr hinten drehbar angebracht werden, so daß es seitlich
                              									und achteraus (über die Steuer hinweg) feuern kann. Beim Angriff ist dies schwierig,
                              									weil der Führer stets unmittelbar vor dem Angriffsobjekt schwenken muß, um freie
                              									Schußbahn zu bekommen. Oder das Maschinengewehr wird vorn so hoch gesetzt, daß es
                              									über Motor und Propeller hinwegfeuert, wobei es zugleich auch nach achtern schießen
                              									kann. Diesem Vorteil steht der Nachteil gegenüber, daß der Begleiter während des
                              									Schießens aufrecht auf einer Plattform stehen muß – im Flugzeug kein angenehmer
                              									Platz! Am verbreitetsten ist bei vornliegendem Rotationsmotor die Anordnung des
                              									Maschinengewehrs direkt hinter dem Motor, so daß der Führer es selbst bedient. Damit
                              									nun der Propeller nicht vom eigenen Gewehr zerschossen wird, armiert man ihn in der
                              									Schußebene mit Ablenkblechen für die Geschosse oder man steuert die
                              									Schußgeschwindigkeit des Gewehrs so, daß ein Schuß nur erfolgt, wenn die
                              									Schraubenflügel außer Gefahr. Mit diesen Flugzeugen spielt sich die Abwehr derart
                              									ab, daß man auf den Gegner zufliegt und bei richtiger Entfernung feuert. Man
                              										„zielt“ also nicht mit dem Gewehr (das ja festsitzt), sondern man
                              										„zielt“ durch Ansteuern. Mit derartigen Flugzeugen sind eine große Reihe
                              									französischer Luftangriffe erfolgt. Teilweise haben die kleinen leichten Apparate
                              									eine bis zwei ganz schwere Bomben einfach unten im Fahrgestell geschleppt; sie
                              									mußten sich dieser Bomben entledigen, bevor sie zur Landung schritten, da sie sonst
                              									unfehlbar beim harten Aufsetzen die Bomben zur Explosion gebracht hätten.
                              									Tatsächlich sind einige angeschossene Flugzeuge bei der Notlandung auf diese Weise
                              									total zertrümmert.
                           Die Kampfflugzeuge wiederum scheinen sich nach den zwei Richtungen Flugzeugjäger und Groß-Kampfflugzeuge entwickeln zu wollen, von denen letztere
                              									über die ersten Versuche noch nicht hinausgediehen sind, so daß wir sie heute noch
                              									nicht besprechen wollen. Erstere haben dagegen schon bestimmte. Ausführungsformen
                              									angenommen. Für Flugzeugjäger kommen eigentlich sämtliche Einzelanforderungen, die
                              									vorhin für Angriffszwecke gestellt wurden, gesammelt und vereinigt in Betracht. Sie
                              									müssen schnell sein, denn sie sollen Luftgegner einholen und zum Kampf stellen; sie
                              									müssen schnell steigen, denn sie sollen feindlichen Flugzeugen die Höhe abgewinnen
                              									und ihnen die Art des Kampfes vorschreiben; sie müssen gut gepanzert sein, damit
                              									ihnen feindliche Geschosse nichts anhaben können; sie müssen gut bewaffnet sein,
                              									damit sie den Gegner schnell niederringen können. Dagegen braucht ihr
                              									Aktionsradiusnicht so groß zu sein, da sich ihre Tätigkeit mehr auf den
                              									Grenzschutz bezieht und infolgedessen keine allzu langen Flugleistungen verlangt
                              									werden. Die große Geschwindigkeit und das gute Steigvermögen darf nun nicht nur mit
                              									großer Motorenleistung erzielt werden, sondern verlangt eingehende Berücksichtigung
                              									bei der Konstruktion der Tragflächen und bei der Anordnung der Gewichte usw., weil
                              									dem Flugzeug unbedingt eine tunlichst große Wendigkeit verliehen werden muß. Wie
                              									schon erwähnt, spielen sich die Luftkämpfe sehr häufig in der Nähe der Front ab, so
                              									daß ein Flugzeug durch steiles Herabschießen leicht in den Schußbereich der
                              									Geschütze kommen kann. Um nun den Angriffen in jeder Weise leicht zu entgehen, ist
                              									außerordentliche Wendigkeit erste Bedingung. Die Panzerung der Flugzeuge erstreckt
                              									sich auf einen Schutz des Motors und seiner Hilfsorgane, der Betriebsstoffbehälter
                              									und der Leitungen sowie der Plätze der Insassen. Gemäß der Hauptwaffe des ärgsten
                              									Feindes, nämlich des Maschinengewehrs des Luftgegners, ist die Panzerung nur
                              									hiergegen ausreichend; schon mit Rücksicht auf die sich ergebenden Gewichte ist ja
                              									auch an einen Panzerschutz gegen Geschütze nicht zu denken. Als Angriffswaffen
                              									werden dem Flugzeug so viel Maschinengewehre mitgegeben, daß der Gegner in jeder
                              									Stellung mindestens mit einem Gewehr erreichbar ist. In der Regel wird dies bei zwei
                              									Gewehren der Fall sein; es soll jedoch schon Flugzeuge mit drei und mehr
                              									Maschinengewehren geben, die dann allerdings ganz achtunggebietende Gegner
                              									darstellen. Es ist auch des öfteren von leichten Maschinenkanonen berichtet worden,
                              									die kleine Granaten verfeuern; Genaues ist darüber nicht bekannt geworden. Den Wert
                              									kann man folgendermaßen abschätzen: eine Granate mit leichtem Aufschlagzünder, die
                              									beim Auftreffen auf einen Tragflügel schon zur Zündung kommt, wird zweifellos das
                              									Flugzeug zerreißen und vernichten, die Feuergeschwindigkeit derartiger Geschütze
                              									wird aber eine so geringe sein, daß bei der Beweglichkeit und Wendigkeit der
                              									Flugzeuge selbst aus der Luft kein Einschließen erfolgt, sondern nur mit
                              									Zufallstreffern zu rechnen ist. Das Maschinengewehr dagegen, besonders wenn mehrere
                              									auf ein Ziel zu richten sind, hat derart große Feuergeschwindigkeit, daß mit großer
                              									Wahrscheinlichkeit die Insassen oder wichtige Teile der Maschinenanlage verletzt
                              									werden, wodurch das Flugzeug außer Gefecht kommt.
                           Wie aus diesen Angaben ersichtlich, verlangt das Kampfflugzeug wegen seiner schweren
                              									Ausrüstung starke Motorleistungen, die von selbst zu einer Unterteilung der
                              									Maschinenanlage in zwei Motoren führen. Der gegebene Platz sind zwei Motoren
                              									beiderseits in den Tragflächen, wodurch der Mittelrumpf für die Bewaffnung frei
                              									wird. Es wiederholt sich jetzt im Flugzeugbau die vor Jahren im Schiffbau
                              									auftretende Frage: Ausbau lediglich nach Armierung oder nach Geschwindigkeit? Aber
                              									schon heute scheint sich zu zeigen, daß schnelle
                              									Kampfflugzeuge mit nicht übertriebener, aber hinreichender
                                 										Bewaffnung die meisten Aussichten auf sich vereinigen.