| Titel: | Fernthermometer. | 
| Autor: | Karl Scheel | 
| Fundstelle: | Band 332, Jahrgang 1917, S. 1 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Fernthermometer.
                        Von Geh. Regierungsrat Professor Dr. Karl Scheel, Berlin-Dahlem.
                        SCHEEL: Fernthermometer.
                        
                     
                        
                           Fernthermometer werden seit langer Zeit für die Zwecke der Feuermeldung benutzt.
                              									In der Regel handelt es sich dabei um eine sehr einfache Form von Meßinstrumenten,
                              									welche man auch wohl Alarmthermometer nennt, und deren Aufgabe darin besteht, die
                              									Ueberschreitung einer Höchsttemperatur der Ueberwachungsstelle bekannt zu geben.
                           Wesentlich höhere Anforderungen stellt der Heizungsingenieur an das Fernthermometer.
                              									Er verlangt nicht nur die Fernmeldung einer höchsten und einer niedrigsten
                              									Temperatur, sondern er wünscht meist auch noch eine Kenntnis vom Steigen oder Fallen
                              
                              									der Temperatur am fernen Ort zu erlangen, um danach die Zentralheizung für die
                              									verschiedenen von ihm versorgten Teile eines Gebäudes einstellen zu können.
                           Aehnliche Wünsche hat der Maschineningenieur, wenn er den Wärmezustand der
                              									empfindlichen Teile seiner Maschinen überwachen soll; namentlich die auf einen engen
                              									Raum zusammengedrängten Maschinen eines Schiffes bedürfen besonders sorgfältiger
                              									Wartung.
                           In neuerer Zeit gewinnen auch technische Betriebe in immer steigendem Maße Interesse
                              									an der Fernmeldung von Temperaturen; die hier zutage tretenden Bedürfnisse
                              									beschränken sich nicht mehr auf enge Bereiche, sondern erstrecken sich auf alle der
                              									Messung überhaupt zugänglichen tiefen, mittleren und hohen Temperaturen.
                           
                        
                           Alarmthermometer.
                           Wir betrachten zunächst kurz die Alarmthermometer, deren wirksamer Teil ein
                              									Quecksilber- oder ein Metallthermometer ist. In ein gewöhnliches
                              									Quecksilberthermometer ist unten in die Kugel und bei einem bestimmten Gradstrich je
                              									ein Platindraht eingeschmolzen. Werden beide Drähte mit Zwischenschaltung einer
                              									galvanischen Batterie und eines Läutewerkes miteinander verbunden, so wird der durch
                              									Temperaturanstieg sich verlängernde Quecksilberfaden den Stromkreis schließen und
                              									das Läutewerk in Tätigkeit versetzen.
                           Es sind zahlreiche Versuche unternommen, die Alarmtemperatur am selben
                              									Thermometer veränderlich zu machen. Die bekanntesten Mittel zur Erreichung dieses
                              									Zieles sind einerseits die Veränderung der Quecksilbermenge im Thermometer, wie sie
                              									dem Chemiker vom Gebrauch der sogenannten Beckmann-Thermometer geläufig ist; andererseits hat man statt des festen
                              									eingeschmolzenen oberen Kontaktes einen Kontakt durch ein Eisenstäbchen vorgesehen,
                              									das an einer schwachen Spiralfeder hängend durch einen von außen wirkenden Magneten
                              									mit mäßiger Reibung in der Thermometerkapillare verschoben werden kann. Endlich hat
                              									man auch das Ziel der Fernmeldung mehrerer Temperaturen dadurch zu erreichen
                              									gesucht, daß man statt eines in die Kapillare
                              									eingeschmolzenen Metalldrahtes deren mehrere anordnet, die gleich weit, etwa um je
                              									einen Temperaturgrad voneinander entfernt sind. Da jeder neu hinzugefügte Kontakt
                              									eine weitere Leitung zum Beobachtungsort bedingt, wird ein solches
                              									Mehrfach-Alarmthermometer ein recht ungeschicktes Instrument.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 1
                              Abb. 1.
                              
                           Aus der großen Zahl der Metallthermometer möge hier nur die sehr verbreitete
                              									Feuermelderkonstruktion der Firma Oscar Schöppe in
                              									Leipzig genannt werden. Der wirksame schwach gekrümmte Metallstreifen b (Abb. 1) ist mittels
                              									zweier Schrauben s an einem gußeisernen Träger
                              									befestigt. Bei Temperaturerhöhung biegt sich der Streifen durch und legt sich bei
                              									Erreichung einer Höchsttemperatur gegen eine Kontaktschraube e, welche die Einstellung einer höheren oder niedrigeren Alarmtemperatur erlaubt. Die
                              									Vorrichtung kann, wie die Abbildung zeigt, für Arbeitsstrom oder auch für Ruhestrom
                              									ausgebildet werden. Im letzteren Falle sitzt die Kontaktschraube auf der konkaven
                              									Seite des Metallstreifens b, diesen für gewöhnlich
                              									berührend; bei Erreichung einer Höchsttemperatur wird durch Abheben des Streifens
                              									von der Schraube der Kontakt unterbrochen.
                           
                        
                           Thermometer mit mechanischer
                                 										Uebertragung.
                           Im Gegensatz zu den Alarmthermometern zeigen die übrigen Fernthermometer nicht
                              									einzelne Temperaturen sprungweise, sondern alle Temperaturen in einem größeren oder
                              									kleineren Bereich kontinuierlich an. Die ältesten und auch heute wohl noch am
                              									meisten verbreiteten Instrumente dieser Art benutzen eine mechanische Uebertragung.
                              									Letzten Endes ist in diesem Sinne jedes Quecksilberthermometer, dessen Teilung nicht
                              									unmittelbar an die Kugel anschließt, als ein Fernthermometer anzusprechen. Man hat
                              									in der Tat gläserne Quecksilberthermometer von 3 bis 4 m Länge, deren Kugel nur
                              									wenige Zentimeter lang und deren Skala nicht länger als ½ m ist. Zwischen Kugel und
                              									Teilung ist ein Halsstück mit engem Kaliber zwischengeschmolzen, durch das hindurch
                              									das Quecksilber aus der Kugel in die Teilungskapillare hinübergeschoben wird. Solche
                              									Thermometer sind zum festen Einbau in hoch oder tief temperierte Räume (Schornsteine
                              									oder Kühlhäuser oder dergleichen) bestimmt. Das lange Halsstück befindet sich in der
                              									Wand; das enge Kaliber dieses Stückes ist erforderlich, um die von der wechselnden
                              									Temperatur der Wand herrührende Unsicherheit, die eine ähnliche Rolle spielt wie die
                              									Unsicherheit in der Kenntnis der Temperatur des herausragenden Fadens eines
                              									Quecksilberthermometers, nach Möglichkeit herabzumindern.
                           Die schwierige Herstellung solcher gläserner Ungeheuer und ihre leichte
                              									Verletzbarkeit hat zur Konstruktion metallischer Quecksilberthermometer geführt. Als
                              									Fernthermometer sind sie ganz wie die eben beschriebenen gläsernen Thermometer
                              									eingerichtet. Die Uebertragung der Ausdehnung des Quecksilbers im Gefäß geschieht
                              									durch ein nach Bedarf mehrere Meter langes biegsames enges Stahlrohr, die Ablesung
                              									an einem geteilten Glasrohr, das an das Ende der Stahlkapillare angekittet ist.
                           Gebräuchlicher ist es, nicht die durch die Temperaturerhöhung hervorgerufene
                              									Ausdehnung des Quecksilbers selbst zu beobachten, sondern den bei der Ausdehnung
                              									entstehenden inneren Druck des Thermometers auf ein mit dem Ende der Stahlkapillare
                              									verbundenes Manometer wirken zu lassen, das man zu diesem Zweck in Temperaturgrade
                              									einteilt. Solche Vorrichtungen mit den verschiedensten Manometerkonstruktionen
                              									werden von den Firmen Schäffer & Budenberg in
                              									Magdeburg-Buckau, Steinle & Hartung in Quedlinburg
                              									und anderen in den Handel gebracht.
                           Bei Anwendung langer Leitungen werden die Angaben der Metall-Quecksilberthermometer
                              									gleich denen der gläsernen Thermometer mit langem Halsstück von der Temperatur
                              									der Uebertragungskapillare abhängig. Handelt es sich um eine dauernde Veränderung,
                              									die etwa dadurch hervorgerufen ist, daß die Benutzung der Thermometer in anders
                              									temperierten Räumen als bei der Justierung erfolgt, so kann man eine Neujustierung
                              									wohl durch eine Veränderung des Uebertragungsvolumens vornehmen. Zu diesem Zweck ist
                              									an Thermometern mit mehr als 3 m langer Kapillare von der Firma Steinle & Hartung eine Druckstelldose vorgesehen.
                           Für den Fall, daß die Uebertragungskapillare ständig wechselnden Temperaturen
                              									ausgesetzt ist – zum Beispiel bei Verlegung in der Nähe von Dampfmaschinen –
                              									verwendet die Firma Schäffer & Budenberg ein
                              									Kompensationsrohr, das unmittelbar neben dem Uebertragungsrohr in seiner ganzen
                              									Länge verlegt wird. Das Kompensationsrohr taucht nicht in die zu messende Temperatur
                              									ein, ist aber gleich dem Uebertragungsrohr mit Quecksilber gefüllt und mit einer im
                              									Thermometergehäuse angebrachten zweiten Feder verbunden. Beide Federn sind so
                              									angeordnet, daß die durch Temperaturschwankungen in der Leitungsstrecke entstehenden
                              									Bewegungen der einen Feder durch die Bewegungen der anderen aufgehoben werden. Es
                              									bleibt also eine Beeinflussung des Zeigers nur durch die im Thermometergefäß
                              									eingeschlossene Quecksilbermenge übrig. Das Kompensationsrohr spielt, wie man sieht,
                              									im vorliegenden Falle eine ähnliche Rolle wie bei den Temperaturmessungen des
                              									Chemikers das Fadenthermometer, das die Fehlerquelle des herausragenden Fadens
                              									vermeidet.
                           
                        
                           Spannungsthermometer.
                           Gänzlich unabhängig von der Temperatur der Verbindungskapillare wird man bei einer
                              									anderen Art der mechanisch übertragenden Fernthermometer, deren Wirksamkeit nicht
                              									auf der Ausdehnung einer Flüssigkeit, sondern auf dem Druck ihres gesättigten
                              									Dampfes beruht. Das vielfach als Tauchkörper bezeichnete Gefäß eines solchen
                              									Thermometers ist je nach der zu messenden Temperatur mit einer leichter oder
                              									schwerer siedenden Flüssigkeit teilweise gefüllt. Die Flüssigkeit steht unter ihrem
                              									eigenen Sättigungsdruck, der mit steigender Temperatur des Tauchkörpers beschleunigt
                              									anwächst und durch ein längeres oder kürzeres Verbindungsrohr auf ein
                              									Manometerzeigerwerk übertragen wird. Die Uebertragung wird dadurch möglich, daß ein
                              									Teil der Flüssigkeit des Tauchkörpers in die niedriger temperierte Leitung
                              									hinüberdestilliert und diese und auch die Manometerfeder anfüllt; ein Zurückfließen
                              									des Kondensats wird durch eine zwischengefügte Kapillare verhindert. Wir haben es
                              									hier mit einer rein hydrostatischen Uebertragung des Druckes vom Tauchkörper auf das
                              									Zeigerwerk zu tun, die von der Art und von der Temperatur der
                              									Uebertragungsflüssigkeit vollkommen unabhängig ist. Die einzige Fehlerquelle der
                              									Messung tritt dann auf, wenn Tauchkörper und Manometerfeder sich gegeneinander in
                              									anderer Höhenlage als bei der Justierung der Apparatur befinden, doch kann man diese
                              									Fehlerquelle durch Anbringung einer Korrektion beseitigen, die man auf
                              									experimentellem Wege oder unter Berücksichtigung der hydrostatischen Gesetze
                              									rechnerisch leicht ermitteln kann.
                           Steinle & Hartung machen über die Natur ihrer
                              									wirksamen Flüssigkeit im Tauchkörper keine näheren Angaben, Schäffer & Budenberg, welche die Spannungsthermometer auch
                              									Thalpotasimeter nennen, verwenden für Temperaturen von + 35° bis + 180° C Aether,
                              									oberhalb 360° bis 750° C Quecksilber als Füllflüssigkeit.
                           
                        
                           Thermometer mit elektrischer
                                 										Uebertragung.
                           Der Wirkungsbereich aller mechanisch übertragenden Fernthermometer ist naturgemäß ein
                              									beschränkter. Entfernungen von 50 m werden selten erreicht, Entfernungen von 100 m
                              									nur unter besonders günstigen Umständen überschritten. Bei noch größeren
                              									Entfernungen ist man einzig und allein auf die einer räumlichen Beschränkung kaum
                              									unterworfene elektrische Uebertragung angewiesen.
                           Die elektrische Uebertragung haben wir beim Alarmthermometer bereits kennen gelernt.
                              									Aber das Alarmthermometer besitzt den Nachteil, nur eine, höchstens einige wenige
                              									Temperaturen in springender Folge zu melden, während in den meisten Fällen eine
                              									kontinuierliche Anzeige des Temperaturganges erwünscht ist.
                           Die Bedeutung dieses Problems geht über die Temperaturfernmessung hinaus; denn die
                              									Fernmeldung der Angabe von Zeigermeßinstrumenten ganz allgemein wird vielfach
                              									begehrt und ist zu den verschiedensten Zeiten auf mannigfaltigste Weise versucht
                              									worden. Starken Anreiz, sich mit der Sache zu befassen, bot immer aufs neue die
                              									Notwendigkeit der Uebermittlung der Kompaßangaben auf mehrere Teile eines Schiffes
                              									und auch heute dürfte die Aufgabe noch nicht restlos gelöst sein.
                           
                        
                           Fernmeßinduktor.
                           Die große Zahl der Bearbeitungen des Problems kann hier nicht besprochen werden. Wir
                              									wollen uns vielmehr auf die Darstellung der vielleicht originellsten und wohl auch
                              									erfolgreichsten Konstruktion beschränken, die auf dem Prinzip der Induktion beruht
                              									und von dem Rostocker Professor Moennich ersonnen
                              									ist.
                           Schickt man durch eine von zwei ineinander drehbaren Spulen einen intermittierenden
                              									elektrischen Strom, so entstehen in der zweiten Spule Induktionsströme, deren Stärke
                              									von der Größe des von beiden Spulen eingeschlossenen Winkels abhängt. Die
                              									Induktionsströme sind am stärksten, wenn beide Spulen einander parallel stehen, sie
                              									nehmen mit zunehmendem Neigungswinkel ab und verschwinden, sobald die Ebenen der
                              									beiden Spulen einen rechten Winkel einschließen.
                           Denkt man sich nun, etwa bei der zentralen Beheizung eines Gebäudes in irgend einem
                              									Raum und in der Kontrollstation je einen solchen Induktor aufgestellt und die
                              									äußeren wie die inneren Spulen durch Fernleitungen L
                              									und l (Abb. 2)
                              									miteinander verbunden, so wird ein durch eine Leitung – etwa die die äußeren Spulen
                              									verbindende – gesandter intermittierender Strom in der Leitung der inneren
                              									Spulen Induktionsströme erzeugen, deren Stärke, wie oben gezeigt, von dem
                              									Neigungswinkel der Rollen abhängt. Wird nun die die inneren Spulen verbindende
                              									Leitung derart geschaltet, daß die Spulen auf beiden Stationen in entgegengesetzter
                              									Richtung durchflössen werden, so wird die Leitung dann stromlos erscheinen, wenn
                              									beide entgegengesetzt gerichteten Induktionsströme gleich sind. Das ist aber nur der
                              									Fall, wenn die Spulen in beiden Spulenpaaren gleiche Winkel einschließen.
                           Für die Fernübertragung einer Zeigerstellung wird in der Aufgabestation die
                              									Zeigerdrehung – etwa diejenige eines Metallthermometers – durch Hebel auf die innere
                              									Induktionsrolle übertragen; an der Beobachtungsstation wird durch Drehen an einem
                              									Handgriffknopf die innere Spule in eine solche Lage zur äußeren gebracht, daß durch
                              									die Leitung der inneren Spulen kein Strom mehr fließt. Alsdann haben beide inneren
                              									Spulen die gleiche relative Lage zu den äußeren und ein mit der inneren Spule der
                              									Empfangsstation verbundener Zeiger muß bei symmetrischer Anordnung der Skalen
                              									dieselbe Einstellung liefern, wie der Zeiger in der Aufgabestation. Die
                              									Stromlosigkeit der Leitung erkennt man am besten am Verstummen eines in die Leitung
                              									eingeschalteten Telephons T.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 3
                              Abb. 2.
                              
                           Die Anordnung eines einzelnen Aufgabeinstruments erfordert die Anlage von vier
                              									isolierten Leitungen. Bei gleichzeitiger Verwendung einer größeren Zahl von
                              									Fernthermometern verringert sich diese Zahl verhältnismäßig. Bei n Instrumenten, welche alle von derselben Stelle aus
                              									beobachtet werden, sind nur n + 3 Leitungen nötig, weil
                              									man die drehbaren Spulen sämtlich in eine Leitung hintereinanderschalten kann und
                              									nur den intermittierenden Hauptstrom der einzelnen Spulen mittels Umschalter
                              									getrennt zufließen zu lassen braucht.
                           Die Moennichschen Fernthermometer sind von der Firma G. A.
                              										Schultze in Berlin gebaut und vielfach, zum Teil in
                              									großen Anlagen, in Betrieb gesetzt worden. Auch in anderen Fällen zum Beispiel als
                              									Fernmanometer, Fernbarometer, Fernhygrometer, Fernwasserstandsanzeiger, ja auch zur
                              									Konstruktion eines Entfernungsmessers ist der Moennichsche Fernmeßinduktor mit Erfolg angewendet worden. Ein näheres
                              									Eingehen auf diese Möglichkeiten liegt aber außerhalb des Rahmens dieses
                              									Aufsatzes.
                           
                        
                           Elektrische Thermometrie.
                           In neuester Zeit hat die elektrische Thermometrie ganz bedeutende Fortschritte
                              									gemacht. Dabei versteht man unter elektrischer Thermometrie nicht nur die elektrische Uebertragung
                              									wie beim Alarmthermometer und beim Moennichschen
                              									Fernmeßinduktor, sondern eine Temperaturmessung, die wie im Quecksilberthermometer
                              									die Ausdehnung des Quecksilbers, so hier die Aenderungen elektrischer Eigenschaften
                              									unter dem Einfluß der Wärme benutzt.
                           Man unterscheidet zwei Arten elektrischer Thermometer, das Thermoelement und das
                              									Widerstandsthermometer. Beide sind zwar nicht wie die Quecksilberthermometer
                              									selbstanzeigende Vorrichtungen, sie werden aber zu sehr bequemen Thermometern, wenn
                              									man die Meßinstrumente, mit denen sie durch Drähte verbunden sind, nicht nach
                              									elektrischen Einheiten, sondern nach Temperaturen einteilt. Thermoelement und
                              									Widerstand sind dann aber auch die vollkommensten Fernthermometer. Denn ob man die
                              									Verbindungsdrähte ein Meter oder ein Kilometer lang oder noch länger wählt, ist
                              									grundsätzlich ganz gleichgültig.
                           
                        
                           Thermoelemente.
                           Von den beiden Arten elektrischer Thermometer sind die Thermoelemente am leichtesten
                              									verständlich. Werden zwei Drähte von verschiedenem Material mit ihren beiden Enden
                              									aneinandergelötet, so daß sie von einem Metall zum anderen und wieder zum ersten
                              									zurück eine geschlossene Schleife bilden, so wird durch die Schleife ein
                              									elektrischer Strom fließen, sobald und solange sich die beiden Lötstellen auf
                              									verschiedener Temperatur befinden. Der Strom verdankt sein Entstehen einer durch die
                              									Temperaturdifferenz der Lötstellen in der Schleife hervorgerufenen
                              									elektromotorischen Kraft (Thermokraft), die bei den zu Messungen benutzten
                              									Drahtkombinationen mit wachsender Temperaturdifferenz, und zwar in kleineren
                              									Intervallen dieser proportional, ansteigt. Man mißt die Thermokraft an einem
                              									irgendwo in den Stromkreis eingeschalteten Spannungsmesser, den man der
                              									Bequemlichkeit halber, zur Vermeidung jeder Umrechnung, wie bereits oben gesagt,
                              									nicht nach Millivolt, sondern nach Temperaturen teilt.
                           In der technischen Ausführung einer Thermoelement-Meßeinrichtung arbeitet man (Abb. 3; eine Schaltungsskizze von Hartmann & Braun A.-G. in Frankfurt a. M.) mit nur
                              									einer Lötstelle L; die anderen Enden der beiden
                              									wirksamen Drähte D1 und
                              										D2 sind über die
                              									Fernleitung zu den beiden Klemmen des Spannungsmessers geführt, der nun die
                              									Temperaturdifferenz zwischen L und den Klemmen angibt.
                              									In den meisten Fällen wird es genügen die Temperatur an den Klemmen als
                              									unveränderlich und gleich der Zimmertemperatur, etwa 20°, anzunehmen und
                              									entsprechend die Teilung des Zeigerinstrumentes nach Temperaturen der Lötstelle L auszuführen.
                           Das zur Herstellung der Thermoelemente verwendete Drahtmaterial ist sehr
                              									mannigfaltig; bei der Auswahl ist neben der Empfindlichkeit der Kombination die
                              									Wärmebeständigkeit des Materials maßgebend. In niederen Temperaturen verwendet man
                              									vielfach Eisen oder Kupfer oder Silber, mit einer Konstanten genannten
                              									Kupfernickellegierung, in hohen Temperaturen (bis 1600°) Platin mit einer Legierung
                              									von Platin mit 10 v. H. Rhodium. Wo irgend möglich nimmt man, um die Kosten für die
                              									teuren Platinmetalle zu sparen, die schnelle Abnutzung der unedlen Metalle und
                              									Metallegierungen in den Kauf, die man wohl durch kräftigen Bau (dicke Drähte) der
                              									Elemente zu verlangsamen sucht. Auch wird vielfach ein dicker Draht in Verbindung
                              									mit einem übergeschobenen Eisenrohr, mit dem er am einen Ende verschweißt ist, als
                              									Thermoelement benutzt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 4
                              Abb. 3.
                              
                           Zur Erhöhung der Haltbarkeit werden die Thermoelemente meist in Schutzrohre (H in Abb. 3)
                              									eingeschlossen. Unbedingt erforderlich ist eine solche Verkleidung für
                              									Platin-Platinrhodium-Elemente, weil diese Metalle durch heiße Gase zerstört werden.
                              									Als Material für die Schutzrohre dienen Stahl, Nickel, Quarzglas, Porzellan und
                              									Marquardtsche Masse; über diese zieht man zum weiteren Schutz häufig noch Rohre aus
                              									Schamotte, Silit, Graphit und dergleichen.
                           
                        
                           Widerstandsthermometer.
                           Der wirksame Teil eines Widerstandsthermometers ist ein dünner Draht von 10 bis 100
                              									Ohm Widerstand, der auf isolierender Unterlage aufgewickelt ist und dessen Enden zu
                              									der nahe oder entfernt aufgestellten Meßvorrichtung führen. Besteht der Draht aus
                              									einem reinen Metall – meist verwendet man jetzt Platindraht -, so wächst der
                              									Widerstand des Drahtes für jeden Grad Temperaturerhöhung um ungefähr 4 v. T. seines
                              									Wertes bei 0°. Durch die Erwärmung von 0 auf 250° würde also der Widerstand des
                              									Drahtes verdoppelt werden.
                           Die Firma W. C. Heraeus in Hanau stellt
                              									Widerstandsthermometer in folgender Weise her. Ueber ein etwa 6 cm langes und 4 mm
                              									dickes Stäbchen aus Quarzglas wird ein Draht aus reinem Platin in Spiralwindungen
                              										aufgewickelt.
                              									Dann wird das Stäbchen in ein dünnwandiges Quarzglasröhrchen eingeschoben (Abb. 4a) und darauf dieses auf das Stäbchen
                              									aufgeschmolzen (Abb. 4b), so daß der Widerstandsdraht
                              									in Quarzglas eingebettet nahe der Oberfläche zu liegen kommt.
                           Durch diese Anordnung wird einerseits erreicht, daß der Widerstandsdraht vollkommen
                              									gegen jede schädliche Einwirkung von Gasen und Dämpfen sowie gegen Dehnung und
                              									Zerrung geschützt ist; ferner wird das Thermometer sehr empfindlich, d.h. es nimmt
                              									die Temperatur der Umgebung sehr schnell an; endlich verträgt das Thermometer dank
                              									der bekannten Eigenschaften des Quarzglases schroffe Temperaturwechsel; man kann es
                              									ohne Schaden aus Zimmertemperatur schnell in hochtemperierte Bäder überführen. Die
                              									Benutzungsgrenze des Quarzglas-Widerstandsthermometers wird zu 900° angegeben.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 5
                              Abb. 4.
                              
                           Die Verknüpfung des Widerstandes mit dem Zeigerinstrument geschieht bei den
                              									technischen Messungen in der Regel durch die Schaltung der sogenannten Wheatstoneschen Brücke (Abb.
                                 										5). Vier Drähte von den Widerständen abcd sind in der angedeuteten Weise verbunden. Von den Verbindungsstellen
                              										a mit c und b mit d führen Drähte zu
                              									einer konstanten Stromquelle E (Akkumulator). Die
                              									Verbindungsstellen a mit b
                              									und c mit d sind unter
                              									sich leitend verknüpft und es wird in diese Zwischenleitung, die im allgemeinen als
                              										„Brücke“ des Systems bezeichnet wird, das Galvanometer-Zeigerinstrument
                              										G eingeschaltet. Verhalten sich die Widerstände a : b = c : d, so fließt durch die Brücke kein Strom, das
                              									Meßinstrument gibt also keinen Ausschlag. Wird aber einer der Widerstände verändert,
                              									so schlägt das Instrument aus, und zwar um so mehr, je größer die
                              									Widerstandsänderung ist.
                           Im vorliegenden Falle wird der eine Widerstand, etwa b,
                              									durch das Thermometer gebildet, dessen Widerstand bei 0° etwa 25 oder 50 oder 100
                              									Ohm beträgt; auf denselben Widerstand sind auch die übrigen Zweige der Wheatstoneschen Brücke einzeln abgeglichen. Bei 0° zeigt
                              									dann das Zeigerinstrument keinen Strom an; sobald aber das Thermometer erwärmt wird,
                              									schlägt der Zeiger aus und man kann bei richtiger Eichung der Vorrichtung an der
                              									Stellung des Zeigers unmittelbar die Temperatur des Thermometers ablesen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 5
                              Abb. 5.
                              
                           Die Weite der Temperaturteilung des Galvanometers ist voti der Spannung des
                              									Akkumulators E abhängig. Um zu einfachen Verhältnissen
                              									zu gelangen, muß man daher die Spannung des Akkumulators der gewählten Teilung des
                              									Galvanometers anpassen, d.h. man muß die wechselnde Spannung eines
                              									Akkumulators, auf die bei der Eichung der Vorrichtung verwendete Spannung
                              									herabdrücken. Zu diesem Zweck ist in den Akkumulatorenzweig ein Regulierwiderstand
                              									und neben dem Thermometerwiderstand b, mit diesem
                              									auswechselbar, ein Prüfwiderstand vorgesehen, der genau denselben Widerstand hat wie
                              									das Thermometer bei einer bestimmten, auf dem Galvanometer durch einen roten Strich
                              
                              									markierten Temperatur. Man kontrolliert dann den Apparat, indem man statt des
                              									Thermometers den Prüfwiderstand einschaltet und sieht, ob der Zeiger des
                              									Galvanometers auf den roten Strich einsteht. Tut er das nicht, so stellt man ihn
                              									durch Verschieben am Regulierwiderstand ein und ist nun sicher, daß das Galvanometer
                              									die Temperatur des wieder eingeschalteten Thermometers richtig anzeigt.
                           Die Meßanordnung kann auch für zwei (und mehrere) verschiedene Meßbereiche
                              
                              									eingerichtet werden. Zu diesem Zweck hat man neben einem anderen Brückenzweig, etwa
                              									neben a, mit diesem auswechselbar, anderswertige
                              									Widerstände vorzusehen. Eine Aenderung des Widerstandes a ändert die Empfindlichkeit des Galvanometers, dem man durch Anbringung
                              									einer zweiten (bzw. mehrerer) Skalen Rechnung tragen kann.
                           Endlich können auf dasselbe Meßinstrument natürlich beliebig viele
                              									Widerstandsthermometer – das Gleiche gilt übrigens auch von Meßanordnungen für
                              									Thermoelemente – geschaltet werden, die man durch Stöpselung, Herunterdrücken von
                              									Tasten oder dergleichen nacheinander abliest.Widerstandsthermometer mit Meßanordnungen liefern unter anderen die
                                    											Firmen: Gans & Goldschmidt in Berlie; Hartmann & Braun A.-G. in Frankfurt a. M.; W.
                                    											C. Heraeus in Hanau; Dr. A. Koepsel, Mechanische Werkstatt, G. m. b. H. in Berlin-Friedenau;
                                    												Siemens & Halske A.-G., Wernerwerk,
                                    											Berlin-Siemensstadt. Beispielsweise baute die Firma Dr. A. Koepsel eine Station zum Anschluß von 60 Thermometern,
                              									eine Zahl, die sich im Bedarfsfalle wohl noch weiter erhöhen ließe.
                           Eine Fehlerquelle kann beim Gebrauch des Widerstandsthermometers insofern eintreten,
                              									als der Widerstand der Fernleitung sich zu demjenigen des Thermometers addiert und
                              									somit dieselbe Rolle spielt, wie der herausragende Faden des
                              									Quecksilberthermometers. Man vermeidet die Fehlerquelle durch Verwendung eines
                              									genügend großen Querschnittes in der Fernleitung; je länger die Fernleitung ist,
                              									desto größer muß auch ihr Querschnitt sein. Es gibt auch Methoden der
                              									Widerstandsmessung, die von dieser Fehlerquelle frei sind und darum mit
                              									Fernleitungen engen Querschnitts auskommen. Sie scheinen aber in der Technik weniger
                              									Verwendung gefunden zu haben, weil die Messungen schwieriger sind als die vorstehend
                              									beschriebenen, und auch eine Vermehrung der Fernleitungen erfordern.
                           
                        
                           Selbstaufzeichnende
                                 									Instrumente.
                           An Stelle der einfachen Zeigerinstrumente werden jetzt vielfach sowohl für
                              									Thermoelemente als auch für Widerstandsthermometer Registriervorrichtungen verwendet, die von allen sich
                              									mit der Herstellung elektrischer Fernthermometer beschäftigenden Firmen gebaut
                              									werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 6
                              Abb. 6.
                              
                           Die Registrierung kann entweder auf einer Trommel oder auf
                              									einem ablaufenden Papierstreifen erfolgen; sie geschieht in der Weise, daß der sonst
                              									frei schwingende Zeiger in regelmäßigen Zwischenräumen, etwa alle 30 Sekunden,
                              									von einem Fallbügel niedergedrückt wird und ein am Zeiger befestigter Stift
                              									unmittelbar oder durch Vermittlung eines Farbbandes auf dem Papierstreifen einen
                              									Punkt hervorbringt. Die Punkte reihen sich zu einer Linie aneinander, die auf dem
                              									mit Gradteilung versehenen Streifen den Verlauf der Temperatur erkennen läßt.
                           Die Firma Hartmann & Braun ist auf diesem Wege durch
                              									Konstruktion eines Vielfachfarbenschreibers (Abb. 6)
                              									noch einen Schritt weiter gegangen. Es handelt sich dabei um ein
                              									Registrierinstrument, das mittels nur eines Galvanometersystems die gleichzeitige
                              									Aufzeichnung von mehreren (bis zu sechs) Temperaturkurven gestattet. Die
                              									Punktmarkierung geschieht für die verschiedenen Meßzweige, deren Umschaltung
                              									selbsttätig erfolgt, in regelmäßigen Pausen nacheinander, um nach Ablauf einer
                              									Periode wieder mit dem ersten Meßzweig zu beginnen. Die Länge einer Periode, während
                              
                              									welcher also die Temperatur jeder Meßstelle einmal registriert wird, beträgt 1½ bis
                              									3 Minuten. Zu jedem Meßzweig gehört ein anderes Farbband, das mit der Umschaltung
                              									der Meßzweige ebenfalls selbsttätig ausgewechselt wird. Auf diese Weise werden die
                              									verschiedenen Punktreihen deutlich voneinander unterschieden.