| Titel: | Elektrische Temperaturkontrolle in Dampfkesselbetrieben. | 
| Autor: | G. Quaink | 
| Fundstelle: | Band 332, Jahrgang 1917, S. 70 | 
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                        Elektrische Temperaturkontrolle in
                           								Dampfkesselbetrieben.
                        Von G. Quaink,
                           								Charlottenburg.
                        QUAINK: Elektrische Temperaturkontrolle in
                           								Dampfkesselbetrieben.
                        
                     
                        
                           Leistungen, wie sie Dampfkessel und Dampfmaschinen bei Abnahmeversuchen
                              									aufweisen, sind im Dauerbetriebe nur zu erreichen, wenn dafür gesorgt wird, daß
                              									Kessel und Maschine unter den gleichen günstigen Bedingungen arbeiten. Diese lassen
                              									sich aber nur bei einer regelmäßigen Kontrolle aller dafür in Betracht kommenden
                              									Größen einhalten. Brennstoffwägungen, Speisewassermesser, Rauchgasprüfer und vor
                              									allen Dingen auch Temperaturmeßgeräte sind hierfür ebenso wichtig wie
                              									Wasserstandsgläser und Dampfdruckmesser.
                           Besonders nachdrücklich ist durch den Krieg darauf aufmerksam gemacht worden, daß
                              									eine regelmäßige Ueberwachung im Dampfkesselbetriebe notwendig ist. Kohlenknappheit
                              									infolge verminderter Förderung und erhöhte Kohlenpreise zwingen dazu, die in dem
                              									Brennstoff enthaltene Energie möglichst auszunutzen. Das ist aber nur möglich, wenn
                              									man dem Heizer ein Meßinstrument in die Hand gibt, mit dem er in jedem Augenblick
                              									feststellen kann, ob die in der Feuerung erzeugte Wärme durch Dampferzeugung nutzbar
                              
                              									gemacht wird oder ungenutzt durch den Schornstein entweicht. Dringend notwendig wird
                              									ein solches Instrument dann, wenn erfahrene und eingearbeitete Heizer eingezogen und
                              									durch ungeübte Leute ersetzt sind.
                           Einen zuverlässigen Anhalt, ob die in der Feuerung erzeugte Wärme möglichst
                              									vollkommen von dem Dampfkessel aufgenommen wird, gibt eine Beobachtung der
                              									Temperatur von abziehenden Feuerungsgasen an der Stelle, wo sie den Kessel
                              									verlassen, also im Fuchs. Würde zwischen dem Kessel und den Heizgasen ein
                              									vollkommener Wärmeaustausch stattfinden können, so müßte die Temperatur der Abgase
                              									gleich der Dampftemperatur sein. Da jedoch der Wärmeaustausch nur unvollkommen ist,
                              
                              									so ist sie stets höher und das um so mehr, je unvollkommener die Wärme durch den
                              									Kessel aufgenommen wird. Erfahrungsgemäß wird die Wärme der Feuerung am besten
                              									ausgenutzt, wenn die Temperatur der Abgase 50° C über der Dampftemperatur
                              									liegt. Ausnahmen sollten nur vorkommen, wenn die festgestellte Abgastemperatur nicht
                              									ausreicht, günstige Zugverhältnisse im Schornstein herbeizuführen. Da sich bei einer
                              									gegebenen Anlage bald bestimmen läßt, in welchem Verhältnisse die Abgastemperatur
                              									zur Dampftemperatur stehen muß, so reicht eine Messung der Abgastemperatur aus, um
                              									dem Heizer zu zeigen, ob seine Regelung der Feuerung wirtschaftlich vorteilhaft ist.
                              									Ist es ihm nicht mehr möglich, bei einer vorgeschriebenen Abgastemperatur den
                              									nötigen Dampfdruck oder die verlangte Temperatur des überhitzten Dampfes zu halten,
                              									so weist dies darauf hin, daß die Leistungsfähigkeit des Kessels, zum Beispiel
                              									infolge von Kesselsteinbildung, herabgegangen ist.
                           Wenn auch das Messen der Abgastemperatur allein schon für den Heizer gute
                              									Anhaltspunkte gibt und dem Betriebsleiter eine Ueberwachung des Heizers ermöglicht,
                              									so empfiehlt es sich doch, die gesamten Wärmevorgänge der Kessel- und
                              									Maschinenanlage dauernd zu beobachten und auch zum Beispiel die Temperaturen des
                              									Speisewassers, des überhitzten Dampfes, Kondensator- und Ekonomiser-Temperaturen
                              									usw. regelmäßig festzustellen oder registrieren zu lassen; denn wirklich wertvolle
                              									Einblicke in die Wärmevorgänge lassen sich nur aus regelmäßig vorgenommenen
                              
                              									Beobachtungen oder aus Registrierkurven gewinnen.
                           Für diese Zwecke sind elektrische Temperaturmeßgeräte am besten geeignet, weil man
                              									mit ihnen Messungen an allen beliebigen Stellen vornehmen kann, auch an solchen, die
                              									während des Betriebes unzugänglich sind, weil das Ablesen des Temperaturgrades nicht
                              									am Thermometer selbst zu erfolgen braucht, sondern Fernmessungen möglich sind, und
                              									weil es leicht ist, neben der Anzeige von Temperaturwerten auch selbsttätig
                              									Aufzeichnungen in Form von Kurven zu erhalten.
                           Man benutzt in Dampfkesselbetrieben entweder thermo-elektrische Pyrometer, wie sie
                              									zum Beispiel für Temperaturmessungen im Fuchs durch die Normen für Leistungsversuche usw.
                              									vorgeschrieben sind, oder Widerstandsthermometer.
                           Mit Thermoelementen mißt man bekanntlich eine Temperatur dadurch, daß man die
                              									Lötstelle zweier an einem Ende miteinander verbundenen Drähte der zu messenden
                              									Temperatur aussetzt und die freien Enden über ein Meßinstrument kurzschließt, mit
                              									dem man die thermoelektrische Kraft des Elementes mißt. Da diese gesetzmäßig von dem
                              									Unterschiede der Temperaturen abhängig ist, die an der Lötstelle und an den freien
                              									Enden der Drähte vorhanden sind, so kann man die Skala des Instrumentes nach
                              									Celsiusgraden teilen, wenn sich die freien Enden der Elementdrähte dauernd in
                              									derselben Temperatur befinden. Das ist aber in Dampfkesselbetrieben gewöhnlich
                              									leicht zu erreichen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 70
                              Abb. 1. Thermoelemente mit offenem mit geschlossenem Eisenschutzrohr
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 70
                              Abb. 2. Widerstandsthermometer zum Einschrauben in Rohrleitungen
                              
                           Als Thermoelemente zum Messen höherer Temperaturen benutzte man früher mit Vorliebe
                              									solche aus Edelmetallen. In der letzten Zeit hat jedoch die Reindarstellung von
                              									nicht edlen Metallen derartige Fortschritte gemacht, daß man in Dampfkesselbetrieben
                              									nicht mehr auf die teueren Platinmetalle angewiesen ist. Man verwendet für
                              									Temperaturen bis 550° C, also für Messungen in gesättigtem oder überhitztem Dampf
                              									usw., Thermoelemente aus Kupfer und Konstantan, für Temperaturen bis 900° C Elemente
                              									aus Eisen und Konstantan, bis 1100°C solche aus Nickel und Nickelchrom (DRP. der Siemens & Halske A.-G.
                              									Wernerwerk).
                           Bei den ersteren ist der Konstantandraht mit Asbest isoliert und von einem dünnen, an
                              									einem Ende geschlossenen Kupferrohr umgeben, mit dessen Boden er verlötet ist.
                              									Kupferrohr und Konstantandraht werden entweder unmittelbar bis zu den Klemmen des
                              									Meßinstrumentes geführt oder in einer besonderen Anschlußdose mit den Zuleitungen
                              									zum Instrument verbunden. Mit Hilfe einer zu jedem Element gelieferten Verschraubung
                              									läßt sich dieses in Rohrleitungen, Gefäßen usw. so befestigen, daß es bis zu einer
                              									gewünschten einstellbaren Tiefe eintaucht. Bei den Thermoelementen aus Eisen
                              									und Konstantan sowie Nickel-Nickelchrom sind die beiden Metalldrähte an einem Ende
                              									miteinander verlötet, durch einen Asbestschlauch gegeneinander isoliert und
                              									gemeinsam in ein Rohr aus Quarzglas eingebaut. Das Quarzrohr schützt man entweder
                              									durch ein unten, offenes, kurzes oder durch ein längeres, unten geschlossenes
                              									Eisenrohr (Abb. 1). Die Rohre endigen in einen
                              									wasserdichten, metallenen Anschlußkopf, in dem die Elementdrähte mit den Zuleitungen
                              									zum Meßinstrument verbunden werden. Die Elemente mit ihren Schutzrohren lassen sich
                              									leicht so, zum Beispiel in den Fuchs, einfügen, daß sich die Lötstellen in den
                              									strömenden Rauchgasen befinden.
                           Abgesehen von dem niedrigeren Preise haben die Elemente aus nicht edlen Metallen vor
                              									den Platinelementen den Vorzug, daß sie sich leicht durch Drähte aus demselben
                              									Stoffe verlängern lassen, wenn die freien Enden in der Anschlußdose oder im
                              									Anschlußkopf in einem Bereich mit wechselnder Temperatur liegen. Dazu kommt, daß die
                              									thermoelektrische Kraft dieser Elemente erheblich größer ist als diejenige der
                              									Edelmetallelemente. Man kann deshalb elektrisch weniger empfindliche, also
                              									billigere, einfach und kräftig gebaute Meßinstrumente als Temperaturzeiger verwenden
                              									und erreicht trotzdem immer noch eine größere Meßgenauigkeit, als man sie für
                              									derartige Betriebsmessungen verlangen muß.
                           Für Messungen in Dampfkesselbetrieben sind aber auch die elektrischen
                              									Widerstandsthermometer durchaus geeignete Meßgeräte. Man mißt mit ihnen den
                              									elektrischen Widerstand eines dünnen Metalldrahtes, den man an die Meßstelle bringt
                              									und mit einem Meßinstrument, einer Stromquelle und unveränderlichen
                              									Vergleichswiderständen so zusammenschaltet, daß der Ausschlag des Instrumentzeigers
                              									dem Widerstände entspricht. Da dieser Widerstand zu der Temperatur des Drahtes in
                              									gesetzmäßigen Beziehungen steht, teilt man die Instrumentskala nach
                              									Temperaturgraden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 70
                              Abb. 3. Schalttafel mit Temperaturzeiger (oben) Druckknöpfen (unten) und
                                 										Regler (in der Mitte)
                              
                           Das einzelne Widerstandsthermometer besteht aus einer Spirale feinen Platindrahtes,
                              									die in Quarzglas eingeschmolzen und durch ein Metallrohr geschützt ist (Abb. 2). Die Enden des Drahtes sind mit freiliegenden
                              									oder wasserdicht abgedeckten Klemmen verbunden, von denen Anschlußleitungen zu dem
                              									Temperaturzeiger führen; diesen kann man beliebig weit von der Meßstelle entfernt
                              									aufstellen.
                           Während bei thermoelektrischen Pyrometern die Thermoelemente gleichzeitig Stromquelle
                              									sind, bedürfen die Widerstandsthermometer einer besonderen Stromquelle, für die
                              									jedoch einige Trockenelemente ausreichen. Beide Einrichtungen bieten aber den
                              									Vorteil, daß man nicht für jedes Element oder jedes Widerstandsthermometer einen
                              									besonderen Temperaturzeiger braucht, sondern daß einer für mehrere Thermometer oder
                              									Pyrometer ausreicht. Man ordnet ihn in diesem Falle auf einer Schalttafel (Abb. 3) an und darunter eine Reihe von Druckknöpfen,
                              									durch die man Schalttasten in Tätigkeit setzen kann. Drückt man einen Knopf, so wird
                              									dadurch mit dem Temperaturzeiger ein bestimmtes Element oder Thermometer verbunden,
                              									dessen Aufstellungsort auf einem Täfelchen neben dem Druckknopf genau bezeichnet
                              
                              									ist. An dem Temperaturzeiger bleibt die gewünschte Angabe so lange sichtbar, bis man
                              									entweder einen anderen Knopf oder eine besondere Auslösetaste drückt, die dann jede
                              									Verbindung zwischen dem Temperaturzeiger und den Thermometern aufhebt. Man kann also
                              									zum Beispiel auch die Temperaturangaben einer besonders wichtigen Meßstelle dauernd
                              
                              									anzeigen lassen, während man Ablesungen der übrigen Temperaturen nach Bedarf oder zu
                              									bestimmt vorgeschriebenen Zeiten vornimmt.
                           Verwendet man an Stelle oder neben den Temperaturzeigern registrierende
                              									Instrumente (Abb. 4), die die Temperatur nicht nur
                              									anzeigen, sondern auch gleichzeitig registrieren, so gewinnt man dadurch den
                              									Vorteil, daß man den Gang der Temperatur an bestimmten Stellen genauer verfolgen und
                              									daraus sichere Schlusse auf das Arbeiten der gesamten Anlage sowohl als auch der
                              									Bedienung ziehen kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 71
                              Abb. 4. Registrierender Temperaturzeiger