| Titel: | Polytechnische Schau. | 
| Fundstelle: | Band 332, Jahrgang 1917, S. 77 | 
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                        Polytechnische
                              								Schau.
                        (Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
                           								– nur mit Quellenangabe gestattet.)
                        Polytechnische Schau.
                        
                     
                        
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 76
                              Abb. 1.
                              
                           Die Verwertung der Abwärme von Brennkraftmaschinen für
                                 										Kraftzwecke. In den letzten Jahren macht sich im Brennkraftmaschinenbau
                              									mehr und mehr das Bestreben geltend, die früher wenig verwertete Wärme des
                              									Kühlwassers und der Abgase nicht allein zum Heizen oder zum Verdampfen flüssiger
                              									Brennstoffe auszunutzen, sondern vor allem zur Krafterzeugung zu
                              									verwenden.Allerdings war den Versuchen, die Abgase unmittelbar in einer
                              									Niederdruckmaschine arbeiten zu lassen, bisher kein Erfolg beschieden, indessen
                              									scheinen in neuester Zeit die Arbeiten des Dr.-Ing. W. Schmidt die Aussichten für die praktische Verwertbarkeit einer
                              									Verbundanordnung günstiger gestaltet zu haben. Befriedigendere Ergebnisse wurden bei
                              									Verwendung der Abgase zur Erzeugung von Kraftdampf erzielt. Abb. 1 zeigt eine diesem Zwecke dienende Anlage der Gesellschaft Cockerill. Diese Abgase treten durch den Stutzen a in die Heizrohre des Wasserkessels b, durchziehen diese und gelangen zum Vorwärmer c. In letzteren tritt das Speisewasser bei d und strömt durch Rohr e
                              									in den Kessel.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 76
                              Abb. 2.
                              
                           Von Interesse dürfte es ferner sein, zu erfahren, daß nach Holzwarths Angabe die Abwärme einer 100-pferdigen, luftgekühlten
                              									Verpuffungs- Gasturbine gerade ausreicht, zum Wasserdampf zum Betriebe der Gebläse
                              									und Absauger für die Turbine zu erzeugen. Auch verdient im Hinblick auf den
                              									Gesamtwirkungsgrad einer Kraftanlage ein schon im Jahre 1903 gemachter Vorschlag von
                              										Fox Beachtung, demzufolge die Brennkraftmaschine leer
                              									laufen und nur die Heizgase für einen Dampfkessel liefern soll. Die Maschine
                              									entnimmt in diesem Falle das Gas einem Verdampfer. Durch die Verpuffung wird
                              									ein Schwungrad in Umdrehung versetzt. Beim Rückgang des Kolbens werden die Gase
                              									verdichtet und erhitzt. Die Verwendung der hochgespannten, heißen Druckgase zur
                              									Beheizung eines Kessels läßt einen guten Wirkungsgrad erwarten. Sofern mehr Dampf
                              									gebraucht wird, als die Abgase erzeugen können, ist es angezeigt, diese zur
                              									Vorwärmung zu benutzen. Befürchtet man bei zu tiefer Abkühlung Säurebildung aus den
                              									Abgasen, so ist deren Verwendung zur Ueberhitzung am Platze, die allerdings eine
                              									geringere Ausnutzung ergibt. Auch erweist es sich bisweilen als praktisch, das
                              									Kühlwasser durch die Abgase noch mehr zu erwärmen und sodann einem Dampfkessel als
                              									Speisewasser zuzuführen. Abb. 2 zeigt eine vom
                              									Eisenhütten-Aktienverein Düdelingen geschaffene Anlage für die an letzter Stelle
                              									genannte Abwärmeverwertung. Von der Maschine b gelangen
                              									die Abgase durch die Leitung a zum Erhitzer, in dessen
                              									Innerem sich ein Röhrenbündel c befindet, das von einem
                              									Mantel d umgeben ist. Durch letzteren fließt das
                              									Kühlwasser zum Behälter e und wird darauf durch eine
                              									Pumpe abgesogen und durch das Röhrenbündel c zum
                              									Dampfkessel f gedrückt. Der Gedanke, im Kühlmantel eine
                              									tief siedende Flüssigkeit kreisen zu lassen, diese durch die Abgase trocken zu
                              									verdampfen und die Kaltdämpfe für Kraftzwecke auszunutzen, scheint bezüglich der
                              									Wärmewirkung erfolgversprechend zu sein. Seine praktische Durchführbarkeit wird
                              									indessen dadurch in Frage gestellt, daß die in Betracht kommenden Flüssigkeiten, wie
                              									eingehende Versuche von Josse zeigten, zu sehr die
                              									Baustoffe der Maschinenanlage angreifen. Auch der Versuch zur Einführung
                              									hochsiedender Flüssigkeiten als Abwärmeträger ist in neuester Zeit gemacht worden.
                              									So läßt zum Beispiel Tejessy Oel durch einen
                              									Wärmeaufnehmer im Zuge der Abgase und einen Wärmeabgeber in einem Wasserkessel
                              									kreisen. Das erhitzte Wasser wird zum Beheizen eines Dampfzylinders benutzt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 76
                              Abb. 3.
                              
                           Zufriedenstellende Ergebnisse wurden erzielt, wenn man die Abwärme der
                              									Verbrennungsgase auf Preßluft überträgt und diese für Kraftzwecke verwendet. Wie
                              									dies geschehen kann, zeigt die in Abb. 3 dargestellte
                              									Einrichtung der Closed Circuit Air Transmission Ltd. in
                              									Glasgow. Der Kolben a der auf der linken Seite
                              									sichtbaren Gasmaschine verdichtet im Raume b Luft.
                              									Diese strömt zum Kessel c, wird dort von den durch d abziehenden Abgasen der Maschine erwärmt, gelangt
                              									nach Kessel e, wo sie durch die Abgase der rechts
                              									gezeichneten Maschine f weiter erhitzt wird, und wirkt
                              									dann unterhalb des Kolbens h, auf den oben die
                              									Brenngase treibend drücken. Durch die Preßluft wird also die Leistung der Maschine
                              										f gesteigert. Das Rohr i dient zur Rückleitung der Abluft zum Verdichter, g ist ein Schalldämpfer, durch den die Abgase ins Freie gelangen. Einen
                              									Schritt, die Gasturbine ihrer Verwirklichung näher zu bringen, tuen Morgan und Kremp, indem sie
                              									einen Teil der Abgase zum Ansaugen der Kühlluft einer Kolbenmaschine mit Hilfe eines
                              									Ejektors verwenden und dann das Gemisch als Treibmittel einer Turbine zuführen,
                              									während der Rest der Abgase zu der Auspuffkammer der Turbine strömt und gleichfalls
                              									unter Benutzung von Elektoren einen Unterdruck hervorruft, wodurch eine Vergrößerung
                              									des für die Turbine verfügbaren Gefälles erreicht wird. (Gentsch in 1916 Heft 48, 49, 50 der Zeitschrift des Vereins deutscher
                              									Ingenieure.)
                           Schmolke.
                           –––––
                           Anlassen von Dieselmaschinen bei niedriger Verdichtung.
                              									Damit in der Dieselmaschine während der Verdichtung die Temperatur der
                              									Verbrennungsluft bis zur Entzündungstemperatur des Treiböles ansteigt, muß der
                              									Verdichtungsenddruck etwa 32 bis 35 kg/cm2
                              
                              									betragen. Während des normalen Betriebes einer solchen Maschine steigt der
                              									Verbrennungsdruck beim Gleichdruckverfahren nicht über den Enddruck der
                              									Verdichtung.
                           Während des Anlassens einer Dieselmaschine können jedoch im Zylinder Explosionen
                              									eintreten mit einer Drucksteigerung von 60 kg/cm2
                              									und mehr. Anläßlich der Jahresversammlung der British Association zeigt Prof. Watkinson, Liverpool, in seinem Vortrage vom 16.
                              									September 1916 solche Anlaßdiagramme einer 50 PSe-Maschine (Abb. 1). Mit Berücksichtigung der
                              									Drucksteigerung während des Anlassens sind die Maschinen stärker zu bauen als der
                              									normale Betrieb es erfordert.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 77
                              Abb. 1.
                              
                           Der Vortragende berichtet von seinem neuen Verfahren, bei dem zur Erlangung der
                              									notwendigen Verdichtungsendtemperaturen nicht mehr ein so hoher Verdichtungsdruck
                              									anzuwenden ist. Abb. 2 zeigt fortlaufende Diagramme
                              									nach dem neuen Verfahren, das nur geringe Abänderungen an der gewöhnlichen
                              									Dieselmaschine erfordert. Der Verdichtungsenddruck ist wesentlich niedriger als
                              									beim üblichen Gleichdruckverfahren mit Selbstzündung. Im vierten Diagramm der Abb. 2 ist die Verdichtungsendspannung 25 und der
                              									Höchstdruck der Verbrennung 42 kg/cm2. Abb. 3 zeigt Druckluftdiagramme, ebenso regelmäßige
                              									Diagramme mit 23 kg/cm2 Verdichtungsenddruck und
                              									42 kg/cm2 Höchstdruck der Verbrennung. Die
                              									Diagramme wurden bei der Maschine sofort nach dem Anlassen mittels Druckluft, also
                              									bei noch kalter Maschine genommen. Abb. 4 zeigt ein
                              									einzelnes Diagramm mit 18 kg/cm2
                              									Verdichtungsendspannung und einem Verbrennungsdruck, der nur wenig größer ist. Abb. 5 zeigt ein Schwachfederdiagramm hierzu und zeigt
                              									einen Weg, der es möglich macht, bei der Verdichtung der Verbrennungsluft die
                              									Selbstentzündungstemperatur des Treiböles zu erhalten, ohne die bisher verwendeten
                              									hohen Verdichtungsenddrücke zu erzeugen. Die Gleichung der Verdichtungslinie nach
                              										Abb. 6 lautet: p vn = C, daraus folgt \frac{T_a}{T_b}=\left(\frac{p_a}{p_b}\right)^{\frac{n-1}{n}}=\left(\frac{V_b}{V_a}\right)^{n-1}.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 77
                              Abb. 2.
                              
                           Die Gleichung zeigt, daß die Endtemperatur der Verdichtung vom Verdichtungsverhältnis
                              									und nicht von der Größe des Verdichtungsenddruckes abhängig ist. Durch Versuche ist
                              									bereits festgestellt, daß die Lufttemperatur durch Erzeugung eines Unterdruckes
                              									während der Saugperiode nicht merklich verkleinert wird. Die Temperatur der
                              									Verbrennungsluft bei Beginn der Verdichtung ist somit unabhängig vom
                              									Verdichtungsanfangdruck. Es ist somit möglich, bei einer Verdichtung auf 2 at eine
                              									ebenso hohe Verdichtungstemperatur zu erhalten, wie bei einer Verdichtung zum
                              									Beispiel auf 35 at.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 77
                              Abb. 3.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 77
                              Abb. 4.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 77
                              Abb. 5.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 77
                              Abb. 6.
                              
                           Um die sehr hohen Drucke beim Anlassen der Dieselmaschinen zu vermeiden, genügt es
                              									hierbei, die Einlaßsteuerung außer Tätigkeit zu setzen. Dann regelt die Feder des
                              									Einlaßventils den Unterdruck im Zylinder selbsttätig. Der Höchstdruck der
                              									Verbrennung kann dann beim Anlassen der Maschine eine gewisse Größe niemals überschreiten und
                              									das Auftreten von Verbrennungsdrücken über 60 kg/cm2 ist ausgeschlossen. (Engineering 1916 II S. 290.)
                           W.
                           –––––
                           Ueber die Ermüdung der Metalle. (P. Ludwik in Zeitschrift des österr. Ingenieur- u. Architekten-Vereins 1916
                              									S. 795 bis 798.) Einschnürende Stoffe, wie schmiedbare Metalle, sind bekanntlich oft
                              									wiederholten Beanspruchungen gegenüber viel weniger widerstandsfähig als gegen
                              
                              									einmalige, bis zum Bruch gesteigerter Belastung. So bricht zum Beispiel schmiedbares
                              									Eisen bei Beanspruchung auf Schwingungsfestigkeit, wenn also die Beanspruchung auf
                              									Zug mit gleich großem Druck abwechselt und dieser Belastungswechsel oft genug
                              									stattfindet, bei Spannungen ab, die kleiner sind als die halbe, in normaler Weise
                              									ermittelte Zerreißfestigkeit. Als Erklärung für dieses Verhalten hat Beilby angegeben, daß das Material an den Gleitflächen in
                              									den amorphen Zustand übergeht. Die dadurch versprödeten Teile machen weitere
                              									Formänderungen nicht mehr mit, wohl aber das noch nicht in den amorphen Zustand
                              									umgewandelte Material. So schreitet nach Beilby die
                              									Versprödung des Materials mit zunehmender Lastwechselzahl fort, bis es bricht.
                           Ludwik hat Torsionsversuche mit wechselnder Drehrichtung
                              									an Stäben aus Kupfer, Aluminium und Blei durchgeführt. Da man aus dem
                              									Torsionsschaubild auf das Verhalten des Materials gegenüber dehnenden und
                              									stauchenden Kräften zurückschließen kann, läßt sich das Ergebnis der
                              									Verdrehungsversuche auch auf die Zug- und Druckprobe übertragen.
                           Ludwik verwirft die im englischen und amerikanischen
                              									Schrifttum sehr verbreitete Beilbysche
                              									Umwandlungshypothese. Wiederholte Beanspruchungen, die im gleichen Sinne erfolgen,
                              									machen zwar einen einschnürenden Stoff gegenüber einer weiteren, in derselben
                              									Richtung erfolgenden Formänderung hart und spröde. Einer bleibenden Rückformänderung
                              									setzt jedoch ein einschnürendes Metall anfänglich stets geringeren Widerstand
                              									entgegen, als einer weiteren gleichgerichteten Deformation. Jenseits der gewählten
                              									Grenzbelastung verhält sich das auf Ermüdung erprobte Material nicht wesentlich
                              									anders als das ohne Entlastungen zum Bruch gebrachte. Daher kann das Material durch
                              									die Vorbelastungen sich nicht teilweise in den amorphen Zustand verwandelt haben.
                              									Wiederholte Beanspruchungen führen ohne tiefergehende Materialveränderungen zu einer
                              									Auflockerung des Gefüges, die den vorzeitigen Bruch bedingt. Es ist hierbei
                              									merkwürdig, daß die Schwingungsfestigkeit nur um sehr wenig kleiner ist als die
                              									Ursprungsfestigkeit.
                           Bei Blei hat Ludwik beobachtet, daß bei diesem Metall
                              									schon bei Zimmertemperatur Einformungsvorgänge eintreten, wie sie bei schwerer
                              									schmelzbaren Metallen, wie Aluminium, Kupfer und schmiedbaren Eisen erst bei
                              									entsprechend höheren Temperaturen beobachtet werden.
                           Leon.
                           –––––
                           Schmiedbarer Guß. Die Herstellung von schmiedbarem
                              									Guß erfolgt durch Glühen von weißem Roheisen in einem sauerstoffhaltigen Mittel, wie
                              									Roteisenstein u.a. Sie beruht auf einer allmählichen Entkohlung. Die ursprünglich
                              									karbidreiche Struktur wird dabei in ferritisches Gefüge umgewandelt. Die näheren,
                              									physikalisch-chemischen Vorgänge, die diesem schon über zwei Jahrhunderte lang
                              									ausgeübten Prozesse zugrunde liegen, sind bis heute noch nicht vollständig
                              									aufgeklärt. Es stehen sich zwei Theorien gegenüber. Nach Ledebur wird zunächst der am Rande liegende Kohlenstoff beim Glühen
                              									verbrannt; an seine Stelle tritt, vom Kern herkommend, neuer Kohlenstoff, und so
                              									wird das Stück allmählich seines Kohlenstoffes beraubt. Wüst dagegen zeigte, daß durch das Glühen erst Temperkohle gebildet wird.
                              									Temperkohleteilchen sind es mithin auch, die am Rande verbrennen. Die dabei
                              									entstehende Kohlensäure macht dem Eindringen von Sauerstoff in tiefer gelegene
                              									Teilchen Platz, und so schreitet der Verbrennungsvorgang allmählich nach dem Innern
                              									fort, bis alle gebildete Temperkohle verbrannt und das Stück entkohlt ist.
                              									Grundsätzlich unterscheiden sich also beide Theorien dadurch, daß nach der einen
                              									Kohlenstoff aus dem Gußstück aus- und daß nach der anderen Sauerstoff in das Stück
                              									hineinwandert. R. Stotz hat sich nun von neuem mit dieser
                              									Frage beschäftigt (Stahl und Eisen 1916 Nr. 21). Durch Glühen in neutraler
                              									Atmosphäre (Stickstoff) führte er zunächst den zu Karbid gebundenen Kohlenstoff in
                              									Temperkohle über und fand dabei die Beobachtung von Wüst
                              
                              									und Geyer bestätigt, daß sich bei Temperaturen bis 1030°
                              									die Temperkohle durch reinen Stickstoff nicht als Cyan verflüchtigt. Die Abscheidung
                              									der Temperkohle hatte eine beträchtliche Volumvermehrung zur Folge. Beim
                              									nachfolgenden Glühen in Roteisenstein während drei Tagen bei 1030° hatten sich keine
                              									Hohlräume gebildet, deren Entstehen man nach der Wüstschen Auffassung an Stelle der ursprünglich vorhandenen
                              									Temperkohleteilchen annehmen mußte. Vielmehr konnte Stotz
                              									nachweisen, daß statt dessen ein Zusammenschweißen der entsprechenden Ferritkörner
                              									stattgefunden hatte. Bei dem schwefelreichen Kupolofenguß verlief der technische
                              									Glühfrischprozeß im Sinne der Ledeburschen Theorie: Der
                              									Kohlenstoff wurde vergast, ohne vorher als Temperkohle abgeschieden zu werden. Die
                              									Ursache für die Behinderung dieser Abscheidung ist darin zu suchen, daß infolge des
                              									hohen Schwefelgehaltes der Kohlenstoff in fester Lösung gehalten wird. In diesem
                              									Zustande kann die allmähliche Entkohlung durch molekulare Wanderung von innen nach
                              									dem Rande hin stattfinden. Schwefelarme Stücke dagegen zeigten starke
                              									Temperkohlebildung, der Prozeß verlief also im Sinne der Wüstschen Auffassung. Stotz zeigte ferner, daß
                              									sich der Graphit wohl oxydieren läßt, aber so schwer, daß er durch ein- oder
                              									zweimaliges Glühfrischen, nicht entfernt wird. Denn die Hohlräume, die sich durch
                              									Verbrennung des am Rande liegenden Graphits bilden, schließen sich wieder zusammen,
                              									wenn auch unter starker Auflockerung des Gefüges, so daß ein weiteres Eindringen des
                              									Sauerstoffs nicht
                              									stattfinden kann. Beim Tempern von Grauguß kommt daher die höhere Affinität des
                              									Ferrits (d.h. des reinen Eisens) dem graphitischen Kohlenstoff gegenüber insofern
                              									zur Geltung, als das Gußstück an seiner Außenseite verbrannt wird, bevor der
                              									Kohlenstoff aus seinem Innern entfernt ist.
                           Nach den Versuchen von Stotz läßt sich daher keine der
                              									beiden Theorien von Ledebur und Wüst auf alle Fälle der Praxis des Temperprozesses übertragen. Dieser kann
                              									vielmehr je nach der Zusammensetzung der Gußstücke sowohl im einen wie im anderen
                              									Sinne verlaufen. Als wichtiges Ergebnis hat sich dabei herausgestellt, daß der in
                              									der Praxis üblichen sehr langsamen Abkühlung der Gußstücke nach beendetem
                              									Glühfrischen eine hohe Bedeutung zukommt, weil in dieser Abkühlperiode sich die
                              									molekulare Wanderung des verbliebenen, gebundenen Kohlenstoffs vom Kern nach dem
                              									Rande und damit ein Ausgleich im Kohlenstoffgehalt der verschiedenen Zonen
                              									vollzieht.
                           Loebe.
                           –––––
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 79
                              Abb. 1.
                              
                           Die Verfeuerung von großstückigem Koks zur Dampferzeugung
                              									machte bisher bei Anlagen mit mechanischen Feuerungen, besonders bei Wander- und
                              									Kettenrosten Schwierigkeiten, weil dabei kein Raum für eine genügende Schichtenhöhe
                              									zur Verfügung steht, und weil wegen des Fehlens genügender flüchtiger Bestandteile
                              
                              									die Entzündung nachrückenden kalten Brennstoffs durch Entzündungsbogen nicht
                              									stattfinden kann. Das Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerk hat nun im Verein mit
                              
                              									der Firma Siller & Jamart in Barmen-Hatzfeld eine
                              									sinnreiche Vorrichtung geschaffen, welche die Frage der Verfeuerung von schwer
                              									entzündbarem Koks auf Wanderrosten zu lösen berufen scheint.
                           Dieser Neukonstruktion lag der Gedanke zugrunde, über dem Wanderrost vor dem Eintritt
                              									des Kokses in den Verbrennungsraum einen größeren Schacht anzubringen, in dessen
                              									unterstem Teile auf einem kleinen Schrägrost dauernd ein Teil des glühenden Kokses
                              									festgehalten wird, um als Feuerherd und Kontaktfeuer für die drüber liegende, kalte
                              									Koksmasse zu dienen. Auf diese Weise gelangt der Koks schon glühend in den
                              									Verbrennungsraum. Die Schichtendicke wird auf 50 bis 55 cm gehalten, um bei einer
                              									Stückgröße von 70 bis 90 mm die erforderliche Verbrennungstemperatur gegenüber der
                              									kalten Verbrennungsluft zu erhalten.
                           Durch eine am Rostende angebrachte Stauvorrichtung wird der Zutritt von zuviel kalter
                              									Luft vermieden.
                           Nachdem in einer Versuchsanlage mit dieser Neuerung günstige Ergebnisse erzielt
                              									worden sind, wurde die Feuerung in einen Schrägrohr-Zweikammerkessel der Firma Petry-Dereux in Düren eingebaut, wie aus Abb. 1 zu erkennen ist. Dabei konnte die
                              									Schachtvorfeuerung an Stelle der ursprünglichen Kohlezufuhrtrichter gesetzt werden.
                              									Der Stauer trat an die Stelle der üblichen Schlackenabstreicher. Er wurde durch ein
                              									unteres trapezförmiges und ein darüber gelegenes rundes Rohr gebildet.
                           Bei großstückigem Hüttenkoks bis 90 mm wurde eine gute Entzündung und restlose
                              
                              									Verbrennung mit gutem Wirkungsgrade erreicht. Doch muß der Schrägrost im Vorschacht
                              									eine bestimmte Neigung zur Wagerechten des Wanderrostes besitzen, damit für die
                              									Dauer eine genügende Entzündung des Brennstoffs erreicht wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 79
                              Abb. 2.
                              
                           Da sich durch Verkleinerung der Heizfläche und Vergrößerung der Rostfläche
                              									beträchtliche Dampf- und Abgastemperaturen ergaben, so wurde nur eine Rostbahn eingebaut, deren
                              									Anordnung sich aus Abb. 2 ergibt. Auch wurden durch
                              									Anbringung einer Abdeckung über der untersten Rohrreihe alle aus der Vorfeuerung und
                              									dem ersten Teile des Rostes stammenden Generatorgase über die Rostfläche gezwungen
                              									und zur Entzündung gebracht und so die infolge der Rostverkleinerung bedingten
                              									kleineren Heizgasmengen besser ausgenutzt.
                           Die Versuche haben ergeben, daß die Wirtschaftlichkeit der Anlage bei Verfeuerung von
                              
                              									großstückigem Hüttenkoks die gleiche ist wie bei der Verbrennung einer guten
                              									Steinkohle. Der großstückige Koks kann natürlich nur dann mit der Steinkohle in
                              									Wettbewerb treten, wenn er zu angemessenen Preisen geliefert wird.
                           Die beschriebene Art der Feuerungsanlage ist gegenwärtig noch im Stadium der
                              									Versuchsfeuerungen, scheint aber alle Aussicht zu haben, im Großen eingeführt zu
                              									werden. (Stahl und Eisen 1916 Nr. 34 S. 820.)
                           Loebe.
                           –––––
                           Neue Kesselspeisepumpe. Das Bestreben, auch für die Zwecke
                              									der Kesselspeisung Kolbenpumpen durch vollwertige rotierende Pumpen zu ersetzen, hat
                              									zu dauernder Vervollkommnung der ursprünglich noch manche Nachteile zeigenden
                              									Zentrifugalpumpensätze geführt und dabei einen Mitbewerb zwischen Zentrifugalpumpen
                              									mit elektrischem und solchen mit gerade für diese Zwecke naheliegendem
                              									Dampfturbinenantriebe hervorgerufen. Eine durch Dampfturbine angetriebene Pumpe
                              									neuester Bauart der Maffei-Schwarzkopff-Werke beschreibt
                              										Brumann in Heft 28 der Zeitschrift für das gesamte
                              									Turbinenwesen. Pumpe und Turbine sind auf einer gemeinsamen Grundplatte und in einem
                              									gemeinsamen Gehäuse untergebracht, so daß nur eine Achse mit zwei Lagern vorhanden
                              									ist. Um eine Untersuchung der inneren Teile ohne Entfernung der am Gehäuse
                              									angeschlossenen Dampf- und Wasser-Zu- und Ableitungen zu ermöglichen, sind die
                              									Lagerschilde abnehmbar. Die Abdichtung der Welle erfolgt an der Turbinenseite durch
                              									eine Labyrinthstopfbüchse oder bei größeren Druckunterschieden durch Kohleringe, an
                              
                              									der Pumpenseite durch gewöhnliche Weichpackung. Ein Uebertritt von Wasser aus dem
                              									Pumpenraum in den benachbarten Turbinenraum ist dadurch vermieden, daß
                              									Pumpensaugraum und Turbinendampfraum aneinanderstoßend angeordnet sind; etwa in den
                              									Saugraum tretender Dampf wird kondensiert und erwärmt das Speisewasser, eine
                              									besondere Dichtung ist daher an dieser Stelle nicht erforderlich. Zur Aufnahme des
                              									Achsialschubes der Pumpe dient eine patentierte Entlastungsvorrichtung. Das
                              									Pumpenlaufrad besteht aus Phosphorbronze oder, während des Krieges, ohne Nachteile
                              									aus Stahlguß, die Leitschaufeln sonst aus Bronze, jetzt aus Gußeisen oder aus
                              									Kriegsbronze. Letztere kommt auch für die Dichtungsringe und Büchsen in Anwendung.
                              									Für das Turbinenlaufrad wird Siemens-Martinstahl genommen, für die Lauf- und
                              									Leitschaufeln und die Düsen wegen der Widerstandsfähigkeit gegenüber überhitztem
                              									Dampf Holzkohleneisen. Das mit drei Schaufelkränzen versehene Turbinenrad ist nur
                              									teilweise beaufschlagt; die Umleitung des Dampfes aus einem Kranze in den
                              									anderen erfolgt durch Umkehrschaufeln. Zur Verhinderung des Durchgehens der Turbine
                              									bei Erhöhung der Drehzahl um mehr als 10 v. H. der betriebsmäßigen ist ein
                              									Schnellschlußregler vorhanden. Die selbsttätige Regelung der Dampfzufuhr in
                              									Abhängigkeit von der zu fördernden Wassermenge erfolgt durch den Hannemannschen Druckregler, der vermöge seiner
                              									Konstruktion den den Betriebsverhältnissen anzupassenden Unterschied zwischen dem
                              									Druck am Pumpenstutzen und dem Druck am Kessel auf gleichmäßiger Höhe zu halten
                              									sucht. Die Wartung des ganzen Pumpensatzes erstreckt sich somit nur auf die
                              									Kontrolle der Lagertemperaturen während des Betriebes.
                           Die spezifische Leistung der Pumpe ist je nach Größe und Dampfverhältnissen für 1 kg
                              									Dampf 6 bis 20 Metertonnen; die zu fördernde Wassermenge ist nach oben hin
                              									unbegrenzt, ihr niedrigster Wert liegt je nach dem zu erreichenden Druck bei 3 bis 5
                              										m3 in der Stunde.
                           Ritter.
                           –––––
                           Die Technik der Kathodenstrahlen. (Dr. Norden-Berlin in der Sitzung der deutschen
                              									Beleuchtungstechn. Gesellsch. am 16. September 1916.) Die neue Technik verdankt der
                              									Beleuchtungstechnik ihr Dasein, da ihre Grundlage erst das 1909 von William D. Coolidge gewonnene
                              									zieh- und schmiedbare Wolfram-Metall gegeben hat, und da ihre Entstehung auf das
                              									Bestreben zurückzuführen ist, für das neue Material mit seinen hervorragenden
                              									thermischen und elektrischen Eigenschaften weitere Anwendungsgebiete zu suchen. Coolidge selbst wandte das Material sofort für
                              									Antikathoden von Röntgenröhren mit gutem praktischen Erfolge an, ohne damit schon
                              									neue Bahnen zu betreten. Diese ergaben sich erst auf Grund einer Untersuchung Langmuirs über die Gesetze der thermischen Erzeugung
                              									freier Elektronen, die dieser im Dezember 1913 in der „Physical Review“
                              									veröffentlichte. Auf seinen Ergebnissen baute Coolidge
                              									die Konstruktion einer Hochleistungs-Röntgen-Röhre mit reiner Elektronenentladung
                              									auf, die er an gleicher Stelle im gleichen Heft beschrieb.
                           Der Vortragende erläuterte dann weiter den bedeutenden Fortschritt, der mit der
                              									wirtschaftlichen Erzeugung von Kathodenstrahlen auf dem neuen Wege gegeben ist,
                              									indem er auf die bisherigen Methoden zu ihrer Erzeugung näher einging. Hittorf (1869) und Crookes
                              									(1879) haben bei ihren ersten Arbeiten über diese Strahlungsart noch lediglich die
                              									Methode der Stoßionisation gekannt, und Lenard hat zwar
                              									1906 bereits eine Methode zur Erzeugung dieser Strahlenart im reinen Vakuum durch
                              									Bestrahlung von Metalloberflächen mit ultraviolettem Licht angegeben, doch ist diese
                              									technisch ebenso wenig in Betracht gekommen wie der Zerfall des Radiums, bei dem die
                              									entstehenden β-Strahlen als sehr schnelle
                              									Kathodenstrahlen anzusprechen sind. Auch die (1903) von Wehnelt angegebene Methode der Oxydkathoden hat, da sie ebenfalls auf dem
                              
                              									Prinzip der Stoßionisation aufbaut, der Technik keine wesentlich neuen Wege weisen können. Einen
                              									prinzipiellen Fortschritt stellt erst die neue Methode der Thermoionisation dar, da
                              									bei ihr im höchsten Vakuum aus einer hocherhitzten Kathode spontan Elektronen
                              									ausgesandt werden, ohne daß störende Gasreste mit ihren positiv geladenen Gasteilen
                              									vorhanden sind.
                           Die Gesetze der Elektronenemission durch Thermoionisation sind aus den Arbeiten von
                              										Richardson (1902/3) und Langmuir (1913) bekannt geworden und besagen, in welchem Maße die
                              									Intensität der Thermoionenerzeugung von der Temperatur abhängig ist. Bezeichnet
                              									nämlich i die Intensität der Thermionenerzeugung für 1
                              										cm2 Metalloberfläche, T die absolute Temperatur des Kathodenmetalls, und sind a und b zwei Konstanten,
                              									die für das gewählte Metall charakteristisch sind, so gilt nach Richardson die Gleichung
                           
                              i=a\,\sqrt{T\,.\,e}^{\frac{b}{T}}.
                              
                           Der Austritt der Elektronen aus dem Glühdraht erfolgt danach unabhängig davon, ob ein
                              									elektrisches Feld vorhanden ist oder nicht. Fehlt ein solches, so fallen die
                              									ausgetretenen Elektronen wieder auf den Glühdraht zurück, ohne weiter in die
                              									Erscheinung zu treten. Macht man dagegen den glühenden Metalldraht zur Kathode und
                              									stellt ihm eine Anode gegenüber, so werden die Elektronen unter dem Einfluß des
                              									angelegten elektrischen Feldes von dem Glühdraht fortgezogen, und es entsteht
                              									dadurch ein Strom von Kathodenstrahlen. Steigert man die Spannung zwischen Kathode
                              									und Anode, so nimmt auch die Kathodenstrahlung zu bis zu dem Punkte, wo alle von der
                              									Kathode ausgesandten Elektronen zur Anode übergehen. Eine weitere Steigerung ist
                              									dann nicht mehr möglich, da weitere Elektronen, nicht mehr vorhanden sind. Die
                              									Intensität dieses „Sättigungsstromes“ ist dann durch die angegebene Richardsonsche Formel der vollständigen
                              									Elektronenemission dargestellt.
                           Dieser Richardsonschen Theorie stand das Bedenken
                              									gegenüber, daß im Innern einer Metallfadenlampe, in der nach dem Vorhergehenden die
                              									äußeren Vorbedingungen für das Zustandekommen eines Elektronenstromes gegeben sind,
                              									entsprechende Erscheinungen nicht beobachtet werden konnten. Diese Unstimmigkeit
                              									wurde durch Langmuir aufgeklärt, indem er die
                              									Verhältnisse im Falle hoch erhitzter Wolframdrähte in einem Vakuum bis zu 5 . 10–7 mm prüfte und bestätigte, daß für die
                              									Elektronenemission das höchste Vakuum am vorteilhaftesten ist.
                           Langmuir zeigte, daß der Thermionenstrom tatsächlich im
                              									höchsten Vakuum der Richardsonschen Gleichung entspricht,
                              									so lange die angelegte Spannung hoch ist. Im Bereiche niedriger Potentialdifferenzen
                              									fand er indessen, daß eine weitere Temperatursteigerung schließlich kein Anwachsen
                              									des Thermionenstromes mehr hervorrief. Es gelang ihm, die Ursache dafür in der
                              									negativen Aufladung des Raumes durch die Kathodenstrahlen, dem sogenannten
                              									Raumladungseffekt, aufzufinden und für den Grenz- oder Raumladestrom in Abhängigkeit
                              									von der Spannung die Formel
                           
                              
                              i
                              r
                              = k . V
                              ½
                              
                           aufzustellen. Damit war der ursprüngliche Widerspruch geklärt,
                              									und es waren die Grundlagen für die weiteren Arbeiten geschaffen.
                           Als weiteres erwähnenswertes Resultat der Langmuirschen Arbeiten erwähnte der
                              									Vortragende die Tatsache, daß nach Langmuir das blaue
                              									Leuchten der Kathodenstrahlen im höchsten Vakuum selbst bei starker Intensität
                              									derselben nicht mehr auftritt, daß also die früher beobachtete Lichterscheinung
                              
                              									nicht von den Kathodenstrahlen selbst, sondern von ionisierten Gasresten
                              									herrührt.
                           Eine erste Anwendung der gewonnenen Erkenntnis bildet die neue Coolidge-Röhre. Ihr Vorteil liegt darin, daß auf Grund der vorher
                              									erörterten Gesetzmäßigkeiten einerseits die Geschwindigkeit der erzeugten
                              									Kathodenstrahlen mit Hilfe des angelegten elektrischen Feldes variiert werden kann,
                              									mit anderen Worten also dieselbe Röhre zur Erzeugung von Röntgenstrahlen
                              
                              									verschiedener Härte verwendbar ist, und daß anderseits bei jeder beliebigen
                              									gewählten Feldspannung, d.h. Härte, die Intensität des durchgesandten Stromes durch
                              									die Temperatur der Glühkathode reguliert werden kann. Es bedeutet dies, daß eine
                              									einzelne Röhre nicht mehr wie früher nur Strahlen einer bestimmten Härte aussenden
                              									kann, daß diese Härte nicht mehr von zufälligen durch den Gebrauch bedingten
                              									Schwankungen des Gasdruckes abhängig ist, und daß vorübergehende Ueberanstrengungen
                              									nicht den schädlichen Einfluß haben, den sie bei den früheren Röhren infolge von
                              									Aenderungen des Gasdruckes hervorriefen.
                           Bei dem konstruktiven Aufbau der Röhren wird im einzelnen so verfahren, daß als
                              									Kathode ein spiralförmiger Wolframdraht dient, der von einem Heizstrom bis auf
                              									Temperaturen von 2100° abs. erhitzt wird, und daß als Anode (Antikathode) ein
                              									Wolframklotz benutzt wird. Um die Kathodenstrahlen auf einen Punkt der Antikathode
                              									zu konzentrieren wird ein mit dem Potential der Kathode geladener kleiner
                              									Metallzylinder über die Kathode gezogen. Nimmt man die Röhre in Betrieb, so
                              									unterscheidet sie sich von den früheren dadurch, daß nur der Leuchtdraht glüht, daß
                              									aber sonst weder ein bläulicher Schein in der Röhre, noch ein Fluoreszenzleuchten an
                              									der Glaswand zu bemerken ist. Der vorher erwähnte störende Einfluß des
                              									Raumladungseffektes tritt für den vorliegenden Zweck der Benutzung der Röhre zur
                              									Erzeugung von Röntgenstrahlen nicht in die Erscheinung, da die praktisch in Frage
                              									kommenden Feldspannungen ausreichend hoch sind. Wollte man selbstverständlich extrem
                              									weiche Röntgenstrahlen von sehr großer Intensität erzeugen, so würde sich auch hier
                              									der Raumladungseffekt störend bemerkbar machen.
                           Der Vortragende ging dann auf die Durchbildung der deutschen Coolidge-Röhre ein und berichtete, daß die AEG zunächst eine Therapieröhre
                              									ausgeführt hätte, die bei der Behandlung gutartiger (Myome) und bösartiger
                              									(Carcinome) Geschwülste (Geheimrat Krönig, Freiburg)
                              									wertvolle Dienste geleistet habe. Im Kriege sei dann eine Röhre für Diagnostik
                              									durchgebildet worden, um den Bedürfnissen der Kriegschirurgie zu entsprechen. Ueberhaupt sei die
                              
                              									Verwendung der neuen Röhren für Durchleuchtungszwecke außerordentlich viel
                              									versprechend, und es sei zu erwarten, daß man auch für technische Zwecke
                              									(Durchleuchtung von Metallen zur Prüfung auf Einschlüsse und Blasen) demnächst von
                              									der Coolidge-Röhre Gebrauch machen werde.
                           Die Theorie der Coolidge-Röhre besagt, daß der Glühdraht
                              									Kathode sein muß, damit Thermionen entstehen und ein Entladungsstrom zustande kommt.
                              									Legt man daher Wechselstrom an, so wird stets nur die eine Halb welle durchgelassen,
                              									und man kann daher Wechselstrom zum Betriebe der Röhren verwenden. Gleichzeitig
                              									folgt daraus aber, daß die Röhre wie ein Gleichrichter wirkt, und daß man daran
                              									denken kann, sie als solchen zu verwenden. Natürlich wird man eine Röhre, die in
                              									erster Linie als Gleichrichter gedacht ist, von vornherein von diesem Gesichtspunkte
                              									aus konstruieren, also anders bauen als eine Coolidge-Röntgenröhre. Man wird daher
                              									bei ihr nicht die Spannung recht hoch wählen, um den Raumladungseffekt zu
                              									unterdrücken, sondern wird im Gegenteil versuchen, mit möglichst geringen
                              									Röhrenspannungen auszukommen, und wird dazu sowohl die Entfernungen zwischen Anode
                              									und Kathode möglichst verringern, wie auch überall den Kathodenstrahlen freien
                              									Zutritt zur Anode geben.
                           Der Nutzen dieser Art der Ausführung liegt darin, daß einmal der Nutzeffekt des
                              									Gleichrichters naturgemäß steigt, je geringer die in ihm vernichtete Spannung ist,
                              									und daß auf der anderen Seite die Anodentemperatur um so niedriger bleibt, je
                              									weniger Energie in der Röhre frei wird. Man vermeidet damit eine zu hohe
                              									Anodentemperatur, die bei Weißglut der Anode leicht zu Rückzündungen und damit zum
                              									Unbrauchbarwerden des Gleichrichters führen kann. Als sichere Temperaturgrenze, über
                              									die die Anodentemperatur nicht steigen soll, gilt 1600° abs., bei der die
                              									Elektronenemission noch unterhalb 0,02 M. A. für 1 cm2 Anodenoberfläche bleibt.
                           Praktisch durchgebildet wurden bisher zwei Typen von Röhren, von denen die eine zur
                              									Gleichrichtung von 130000 Volt bis zu einer Höchststromstärke von 30 M. A. bestimmt
                              									ist (4 KW), während das zweite Modell für 60000 Volt und maximal 100 M. A. (6 KW)
                              									gebaut wird. Der Spannungsabfall in der Röhre beträgt nur etwa 200 Volt, so daß sich
                              									der Wirkungsgrad bei 100000 Volt auf 98 v. H., bei 130000 Volt auf 98,5 v. H.
                              									beläuft.
                           Eine Anwendung finden die erwähnten Gleichrichterröhren zum Betriebe von normalen
                              									Röntgenröhren wie auch von Coolidge-Therapieröhren, da bei diesen die Anode infolge
                              									der starken Beanspruchung hell weißglühend wird und daher keine Gewähr mehr für eine
                              									sichere Ventilwirkung vorhanden ist. Sonstige Anwendungen haben sie bisher nicht
                              									gefunden. Indessen wies der Vortragende darauf hin, daß man sich sehr wohl künftige
                              									Anwendungsgebiete denken könne, für die sie einmal in Betracht kommen.
                           Als Abschluß seines Vortrages erwähnte Norden
                              									schließlich die auf Grund der gleichen Grundüberlegungen konstruierten
                              									Stromverstärkerröhren, die als Lautverstärker für Sprechströme oder Zeichen beim
                              									Empfang drahtloser Schwingungen in letzter Zeit eine weitgehende Verbreitung
                              									gefunden haben. Sie beruhen darauf, daß in den Weg zwischen Glühkathode und Anode
                              									eine gitterförmig ausgebildete Hilfsanode geschaltet ist, an die man das wechselnde
                              									Potential des Sprechstromes anlegt. Je nach der Höhe und dem Vorzeichen dieses
                              									wechselnden Potentials wird der Entladungsstrom zwischen Kathode und Anode stark
                              									verstärkt oder stark geschwächt, und es werden dadurch die Schwankungen des
                              									Gitterpotentials in außerordentlich verstärkter Weise bemerkbar gemacht. Die
                              									Verstärkungsziffer einer einzelnen Röhre für die üblichen Telephonströme gab der
                              									Vortragende zu etwa 1 : 8 an; die Wirkung kann durch eine zweckmäßig gewählte
                              									Kaskadenschaltung entsprechend gesteigert werden. Die Vorführung einer dreifachen
                              									Verstärkung beschloß den Vortrag.
                           Dr. A. Meyer.
                           Die Schutzrechte der im feindlichen Ausland geschützten
                                 										Patente. In mehreren der mit uns im Kriege befindlichen Länder sind
                              									Bestimmungen erlassen worden, die bezwecken, Patent-, Muster- und Markenrechte, die
                              									nach dortigem Rechte Deutschen zustehen, aufzuheben oder zu beschränken. Die bisher
                              
                              									vorliegenden Nachrichten über die praktische Ausführung jener Bestimmungen sind
                              									unvollständig. Es ist aber erwünscht und im eigenen Interesse der Beteiligten
                              									erforderlich, daß die einzelnen Fälle, in denen gewerbliche Schutzrechte Deutscher
                              									durch kriegsrechtliche Anordnungen feindlicher Behörden tatsächlich betreffen worden
                              									sind, genau und erschöpfend festgestellt werden. Das Kaiserliche Patentamt ist
                              									beauftragt worden, eine entsprechende Uebersicht aufzustellen. Die Mitwirkung der
                              									Beteiligten ist dabei unerläßlich. Die Inhaber der im
                                 										feindlichen Ausland geschützten Patente, Muster und Warenzeichen werden daher
                                 										aufgefordert, die einzelnen behördlichen Eingriffe in ihre Schutzrechte so bald
                                 										als möglich dem Patentamt mitzuteilen, und zwar sowohl die bisher verfügten
                              									als diejenigen, die künftig noch. angeordnet werden. Soweit nicht die betreffende
                              									Entscheidung selbst ur- oder abschriftlich beigebracht werden kann, ist eine kurze
                              									und klare Angabe des Tatbestandes erforderlich und ausreichend. Anzugeben ist
                              									insbesondere das Schutzrecht nach Land der Erteilung, Gegenstand und Alter und die
                              									gegen den Inhaber ergangene Anordnung nach Zeitpunkt, verfügender Stelle und
                              
                              									wesentlichem Inhalt (Art und Dauer der Beschränkung, Entschädigung, Lizenzgebühr).
                              									Von kritischen und wirtschaftlichen Erörterungen und dergleichen ist abzusehen.
                              									Ebenso kommt, nach den allgemeinen Zwecken der geplanten Zusammenstellung, die Anmeldung von Schadensersatzansprüchen nicht in Frage.
                              									Die Mitteilungen sind zu richten an das Kaiserl. Patentamt, Berlin SW 61,
                              									Gitschinerstr. 97/103.