| Titel: | Die Entwicklung der technischen Physik in den letzten 20 Jahren. | 
| Autor: | W. Hort | 
| Fundstelle: | Band 332, Jahrgang 1917, S. 183 | 
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                        Die Entwicklung der technischen Physik in den
                           								letzten 20 Jahren.
                        Von Ingenieur Dr. W. Hort, Berlin-Siemensstadt.
                        (Fortsetzung von S. 170 d. Bd.)
                        HORT: Die Entwicklung der technischen Physik in den letzten 20
                           								Jahren.
                        
                     
                        
                           3. Die Theorie der Turbinen hat seit Eulersa)
                                    											L. Euler. Recherches sur l'effet d'une machine
                                    											hydraulique, proposée par M. Segner, Professeur à
                                    											Göttingue. Hist. de l'Ac. Roy. Berl. 1750.b) Application de la machine hydraulique de M. Segner. Hist. de l'Ac. Berl. 1751.c) Théorie plus complette des machines, qui sont mises en mouvement par la
                                    											réaction de l'eau. Hist. de l'Ac. Berl. 1754. Zeiten bis vor
                              									kurzem ihre Gestalt nicht wesentlich geändert.
                           Ihre Grundannahmen entlehnt sie zunächst der oben erwähnten Theorie der Strömung in
                              									Rohren, nämlich die Kontinuitätsgleichung und die Energiegleichung der Bernoullischen Stromfadentheorie.
                           Weiterhin liefert die Dynamik der Relativbewegung einer Masse in einem bewegten Raum
                              									die Eulersche Momentengleichung:
                           \frakfamily{M}=\frac{G}{g}\,[\omega\,({r_3}^2-{r_4}^2)+r_3\,v_3\,\cos\,\beta_3-r_4\,v_4\,\cos\,\beta_4] (15)
                           wo G das sekundliche
                              
                              									Wassergewicht und ω die Winkelgeschwindigkeit eines um
                              									die Z-Achse rotierenden Kanals bedeuten, während r3, r4, v3, v4, ß3, ß4 aus der Abb. 18 zu
                              									entnehmen sind.
                           Diese Formel nimmt für Achsialturbinen (Abb. 19), bei
                              									denen die Kurve a b auf einem Zylindermantel um die
                              									Achse Z Z liegt, mit r3 = r4 = r, die einfachere
                              									Gestalt an:
                           \frakfamily{M}=\frac{G}{g}\,r\,(v_3\,\cos\,\beta_3-v_4\,\cos\,\beta_4)\ .\ .\ . (16)
                           Für Radialturbinen dagegen lautet sie:
                           \frakfamily{M}=\frac{G}{g}\,(u_3\,r_3-u_4\,r_4)\ .\ .\ . (16a)
                           wo u3 = ω r3
                              									+ v3 cos ß3 und u4 = ω r4
                              									+ v4 cos ß4 die tangentialen
                              									Komponenten der Ein- und Austrittsgeschwindigkeit am Laufrade bedeuten.
                           Nach Multiplikation mit ω ergibt sich die Leistung der
                              									Wasserbewegung
                           L=ω\,\frakfamily{M}  (17)
                           Diesen letzteren Ansatz verbindet man mit der Energiegleichung für die Bewegung des
                              									Wassers zwischen Ober- und Unterspiegel der Turbinenanlage (Abb. 20):
                           G\,h=\frac{G}{2\,g}\,[{U_2}^2\,(1+\zeta)-{U_1}^2]+\omega\,\frakfamily{M}+R_s\ . (18)
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 183
                              Abb. 18.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 183
                              Abb. 19.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 183
                              Abb. 20.
                              
                           
                           in welcher Rs einen
                              									Stoßverlust bedeutet, der eintritt, wenn die weiter unten folgenden Gleichungen (20)
                              
                              									nicht erfüllt sind, während der Widerstandskoeffizient
                              									ξ dem mit dem Durchfluß des Wassers durch die Turbine
                              									verbundenen Reibungsverlust Rechnung tragen soll.
                           Wir haben sonach zwei Gleichungen, zu denen noch die Kontinuitätsgleichungen für den
                              									Eintritt und Austritt am Laufrade sowie im Ober- und Unterspiegel hinzukommen:
                           F_1\,U_1=F_3\,v_3\,\sin\,\beta_3=F_4\,v_4\,\sin\,\beta_4=F_2\,U_2=\frac{G}{g} (19)
                           Es ist ohne weiteres klar, daß mit diesen Ansätzen für die Berechnung der Unbekannten
                              										M, ω, r3, r4, v3, v4, ß3,
                              									ß4, U1, U2, F1, F2, F3, F4, den gegebenen
                              									Größen G und h die
                              									Möglichkeit willkürlicher Festsetzungen offen bleibt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 184
                              Abb. 21.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 184
                              Abb. 22.
                              
                           Um letztere zu beschränken, greift man zu den Bedingungen des stoßfreien Austritts
                              									des Wassers aus dem LeitDas Leitrad ist von
                                    											L. Euler erfunden worden. Siehe die Arbeit unter
                                    											Fußnote 217c. und Laufrade (Abb.
                                 										21 und 22):
                           
                              
                                 Austritt aus dem Laufrad:c3 cos a3
                                    											– v3 cos ß3
                                    											– u3 =
                                    												0c3
                                    											sin a3 – v4 sin ß3 = 0Austritt aus dem Leitrad:c4 cos a4 – v4 cos ß4
                                    											– u4 =
                                    												0c4
                                    
                                    											sin a4 – v4 sin ß4 = 0
                                 (20)
                                 
                              
                           welches Mittel jedoch bei weitem noch nicht hinreicht, um alle
                              									für die Ausführung einer Turbine nötigen Größen restlos zu bestimmen.
                           Es gelingt mit Hilfe der angeführten Ansätze, die Arbeitsgleichung der Turbine in die
                              									Form zu bringen:
                           2\,g\,h=\omega^2\,({r_3}^2-{r_4}^2)+2\,\omega\,\frac{G}{\gamma}\,\frac{r_3\,\mbox{tg}\,\left(\frac{3}{2}\,\pi+\beta_3\right)}{F_3}+\frac{G^2}{\gamma^2\,F^2} (20a)
                           die als Charakteristik der Turbine
                              									bezeichnet und zur Untersuchung der Betriebsverhältnisse benutzt wird.
                           Darüber hinaus geben unsere Gleichungen insbesondere über die Gestaltung der
                              									Kranzquerschnitte der Turbinenräder sowie über die Schaufelform keinen Aufschluß.
                              									Auch bleibt der eigentliche Strömungsverlauf in der Turbine unerörtert.
                           Ferner haftet der ganzen Theorie der Gebrauch des Widerstandskoeffizienten ξ an, welcher in Wirklichkeit für jeden Uebergang aus
                              									einem Element der Turbine in das andere (Zulauf, Leitrad, Laufrad, Saugrohr)
                              									gesondert in Ansatz gebracht werden muß und die fortgesetzte Vornahme zahlreicher
                              									Versuche notwendig macht.
                           Diese der alten TheorieDer weitere Ausbau dieser Theorie ist zu
                                    											verdanken:a) M. Poncelet. Sur la théorie des effets
                                    											mécaniques de la turbine Fourneyron. Comptes rendus t. VII. 1838.b) Combes, Recherches théoriques et experimentales
                                    											sur les roues à reaction ou à tuyaux. Paris 1843.c) Redtenbacher. Theorie und Bau der Turbinen und
                                    											Ventilatoren. Mannheim 1844 und 1860.d) Weisbach. Lehrbuch der Ingenieur- und
                                    											Maschinenmechanik. 5. A. 1870–99. Weisbach ist in
                                    											erster Linie die umfassende Erforschung und Anwendung der
                                    											Widerstandskoeffizienten zu verdanken, die von italienischen, französischen
                                    											und deutschen Hydraulikern (unter letzteren Eytelwein) eingeführt waren.e) Eine abschließende Darstellung der älteren Turbinenforschung bietet G. Zeuner, Vorlesungen über Theorie der Turbinen.
                                    											Leipzig 1899. zweifellos anhaftenden Mängel haben nicht
                              									verhindert, daß die Turbinenkonstruktion bis zum Ende des 19. Jahrhunderts auf einen
                              									hohen Stand der Vollkommenheit gebracht wurde, worüber die in den großen Werken über
                              									die WasserturbinenA. Pfarr. Die Turbinen für Wasserkraft betrieb.
                                    											Theorie und Konstruktion. 2. A. 1912. und in den
                              										FachzeitschriftenZ.B. Zeitschr. f. d.
                                    											ges. Turbinenw. und Z. d. V. d. I. mitgeteilten Ausführungen
                              									Rechenschaft ablegen.
                           Immerhin trat im Laufe dieser Entwicklung das Bedürfnis, die überkommene Theorie zu
                              									vervollständigen, zutage und äußerte sich zunächst in genauerer Erörterung und
                              									Prüfung der für die praktische Turbinenberechnung nach obigem notwendigen
                              									willkürlichen Festsetzungen der Gestalten der Kranzquerschnitte und Schaufeln sowie
                              									im Zusammenhang hiermit, der Geschwindigkeits- und Druckverteilung. So entstand eine
                              									in zahlreichen Zeitschriftartikeln und Büchern sich kund tuende, öfter als graphisch bezeichnete Turbinentheorie,a) Speidel und Wagenbach.
                                    											Ueber Francis-Turbinenschaufelung. Z. d V. d. I. 1899 S.581.b) Bashus. Zur Konstruktion der Laufräder der
                                    											Radialturbinen. Z. d. V. d. I. 1901 S. 1602.c) Kaplan. Neues Verfahren zur Berech, u. Konstr.
                                    											d. Francis-Turbinenschaufel. Z. f. d. ges. Turbinenw. 1905 H. 8 u. 9.d) Escher. Die Schaufelung der Francisturbinen.
                                    											Schw. Bauz. 45 (1905).e) Thomann. Die Wasserturbinen. Stuttg. 1908.f) Herrmann. Die graph. Theorie der Turbinen und
                                    											Kreiselpumpen. Berlin 1900.g) Camerer. Neue Diagramme zur Turbinentheorie.
                                    											Berlin 1902.Hierher gehört auch als besonders bemerkenswert:h) Prásil. Konforme Abbildung der Drehungsflächen
                                    											der Strömung auf einen Kreisring. Schw. Bauztg. 48 (1906). die
                              										zweifellos
                              									interessant und praktisch wichtig ist, aber eben deshalb nichts prinzipiell neues
                              									bieten konnte, weil sie lediglich mit den überkommenen Anschauungen weiter
                              									arbeitete.
                           Bei dieser Sachlage griff zunächst Prásila) F. Prásil. Ueber
                                    											Flüssigkeitsbewegungen in Rotationhohlräumen. Schw. Bauztg. 41 (1903).b) F. Prásil. Technische Hydrodynamik. Berlin
                                    											1913. 1903 die Frage der Wasserströmung in Turbinen auf einem
                              									völlig neuen Wege an, indem er den Begriff der achsensymmetrischen Strömung
                              									einführte und auf die Eulerschen Gleichungen zurückging,
                              									die er auf Zylinderkoordinaten transformierte.
                           Unter einer achsensymmetrischen Strömung versteht man nach Abb. 23 einen Vorgang, bei dem Rotationsflächen um die Z-Achse
                              									existieren, die von kongruenten Bahnen der Flüssigkeitsteilchen gebildet werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 185
                              Abb. 23.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 185
                              Abb. 24.
                              
                           Zur Gewinnung der Eulerschen Gleichungen in
                              									Zylinderkoordinaten knüpfen wir an Abb. 24 an, in
                              									welcher an dem Massenelement
                           d\,m=\frac{\gamma}{g}\,r\,d\,r\,d\,z\,d\,\varphi\ .\ .\ .\ . (21)
                           die Achsial-, Radial- und Tangentialkomponenten der
                              									Geschwindigkeit vz,
                                 										vr, vt angreifen. Führen wir weiter die den vorhandenen
                              									Volum- oder Massenkräften entsprechenden Beschleunigungskomponenten qr
                              									qt , qz ein, so erhalten wir
                              									mit Hilfe einer hier nicht weiter mitzuteilenden Transformationsentwicklung die
                              									gesuchten Gleichungen:
                           
                              
                                 
                                    \frac{d\,v_r}{d\,t}-\frac{{v_t}^2}{r}=-\frac{g}{\gamma}\,\frac{\partial\,p}{\partial\,r}+q_r
                                    
                                    \frac{d\,v_t}{d\,t}+\frac{v_r\,v_t}{r}=-\frac{g}{\lambda}\,\frac{\partial\,p}{r\,\partial\,\varphi}+q_t
                                    
                                    \frac{d\,v_z}{d\,t}=-\frac{g}{\lambda}\,\frac{\partial\,p}{\partial\,z}+q_z
                                    
                                  . (22)
                                 
                              
                           sowie die Kontinuitätsgleichüng
                           \frac{\partial\,(v_r\,r)}{\partial\,r}+\frac{\partial\,(v_t\,r)}{r\,\partial\,\varphi}+\frac{\partial\,(v_z\,r)}{\partial\,z}=0\
                                 .\ .\ . (23)
                           Der Bau dieser Gleichungen ist demjenigen der gewöhnlichen Eulerschen Gleichungen in kartesischen Koordinaten durchaus analog; es
                              									kommen bei ihnen lediglich die von der Rotation herrührenden Glieder =\frac{{v_t}^2}{r} und
                              									+\frac{v_r\,v_t}{r} in den ersten beiden Gleichungen hinzu.
                           Diese Gleichungen wurden von Prásil zunächst benutzt,
                              									um den Strömungsvorgang im Saugrohr der Turbinen zu
                              									untersuchen, der ohne weiteres als achsensymmetrisch zu betrachten ist.
                           Wie sich aus der Abb. 23 ergibt, kann in diesem Falle
                              									eine Abhängigkeit der Bewegung von der q-Koordinate
                              									nicht bestehen und die Gleichungen vereinfachen sich, nach Auflösung der totalen
                              									Differentiationen, nach der Zeit für stationäre
                                 										Bewegungen in:
                           
                              
                                 
                                    v_z\,\frac{\partial\,v_r}{\partial\,z}+v_r\,\frac{\partial\,v_r}{\partial\,r}-\frac{{v_t}^2}{r}=-\frac{g}{\lambda}\,\frac{\partial\,p}{\partial\,r}+q_r
                                    
                                    v_z\,\frac{\partial\,v_t}{\partial\,z}+v_r\,\frac{\partial\,v_t}{\partial\,r}+\frac{v_r\,v_t}{r}=q_t
                                    
                                    v_z\,\frac{\partial\,v_z}{\partial\,z}+v_r\,\frac{\partial\,v_z}{\partial\,r}-\frac{g}{\lambda}\,\frac{\partial\,p}{\partial\,z}+q_z
                                    
                                    \frac{\partial\,(v_r\,r)}{\partial\,z}+\frac{\partial\,(v_z\,r)}{\partial\,r}=0
                                    
                                 . . (24)
                                 
                              
                           Diese Gestalt der Kontinuitätsgleichung gibt Anlaß zur Einführung einer Funktion ψ (r, z), von welcher die
                              									Geschwindigkeitskomponenten vz und vr, wie
                              									folgt, abhängen sollen:
                           v_z=\frac{1}{r}\,\frac{\partial\,\psi}{\partial\,r};\ v_r=-\frac{1}{r}\,\frac{\partial\,\psi}{\partial\,z}\ .\ . (25)
                           Diese Funktion ψ (τ, z) stellt nach Wahl einer
                              									Konstanten C vermöge der Gleichung
                           ψ (r, z) = C (Abb. 25) (26)
                           eine Meridiankurve sowie die durch diese erzeugte
                              									Rotationsfläche F F vor.
                           Durch Differentiation folgt aus (26):
                           \frac{\partial\,\psi}{\partial\,r}\,d\,r+\frac{\partial\,\psi}{\partial\,z}\,d\,z=0\ .\ .\ . (27)
                           und mit Rücksicht auf (25)
                           – vr
                              									d z +vτ d r = 0
                              									(28)
                           oder
                           \frac{d\,z}{d\,r}=\frac{v_z}{v_r}\ .\ .\ .\ .\ .\ . (29)
                           Demnach fällt die Tangente der Meridiankurve mit der
                              									resultierenden Geschwindigkeit \sqrt{{v_r}^2+{v_z}^2} zusammen, infolgedessen die
                              									Stromgeschwindigkeit v ganz in die Rotationsfläche
                           ψ (r, z) =
                                 										C
                           hineinfällt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 185
                              Abb. 25.
                              
                           Aus diesem Grunde nennt man ψ die Stromfunktion, zu deren näherer Bestimmung die übrigen Gleichungen
                              									herangezogen werden müssen.
                           Dieser Aufgabe, sowie der Anwendung der gefundenen Resultate zur Ermittlung von
                              									Saugrohrgestalten bei Turbinen widmet sich die angezogene Arbeit von Prásil, auf die wir hiermit verweisen.
                           Nach Abb. 25 ergibt sich noch das das Element des Querschnitts der
                              									Rotationsfläche durchströmende Elementarquantum
                           d Q = 2πrvzdrγ
                              									(30)
                           und mit
                           
                              r\,v_z=\frac{\partial\,\psi}{\partial\,r}
                              
                           und nach Integration
                           Q = 2πψ = 2πC(31)
                           d.h. die durch die Konstante C definierte Rotationsfläche ψ = C begrenzt die
                              									strömende Flüssigkeitsmenge QC = 2πC.
                           Um die Eulerschen Gleichungen in
                                 										Zylinderkoordinaten auch auf die eigentlichen Turbinenräder anwenden zu können, hat H. Lorenza) H. Lorenz. Die Wasserströmung in rotierenden
                                    											Kanälen. Phys. Z. 1905.b) Neue Grundlagen der Turbinentheorie. Z. f. d. ges. Turbinenw. 1905.c) Theorie und Berechnung der Vollturbinen und Kreiselpumpen. Z. d. V. d. I.
                                    											1905. sich folgende Vorstellungen gebildet.
                           Zunächst werde die Turbinenstfömung dadurch achsialsymmetrisch gemacht, daß die Zahl der Schaufeln als unendlich groß und sie selbst als
                              									unendlich dünn vorausgesetzt werden.
                           Ferner werde die Druckwirkung zwischen Schaufeln und
                              									Flüssigkeit, die in Wirklichkeit in einer der Schaufelzahl gleichen Anzahl endlicher
                              										Drucksprünge (Druckunterschied auf beiden Seiten
                              									einer Schaufel) besteht, ersetzt durch ein Kraftfeld der
                              									Komponenten \frac{\gamma}{g}\,q_r, \frac{\gamma}{g}\,q_t, \frac{\gamma}{g}\,q_z welches nunmehr als
                              									achsialsymmetrisch betrachtet werden kann. Zur Z-Komponente dieses Feldes hat man
                              									noch die Schwerkraft \frac{\gamma}{g}\,g hinzuzufügen, wodurch
                              									die dritte Gleichung (24) übergeht in
                           \frac{d\,v_z}{d\,t}=-\frac{g}{\gamma}\,\frac{\partial\,p}{\partial\,z}+q_z+g\ .\ .\ . (31)
                           Die Diskussion dieser Ansätze führt unter Einführung der durch
                           
                              
                                 
                                    \epsilon_r=-\frac{1}{2\,r}\,\frac{\partial\,(v_t\,r)}{\partial\,z}
                                    
                                    \epsilon_t=\frac{1}{2}\,\left(\frac{\partial\,v_r}{\partial\,z}-\frac{\partial\,v_z}{\partial\,r}\right)
                                    
                                    \partial_t=+\frac{1}{2\,r}\,\frac{\partial\,(v_t\,r)}{\partial\,r}
                                    
                                  . . (32)
                                 
                              
                           definierten WirbelkomponentenH. Lorenz. Theorie
                                    											der Kreiselräder auf Grund der Wirbelbewegung. Phys. Z. 1907. zu
                              									einer Reihe allgemeiner Sätze:
                           1. Die resultierende Zwangsbeschleunigung q steht auf
                              									den relativen Wasserbahnen und auf den Schaufelflächen senkrechtDer Urheber dieses Satzes ist W. Bauersfeld. Zur Theorie der Vollturbinen und
                                    											Kreiselpumpen. Z. d. V. d. I. 1905 S.2007. und verschwindet mit
                              									Wegfall der Wirbelkomponenten.
                           2. Die Wasserbewegung im Turbinenrade ist eine Wirbelbewegung, deren Wirbelfäden mit den
                              									Strombahnen identisch sind.
                           3. Die Wirbelfäden sind zu Wirbelflächen zusammengesetzt,
                              									die mit den Schaufelflächen identisch sind.
                           4. Die Kranzquerschnitte der Turbinen bestimmen sich durch geeignete Stromfunktionen
                              										(Abb. 26) in analoger Weise wie die
                              									Meridiankurven der Saugrohre.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 186
                              Abb. 26.
                              
                           Von diesen Sätzen abgesehen liefert die Theorie von Lorenz
                              									natürlich auch die Formeln für den Energieaustausch im Rade und eine der Eulerschen entsprechende Momentengleichung
                           \frakfamily{M}=4\,\pi\,\frac{\gamma}{g}\,\int\,\int\,r^2\,(v_z\,\varepsilon_r-v_r\,\varepsilon_z)\,d\,r\,d\,z\ . (33)
                           in welchen die für die neue Anschauung charakteristischen
                              									Wirbelkomponenten εr, εz auftreten. Ferner hat Lorenz ein auf seiner
                              									Theorie beruhendes TurbinenberechnungsverfahrenDie Lorenzsche
                                    											Theorie ist auch durchgebildet für Maschinen für kompressible rotierende
                                    											Flüssigkeiten:H. Lorenz. Theorie und Berechnung der
                                    											Zentrifugalventilatoren und Pumpen Z f. Turbinenw. 1906.H. Lorenz. Theorie und Berechnung der
                                    											Schraubenventilatoren. Z. f. Turbinenw. 1906.Ihre Anwendung zur Berechnung von Schiffspropellern wird weiter unten
                                    											besprochen werden. ausgebaut (zunächst für Radial- und
                              									Achsialräder) welches an empirischen Verlustkonstanten lediglich die Annahme eines
                              
                              									hydraulischen Gesamtwirkungsgrades der Turbine voraussetzt. Wir verweisen wegen
                              									dieser Durchführung der Theorie auf das zusammenfassende LehrbuchH. Lorenz. Neue
                                    											Theorie und Berechnung der Kreiselräder. 2. A. München und Berlin 1911. Dies
                                    											Buch enthält im Anhang ein eingehendes Literaturverzeichnis.
                              									ihres Urhebers.
                           Es war nur natürlich, daß zu einer so durchgreifenden Neugestaltung der Turbinenlehre
                              									die gesamte Fachwelt mit lebhaftem Interesse Stellung nahm, zunächst in kritisch
                              									ablehnender Weise.
                           Der Haupteinwand, der namentlich von F. PrásilF. Prásil. Die
                                    											Berechnung der Kranzprofile und Schaufelformen für Turbinen und
                                    											Kreiselpumpen. Schweiz. Bauz. 50 (1907). und R. v. Misesa) R. v. Mises. Bemerkungen zur Lorenzschen Theorie der Kreiselräder. Phys. Zeit. 1907.b) R. v. Mises. Theorie der Wasserräder. Leipzig
                                    											1908. geltend gemacht wurde, bezog sich auf die Einführung des
                              									Begriffs der Zwangsbeschleunigung und seine analytische Verwendung in der von Lorenz vorgeschlagenen Weise. In die Erörterung griffen dann StodolaStodola. Z. f. d, ges. Turbinenw. 1907 S.
                                    											174. und BauersfeldBauersfeld. Z. f.
                                    											d. ges. Turbinenw. 1907 S. 256. ein, und das Ergebnis war, daß
                              									die Lorenzsche Theorie in ihren Grundanschauungen durchaus richtig ist und somit zur
                              									Berechnung von Kreiselrädern dienen kann. Sie hat in der Folge auch Aufnahme in die
                              									technische Mechanik von Föppl Bd. VI gefunden, womit sie
                              									zum normalen Unterrichtsstoff der Hochschulen gerechnet werden kann.
                           Zu der neuesten Zeit sei noch eine Arbeit von R. GrammelJahresber. d.
                                    											Deutsch. Math Vereinig. 25 (1916) S. 16-34. genannt, welche auf
                              									den von Lorenz eingeführten Gedanken der Zwangsbeschleunigung und ihren Zusammenhang
                              									mit der Strömung längs Führungsflächen Bezug hat. Durch sie wird das Auftreten der
                              									Zwangsbeschleunigung im Grenzfalle einer allgemeinen Strömung, bei der Kräfte durch
                              									die sogenannte Zirkulation erzeugt werden, erkannt.
                           4. Die Schwingungsbewegung von Wassermassen wird seit J.
                              										NewtonJ. Newton. Philos. Nat. Princ. Math. London
                                    											1687. erörtert, der die Pendelzeit einer in einer U-förmigen
                              									Röhre schwingenden Wassersäule ohne Rücksicht auf die Dämpfung berechnete. Gleichfalls ohne Dämpfung berechneten J. BernoulliJ. Bernoulli. Comm. Ac. Scient. Petrop. 1727 (1729)
                                    											S. 200. und D. BernoulliD. Bernoulli.
                                    											Hydrodynamica. Argentorati 1738 S. 118. 120. die Schwingungsdauer
                              									bei weniger einfachen Gefäßformen.
                           An diese ersten Untersuchungen schlössen sich weitere, die eine der ersten Potenz der Strömungsgeschwindigkeit proportionale Dämpfunga) H. de Lagrene.
                                    											Cours de navigation intérieure. Paris 1869 3 S. 135.b) A. Flamant. Ann. des Ponts et chaussées. (6) 1
                                    											(1881) S. 81.c) A. Flamant. Hydraulique. 2. Bd. 1900 S.
                                    											471. annahmen. Diese Voraussetzung genügt jedoch nicht für die in
                              									Wirklichkeit bei größeren Strömungsgeschwindigkeiten auftretenden Verhältnisse,
                              									weshalb die weiteren Forschungen zur Einführung der quadratischen Dämpfunga) L. G. du Buat. Principes d'hydraulique 2. Paris 1786 S.
                                    											41.b) S. D. Poisson. Mecanique 1. 1811 S. 405.c) G. Coriolis. Journ. de math. 3 (1838) S.
                                    											445. schritten.
                           Die neueren Arbeiten beschäftigen sich vorzugsweise mit der Theorie des Wasserschlossesa)
                                    											F. Präsil. Ueber Wasserschloßprobleme. Schw.
                                    											Bauz. 52 (1908).b) W. Liebisch. Z. d. österr Ing.- u. Arch.-Ver.
                                    											63 (1911) S. 280, 536.c) Forchheimer. Hydraulik 1914d)                „            Schweiz. Bauz. 53 (1909) S. 57.e)                „            Z. d. V. d. I. 56 (1912) S. 1292.f)                „             Z. d. V. d. I. 57 (1913) S. 545.g) Pressel. Beitrag zur Bemessung des Inhaltes von
                                    											Wasserschlössern. Schweiz. Bauz. 53 (1909) S. 57, 510.h) D. Thoma. Beiträge zur Theorie des
                                    											Wasserschlosses. Dissertation. München 1910. in Turbinenanlagen.
                              									Dieses wird in der Zuleitung vom Wasserbehälter zur Turbine eingeschaltet, und
                              
                              									sein Spiegel ist im Falle des An- und Abstellens der Turbine Schwankungen
                              									unterworfen, für die wir nachstehend im Anschluß an die Darstellung bei Forchheimer einen Ansatz entwickeln wollen.
                           Nach der Abb. 27 fließt in der Zeit d t durch den Stollen die Wassermenge γ F U d t mit der Arbeitsleistung d A = γFUzdt.
                              									Diese Arbeit dient zur Deckung des Verlustes an Druckhöhe infolge von Reibung:
                           h = x l U2 (35)
                           welcher einer gesamten Reibungsarbeit entspricht
                           dR = xγlFUsdt,
                           sowie zur Beschleunigung
                           d\,B=\gamma\,F\,U\,\frac{l}{g}\,d\,U\ .\ .\ .\ . (36)
                           der im Stollen enthaltenen Wassermenge, wenn wir die
                              									Beschleunigung der Wassermengen im Behälter und im Wasserschloß wegen der Größe
                              									ihrer Querschnitte gegenüber F vernachlässigen. Die
                              
                              									Arbeitsgleichung
                           dA = dB + dR (37)
                           lautet dann
                           z=x\,l\,U^2+\frac{l}{g}\,\frac{d\,U}{d\,t}\ .\ .\ .\ . (38)
                           Die Wassergeschwindigkeit U im
                              									Stollen hängt nun mit der Spiegelgeschwindigkeit
                              										\frac{d\,z}{d\,t} infolge der Kontinuität der Strömung durch
                              									die Gleichung zusammen:
                           U=-\frac{F_1}{F}\,\frac{d\,z}{d\,t}\ .\ .\ .\ .\ .\ . (39)
                           woraus sich findet:
                           \frac{d\,U}{d\,t}=-\frac{F_1}{F}\,\frac{d^2\,z}{d\,t^2}\ .\ .\ .\ .\ . (40)
                           Durch Hinsetzen von (39) und (40) in (38) erhält man:
                           \frac{d^2\,z}{d\,t^2}-g\,x\,\frac{F_1}{F}\,\left(\frac{d\,z}{d\,t}\right)^2+\frac{g\,F}{l\,F_1}\,z=0\ .\ . (41)
                           Diese Differentialgleichung ist nicht schwer zu integrieren,
                              									worüber wir auf Forchheimer verweisen; jedenfalls kann
                              									man durch sie die eintretenden Spiegelschwankungen rechnerisch festlegen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 187
                              Abb. 27.
                              
                           Wird in die Verbindungsleitung zwischen zwei Wasserbehältern F1 und F2 eine Turbine
                              										(Abb. 28) eingeschaltet, so werden die Schwingungsmöglichkeiten durch diese beeinflußt. Man hat
                              									die für den Beharrungszustand geltende Turbinengleichung (20a.
                           
                           2\,g\,(z_2-z_1)\,\gamma\,V=\gamma\,\frac{V^3}{{f_1}^2}+2\,\omega\,\gamma\,\frac{V^2}{f^2}+\omega^2\,\gamma\,V\,f_3 (42)
                           durch Hinzufügung der Glieder 2\,\gamma\,\frac{V}{f_4}\,\frac{d\,V}{d\,t} der
                              									Beschleunigungsarbeit der Wassermasse und 2\,g\,\Theta\,\omega\,\frac{d\,\omega}{d\,t} der Beschleunigungsarbeit des
                              									Turbinenträgheitsmomentes Θ auf der rechten Seite zu
                              									erzeugen, womit der Ansatz entsteht:
                           2\,g\,\gamma\,(z_2-z_1)\,V=\frac{\gamma\,V^3}{{f_1}^2}+\frac{2\,\omega\,\gamma\,V^2}{f_2}+f_3\,\gamma\,\omega^2\,V+\frac{2\,\gamma\,V}{f_4}\,\frac{d\,V}{d\,t}+2\,g\,\Theta\,\omega\,\frac{d\,\omega}{d\,t}\
                                 . (43)
                           Da zwischen der Winkelgeschwindigkeit ω und dem sekundlichen Wasservolumen V = U1F1 (U1 = Geschwindigkeit im
                              									Oberspiegel) eine Beziehung besteht:
                           \omega=\frac{V}{f_5}-\frac{\frakfamily{M}\,g}{\gamma\,f_6\,V}\ .\ .\ .\ .\ .\ . (44)
                           wo M das Drehmoment der Turbine
                              									bedeutet, und andererseits die Spiegelgeschwindigkeiten \frac{d\,z_1}{d\,t} und \frac{d\,z_2}{d\,t}
                              									sich vermöge:
                           \frac{d\,z_1}{d\,t}=-U_1,\ \frac{d\,z_2}{d\,t}=+\frac{U_1\,F_1}{F_2}\ .\ .\ . (45)
                           durch U1 ausdrücken lassen, so kann man aus (43) eine einzige
                              									Differentialgleichung herstellen, welche nur eine der Variabein U1, ω, z = z1
                              									– z2 enthält. Diese
                              									Differentialgleichung wird für kleine Schwingungen linear von der zweiten Ordnung
                              									und enthält als Störungsglied das Drehmoment M und
                              									seine Schwankungsgeschwindigkeit
                              									\frac{d\,\frakfamily{M}}{d\,t}.
                           Der vorstehend skizzierte Gedankengang stammt von H. LorenzH. Lorenz. Schwingungen von Flüssigkeiten und ihr
                                    											Einfluß auf den Gang von Kreiselrädern. Z. f. d. ges. Turbinenwesen 5 (1908)
                                    											S. 437, 458, 473.Vgl. auch H. Lorenz, Hydromechanik. und
                              									findet sich ausführlich dargestellt in der Zeitschr. für das gesamte Turbinenwesen,
                              									sowie im Lehrbuch der technischen Hydromechanik, wo auch die Bedeutung der
                              									Konstanten f1 bis f6 zu ersehen ist.
                           Lorenz hat seine Theorie auch auf die Frage der Schwingungen in Kreiselpumpenleitungen
                              									ausgedehnt; seine Resultate fanden im übrigen Bestätigung gelegentlich von
                              										Versuchen.a) E. Reichel. Versuche an einer Lorenzturbine. Z. f.
                                    											d. ges. Turbinenw. 1908.b) Rasch und Bauwens.
                                    											Die Kraftübertragungsanlage der Ruhrtalsperren-Gesellschaft. Z. d. V. d. I.
                                    											1908 S. 606.c) E. Reichel. Versuche an einer Zentrifugalpumpe.
                                    											Z. f. d. ges. Turbinenw. 1908.
                           Ist mit der Turbine, wie üblich, ein Regler verbunden, so
                              									erhält man je nach der Konstruktion desselben zwei oder mehr simultane Differentialgleichungen, die ebenso viel Freiheitsgraden des
                              									Systems entsprechen. Die hier vorliegende sehr reichhaltige Literatur hat BauersfeldW. Bauersfeld. Die automatische Regulierung der
                                    											Turbinen. Berlin 1905. zusammenfassend bearbeitet.
                           In das Gebiet der schwingenden (zeitlich veränderlichen) Wasserbewegung ist noch die
                              									Theorie der Kolbenpumpen und deren Ventile zu rechnen. Eine Darstellung dieser
                              									enthält die technische Hydrodynamik von H. Lorenz. Im
                              									übrigen besteht über diesen Gegenstand eine ausgedehnte theoretische und
                              									experimentelle Literatur bezüglich deren wir auf den Bericht von M. GrüblerEnzykl. der
                                    											math. Wissensch. Bd. IV 21. Abgeschl. Juni 1907. in der
                              									Enzyklopädie der mathematischen Wissenschaften verweisen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 188
                              Abb. 28.
                              
                           Zu den Pumpen mit zeitlich veränderlicher Strömung gehört auch der hydraulische
                              									Widder, dessen Theorie H. LorenzZ. d. V. d. I. 1910. behandelt hat.
                              									Eine weitere Arbeit desselben Verfassers über die Humphreysche Wasserpumpe mit unmittelbarer
                              									Einwirkung expandierenden Gases auf die Wassersäule werden wir in dem Abschnitt:
                              									technische Thermodynamik behandeln.
                           
                              (Fortsetzung folgt.)