| Titel: | Elektrische Zugmelder. | 
| Autor: | G. Quaink | 
| Fundstelle: | Band 332, Jahrgang 1917, S. 223 | 
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                        Elektrische Zugmelder.
                        Von G. Quaink,
                           								Charlottenburg.
                        QUAINK: Elektrische Zugmelder
                        
                     
                        
                           Für die Regelung des Zugverkehrs auf der Strecke und den Bahnhöfen sind
                              									mechanische und besonders elektrische Einrichtungen, seit langer Zeit allgemein
                              									eingeführt. Gleichartige Einrichtungen, die den Verkehr der Reisenden auf den
                              									Bahnhöfen regeln sollen, sind jedoch lange nicht in demselben Maße verbreitet. Das
                              									liegt zu einem guten Teil daran, daß einmal die Verhältnisse auf den einzelnen
                              									Bahnhöfen sehr verschieden sind, so daß sich allgemein brauchbare Einrichtungen
                              									schwer schaffen lassen, zu einem anderen daran, daß sie in der Regel dann nicht
                              									ausreichen, wenn sie am notwendigsten gebraucht werden, d.h. zu Zeiten sehr starken
                              									Verkehrs oder dann, wenn aus irgend einem Grunde Unregelmäßigkeiten in der Zugfolge
                              									vorkommen.
                           Für den gut geregelten Verkehr auf einem Bahnhof sollte als Grundsatz gelten, daß
                              									jeder abfahrende Reisende über den von ihm gewählten Zug so rechtzeitig und genügend
                              									unterrichtet wird, daß er ihn erreichen kann, ohne Nachfragen nötig zu haben; daß
                              									ein ankommender Reisender den Ausgang oder den Anschlußzug bequem finden kann; daß
                              									endlich Personen, die zum Abholen von Reisenden erschienen sind, zuverlässig auf die
                              									Stelle aufmerksam gemacht werden, an der der erwartete Zug einläuft. Zu vermeiden
                              									ist auf alle Fälle, daß die Angestellten der Bahn, Pförtner,
                              									Bahnsteigschaffner, Zugbegleitung usw. durch Fragen der Reisenden oder Abholenden
                              									unnötig in Anspruch genommen und dadurch ihren dienstlichen Obliegenheiten entzogen
                              									werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 222
                              Abb. 1. Geber für einen elektrischen Zugmelder.
                              
                           Andererseits müssen aber auch diese Angestellten über den Gang der
                              									Züge und über alles, was damit zusammenhängt, stets auf dem Laufenden gehalten
                              									werden, damit sie imstande sind, jederzeit zuverlässige Auskunft zu geben.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 223
                              Abb. 2. Zugmelder als einfacher Fahrtrichtungsweiser
                              
                           Gelingt es, mechanische oder elektrische Einrichtungen zu schaffen, die die
                              									Bahnangestellten von unnötigen Fragen entlasten, die beim Eintreten
                              									unvorhergesehener Ereignisse sie und die auf dem Bahnhof verkehrenden Personen über
                              									den Zugverkehr unterrichten, so bedeutet das für die Eisenbahnverwaltung eine
                              									Personalersparnis, also einen wirtschaftlichen Vorteil, der besonders in Zeiten
                              									nicht zu unterschätzen ist, in denen es darauf ankommt, jede Arbeitskraft für
                              									nutzbringendere Arbeit frei zu machen. Die Zugabfertigung wird beschleunigt und die
                              									Sicherheit des Verkehrs nimmt zu. Zudem haben mechanische oder elektrische
                              									Einrichtungen den Vorzug, daß sie zuverlässiger sind als das Gedächtnis der
                              									Angestellten, das besonders dann leicht versagen kann, wenn es von ungewöhnlichen
                              									Vorkommnissen stärker als sonst beansprucht wird.
                           Wie die vorhin aufgestellten Grundsätze über die Regelung des Verkehrs auf den
                              									Bahnhöfen erkennen lassen, sind die Möglichkeiten, sie gut durchzuführen, auf den
                              									einzelnen Bahnhöfen ganz verschieden. Die Lösungen der Fragen, die in einem
                              									gegebenen Falle auftreten, sind wesentlich beeinflußt nicht nur von der baulichen
                              									Anlage des Bahnhofes und von dem Umfange des Zugverkehrs, sondern auch von dem
                              									Charakter dieses Verkehrs, der im allgemeinen gleichmäßig, in besonderen Fällen aber
                              									auch regelmäßig oder unregelmäßig stoßweise sein kann. Es würde zu weit führen, auf
                              									die verschiedenen Möglichkeiten und deren Ausführungen an dieser Stelle auch nur
                              									andeutungsweise einzugehen und zu erwähnen, wie man versucht hat, die
                              									Eisenbahnangestellten besonders von den Fragen und dem Auskunftverlangen zu
                              									entlasten.
                           Hier soll nur darauf hingewiesen werden, daß es eine elektrische Einrichtung gibt,
                              									die, in ihrem Grundgedanken sehr einfach, sich in mannigfaltiger Weise ausgestalten
                              									läßt und überaus vielseitig verwendbar ist: das ist der von der Siemens & Halske A.-G. Wernerwerk gebaute
                              									Zugmelder.
                           Diejenigen Stellen, an denen die Reisenden vornehmlich einer Auskunft bedürfen, sind
                              									die Wartesäle und die Bahnsteige. Unter den Auskünften, die täglich verlangt werden,
                              									ist eine große Zahl solcher, die sich ständig in der gleichen Weise wiederholen, nur
                              									daß sie mit der Tageszeit wechseln. Man könnte nun die regelmäßig wiederkehrenden
                              									Auskünfte auf je eine Tafel schreiben, alle Tafeln verdeckt anordnen und dafür
                              
                              									sorgen, daß jede Tafel dann sichtbar wird, wenn die auf ihr stehende Auskunft
                              									erfahrungsgemäß am meisten verlangt wird. Es würde sich dann nur darum handeln, von einer
                              									größeren Zahl von Tafeln, sobald es nötig wird, eine erscheinen zu lassen. Das wird
                              									bei dem Zugmelder in folgender Weise erreicht: Sämtliche Tafeln hängen in einem
                              									rings geschlossenen Gehäuse und sind in ihrer Stellung verriegelt.; Soll eine Tafel
                              									sichtbar werden, so beginnt ein kleiner Elektromotor zu laufen und hebt einen
                              									Tragrahmen an; die Tafel wird entriegelt, klinkt aus und legt sich auf den Rahmen,
                              									der sie dann nach unten führt, so daß sie unterhalb des Gehäuses oder vor einer
                              									Oeffnung in diesem sichtbar wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 224
                              Abb. 3. Zugmelder mit zwei Gruppen von Angaben
                              
                           Die Wahl der Tafel und das Anlassen des Elektromotors erfolgen an einer beliebig weit
                              									von dem Aufstellungsort der Tafeln gelegenen Stelle durch Einstellen eines
                              									besonderen Gebeapparates (Abb. 1). Der Apparat hat
                              									ein mit Zahlen bezeichnetes Zifferblatt. Jede Zahl bedeutet eine der beschriebenen
                              									Tafeln, und ihre Aufschrift kann aus einem Verzeichnis neben dem Geber leicht
                              									entnommen werden. Soll die Tafel sichtbar werden, so hat man nichts weiter zu tun,
                              									als den durch einen Handgriff beweglichen Zeiger über dem Zifferblatt auf die
                              									Nummer der Tafel einzustellen und eine seitlich am Geber angebrachte Taste zu
                              									drücken. Sobald das geschehen ist, beginnt der Elektromotor zu laufen, der Rahmen
                              									bringt zunächst eine etwa an ihm hängende Tafel in die Ruhelage zurück und macht die
                              									durch den Geber eingestellte sichtbar. Ob die Anlage richtig arbeitet, ist daran zu
                              									erkennen, daß vor einer Oeffnung des Gebers ein Schauzeichen erscheint, zum Beispiel
                              									eine Glühlampe aufleuchtet. Sobald sie erlischt, ist der Apparat für eine neue
                              									Einstellung frei, d.h. man kann dann jederzeit die sichtbare Tafel in die Ruhelage
                              									zurückbringen oder sie gegen eine andere auswechseln. Jede neue Einstellung wird
                              									durch ein lauttönendes Glockenzeichen am Zugmelder angekündigt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 224
                              Abb. 4. Zugmelder mit drei Gruppen von Angaben
                              
                           Es könnte scheinen, als ob der mit einer Zugmeldeanlage
                              									erreichbare wirtschaftliche Vorteil nicht besonders groß wäre und zum Beispiel durch
                              									eine Einrichtung nach Art der bekannten mechanischen Fahrtrichtungsweiser ebenso gut
                              									erzielt werden könne, wie sie vielfach auf Bahnsteigen aufgestellt sind, da ja die
                              									Einstellung von Hand ebenfalls nötig ist. Demgegenüber ist jedoch zu bedenken, daß
                              									es sich in allen Fällen um Angaben über ein- und ausfahrende Züge handelt. Ueber
                              									diese ist am vollständigsten das Befehlstellwerk unterrichtet, das durchaus nicht
                              									immer nahe am Bahnhof liegt. Ueberträgt man diesem die Aufgabe, den Geber zu
                              									bedienen, so erspart man ihm durch die beiden Handgriffe am Geber nicht nur die
                              									Benachrichtigung der Bahnhof- und Bahnsteigbeamten und vermeidet dadurch die
                              									Gefahr, daß die übermittelte Nachricht falsch verstanden oder falsch weiter gegeben
                              
                              									werden könnte, es erübrigen sich auch außerdem die Leute, die zur Bedienung der von
                              									Hand einzustellenden, nach Art der Richtungsweiser gebauten Apparate nötig wären.
                              									Lassen sich doch durch einen Geber gleichzeitig mehrere, beliebig verteilte
                              									Zugmelder in Gang setzen.
                           Wollte man sämtliche Mitteilungen, die sich auf einen bestimmten Zug beziehen, auf
                              									eine einzige Tafel setzen, so würde diese auf Bahnhöfen mit einigermaßen lebhaftem
                              									und abwechselndem Verkehr bald sehr wenig lesbar und übersichtlich und zudem die
                              									Zahl der notwendigen Tafeln sehr groß werden. Man teilt deshalb die zu gebenden
                              									Mitteilungen in Gruppen und läßt jede Gruppe von Tafeln an einer Stelle für sich an
                              									dem Gehäuse erscheinen. So kann zum Beispiel bei Zugankunftmeldern eine Gruppe von
                              									Tafeln die Fahrtrichtungen enthalten, aus denen die Züge einlaufen können; eine
                              									zweite Gruppe die Zugarten, die aus diesen Richtungen kommen, eine dritte die
                              									Bezeichnungen der Bahnsteigseiten, an denen die Züge einlaufen können. Da man jede
                              									Tafel einer Gruppe mit jeder beliebigen aus einer anderen zugleich erscheinen lassen
                              									kann, so ergeben sich zahlreiche Zusammenstellungen von Angaben, die bei richtiger
                              									Wahl und Unterteilung der Gruppen die Möglichkeit bieten, allen im Betriebe
                              									vorkommenden Fällen gerecht zu werden. Zum Einstellen der Tafeln aus den
                              									verschiedenen Gruppen am Zugmelder benutzt man denselben Rahmen. Am Geber muß jede
                              									Gruppe für sich behandelt werden. Man sieht deshalb für jede einzelne einen
                              									besonderen Einstellzeiger vor.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 225
                              Abb. 5.Zugankunftmelder auf dem Lehrter Bahnhof (Berlin)
                              
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 225
                              Abb. 6.Zugankunftmelder auf dem Stettiner Bahnhof (Berlin)
                              
                           Je nach den Verhältnissen, die auf den einzelnen Bahnhöfen zu berücksichtigen sind,
                              									läßt der einfache Zugmelder eine ganze Reihe von Abwandlungen zu. Eine Angabe, die
                              									unter allen Umständen wichtig ist, ist die Richtung, aus der ein Zug kommt, oder in
                              									der er fährt. In einzelnen Fällen, zum Beispiel auf dem Bahnsteig eines
                              									Durchgangbahnhofes, auf dem nur Züge gleicher Art, aber in verschiedenen Richtungen
                              									verkehren, reicht diese Angabe vollständig aus, um die Reisenden über die Züge zu
                              									unterrichten (vgl. Abb. 2). Verkehren an einer
                              									solchen Stelle mehrere Zugarten, so wird man außer der stets als Hauptsache
                              									behandelten Zugrichtung auch noch die Zugart (zum Beispiel Personenzug, Eilzug,
                              
                              									Schnellzug zuschlagpflichtig, Vorortzug, Militärzug, Sonderzug usw.) angeben (Abb. 3), und diese Angaben können unter Umständen noch
                              									weiter vervollständigt werden (Abb. 4). Was die als
                              									Fahrtrichtungsmelder benutzten Zugmelder dieser Art sowie überhaupt die nach
                              									denselben Grundsätzen gebauten Zugmelder anderer Art von Siemens & Halske ganz besonders
                              									auszeichnet, ist, daß die einzelnen Angaben stets genau an derselben Stelle erscheinen und
                              									zusammenhängend lesbar sind. Man braucht sie nicht erst zusammen zu suchen. Das
                              									lassen zum Beispiel auch die Zugankunftsmelder (Abb.
                                 										5 und 6) erkennen. Derartige Melder sind
                              									auf Kopfbahnhöfen stark befahrener Strecken zu Zeiten lebhaften Reiseverkehrs
                              									besonders nutzbringend. Wenn dann außer den fahrplanmäßigen auch Vor- und Nachzüge
                              									gefahren und Sonderzüge eingelegt werden, ist es vielfach nicht möglich, wie sonst,
                              
                              									Züge aus derselben Richtung an derselben Stelle einlaufen in lassen; jedes frei
                              									gewordene Gleis wird sofort mit einem anderen Zug besetzt, und wenn die
                              									Einfahrtgleise nicht ausreichen, müssen auch freie Ausfahrtgleise zu Hilfe genommen
                              									werden. Anordnungen lassen sich in solchen Fällen vorher nicht treffen, weil jede
                              									Zugverspätung einen aufgestellten Plan über den Haufen werfen würde; jeder
                              									ankommende Zug wird vielmehr auf ein Gleis geleitet, das gerade frei ist. Die Zeit,
                              
                              									die dazu nötig ist, um Bahnsteigbeamte, Gepäckträger und besonders die Leute zu
                              									unterrichten, die Angehörige erwarten, ist sehr kurz bemessen. In solchen Fällen
                              									bewährt sich der Zugankunftsmelder, der angibt, welcher Art ein Zug ist, aus welcher
                              									Richtung er kommt und an welchem Bahnsteig er einläuft. Der in Abb. 6 dargestellte Zugankunftsmelder hat seine
                              									Leistungsfähigkeit vorzüglich erwiesen, als im August 1914 die Mobilmachung den
                              									plötzlichen Rückstrom der Reisenden aus den Ostseebädern brachte.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 226
                              Abb. 7.Zugmelder als Zugabrufer in einem Wartesaal
                              
                           Abb. 7 zeigt die Verwendung des Zugmelders als
                              									Zugabrufer in einem Wartesaal. Das Abrufen der Züge durch den Pförtner hat so viele
                              									Nachteile, besonders auf größeren Bahnhöfen, daß man schon seit langem versucht hat,
                              									es durch andere Mittel zu ersetzen. Solche Ersatzmittel sind zum Beispiel
                              									lautsprechende Telephone, die in den Wartesälen an verschiedenen Stellen angebracht
                              									sind. Werden die Mitteilungen durch einen deutlich und klar sprechenden Angestellten
                              
                              									gemacht, so kann man wohl erreichen, daß sie an jeder Stelle in einem Wartesaal
                              
                              									verstanden werden, man kann aber den Uebelstand nicht beseitigen, daß eben nur die
                              									im Wartesaal Anwesenden von ihnen Kenntnis erhalten, und daß sie nur für kurze Zeit
                              									wirken. Mechanische Abrufer und Glühlampentableaus in den Sälen lassen die
                              									Mitteilungen wohl länger sichtbar werden. Diese können sich aber meist nur auf das
                              									Allerwichtigste – Fahrtrichtung und Abfahrtbahnsteig – beschränken, außerdem nehmen
                              									die Tableaus meist sehr viel Raum ein. Die gedrängte Bauart der vom Wernerwerk der
                              										Siemens & Halske
                              									A.-G. gelieferten
                              									Zugabrufer macht es nicht schwierig, sie auch bei beschränkten Raumverhältnissen
                              									unterzubringen. Daß man unter Umständen mit einem einzigen Zugabrufer für zwei
                              									Wartesäle auskommen kann, geht aus Abb. 7 und 8 hervor, auf denen zwei Zugabrufer dargestellt sind,
                              									die von zwei nebeneinander liegenden Sälen gleichzeitig gesehen werden können.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 332, S. 227
                              Abb. 8.Zugabrufer in einem Wartesaal
                              
                           In geeigneten Fällen, zum Beispiel auf Durchgangsbahnhöfen mit lebhaftem Zugverkehr,
                              									kann man den Zugabrufer im Wartesaal und den Fahrtrichtungsweiser auf dem
                              									Bahnsteig gleichzeitig vom Stellwerk aus einstellen. Das geschieht auf dem Bahnhof
                              									Zoologischer Garten in Berlin.
                           Die Fahrtrichtungsweiser auf dem Bahnsteig (Abb. 4)
                              									und die Zugabrufer in den Wartesälen (Abb. 7 und 8) sind vollkommen übereinstimmend gebaut und weichen
                              									nur darin voneinander ab, daß in den Wartesälen die Vorortzüge nicht angezeigt
                              									werden.