| Titel: | Zuschriften an die Schriftleitung. | 
| Autor: | Fr. Heintzenberg | 
| Fundstelle: | Band 332, Jahrgang 1917, S. 320 | 
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                        Zuschriften an die Schriftleitung.
                        (Ohne Verantwortung der
                           								Schriftleitung.)
                        Zuschriften an die Schriftleitung.
                        
                     
                        
                           In Heft 18 Ihres geschätzten Blattes bringt Herr Heintzenberg aus Siemensstadt Zusammenstellungen von Betriebskosten des
                              
                              									Gasmotor- und Drehstrommotorbetriebes unter Berücksichtigung der durch den Krieg
                              									geänderten Zustände in Ergänzung meiner Ausführungen zu dieser Frage im
                              									vorangegangenen Heft. Die Abweichungen in den Endzahlen und Schlußfolgerungen
                              									ergeben sich zum Teil aus der Einsetzung höherer Anlagekosten,
                                 										höherer Schmiermittelkosten und höherer
                                 										Bedienungskosten der Gasmotoren, zum Teil aus der Annahme, daß für
                              									städtische Betriebe in erster Linie kleinere
                                 										Betriebsstundenzahlen in Betracht kommen. Der Verfasser dürfte bei seinen
                              									Zahlen den neueren Stand der Gasmotorenindustrie nicht genügend berücksichtigt
                              									haben, wie dieser insbesondere dem unmittelbar vor dem Kriege erschienenen als
                              									streng unparteiisch anerkannten Werk von Oberingenieur Barth von der Bayerischen
                              									Landesgewerbeanstalt Nürnberg „Wahl, Projektierung und Betrieb von
                                 										Kraftanlagen“ zugrunde liegt. Die Verbrennungskraftmaschinen sind
                              									(hauptsächlich wohl infolge des befruchtenden Wettbewerbes mit dem Elektromotor) in
                              									den letzten Jahren durch Verbesserungen der Regelung, der Zündung und Schmierung
                              									zugleich einfacher, billiger und betriebssicherer geworden, insbesondere hat die
                              									Einführung der Ringschmierung, wie beim Elektromotor und der Umlaufschmierung
                              									gegenüber der früheren Tropfenschmierung nicht nur die Schmierkosten stark
                              									vermindert, sondern auch jegliche Wartung während des Betriebes überflüssig
                              									gemacht. Die Bedienung besteht nur in den Handgriffen beim Ingangsetzen (das auch
                              									durch die überwiegende elektrische Zündung schneller und sicherer vor sich geht als
                              									früher) und beim Abstellen und gelegentlichen Reinigungsarbeiten. Nach Barth betragen die Anlagekosten eines liegenden Gasmotors
                              									von 6 Pferd 2400, eines stehenden 1250 M gegenüber 2700 M bei Heintzenberg; für Bedienung rechnet Barth bei 1500 bis 500 Betriebsstunden
                              									90 bis 60 Mark gegenüber 130 M bei Heintzenberg, für
                              									Schmier- und Putzstoffe Barth 65 bis 30 M, Heintzenberg
                              									84 M.
                           Trotzdem errechnet sich bei Beibehaltung der Zahlen von Heintzenberg wenigstens bei 1500 Betriebsstunden sowohl für
                              									Friedensverhältnisse, als für Friedensmaschinen im Kriegsbetriebe, als auch für im
                              
                              									Kriege beschaffte und betriebene Maschine ein Unterschied in den
                              									Gesamtbetriebskosten zugunsten des Gasmotors und es ergibt sich auch, daß dieser
                              									Unterschied für im Kriege gekaufte und betriebene Motoren größer ist, als für die im
                              									Frieden gekauften und betriebenen.
                           Die neueren Kriegselektromotoren mit Aluminiumwicklung weisen allerdings bessere
                              									Eigenschaften auf, als die vorangegangenen mit Zinkwicklung, sie sind aber bei der
                              									Knappheit an diesen Stoffen schwer zu erlangen, auch erreichen sie in der
                              									Ueberlastbarkeit natürlich die kupfergewickelten Maschinen nicht.
                           Für die zugrunde zu legenden Jahresbetriebsstunden sind die Verhältnisse der
                              									einzelnen Betriebe maßgebend; für eine allgemeine Betrachtung der Kraft
                              									Verhältnisse der Kleinmotoren in Städten dürfte aber die von mir eingesetzte Zahl
                              									von 1500 Stunden dem Durchschnitt näher kommen, als die Zahl von 600, wie aus der
                              									statistischen Zusammenstellung von Regierungsbaumeister Hoeltje in D. p. J. 1912, S. 9, hervorgeht. Daß für kleinere
                              									Betriebszeiten, sowohl im Frieden wie im Kriege die Elektromotoren den Gasmaschinen
                              									wirtschaftlich überlegen sind, darin stimmen Herr Heintzenberg und ich überein, wenn auch die zahlenmäßigen Unterschiede
                              									sich unter Berücksichtigung der Arbeiten von Barth etwas
                              									anders stellen.
                           Hochachtungsvoll
                                                                H. Neumann.
                           Die Rechnungsbeispiele in dem von Herrn Neumann
                              									angeführten vortrefflichen Werk von Barth kommen bei
                              									Betriebsmittelkosten von 15 Pfg./m3 bzw. 20
                              									Pfg./KW-Std. trotz der dort eingesetzten niedrigeren Kosten der Anschaffung,
                              									Bedienung und Schmierung des Gasmotors zu folgendem Ergebnis: Der stehende Gasmotor
                              									(Zahlentafel 33) ist in jedem Fall, also selbst bei 3000 Betriebsstunden jährlich,
                              									dem Elektromotor (Zahlentafel 55) unterlegen. Für den liegenden Gasmotor Zahlentafel
                              									29) gilt dies nur für Betriebsstundenzahlen bis zu 2000 im Jahre, während bei
                              									längerer Betriebsdauer der liegende Gasmotor geringere Kosten der PS/Std. aufweist
                              									als der Elektromotor.
                           Werden in den Beispielen die von Neumann angegebenen Gas-
                              									und Strompreise für die Kriegszeit eingesetzt, so verschieben sich die Verhältnisse
                              									dadurch nur sehr wenig zuungunsten des Elektromotors, so daß die Angaben dieses
                              									Buches, dessen Unparteilichkeit von Neumann mit Recht
                              									betont wird, noch schlagender als die von mir angegebenen Zahlen beweisen, daß eine
                              									Verteuerung des elektrischen Stromes um 22 v. H. gegenüber einer Preissteigerung von
                              									14,7 v. H. für Gas noch keineswegs eine wirtschaftliche Unterlegenheit des
                              									Elektromotors nach sich zieht.
                           Ausschlaggebend für die Beurteilung der ganzen Frage ist tatsächlich die für
                              									bestimmte Gewerbearten geltende Betriebsstundenzahl. Die hierüber bis jetzt
                              									vorliegenden Angaben sind so außerordentlich abweichend, daß sie einseitiger
                              									Beweisführung den weitesten Spielraum lassen und daß der ernsthafte Beurteiler der
                              									Frage auf seine persönlichen Erfahrungen angewiesen ist. Erst wenn für die
                              									verschiedenen Gewerbearten die Betriebsstundenzahl als Mittelwert aus einer
                              									möglichst großen Zahl von Angaben ermittelt worden ist, wird es möglich sein, den
                              									Wirtschaftlichkeitsbereich beider Motorarten gegeneinander abzugrenzen. Diese
                              									Bestimmung der Jahresbetriebsstunden darf aber meines Erachtens nicht in der Weise
                              									geschehen, wie dies Hoeltje in der von Neumann angeführten Arbeit getan hat, indem nämlich die
                              									Jahressumme der verbrauchten Betriebsmittel durch den stündlichen
                              									Betriebsmittelverbrauch dividiert wird. Bei diesem Verfahren würde der Leerlauf der
                              									Motoren mitgezählt und folglich für den Gasmotor eine wesentlich höhere
                              									Betriebsstundenzahl errechnet werden. Die Erhebungen müßten vielmehr in der Weise
                              									vorgenommen werden, daß die Gewerbetreibenden des betreffenden Bezirks angeben,
                              									welche Maschinen (also zum Beispiel Fleischwölfe, Knetmaschinen, Hobelmaschinen,
                              									Drehbänke, Bohrmaschinen, Drucktiegel, Nähmaschinen usw.) in ihrem Betriebe durch
                              
                              									Gas- bzw. Elektromotor angetrieben werden und wie groß die durchschnittliche
                              									Benutzungsdauer dieser einzelnen Maschinen (also nicht der Motoren) ist.
                           Eine solche Statistik würde unzweifelhaft dem Elektromotor im ländlichen und
                              									städtischen Kleingewerbe ein weit größeres Arbeitsfeld zuweisen als dem Gasmotor.
                              									Sie muß aber wohl oder übel bis nach dem Kriege aufgeschoben werden und es ist wohl
                              									am besten, bis dahin auch auf diesem viel umstrittenen Gebiet den Burgfrieden zu
                              									wahren.
                           Hochachtungsvoll
                                                                Fr. Heintzenberg.