| Titel: | Rechts-Schau. | 
| Autor: | Eckstein | 
| Fundstelle: | Band 333, Jahrgang 1918, S. 16 | 
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                        Rechts-Schau.
                        Rechts-Schau.
                        
                     
                        
                           Ist der Erfindergedanke pfändbar? Die
                              									Zivilprozeßordnung, die die Grundsätze über die Pfändung enthält, beruht auf dem
                              									Grundsatze, daß nur dasjenige gepfändet werden kann, was bereits gegenwärtig in
                              									pekuniärer Beziehung objektiv gewordene verwertbare Existenz hat. Also was nur die
                              									Möglichkeit einer Verwertung, bloße Hoffnungen enthält, alles was noch dem Kreise
                              									des ganz Subjektiven, Individuellen angehört, kann so lange noch nicht gepfändet
                              									werden, bis nicht die berechtigte Person selbst es in den Bereich des Objektiven
                              									bringt.
                           Jeder ist Herr über seine Ideen so lange, bis er selbst daraus einen geldwerten
                              									Gegenstand macht, und niemand ist verpflichtet, seine Idee zu verwerten oder
                              									überhaupt der Allgemeinheit mitzuteilen. Ein Erfinder kann die größte Erfindung
                              									gemacht haben, sie kann bei ihm klar aufgeschrieben auf dem Papier stehen, er kann
                              									sie in einem Modell verwirklicht haben, seiner Persönlichkeit allein steht es zu,
                              									darüber zu entscheiden, ob seine Erfindung bekannt gemacht werden soll, oder ob er
                              									sie für sich behalten will. In dem Augenblick aber, in dem. die Erfindung über den
                              									Bereich des rein Ideellen hinausgekommen ist, ist sie zu einem Vermögensgegenstand
                              									geworden, der auch dem Zugriff der Gläubiger unterliegt.
                           Ein solcher Fall ist kürzlich von dem Oberlandesgericht Nürnberg zur Entscheidung
                              									gekommen (vgl. Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Bd. 23 S. 211).
                           Ein Ingenieur hatte eine Erfindung einem anderen zur Ausführung übertragen. Dieser
                              									hatte sie auf dem Patentamte angemeldet, und nun wollten die Gläubiger des
                              									Ingenieurs sich wegen ihrer Forderungen durch Pfändung der Erfindungsidee
                              									befriedigen. Sie fochten die Uebertragung der Idee auf Grund des Anfechtungsgesetzes
                              									an, und verklagten denjenigen, dem sie zur Ausführung übertragen war, auf Duldung
                              									der Zwangsvollstreckung in die Erfindung. Es wurde eingewendet, daß die Erfindung,
                              									wenn die Uebertragung an den Dritten angefochten sei, durch diese Anfechtung wieder
                              									an ihren Urheber zurückfällt, daß sie damit wieder zu seinen subjektiven und rein
                              									persönlichen Rechtsgütern gehöre, die nicht Gegenstand einer Pfändung sein
                              									können.
                           Das Gericht hat diesen Einwand nicht für durchgreifend erachtet. Durch die erste
                              									Uebertragung sei die Erfindung bereits in den Kreis der Vermögenswerte getreten und
                              									habe damit aufgehört, zu den ganz persönlichen Rechtsgütern zu gehören. Der Urheber
                              									habe von seinem Recht, die Erfindung für sich zu behalten, keinen Gebrauch gemacht,
                              									er habe sich der Idee bereits entäußert. Es kann wohl die äußere Form, in der diese
                              									Entäußerung stattgefunden habe, durch Anfechtung wieder entfallen, aber die
                              									Tatsache, daß die Erfindung nicht mehr dem Kreis der Persönlichkeitsrechte angehöre,
                              									sondern bereits dem der Vermögenswerte, werde dadurch nicht aus der Welt geschafft.
                              									Das Gericht hat darum die Anfechtung und die darauf begründete Vollstreckung in die
                              									Erfindung als zu Recht erkannt.
                           Dr. jur. Eckstein.
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                           Der Kauf gebrauchter Maschinen und technischer Anlagen.
                              									Der Kauf gebrauchter Maschinen und Anlagen unterscheidet sich als Vertrag in keiner
                              									Weise von dem Kauf neuer Gegenstände, und die gesetzlichen Gewährleistungsansprüche
                              									stehen dem Käufer gebrauchter Maschinen und Anlagen genau so zu wie jedem anderen
                              									Käufer, wenn nicht die Gewährleistungsansprüche ausdrücklich oder stillschweigend
                              									ausgeschlossen werden.
                           Es wird nicht selten der Versuch gemacht, die Haftung des Verkäufers auf Grund eines
                              									solchen Gewährleistungsausschlusses abzulehnen, und zwar auch mit einer gewissen
                              									Berechtigung. Der Verkäufer einer gebrauchten Sache kann für die Leistungsfähigkeit
                              									gar nicht so einstehen, wie der Fabrikant oder Händler, und es entspricht daher wohl
                              									seinem Interesse, sich von jeder Haftung zu befreien.
                           Aber es kommt nicht darauf an, was für ihn das Vorteilhafte ist, sondern was durch
                              									Willensübereinstimmung beider Parteien Vertragsinhalt wird. Nur wenn jeder Käufer
                              									gebrauchter Maschinen oder Anlagen als selbstverständlich damit rechnen muß, daß der
                              									Verkäufer keine Gewähr übernehmen will, dann könnte ein solcher stillschweigender
                              									Gewährschaftsauschluß anzunehmen sein.
                           Von einer solchen Selbstverständlichkeit kann aber nicht die Rede sein. Im
                              									einzelnen Falle kann es wohl so liegen, daß der Käufer aus den Umständen, die bei
                              									den Vertragsverhandlungen eine besondere Rolle spielen, insbesondere daraus, daß der
                              									Verkäufer besonders betont, daß die Maschine oder Anlage nicht neu ist, eine
                              									Absicht, die Gewährschaft auszuschließen, entnehmen muß; in der Regel jedoch nicht.
                              									Der Käufer will leistungsfähige Gegenstände haben, wenngleich sie gebraucht sind,
                              									und er würde vielleicht auf den Kaufvertrag gar nicht eingehen, wenn jede Haftung
                              									des Verkäufers für Fehler und Mängel ausgeschlossen wäre.
                           Trotzdem ist die Eigenschaft des Gebrauchtseins nicht ohne Bedeutung. Nach den
                              									Grundsätzen des Kaufrechts haftet der Verkäufer dafür, daß die verkaufte Sache zu
                              									der Zeit, zu welcher die Gefahr auf den Käufer übergeht, nicht mit Fehlern behaftet
                              									ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem
                              									Vertrage vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern. Eine unerhebliche Minderung
                              									des Wertes oder der Tauglichkeit kommt nicht in Betracht (§ 459 BGB.).
                           Aus der Fassung des Gesetzes geht schon hervor, welche Bedeutung die
                              									Verkehrsanschauung dabei hat. Was heißt: zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem
                              									Vertrage vorausgesetzten Gebrauch? Eine Begriffsbestimmung hierfür wird man wohl
                              									schwerlich geben können, zweifellos aber ist es, daß die Umstände des Einzelfalles
                              									hier die Gesichtspunkte für die Beurteilung ergeben müssen, einerseits der Preis,
                              									andererseits die Eigenschaft des Gebrauchtseins. Jeder weiß, daß die Güte einer
                              									Ware von dem Preise abhängt, und daß er für einen sehr niedrigen Preis keine so
                              									tadellose Ware erhält wie für den angemessenen Preis, jeder weiß auch, daß Maschinen
                              									und Anlagen sich mit der Zeit abnutzen. Er kann daher nicht die Güte und
                              									Leistungsfähigkeit erwarten wie von neuen Maschinen und Anlagen. Ist der Preis sehr
                              									hoch, so ist daraus wieder zu, schließen, daß entweder das Fabrikat besonders gut
                              									ist, oder daß die Maschine oder Anlage noch verhältnismäßig neu ist. Umgekehrt muß
                              									er je nach der Niedrigkeit des Preises seine Erwartungen mehr oder weniger weit
                              									herabsetzen.
                           Man kann daher an gebrauchte Maschinen und Anlagen nur diejenigen Forderungen
                              									stellen, die eine entsprechende Zeit in Benutzung gewesene Sache unter
                              									Berücksichtigung der im Preise zum Ausdruck kommenden Güte – im Zweifelfall
                              									mittlerer Art und Güte – erfahrungsgemäß besitzt. Die Maschinen und Anlagen, die für
                              									alt gekauft werden, müssen wohl leistungsfähig sein, brauchen aber nicht so tadellos
                              									zu sein wie neue.
                           Auch in der Rechtsprechung wird dieser Grundsatz anerkannt. In einer Entscheidung vom
                              									13. März 1913 Warneyer Rechtsprechung 1913 Nr. 281 ist
                              									das ausgesprochen in Hinsicht auf eine gekaufte Maschine, in älteren Entscheidungen:
                              									Juristische Wochenschrift 1907 S. 174, 1908 S. 36 in Hinsicht auf ein gekauftes
                              									Wasserfahrzeug bzw. ein Automobil.
                           Dr. jur. Eckstein.