| Titel: | Rechts-Schau. | 
| Autor: | Werneburg | 
| Fundstelle: | Band 333, Jahrgang 1918, S. 41 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Rechts-Schau.
                        Rechts-Schau.
                        
                     
                        
                           Maschinenindustrie und Vorbenutzungsrecht. Eine für
                              									die gesamte Industrie wichtige Vorschrift gibt der § 5 des Patentgesetzes, der
                              									bestimmt, daß die Wirkung des Patentes gegen denjenigen nicht eintritt, der zur Zeit
                              									der Anmeldung bereits im Inlande die Erfindung in Benutzung genommen oder die zur
                              									Benutzung erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatte. Wenn also ein
                              									Maschinenfabrikant in seinem Betriebe eine von ihm erfundene technische
                              									Maschinenkonstruktion verwendet, so kann er diese auch dann noch weiter in
                              									Verwendung behalten, wenn ein anderer dieselbe Maschinenkonstruktion später noch
                              									einmal erfindet und dann zum Patent anmeldet und auch ein Patent auf seine
                              									technische Erfindung erteilt erhält; es muß sich also mit anderen Worten der spätere
                              									Patentinhaber dieser Erfindung den weiteren Gebrauch der Maschinenkonstruktion
                              									seitens des ersten Erfinders, des sogenannten Vorbenutzers, gefallen lassen. Diese
                              									gesetzliche Regelung entspricht auch vollkommen der Billigkeit; denn es wäre
                              									unbillig, das Recht der Benutzung demjenigen zu entziehen, der Kraft, Zeit und
                              									Kapital für die Erfindung aufwendete oder die zur Benutzung getroffenen
                              									Veranstaltungen getroffen hatte. Bemerkenswert ist hierbei, daß nach dem
                              									Reichsgericht unrichtige Voraussetzungen über die Wirkungsart der angewendeten
                              									Mittel dem Benutzenden nicht die Eigenschaft des Vorbenutzers nehmen. Es kann also
                              									mit anderen Worten nicht von dem Vorbenutzer verlangt werden, daß er sich auch über
                              									die rein technisch-wissenschaftliche Seite seiner Erfindung im klaren ist, es genügt
                              									eben der tatsächliche Gebrauch der Erfindung. Das Recht zur weiteren Benutzung
                              									seiner maschinellen Erfindung steht also dem Vorbenutzer dieser später patentierten
                              									Konstruktion schon dann zu, wenn er die zur Benutzung seiner Maschine erforderlichen
                              									Veranstaltungen getroffen hatte. Die Veranstaltungen müssen aber auch dazu bestimmt
                              									sein, die Maschinenerfindung im wesentlichen auszuführen und den ernstlichen Willen,
                              									die Erfindung sofort zu benutzen, kundgeben. Tatfrage ist hierbei, welche Handlungen
                              									als Veranstaltungen im Sinne dieser Gesetzesbestimmung anzusehen sind. Als nicht
                              									genügend wird regelmäßig anzusehen sein die bloße Anfertigung vorbereitender
                              									Zeichnungen oder die theoretische Darstellung des Verfahrens (Kommissionsbericht S.
                              									14), der Abschluß von Verträgen, der Bau einer Fabrikanlage, in der die patentierte
                              									Maschine aufgestellt werden soll.
                           Der Umfang des Vorbenutzungsrechtes bestimmt sich also durch den Besitzstand an der
                              									Maschine zur Zeit der Anmeldung; insoweit er die Maschine damals bereits gebraucht
                              									und benutzt hat, darf er sie weiter fortbenutzen, ohne daß ihm das Patent hierbei
                              									hinderlich ist. Diese Reglung stellt dem Erfinder einer Maschinenkonstruktion
                              									anheim, ob er seine Erfindung zum Patent anmelden will oder nicht. Entschließt er
                              									sich dazu, seine Erfindung patentieren zu lassen, so hat er den Vorteil, daß er
                              									gegen eine spätere nochmalige Patentierung seiner Konstruktion auf alle Fälle
                              									gesichert und geschützt ist. Verzichtet er darauf, seine Erfindung zum Patentschutz
                              									anzumelden und sich Patent für sie erteilen zu lassen, so ist er zwar gegen eine
                              
                              									spätere Patentierung seitens einer anderen Person, die auf Grund eigener Erfindung
                              									seine Maschinenkonstruktion nunmehr zum Patent anmeldet und sich Patent für sie
                              									erwirbt, nicht geschützt, aber trotz dieser Patentierung kann er seine Erfindung
                              									ruhig weiter benutzen, sofern er nur die Maschine bereits in Benutzung genommen oder
                              									die zu ihrer Benutzung erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatte. Er braucht
                              									sich also mit anderen Worten um die spätere Patentierung seiner
                              									Maschinenkonstruktion unter diesen Voraussetzungen gar nicht im geringsten zu
                              									kümmern, denn der spätere Patentinhaber kann ihm die Weiterbenutzung seiner
                              									Maschinenkonstruktion weder gerichtlich noch außergerichtlich untersagen.
                              									Selbstverständlich kann der Vorbenutzer der Maschine auch trotz der späteren
                              									Patentierung der betreffenden Konstruktion Verbesserungen oder sonstige Aenderungen
                              									an dieser anbringen, soweit sie nicht in den Patentschutz eines Dritten eingreifen.
                              									Denn Modifikationen des Erfindungsgedankens sind ihm von dem Gesetz nicht
                              									verwehrt.
                           Rechtsanwalt Dr. jur. Werneburg,
                              									Köln.