| Titel: | Ueber die Selbsterhitzung von Getreide und anderen Nährstoffen. | 
| Autor: | J. F. Hoffmann | 
| Fundstelle: | Band 333, Jahrgang 1918, S. 64 | 
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                        Ueber die Selbsterhitzung von Getreide und
                           								anderen Nährstoffen.
                        Von Professor J. F. Hoffmann †, Berlin.
                        HOFFMANN: Ueber die Selbsterhitzung von Getreide und anderen
                           								Nährstoffen.
                        
                     
                        
                           I. Einleitung. Die Ueberschrift könnte vermuten
                              									lassen, daß der hier behandelte Gegenstand eigentlich besser in eine
                              									landwirtschaftliche Zeitschrift paßt. Wie man aus dem Inhalt erkennen wird, ist
                              									dieses nicht der Fall, sondern es werden mathematische und physikalische Dinge
                              									behandelt, die mehr den Ingenieur interessieren. Die Grundlagen der Selbsterhitzung,
                              									welche hier besprochen werden, beziehen sich nicht allein auf Getreide, sondern zum Beispiel auch auf Steinkohlen. Einzelne Unterschiede sind natürlich vorhanden. So fehlt den
                              									Steinkohlen die in der Atmung gebotene Wärmequelle. Dafür sind aber gemäß den
                              									Entstehungsbedingungen der Steinkohle ungesättigte Kohlenwasserstoffe vorhanden,
                              									auch Wasserstoff im aktivierten Zustande, der sich besonders leicht oxydiert. Diese
                              									Stoffe liefern durch ihre Oxydation die hauptsächlichste Wärmequelle für die
                              									Selbsterhitzung der Steinkohle. Stark befördert wird die Oxydation durch
                              									Staubbildung, weil 1 kg feiner Bestandteile eine viel größere Oberfläche besitzt als
                              									ein festes Kohlenstück von 1 kg Gewicht, und weil die Oxydation mit der Zunahme der
                              									Oberfläche wächst.
                           Die Schwefelverbindungen haben für die Kohlenlagerung im allgemeinen keine Bedeutung.
                              									Es gibt aber auch Steinkohlen mit beträchtlichem Schwefelgehalt; ist Wasser
                              									vorhanden, dann oxydiert der Schwefel verhältnismäßig rasch unter entsprechender
                              									Wärmeentwicklung. Dieser Beitrag kann die Selbsterhitzung des Kohlenhaufens zur
                              									Katastrophe führen. Für den Ingenieur hat der vorliegende Gegenstand auch insofern
                              									Interesse, als die Selbsterhitzung sich in den meisten Fällen in Speichern und
                              									Scheunen vollzieht, bei welchen die Lüftungs- und Grundwasserverhältnisse, der
                              									Baustoff, die innere Einrichtung und anderes von Einfluß sind. Im einzelnen ist
                              									dieser Einfluß meist gering, aber ihr Zusammenwirken kann den Gefahrzustand
                              									entsprechend erhöhen.
                           Was nun die Stoffe anbetrifft, über die wir hier zu sprechen haben, so hat die
                              									Erwärmung ihre Grundlage in der Atmung der Pflanzen und Pflanzenteile und ferner
                              									in der Mitwirkung der Mikroben (Bakterien und Schimmelpilze).Die Versuche des Verf., die sich auf den
                                    											vorliegenden Gegenstand beziehen, sind im Institut für Gärungsgewerbe,
                                    											Berlin, ausgeführt worden. Die Atmung, wodurch die Reservestoffe
                              									verbraucht werden, erfolgt entweder mit oder ohne Zutritt des Luftsauerstoffes. Im
                              									ersteren Falle haben wir es mit einer vollkommenen Verbrennung zu tun, welche der
                              									Hauptsache nach zur Bildung von Wasser und Kohlensäure führt, während die
                              									unvollkommene (innere, intramolekulare) Atmung, welche zum Beispiel bei der Gärung
                              									von Zuckerlösungen eine wesentliche Rolle spielt, zu einem großen Teil mit weniger
                              									abgebauten Stoffen endet. In der Wirklichkeit laufen beide Vorgänge nebeneinander
                              									her. Die Hefe absorbiert mit großer Gewalt den Sauerstoff, sobald sie ihn nur zu
                              									erlangen vermag, und in diesem Falle wird der durch die intramolekulare Atmung
                              									erzeugte Alkohol zum Teil weiter oxydiert, während die Hefe eine raschere Vermehrung
                              									zeigt.
                           Die intramolekulare Atmung erzeugt aus der Gewichtseinheit der gebotenen Nährstoffe
                              									erheblich weniger Wärme als die vollkommene Atmung, trotzdem besitzt erstere für die
                              									Selbsterhitzung die maßgebendere Bedeutung.
                           1 kg. nasses Getreide liefert nämlich im Innern des Häufchens nur eine geringe
                              									Temperaturerhöhung; sind dagegen viele Zentner des Getreides im nassen Zustande 10
                              									oder 20 m hoch aufgeschüttet, so wird es wahrscheinlich in Flammen aufgehen, wenn
                              									man es nicht rechtzeitig abräumt. Der scheinbare Widerspruch, daß bei guter
                              									Verteilung des Materials wegen der stärkeren Oxydation mehr Wärme erzeugt wird,
                              									während bei aufgehäuftem Material, trotz, geringerer Wärmeentwicklung in der
                              									Gewichtseinheit, höhere Temperaturen auftreten, hängt damit zusammen, daß die
                              									Wärmeentwicklung mit dem Körperinhalt, also mit der dritten Potenz des Radius, die
                              									Sauerstoffeinwirkung dagegen nur mit der Körperoberfläche der betrachteten Masse,
                              									also mit dem Quadrat des Radius wächst.
                           Entwickelt die Raumeinheit einer Kugel vom Radius r je
                              									eine Wärmeeinheit in der Zeiteinheit, dann müssen im stationären Zustande durch die
                              									Einheit der Oberfläche die Wärmemengen.
                           
                              \frac{J}{O}=\frac{4/3\,r^3\,\pi}{4\,r^2\,\pi}=\frac{r}{3}\,W\,E.
                              
                           entweichen. Die durch die Oberflächeneinheit entweichende
                              									Wärmemenge wächst also mit dem Radius; die Oberfläche muß infolgedessen bei
                              									gleichbleibenden Außenverhältnissen eine umso höhere Temperatur annehmen, je größer
                              									der Kugelradius ist. Infolge des hierbei bestehenden Temperaturgefälles muß die
                              									Temperatur des Mittelpunktes der Kugel gleichfalls umso höher sein, je größer der
                              									Radius ist. Das Temperaturgefälle hängt von verschiedenen Bedingungen ab. Eine
                              									besondere Verwicklung wollen wir ausschalten durch die Annahme, daß Kugeln
                              									verschiedenster Größe eine Oberflächentemperatur von 0° C haben, indem vorausgesetzt
                              									wird, daß die betr. Heu- oder Getreidehaufen sich in Räumen oder auch im Freien von
                              									entsprechend kühler Umgebungstemperatur befinden. Für die Praxis sind Heu- und
                              									Getreidehaufen als die wichtigsten, zur Selbsterhitzung neigenden Nährmaterialien zu
                              									betrachten. Während das erstere hoch aufgehäuft im Freien lagert und fast immer
                              									einen erwünschten Selbsterhitzungsprozeß erleidet, welcher in der Regel bald vorüber
                              									ist, wird das Getreide meist frühzeitig in Scheunen und, wenn es ausgedroschen ist,
                              									in Speicher übergeführt. In den Speichern lagert das Getreide in kantigen oder
                              									zylindrischen Behältern, deren Inhalt vielfach in die hunderte, zuweilen sogar in
                              									die tausende von m3 geht. Diese Behälter sind in
                              									der Regel unten mit einem Trichter versehen, mit dessen Hilfe das Getreide leicht
                              									entfernt werden kann. Sie werden Silozellen oder Siloschächte oder auch einfach
                              									Silos genannt, haben eine Höhe bis zu 30 m, einen Durchmesser bis über 10 m und
                              									stehen gewöhnlich in größerer Anzahl nebeneinander, so daß vielfach Getreidemassen
                              									von mehr als 10000 t, zuweilen auch bis zu 100000 t in Frage kommen. In solchen
                              									großen Schächten können leicht Selbsterhitzungen auftreten, wenn das Getreide zu
                              									feucht eingelagert ist, oder zu lange Zeit lagert, ohne umgearbeitet zu werden. Die
                              									Nachricht von Selbsterhitzungen in amerikanischen Speichern veranlaßt regelmäßig
                              									große Beunruhigungen an den amerikanischen Getreidebörsen, woraus ohne weiteres zu
                              									schließen ist, daß sehr bedeutende Schäden in Frage kommen können. Das beste Mittel,
                              									die Selbsterhitzung des Getreides zu verhindern oder wenigstens zu verzögern, ist
                              									die künstliche Trocknung vor dem Einlagern.
                           Dem Verfasser sind verschiedene Fälle der Selbsterhitzung bekannt geworden. In einem
                              									Falle, der näher studiert werden konnte, betrug der später festgesetzte Schaden etwa
                              									40000 M, wobei es sich um ein verhältnismäßig kleines Kornhaus handelte.Den Schaden, welchen die deutsche Ernte durch
                                    											Atmung, Muffigwerden und Selbsterhitzung erleidet, besprechen wir in einer
                                    											landwirtschaftlichen Zeitschrift.
                           Die nachfolgende Berechnung soll zeigen, welche Temperaturerhöhungen bei der
                              									Selbsterhitzung großer Getreidemassen auftreten können. Auch fernerhin werden wir
                              									der Einfachheit wegen Kugeln betrachten, deren Oberfläche die Temperatur von 0° C
                              									hat.
                           2. Die Temperaturgleichung. Die Inhaltseinheit einer Kugel vom Radius R soll in der Zeiteinheit die Wärmemenge w entwickeln. Im stationären Zustande wird für die
                              									Kugelschicht mit den Radien r und r + dr im Innern der Kugel die Gleichung gelten
                           
                              
                              \frac{4}{3}\,r^3\,\pi\,w=-4\,\pi\,k\,r^2\,\frac{d\,T}{d\,r},
                              
                           wo k das innere
                              									Wärmeleitungsvermögen und T die Temperatur der
                              									betrachteten Kugelschicht bedeutet. Aus der Gleichung
                           d\,T=-\frac{w}{3\,k}\,r\,d\,r . . . . (1)
                           folgt durch Integration
                           T_0-T_{\mbox{R}}=-\frac{w}{3\,k}\,\left[\frac{r^2}{2}\right]_{\mbox{R}}^0=\frac{w}{6\,k}\,R^2 . . (2)
                           Die Temperatur der Kugeloberfläche TR ist hier = 0, diejenige des
                              									Mittelpunktes = T0
                              
                              									gesetzt.
                           In der Wirklichkeit liegen die Verhältnisse bedeutend verwickelter, als durch Gl. (2)
                              									zum Ausdruck gebracht wird, weil sowohl die Wärmeerzeugung als auch das innere
                              									Wärmeleitungsvermögen mit der Temperatur wächst. Wird eine lineare Zunahme
                              									vorausgesetzt, dann haben wir
                           w = w0(1 + aT), k = k0(1 + bT).
                           Dann nimmt Gl. (1) die Form an
                           d\,T=-\frac{w_0}{3\,k_0}\,\frac{1+a\,T}{1+b\,T}\,r\,d\,r . . . (3)
                           Aus dieser Gleichung läßt sich der Durchmesser einer Kugel
                              									berechnen, wenn die Temperatur des Mittelpunktes gegeben ist und die übrigen Größen
                              									bekannt sind; schwieriger ist die Aufgabe, aus dem gegebenen Radius das
                              									Temperaturmaximum zu berechnen.
                           Aus Gl. (3) wird
                           r\,d\,r=-\frac{3\,k_0}{w_0}\,\frac{1+b\,T}{1+a\,T}\,d\,T . . . (4)
                           Man erhält für 1 + aT = y:
                           r\,d\,r=-\frac{3\,k_0}{w_0}\,\frac{1+\frac{b}{a}\,(y-1)}{y}\,\frac{d\,y}{a} . . . (5)
                           Hiermit wird
                           \frac{r^2}{2}=-\frac{3\,k_0}{w_0}\,\frac{b}{a^2}\,\int\,\left[\left(\frac{a}{b}-1\right)\,\frac{d\,y}{y}+d\,y\right] . (6)
                           für r = 0 ist T = T0 und y
                              									= 1 + aT0,
                           für r = R ist T = TR = 0 und y
                                 										= 1.
                           Die Integration zwischen diesen Grenzen gibt
                           \left[\frac{r^2}{2}\right]_{\mbox{R}}^0=-\frac{3\,k_0}{w_0}\,\frac{b}{a^2}\,\left[\left(\frac{a}{b}-1\right)\,ln\,y+y\right]_1^{1+\mbox{a\,T}_0} (7)
                           und
                           \frac{R^2}{2}=\frac{3\,k_0}{w_0}\,\frac{b}{a}\,\left[\left(\frac{1}{b}-\frac{1}{a}\right)\mbox{ ln }(1+a\,T_0)+T_0\right] (8)
                           In der Regel wird man die Gleichung wohl am besten in der Form verwenden
                           \frac{R^2\,w_0\,.\,a}{6\,N\,k_0\,b}=Q=\mbox{ln }(1+a\,T_0)+\frac{T_0}{N} . . (9)
                           wo noch N=\frac{1}{b}-\frac{1}{a} gesetzt ist.
                           3. Die Wahl der Eigenschaftsgrößen. a) Das innere Wärmeleitungsvermögen
                              									k0 kann für wasserfreie
                              									Pflanzennähr- und Futterstoffe bei etwas Luftgegenwart mit 0,1 angenommen werden;
                              									d.h. ein Würfel von 1 m Kantenlänge würde an zwei entgegengesetzten Flächen, wenn
                              									senkrecht zu ihnen in der Stunde 0,1 WE hindurchtreten, einen Temperaturunterschied
                              
                              									von 1° C aufweisen. Die Temperatursteigerung erhöht das Wärmeleitungsvermögen, und
                              									es kann angenommen werden, daß bei 500° C Temperatursteigerung eine Verdoppelung des
                              									inneren Wärmeleitungsvermögens stattfindet. In Gl. (8) wäre also b = 0,002 zu setzen. Ferner wird das Leitungsvermögen
                              									durch den Wassergehalt des Materials beeinflußt. Getreide mit 12 v. H. Wasser kann im
                              									allgemeinen als haltbar bezeichnet werden, d.h. es kann in mäßig großen
                              									Siloschächten längere Zeit lagern, ohne muffig, schimmlig oder warm zu werden. Wird
                              									das Leitungsvermögen des Wassers zu 0,5 gesetzt (Hütte 1915 S. 386), dann ist
                              									diejenige des Getreides \frac{12\,.\,0,5+88\,.\,0,1}{100}=0,15. Das deutsche Getreide hat einige Zeit nach der
                              									Ernte in der Regel einen Wassergehalt von 18 bis 19 v. H. Eine große Menge Getreide
                              									ist erheblich wasserreicher, und man findet nicht selten ausgedroschene
                              
                              									Getreideposten von 25 v. H. Wassergehalt hoch aufgestapelt. Diese drei Wassergehalte
                              									wollen wir berücksichtigen und finden k0(12) = 0,15, k0(18) = 0,17 und k0(25) = 0,20. Für
                              									verschiedene Temperaturen setzen wir infolgedessen entweder k(12) = 0,15 (1 + 0,002 T) oder k(18) = 0,17 (1 + 0,002 T), oder k(25) = 0,20 (1 + 0,002 T).
                           b) Die Wärmeerzeugung
                              									w hängt von der Temperatur und vom Wassergehalt ab.
                              									Nach unseren Atmungszahlen, welche sich auf die Bestimmung der Kohlensäure- und
                              									Wasserdampfabgabe von Gersten beziehen, müssen wir annehmen, daß eine
                              									Temperatursteigerung von 10° C fast eine Verdoppelung der ausgeatmeten
                              									Kohlensäuremenge veranlaßt. Hiernach würden wir in die Beziehung w = w0 (1 + aT) den Wert a = 0,1
                              									einzuführen haben. In noch höherem Maße als von der Temperatur hängt die
                              									Wärmeentwicklung vom Wassergehalt ab. Nach unseren Kohlensäurezahlen können wir
                              									annehmen, daß 1 m3 Getreide abgerundet folgende
                              									Wärmemengen entwickelt:
                           Bei 12 v. H. Wassergehalt 1 WE,
                           bei 18 bis 19 v. H. Wasser 10 WE und
                           bei 25 v. H. Wasser 100 WE
                           Setzt man diese Werte in Gl. (9) ein, dann erhält man bei
                              									wasserarmem Material für kleinere Kugeln, deren Temperatur im Mittelpunkt 100° C
                              									nicht übersteigt, Werte, welche mit jenen der Praxis im Durchschnitt einigermaßen im
                              									Einklänge stehen. Für größere Kugeln gelangen wir jedoch besonders bei nassem
                              									Material zu fabelhaft hohen Temperaturen, von welchen nicht anzunehmen ist, daß sie
                              									den Vorgängen in der Praxis entsprechen. Die Ursache der mangelnden Uebereinstimmung
                              									liegt in der Wasserverdunstung bei höheren Temperaturen. Durch die
                              									Temperaturerhöhung wird nicht nur das infolge der kapillaren Kräfte festgehaltene
                              									Wasser verdunstet, sondern durch den Atmungsprozeß und durch die Mikrobenvermehrung
                              									wird auch eine Menge neues Wasser erzeugt, welches gleichfalls verdunstet. Eine
                              									weitere Verringerung der Temperatursteigerung wird dadurch veranlaßt, daß infolge
                              									des intramolekularen Atmungsprozesses Alkohole, Säuren und andere Stoffe erzeugt und
                              									abgegeben werden. Wie schon bemerkt, entwickeln sich hierbei geringere Wärmemengen,
                              									als wenn der völlige Abbau zu Kohlensäure und Wasser erfolgt. Dagegen tritt eine
                              									Beschleunigung der Wärmeerzeugung auf, wenn die Temperatur in irgend einem Teile der
                              									Kugel nach der Austrocknung bei etwa 130 bis 150° C angelangt ist; dann beginnen
                              									nämlich die Eiweißstoffe zu zerfallen und die Fette zeigen eine starke Begier, den
                              									Sauerstoff zu absorbieren. Damit beginnt eine stärkere Steigerung der Temperatur,
                              									welche besonders rasch weitersteigt, wenn bei etwa 200° C die Kohlenhydrate in Kohle
                              									und Wasser zerfallen. Hierbei können theoretisch Temperatursteigerungen von mehr als
                              									500° C auftreten.Das Versuchskornhaus
                                    											und seine wissenschaftlichen Arbeiten S. 243. Paul Parey,
                                    									Berlin.
                           Die infolge dieses Umstandes entstehende Kohle absorbiert mit großer Begierde
                              									Sauerstoff, der in den Haufen eindringt und die Temperatur so weit steigern
                              									kann, daß ein Flammenausbruch erfolgt. Ist die Kugel klein genug, dann erfolgt
                              									dieser Flammenausbruch nicht und die Kugel kühlt sich verhältnismäßig rasch ab.
                           Aus diesen Erörterungen geht hervor, daß der Wert von a
                              									sehr wechselt, indem er beeinflußt wird durch Wärme bindende und durch Wärme
                              									erzeugende Vorgänge. Es ist daher unmöglich, in Gl. (9) einen zutreffenden
                              									Mittelwert für a einzusetzen. Um aber in dem für uns
                              									wichtigsten Falle dem Einfluß der Verdunstung und anderer Wärme bindender Vorgänge
                              									Rechnung zu tragen, wollen wir als Mittelwert a = 0,01
                              									setzen. Man wird dann ziemlich sicher sein können, daß die von uns berechneten
                              									Temperaturen eher zu niedrig als zu hoch sein werden. Nur in dem folgenden, für 100°
                              									C geltenden Beispiel soll des Vergleichs wegen auch a =
                              									0,1 angewendet werden.
                           
                        
                           4. Anwendungsbeispiele.
                           a) Beispiele für
                              									T = 100° C. R wird
                              									gesucht. In Gl. (9) ist für a = 0,1 N = 490; für a = 0,01 ist
                              										N = 400; ferner setzen wir in allen Fällen b = 0,002; damit wird folgende Aufstellung
                              									erhalten:
                           
                              
                                 Wassergehalt
                                 0
                                 12
                                 18
                                 25 v. H.
                                 
                              
                                 Wärmeerzeugung w0
                                 0
                                 1
                                 10
                                 100 WE/m3
                                 
                              
                                 Wärmeleitung k0
                                 0,1
                                 0,15
                                 0,17
                                 0,2 WE (m st ° C)
                                 
                              
                                 Radius R
                                 (a = 0,1)
                                 4,79
                                 1,61
                                 0,553 m
                                 
                              
                                 Radius R
                                 (a = 0,01)
                                 8,24
                                 2,77
                                 0,950 m
                                 
                              
                           Vergleichen wir diese Zahlen mit den Erfahrungen der Praxis, so haben wir den
                              									Eindruck, als ob für frisches Getreide etwa a = 0,1,
                              									für künstlich getrocknetes Getreide mit dem gleichen Wassergehalt a = 0,01 in Frage kommen wird. Zwischen diesen beiden
                              									Werten wird das a für natürlich ausgetrocknetes,
                              									gelagertes Getreide liegen. Denn frisches Getreide ist infolge des Vorganges der
                              									Nachreife und infolge der stärkeren Tätigkeit (Virulenz) der auf ihm befindlichen
                              									Bakterien und Schimmelpilze mehr zur Erwärmung geneigt, als längere Zeit gut
                              									gelagertes und gut gelüftetes Getreide. Das künstlich getrocknete Getreide hat an
                              									seiner Oberfläche nur noch wenig Mikroben, und die Samenruhe ist durch den
                              									Trocknungsprozeß früher und vollständiger eingetreten.
                           Nachfolgend geben wir eine Abbildung und eine Aufstellung, aus welcher bei gegebener
                              									Temperatur zu
                           
                              
                                 T
                                 [ln (1 + aT)
                                 
                                    +\frac{T}{400}=
                                    
                                 = Q]
                                 R2
                                 R
                                 1 + aT
                                 
                              
                                 5
                                 0,04879
                                   0,0125
                                 0,06129
                                   4,477
                                   2,12
                                 
                                 
                              
                                 10
                                 0,09531
                                   0,025
                                 0,12031
                                   8,660
                                   2,94
                                 1,1
                                 
                              
                                 20
                                 0,18232
                                   0,05
                                 0,23232
                                   16,73
                                   4,09
                                 1,2
                                 
                              
                                 30
                                 0,26236
                                   0,075
                                 0,33736
                                   24,29
                                   4,93
                                 1,3
                                 
                              
                                 40
                                 0,33647
                                   0,1
                                 0,43647
                                   31,43
                                   5,61
                                 1,4
                                 
                              
                                 50
                                 0,40547
                                   0,125
                                 0,53047
                                   38,19
                                   6,18
                                 1,5
                                 
                              
                                 60
                                 0,47000
                                   0,15
                                 0,62000
                                   44,64
                                   6,68
                                 1,6
                                 
                              
                                 70
                                 0,53063
                                   0,175
                                 0,70563
                                   50,81
                                   7,13
                                 1,7
                                 
                              
                                 80
                                 0,58779
                                   0,2
                                 0,78779
                                   56,71
                                   7,53
                                 1,8
                                 
                              
                                 90
                                 0,64185
                                   0,225
                                 0,86685
                                   62,41
                                   7,90
                                 1,9
                                 
                              
                                 100
                                 0,69315
                                   0,25
                                 0,94315
                                   67,90
                                   8,24
                                 2,0
                                 
                              
                                 120
                                 0,78845
                                   0,30
                                 1,08845
                                   78,38
                                   8,85
                                 2,2
                                 
                              
                                 140
                                 0,87546
                                   0,35
                                 1,22546
                                   88,22
                                   9,39
                                 2,4
                                 
                              
                                 160
                                 0,95551
                                   0,40
                                 1,35551
                                   97,59
                                   9,88
                                 2,6
                                 
                              
                                 180
                                 1,02961
                                   0,45
                                 1,47961
                                 106,5
                                 10,32
                                 2,8
                                 
                              
                                 200
                                 1,09861
                                   0,5
                                 1,59861
                                 115,1
                                 10,73
                                 3,0
                                 
                              
                                 400
                                 1,60944
                                   1,0
                                 2,60944
                                 187,9
                                 13,71
                                 5,0
                                 
                              
                                 800
                                 2,19822
                                   2,0
                                 4,19722
                                 302,1
                                 17,88
                                 9,0
                                 
                              
                                 1000
                                 2,39790
                                   2,5
                                 4,89790
                                 352,6
                                 18,78
                                 11,0
                                 
                              
                                 10000
                                 4,61512
                                 25
                                 29,61512
                                 213,4
                                 46,2
                                 101,0
                                 
                              
                           ersehen ist, welche Radien die betreffenden Getreidekugeln
                              									haben werden, um eine bestimmte Temperatur des Mittelpunktes zu erreichen.
                              									Angenommen ist ein Wassergehalt von 12 v. H. Wir sehen aus dieser Aufstellung, daß
                              									in einer Kugel von 5 m Halbmesser eine Temperatur von etwa 30° C und in einer Kugel von 10 m
                              									Halbmesser eine Temperatur von etwa 160° C, auftreten kann. Uns will im Einklang mit
                              									den vorstehenden Erörterungen scheinen, daß diese Temperaturen für Getreide passen,
                              									welches künstlich getrocknet worden ist. Hervorzuheben ist noch, daß der stationäre
                              									Zustand um so später erreicht wird, je größer der Haufen ist. Aus der Praxis liegen
                              									leider nur wenig Angaben vor, und man erfährt eigentlich von Selbsterhitzungen erst
                              									dann, wenn, wie im folgenden Falle, bedeutende Schädigungen eingetreten sind, und
                              									die Feuerversicherungen haftbar gemacht werden sollen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 333, S. 66
                              
                           b) Ueber die Selbsterhitzung eines Haferpostens. Eine der
                              									neuesten Mitteilungen, die Verfasser erhielt, bezog sich auf die Selbsterhitzung
                              									eines ungedroschenen Haferpostens, der 7 m Höhe, 6 m Breite und 9,9 m Tiefe aufwies.
                              									Da der Hafer im Halm lagerte, so war sein Gewicht pro m3 erheblich geringer, als wenn ausgedroschene Ware in Frage gekommen wäre.
                              									Für die Temperatursteigerung ist im wesentlichen die geringste Entfernung von der
                              									Oberfläche maßgebend, und wir denken uns in dem betrachteten Haufen eine Kugel mit 3
                              
                              									m Halbmesser. Den Wassergehalt können wir mit 25 v. H. annehmen. Was nun die
                              									Wärmeentwicklung anbetrifft, so haben wir oben für 25 v. H. Wassergehalt w0 = 100 angenommen.
                              									Nun ist allerdings Hafer wegen seines hohen Fettgehaltes zur Erhitzung besonders
                              									geneigt, dagegen ist die Masse pro m3 geringer,
                              									weil der Hafer im Halm lagerte; ferner besitzt der Halm infolge seiner chemischen
                              									Zusammensetzung eine geringere Neigung zur Selbsterhitzung; infolgedessen wollen wir
                              										w0 = 80 setzen.
                              									Eine niedrigere Zahl wählen wir schon deshalb nicht, weil der Halbmesser mit 3 m
                              									etwas zu gering ist. Wie bisher ist k(25) = 0,2 für 25 v. H. Wassergehalt, ferner ist
                              										a = 0,01 angenommen, weil sehr bedeutende
                              									Wassermengen zur Verdunstung gelangen. Aus diesen Werten ergibt sich Q = 7,5 und aus unserer Tafel erkennen wir, daß für
                              									diesen Wert von Q die Temperatur zwischen 1000 und
                              									10000° C liegen muß.
                           Durch Proportionsbildung erhalten wir nach obenstehender Abbildung
                           \frac{T_{\mbox{x}}-T_1}{T_2-T_1}=\frac{Q_{\mbox{x}}-Q_1}{Q_2-Q_1} . . . . (10)
                           Hier gelten Q2 und T2 für 10000° C, Q1 und T1 für 1000° C, Qx und Tx für die gesuchte
                              									Temperatur. Verbindet man die Punkte QxTx mit Q2T2, dann geht diese
                              									Linie nicht durch QxTx. Wird demnach Qx = 7,5 gesetzt,
                              									so erhält man für Tx
                              									nicht den wahren gesuchten Wert, sondern einen Annäherungswert. Mit Hilfe der Gl.
                              									(10) und indem Qx = 7,5
                              									gesetzt wird, erhalten wir also den Annäherungswert
                           
                              T_{\mbox{x}}=\frac{9000\,.\,2,602}{24,717}+1000=1947^{\circ}\mbox{ C}.
                              
                           Diesen Wert setzen wir in Gl. (9) ein und finden
                           
                              Q=\mbox{ln }(1+19,47)+\frac{1947}{400}=7,8866.
                              
                           Da Q zu groß geworden ist, so
                              									wissen wir jetzt, daß auch der Annäherungswert T = 1947
                              									zu groß ist. Infolgedessen setzen wir in Gl. (9) den niedrigeren Wert T = 1800° C ein und erhalten aus dieser Gleichung
                           
                              Q=\mbox{ln }(1+18,00)+\frac{1800}{400}
                              
                           den Wert Q = 7,444, also einen
                              									Wert, der schon sehr nahe an 7,5 liegt, so daß die gesuchte Temperatur ganz in der
                              									Nähe und etwas über 1800° liegen muß. Mit Hilfe dieses Wertes und der Gl. (10)
                              									können wir eine neue Proportion bilden, in welcher
                           T1 =
                              									1800, Q1 = 7,444, T2 = 1947, Q2 = 7,8866,
                           ferner Qx = 7,5 gesetzt wird.
                           Diese Proportion ergibt:
                           
                              \frac{T_{\mbox{x}}-1800}{1946-1800}=\frac{7,5-7,444}{7,8866-7,444}
                              
                           und Tx = 1818° C.
                           Setzen wir diesen Wert in Gl. (9) ein, dann erhalten wir Q = 7,5. Die gesuchte Temperatur ist also in der Tat 1818° C.
                           Die einfache Proportionsbildung ist nur zweimal vorgenommen worden und hat dann schon
                              									zum richtigen Ergebnis geführt, so daß man das Verfahren als einfach ansehen kann.
                              									Der Mathematiker ist jedoch damit nicht zufrieden und wählt ein anderes, konkreteres
                              									Verfahren, wobei die folgende bekannte Gleichung gewählt wird:
                           \mbox{ln }(y+z)=\mbox{ln }y+2\,\left[\frac{z}{2\,y+z}+\frac{1}{3}\,\left(\frac{z}{2\,y+z}\right)^3+\frac{1}{5}\,\left(\frac{z}{2\,y+z}\right)^5+\
                                 .\ .\ .\ .\ .\right] . (11)
                           Diese Reihe gilt in den Grenzen
                           
                              -1\,<\,\frac{z}{2\,y+z}\,<\,+1\mbox{ oder }0\,<\,y\,<\,\infty
                              
                           und ist stark konvergent. Die vorstehende Gleichung läßt sich
                              									natürlich auch in der Form verwenden, daß z = 1 gesetzt
                              									wird. In Gl. (9) können wir 1 + 0,01 T = y + z setzen.
                              									Ist hierin 0,01 T gegenüber 1 und y gegenüber z groß, dann
                              									ist y = 0,01 T oder T = 100 y angenähert
                              									gleich der gesuchten Temperatur. Oben wurde durch Proportionsbildung der angenäherte
                              									Wert 1947° gefunden, den wir auf 2000° abrunden, so daß y = 20 wird. Da nun y + z = 0,01 T + 1 und 2 y + z = 1 +
                              									0,01 T + y ist, wird der Bruch
                           
                              \frac{z}{2\,y+z}=\frac{(1+0,01\,T)-y}{(1+0,01\,T)+y}
                              
                           oder mit dem Annäherungswert y =
                              									20:
                           
                              \frac{z}{2\,y+z}=\frac{0,01\,T-19}{0,01\,T+21}.
                              
                           Durch Einsetzen dieses Wertes erhält Gl. (9) die Form
                           
                              Q=7,5=\frac{T}{400}+ln\,20+2\,\left[\frac{0,01\,T-19}{0,01\,T+21}+\frac{1}{3}\,\left(\frac{0,01\,T-19}{0,01\,T+21}\right)^3+\
                                 .\ .\ .\ .\right].
                              
                           Die Reihe müßte nun daraufhin ausprobiert werden, welche Glieder der eckigen Klammer
                              									zu berücksichtigen sind. Betrachtet man die Gleichungen
                           a) 7,5=\frac{T}{400}+\mbox{ln }20
                           b) 7,5=\frac{T}{400}+\mbox{ln }20+2\,\left[\frac{0,01\,T-19}{0,01\,T+21}\right]
                           c) 7,5=\frac{T}{400}+\mbox{ln }20+2\,\left[\frac{0,01\,T-19}{0,01\,T+21}+\frac{1}{3}\,\left(\frac{0,01\,T-19}{0,01\,T+21}\right)^3\right]
                           usw., so sieht man, daß a) linear ist, b) quadratisch, c)
                              									biquadratisch usw. Die Gl. (c) verursacht bereits Schwierigkeiten, welche bei der
                              									Berücksichtigung weiterer Klammerglieder sich im entsprechenden Maße steigern. Führt
                              									man die Rechnung durch, so ergibt sich aus
                           
                              
                                 Gleichung
                                 (a)
                                 T = 1801,7,
                                 
                              
                                 „
                                 (b)
                                 T = 1818,4,
                                 
                              
                                 „
                                 (c)
                                 T = 1818,4.
                                 
                              
                           Hieraus folgt, daß in der eckigen Klammer bereits das zweite
                              									Glied vernachlässigt werden kann, während das erste Glied, je nach den Ansprüchen,
                              									zu berücksichtigen ist. Multipliziert man Gl. (b) mit 400, dann wird
                           
                              3000=T+400\mbox{ ln }20+800\,\frac{(0,01\,T-19)}{0,01\,T+21}.
                              
                           Um bequemere Zahlen zu erhalten, setze man 0,01 T – 19 =
                              										x, also 0,01 T + 21 =
                              										x + 40 und T = 100 x + 1900, dann wird
                           
                              30=x+19+4\mbox{ ln }20+\frac{8\,x}{x+40}.
                              
                           Hieraus ergibt sich die quadratische Gleichung
                                       x2 + (48 + 0,9829) x =
                              									– 40 . 0,9829,
                           oder     x2 + 48,9829 x = 39,316.
                           Die Ausrechnung gibt
                                               x = – 24,50 ±
                              									√560,9
                           oder             x = – 0,82, x2
                              									= – 47,18.
                           Da x = 0,01 T – 19 und für den Annäherungswert T = 2000 der Wert x
                              									ungefähr 1 ist, so kommt nur der Wert x1 = – 0,82 in Frage, während x2
                              									= – 47,18 für uns keine Bedeutung hat. Infolgedessen
                              									wird – 0,82 = 0,01 T – 19 und T
                                 										= 1900 – 82 = 1818° C. Das ist der gleiche Wert, den wir auch nach dem
                              									anderen Verfahren gewonnen haben.
                           Was nun die Temperatur von rund 1800° C anbetrifft, so ist man gegenwärtig
                              									außerstande zu beurteilen, ob sie in Wirklichkeit hätte erreicht werden können. Vor
                              									der Hand ist es nicht möglich, für die Konstanten zuverlässigere Werte einzusetzen.
                              									Andererseits muß mit der Möglichkeit einer hohen Temperatur gerechnet werden; denn
                              									die dem Verfasser zugegangene Mitteilung weist darauf hin, daß die Abräumung des
                              									erhitzten Hafers durch die Feuerwehr erfolgen mußte, weil mit einem Brandausbruch
                              									gerechnet wurde. Dieser ist durch die sorgfältige Handhabung vermieden worden.
                           Hier hat der Wind, selbst in geschlossenen Räumen, einen wichtigen Einfluß.
                           Hätte man das Abräumen nur noch kurze Zeit hinausgeschoben, dann wäre ein
                              									Brandausbruch unvermeidlich gewesen. Die Temperatur ist infolge des rechtzeitigen
                              									Abräumens nicht so weit gestiegen, wie sie unter den vorliegenden Bedingungen hätte
                              									steigen können.
                           ––––––––
                           Anmerkung der Schriftleitung: Der Verfasser, der vor kurzem
                              									verstorben ist, hat eine Korrektur des Aufsatzes nicht mehr lesen können.