| Titel: | Polytechnische Schau. | 
| Autor: | Bachmann | 
| Fundstelle: | Band 333, Jahrgang 1918, S. 85 | 
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                        Polytechnische
                              								Schau.
                        (Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
                           								– nur mit Quellenangabe gestattet.)
                        Polytechnische Schau.
                        
                     
                        
                           Die neue Eisfabrik der Norddeutschen Eiswerke in
                                 										Berlin. Die im Jahre 1913/14 von der Halleschen
                                 										Maschinenfabrik und Eisengießerei errichtete Anlage bietet namentlich
                              									hinsichtlich der Wärmeausnutzung mancherlei Beachtenswertes. Die Anlage ist für eine
                              									tägliche Eiserzeugung von 240000 kg, steigerbar auf 300000 kg berechnet, die
                              									Gesamtleistung der Kältemaschinen beträgt rund 1750000 Wärmeeinheiten stündlich,
                              
                              									gemessen im umlaufenden Salzwasser der Generatoren bei einer Salzwassertemperatur
                              									von – 5°C sowie bei einer Kühlwasserzulauftemperatur von + 12° C. Ein großer Teil
                              									dieser Kältemenge dient zur Kühlung des alten Kühlhauses von etwa 10000 m2 Grundfläche sowie eines Eislagers. Ueber die
                              									neue Anlage entnehmen wir einem Bericht von Oberingenieur A. Kastner in der Zeitschrift für die gesamte Kälteindustrie 1917 S. 51 bis
                              									56 folgende Angaben. Die Kältemaschinenanlage besteht aus fünf Ammoniakkompressoren,
                              									die unmittelbar mit den Dampfmaschinen gekuppelt sind. Die Kompressoren haben je 420
                              									mm Zylinderdurchmesser und 600 mm Hub bei 80 bis 90 Umdrehungen in der Minute.
                              									Sie sind mit Rundführung, Ueberhitzungsvorrichtung, Oelpreßpumpen sowie
                              									Metallstopfbüchsen ausgestattet. Jeder Zylinder besitzt ferner eine Vorrichtung, die
                              									durch Vergrößerung des schädlichen Raumes eine Leistungsverminderung von 50 v. H.
                              									ermöglicht unter gleichzeitiger Herabsetzung des Kraftbedarfs in demselben Maße.
                              									Eine besondere Kupplung im Kreuzkopf dient zum Auskuppeln der Kompressoren, das also
                              									nicht, wie sonst üblich, durch Aushängen der Pleuelstange erfolgt. Die Verflüssigung
                              									der Ammoniakdämpfe erfolgt in zwei Berieselungskondensatoren mit je 650 m2 Kühlfläche, hinter denen noch zwei Nachkühler
                              									von je 10 m2 Kühlfläche angeordnet sind.
                              									Schließlich sind von der alten Kältemaschine noch ein runder Tauchkondensator und
                              									ein runder Verdampfer von je 265 m2 Kühlfläche
                              									übernommen worden.
                           Zur Eiserzeugung dienen vier Generatoren mit insgesamt 9400 Eiszellen von je 25 kg
                              									Inhalt, sie sind mit einer Schüttelvorrichtung und einer selbsttätigen
                              									Vorschubeinrichtung für Transmissionsbetrieb versehen, außerdem enthält jeder Eiserzeuger eine
                              									Absaugevorrichtung mit Steuermechanismus. Mit Hilfe dieser Vorrichtungen ist die
                              									kombinierte Erzeugung von Schüttel- und Destillateis möglich, und zwar geschieht
                              									dies in der Weise, daß mittels der erwähnten Absaugevorrichtung das in den Zellen
                              									verbleibende Kernwasser abgesaugt und die Zellen hierauf mit demselben Mechanismus
                              									mit entlüftetem Destillat reihenweise gefüllt werden. Man erhält nach diesem
                              									Verfahren ein vollständig kristallklares Eis, dem der bläuliche Schimmer des aus
                              									reinem Destillat gewonnenen Eises nicht anhaftet. Dieses kombinierte Verfahren
                              									eignet sich namentlich für sehr große Betriebe; zur Bedienung der vier Generatoren
                              									sind nur zwei Kranführer und zwei Absauger erforderlich. Von den vier Eiserzeugern
                              									stehen zwei im Erdgeschoß und zwei im ersten Stockwerk, von wo die Eisblöcke durch
                              									ein Paternosterwerk herabgelassen werden, und zwar entweder unmittelbar in die
                              									Verkaufswagen oder in den Eiskeller. Die Kesselanlage besteht aus drei
                              									Kestner-Steilrohrkesseln von je 115 m2 Heizfläche
                              									und 12½ at Betriebsdruck. Sie sind mit selbsttätiger Feuerung und Wanderrosten, mit
                              									selbsttätiger Speisevorrichtung und selbsttätiger Rauchgasprüfung versehen, so daß
                              									der Kesselbetrieb sehr gleichmäßig ist und äußerst wenig Bedienung erfordert.
                              									Außerdem sind ein Wasserreinigungsapparat, eine Enteisenungsanlage, drei Ueberhitzer
                              									und vier Ekonomiser sowie ein Speisewasservorwärmer vorhanden. Durch weitestgehende
                              									Ausnutzung der Wärme wird ein Nutzeffekt der Kesselanlage von 83 bis 85 v. H.
                              									erzielt. Zwei liegende Tandemverbund-Heißdampfmaschinen liefern die erforderliche
                              									Energie; sie haben eine Leistung von 361 PSi bei 12
                              									at Eintrittspannung und machen 80 bis 90 Umdrehungen in der Minute.
                           Sander.
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                           Maschinelle Hilfsmittel zur Torfgewinnung. Nach dem
                              									Bericht der „Nya Dagligt Allehanda“ vom 3. März 1918 ist der Torfausschuß bei
                              									dem Landwirtschaftsminister um eine größere Summe zu Versuchszwecken mit Maschinen
                              									für Torfgewinnung eingekommen. Die Regierung hat die Torfgewinnung in den
                              									vergangenen Jahren durch Anlage eines Stichwerks, durch Transportvergünstigungen und
                              									Versuche mit größeren Maschinen sehr gefördert. Da aber zu erwarten steht, daß die
                              									Torfgewinnung unter den jetzigen Verhältnissen noch stark zunehmen wird, muß alles
                              									geschehen, um sie auf möglichste Höhe zu bringen. Dazu sind besonders Versuche mit
                              									kleineren Maschinen verschiedener Typs notwendig. Bei den Versuchen kommt es auf
                              									Feststellung der für die verschiedenartigen in Schweden vorkommenden Moore
                              									geeignetsten Maschinen an, auf die Stärke der erforderlichen Triebkraft, auf die
                              									Leistungsfähigkeit der Maschinen, ihre Betriebssicherheit usw. Vorzugsweise kommen
                              									schwedische Maschinen in Betracht, aber es dürfte von Interesse sein, gleichzeitig
                              									auch Versuche mit Maschinen aus Dänemark, Norwegen und möglicherweise auch aus
                              									Deutschland anzustellen.
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                           Das Brennstoffventil der Gleichdruckmaschine. Ueber die
                              									Berechnung der Ventilnadeln und Federn solcher Ventile sind bereits nähere Angaben
                              									in D. p. J. Bd. 332 S. 145 gemacht worden. Die Gesetzmäßigkeit, die für Federn und
                              									Nadeln festgelegt ist, konnte bis jetzt noch nicht auf die übrigen Teile des
                              									Brennstoffventils ausgedehnt werden. Es wirken hier zu viele veränderliche Werte
                              									zusamen. In der Zeitschr. d. Ver. deutscher Ing. 1918 S. 111 hat W. Stremme nun einen Weg gezeigt, die noch bestehenden
                              									Unsicherheiten in der Berechnung der Einzelteile des Ventiles zu beseitigen.
                           Nach Abb. 1 strömt die Einspritzluft, die den
                              									Brennstoff fein verteilt in die Maschine einspritzt, zunächst in den
                              									Zerstäuberraum R. In dem Ringquerschnitt dieses Raumes
                              									erreicht die Luft eine gewisse Geschwindigkeit. Außerdem bedingt die Größe dieses
                              									Raumes die Luftmenge, die bei der Ventileröffnung zum Einspritzen des Brennstoffes
                              									unmittelbar zur Verfügung steht. Im Raum R befinden
                              									sich auch die Zerstäuberplatten P. Durch die Größe der
                              									Löcher und ihrer Anzahl in den Zerstäuberplatten wird die Luftgeschwindigkeit für
                              									die Mischung von Luft und Brennstoff bestimmt. Jede Zerstäuberplatte vermindert die
                              									Strömungsgeschwindigkeit des Brennstoffluftgemisches. Je mehr Platten also im Raum
                              										R untergebracht sind, desto langsamer findet die
                              									Einspritzung statt. Durch eine sehr große Anzahl von Zerstäuberplatten wird
                              									keineswegs die Brennstoffeinspritzung verbessert.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 333, S. 85
                              Abb. 1.
                              
                           Auf die Zerstäuberplatten folgt der Zerstäuberkegel, der gleichfalls dazu dient, dem
                              									Brennstoffluftgemisch eine gewisse Geschwindigkeit zu erteilen. Der Kegel K steuert die Ventileröffnung und den Ventilschluß. Die
                              									Düsenöffnung S muß auch einen bestimmten Querschnitt
                              									haben, denn hier tritt die eigentliche Zerstäubung des Brennstoffes ein. Alle
                              									Querschnitte für den Luftdurchtritt innerhalb des Brennstoffventils müssen um ein
                              									Vielfaches größer sein als der Düsenquerschnitt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 333, S. 85
                              Abb. 2.
                              
                           In Abb. 2 stellt ad den
                              									abgewickelten Nocken dar, der das Brennstoffventil steuert. Durch die Strecke ad wird somit die Eröffnungsdauer des Brennstoffventils
                              									bestimmt. Auf der Strecke ab tritt beim Oeffnen des
                              									Ventils Drosselung durch den Kegel der Nadel ein, ebenso auf der Strecke cd beim Schließen. Vom Punkt b an sind die von der Nadel freigegebenen Querschnitte größer als der
                              
                              									Düsenquerschnitt. Das durch die Höhe h1 bestimmte Kurvenstück des Nockens hat somit keinen
                              									Einfluß auf die Veränderung der Brennstoffluftmenge. Eine Vergrößerung der
                              									Düsenöffnung verschiebt den Punkt b nach b1 und c nach c1. Durch Verwendung der steileren Nockenform ab2 und c2d kann somit die Einspritzluftmenge vergrößert, durch
                              									langsam ansteigende Nockenform ab3 und c3d verkleinert werden.
                              									Eine Vergrößerung der Einspritzluftmenge wird auch erreicht, wenn man bei
                              									gleichbleibender Nockenform die Löcher in den Zerstäuberplatten vergrößert, und eine
                              									Verkleinerung der Einspritzluftmenge ergibt sich durch kleinere Löcher in den
                              									Zerstäuberplatten. Den größten Einfluß auf die Einspritzluftmenge hat aber die
                              									Veränderung der Düsenöffnung.
                           Die Einspritzluftmenge kann aber auch wirkungsvoll durch Veränderung des
                              									Einspritzdruckes geändert werden. Die durch die Düse strömende Luftmenge Q bestimmt sich nach der Gleichung Q = fv, wobei f der
                              									Düsenquerschnitt und v die Luftgeschwindigkeit
                              									bedeutet. Die Geschwindigkeit v kann nach folgender
                              									Gleichung berechnet werden: v=\sqrt{\frac{2\,g\,H}{\gamma}}=k\,\sqrt{H}, wobei H den
                              									Ueberdruck der Einspritzluft bedeutet.
                           Bei Leistungserniedrigung ortfester Maschinen und auch bei Schiffsmaschinen macht man
                              									von diesem einfachen Verfahren Gebrauch, um durch Verkleinerung des
                              									Einspritzluftdruckes eine noch rußfreie Verbrennung zu erhalten.
                           Bleibt in letzter Gleichung der Wert √H unverändert, so
                              									kann die Gleichung f=\frac{Q}{v} auch geschrieben werden f =
                                 										cQ. Q ist nun die Menge des Brennstoffluftgemisches, das in der Zeiteinheit
                              									durch den Querschnitt f strömt. Für die gute
                              									Zerstäubung einer gewissen Brennstoffmenge q ist eine
                              									bestimmte Einspritzluftmenge notwendig. Demnach ist Q =
                              									Brennstoffmenge + Einspritzluftmenge oder Q = q + mq =
                                 										q(1 + m) und die Gleichung f = cQ wird dann f = c(1 + m)q = c1q. Für den Düsendurchmesser d gilt dann die Gleichung δ = k0√q. An Stelle der
                              									sekundlichen Brennstoffmenge kann auch die Maschinenleistung N1 gesetzt werden. Es ändert sich dann
                              									dementsprechend der Koeffizient in der Gleichung und es wird δ = k√N1.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 333, S. 86
                              Abb. 3.
                              
                           Da die Größe k von vielen veränderlichen Werten
                              									beeinflußt ist, so kann ein für alle Fälle passender Zahlenwert nicht dafür
                              									angegeben werden. Der genaue Wert für k ist vielmehr
                              									nach einer ausgeführten Maschine mit befriedigendem Ergebnis zu bestimmen. Die
                              									Normalisierung des Brennstoffventils kann so vor sich gehen, daß man von einer
                              									Maschine die Abmessungen des Brennstoffventils feststellt, die möglichst in jeder
                              									Beziehung den gewünschten Anforderungen entspricht. Für diese Maschine berechnet man
                              									zunächst nach der Gleichung δ = k√N1 den Wert
                              										k. Für die Maschinen derselben Bauart bestimmt man
                              									dann mit Hilfe der nun bekannten Größe k den Düsenwert,
                              									und hiervon abhängig auch die Maße der übrigen Teile.
                           Abb. 3 stellt den Verlauf der Verhältniszahlen nach
                              									der vorgenommenen Normalisierung dar, aber mit Berücksichtigung bereits
                              									vorhandener Modelle. Auf der Grundlinie der Abb. 3
                              									sind die einzelnen Zylinderleistungen aufgetragen und auf den Senkrechten die Werte
                              									der Durchgangsquerschnitte der hauptsächlichen Zerstäubungsvorrichtungen bezogen auf
                              									die nach obiger Formel berechneten Düsenquerschnitte. Kurve I ist die Kurve der Ventilraumquerschnitte. Die Kurve II gibt die Verhältniszahlen der Nadelquerschnitte,
                              									Kurve III diejenigen der Durchgangsquerschnitte in den
                              									Löchern einer Zerstäuberplatte. Die Querschnitte in den Kegelkanälen sind ebenso
                              									groß ausgeführt. Die Kurve IV gibt die Werte für den
                              									steuernden Querschnitt des Nadelkegels an.
                           Maschinen, die nach solcher Normalisierung ausgeführt sind, brauchen in der Fabrik
                              									nach Ansicht des Verfassers nicht ausprobiert werden. Außerdem gibt eine solche
                              									Normalisierung bei Neukonstruktionen ohne Weiteres die Hauptabmessungen des
                              									Brennstoffventils an.
                           
                              W.
                              
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                           Ausgangstemperatur für Lehrgeräte. In Heft 6 auf Seite 46
                              									dieser Zeitschrift wird von Hassenstein darauf
                              									hingewiesen, daß durch die Anfertigung von Kriegbedarfsteilen die Vorteile der
                              									Toleranz bzw. Grenzlehren in großem Umfange den gewerblichen Betrieben bekannt
                              									geworden sind.
                           Die Austauschbarkeit der Lehren und der darnach hergestellten Teile wäre in vielen
                              									Fällen nicht vorhanden, wenn den Lehren nicht eine einheitliche Ausgangstemperatur
                              									zugrunde liegen würde.
                           Hassenstein unterscheidet nun als Ausgangstemperatur eine
                              									sogenannte Normaltemperatur des metrischen Maßsystems von 0° und dann die zurzeit
                              									üblichen Gebrauchstemperaturen.
                           Für alle Teile des Heeresbedarfs gilt aber einheitlich nur eine Temperatur von 20° C
                              									als Gebrauchs- bzw. Meßtemperatur. Das ist angenähert die mittlere, meistens in den
                              									Werkstätten und Prüfräumen vorhandene Raumtemperatur. Bei dieser Temperatur sollen
                              									alle Teile die Abmessungen haben, die auf den Zeichnungen ziffernmäßig festgelegt
                              									sind. Für diese Temperatur sind also alle Lehren und Meßwerkzeuge zu richten, 20° C
                              									ist die einheitliche Ausgangstemperatur der Lehrgeräte für den Heeresbedarf.
                           Es wird nun von Hassenstein und auch von anderer Seite
                              									behauptet, es gäbe eine „Normaltemperatur des metrischen Maßsystems“ und
                              									diese wäre 0°. Hassenstein sagt sogar, daß nur diese als Ausgangstemperatur in Frage
                              									kommen könne, denn den Gebrauchstemperaturen soll jede wirklich richtige Begründung
                              									fehlen.
                           Diese Behauptungen zeigen, daß die Anschauungen über Maße und Meßwesen bisher unklar
                              									sind, ja sogar in der Eichordnung findet sich diese Unklarheit, wie ich in Heft 5
                              									der Werkstattstechnik gezeigt habe. Das Reichsgesetz, durch welches das metrische
                              									Maßsystem in Deutschland eingeführt wurde, kennt eine Normaltemperatur des
                              									metrischen Maßsystems nicht.
                           Durch das Reichsgesetz ist angegeben, was als Meterlänge anzusehen ist. Es ist
                              									dadurch eine ganz bestimmte Entfernung zwischen zwei Endstrichen auf einem Stabe,
                              									dem internationalen Meterprototyp, als die Länge eines Meters bezeichnet, und zwar
                              									dann, wenn der Stab eine Temperatur von 0° hat.
                           Irrtümlich wird nun vielfach angenommen, diese Temperatur von 0° könne man als
                              									Normaltemperatur des metrischen Maßsystems bezeichnen und davon ausgehend verlangen,
                              									daß alle Meßwerkzeuge, die sich ja auch mit der Temperatur ausdehnen, immer bei 0°
                              									mit der wirklichen Meterlänge übereinstimmen sollen.
                           Dadurch ergäbe sich dann, daß diese Meßwerkzeuge, wenn man mit ihnen während der
                              									gewöhnlichen Werkstattemperatur messen will, ein ganz anderes Maß zeigen als sie
                              									zeigen sollen.
                           Welche Verwirrung im Maßwesen entsteht, wenn man nach der Meinung von Hassenstein für alle Lehren, überhaupt für alle Maße 0°
                              									als Ausgangstemperatur nehmen würde, ersieht man aus einer Betrachtung über das
                              									Eichungswesen.
                           Nach einer Erklärung Geheimrats Dr. Plato in Heft 2 der
                              									Mitteilungen des Normenausschusses der deutschen Industrie, haben die
                              									Eichungsaufsichtsbehörden Maßstäbe aus Messing, Stahl und auch Holz. Alle diese
                              									Maßstäbe dienen dazu, die Einheitlichkeit und Richtigkeit der im öffentlichen
                              									Verkehr benutzten Maße zu prüfen und zu sichern. Wären nun alle diese Prüfungsstäbe
                              									auf 0° bezogen, dann hätten sie bei der gewöhnlichen Zimmertemperatur, bei der sie
                              									und auch gewöhnlich die Verkehrsmaße benutzt werden, je nach dem Werkstoffe, aus dem
                              									sie hergestellt sind, ganz verschiedene Längen. Der Meterstab aus Holz wäre der
                              									kürzeste, der aus Stahl etwas länger und der aus Messing am längsten. Ein solcher
                              									Zustand widerspricht ganz dem Reichsgesetz, das durch die Einführung des metrischen
                              									Maßsystems für alle Maße des Verkehrs Einheitlichkeit sichern soll.
                           Ganz anders ist es aber, wenn man sich darauf einigt, daß alle Lehren, Meßwerkzeuge
                              									und Maßstäbe bei der mittleren Gebrauchstemperatur von 20° richtiges Maß haben
                              									sollen. Diese Temperatur ist gewöhnlich in den Werkstätten und Prüfräumen vorhanden,
                              									alle Meßarbeiten werden angenähert bei dieser Temperatur ausgeführt, alle Maßstäbe,
                              									ganz gleich aus welchem Werkstoff sie hergestellt sind, haben dann einheitliche, und
                              									zwar richtige Länge, und dadurch ist die Einheit des Maßes, wie es durch das
                              									Reichsgesetz angestrebt ist, auch wirklich erreicht.
                           Für das Lehrgerät der Heeresbedarfsteile ist 20° C als Einheitstemperatur bereits
                              									eingeführt, es ist nur noch notwendig, daß die deutsche Industrie sich darauf
                              									einigt, für alle Meßarbeiten diese mittlere Temperatur festzuhalten.
                           Vielfach wird nun behauptet, es sei unmöglich, immer eine Temperatur von 20° in den
                              									Werkstätten und Prüfräumen einzuhalten. Dieser Einwand ist berechtigt, aber sicher
                              									ist es, daß es immer möglich ist, sehr nahe mit der Temperatur an 20° zu bleiben.
                              									Eine geringe Abweichung von 20° hat auch nur sehr geringe Maßunterschiede der
                              									Maßstäbe aus verschiedenem Werkstoff zur Folge. Diese Unterschiede sind dann so
                              									klein, daß sie innerhalb der Grenzen liegen, die für die Prüfung der Maßstäbe
                              									gezogen sind. Wenn man zum Beispiel einen Meterstab aus Messing und einen Meterstab
                              									aus Stahl, die bei 20° genau gleich lang sind, bei 19° miteinander vergleicht, dann
                              									wird man finden, daß der erstere um etwa 0,007 mm kürzer geworden ist als der
                              									Meterstab aus Stahl. Bei einer Länge von 1 m macht aber dieser geringe Unterschied,
                              									der nur durch sehr feine Meßinstrumente nachgewiesen werden kann, noch nichts aus,
                              									deshalb kann man wohl sagen, daß selbst bei Maßstäben aus verschiedenem Werkstoffe
                              									eine geringe Abweichung von der Einheitstemperatur von 20° die Einheit des Maßes
                              									noch nicht stört.
                           Bei einer Ausgangstemperatur von 0° dagegen, zeigen zwei Meterstäbe aus verschiedenem
                              									Werkstoff wie die obigen bei 20° einen Längenunterschied, der zwanzigmal so groß ist
                              									als der obige Unterschied bei 1°. Die Einheit des Maßes ist dadurch vernichtet.
                           Auch wenn man vorschreiben würde, daß bei 0° Ausgangstemperatur für Lehren und
                              									Meßwerkzeuge nur ein bestimmter Werkstoff, zum Beispiel Stahl genommen werden soll,
                              									so würde dies die Einheit der Maße nicht verbürgen, denn fast in jeder Fabrik werden
                              									mehrere verschiedene Werkstoffe verarbeitet. Würde man zum Beispiel eine 100 mm
                              									Bronzebüchse bei 15° nach einer Stahllehre und nach derselben Stahllehre bei 25°
                              									eine Zinkbüchse herstellen, dann würde bei keiner Temperatur Bronzebüchse,
                              									Zinkbüchse und Stahllehre zugleich zueinander passen. Dieses Zusammenpassen kann nur
                              									erreicht werden, wenn die Bronze- und die Zinkbüchse bei gleicher Temperatur nach
                              									der Stahllehre hergestellt werden.
                           Es kann deshalb mit vollem Recht gesagt werden, daß eine Ausgangstemperatur von 0°
                              									für die Lehr- und Meßgeräte, die man dann bei beliebiger Temperatur benutzen soll,
                              									ganz ungeeignet ist, die Einheit der Maße zu wahren, und daß nur eine Temperatur,
                              									wie sie meistens in den Werkstätten und Prüfräumen vorhanden ist, die Einheit der
                              									Maße sichern kann und deshalb auch nur allein zur Einführung als Ausgangstemperatur
                              									für Lehrgeräte berechtigt ist.
                           Die mittlere Werkstättentemperatur ist etwa 20° C, für das Heeresgerät, an dem die
                              									ganze Industrie Deutschlands arbeitet, gilt sie bereits einheitlich, deshalb ist es
                              									empfehlenswert und richtig, an ihr auch allgemein für alle Maße der Industrie und
                              									des Verkehrs festzuhalten.
                           F. Symanzik.
                           ––––––––––
                           Das Wachsen der Maschinenleistung. (Dr. techn. Ing. Vidmar, E. u. M. Wien 1918 Heft 13.) Das Bestreben, in
                              									einer Maschine eine möglichst hohe Leistung zu vereinigen, das der
                              									Elektromaschinenbau mit dem übrigen Maschinenbau gemeinsam hat, legt die Frage nahe,
                              									nach welchen Gesetzen aus einer kleinen Maschine eine größere derselben Bauart
                              									entwickelt werden kann, und ob es überhaupt einen Sinn hat, immer größere
                              									Maschineneinheiten zu bauen. Sind doch bereits Turbogeneratoren von 50000 kW gebaut
                              									worden und noch größere in Arbeit! Zweifellos hat diese Leistungshäufung auch
                              									Nachteile. Es sei hier nur an die Schwierigkeit der Reserve bei so großen Einheiten
                              									erinnert; auch sind die Arbeiten an den großen Werkstücken beschwerlich und
                              									erfordern teure Werkzeugmaschinen. Es müssen sich also schon erhebliche Vorteile
                              									ergeben, wenn sich der Bau so großer Einheiten lohnen soll.
                           Um die Wachstumsgesetze von Maschinen gleicher Bauart entwickeln zu können, macht Vidmar die Annahme, daß außer der Drehzahl die
                              									elektrische und magnetische Beanspruchung, also die Stromdichte und die
                              									Kraftliniendichte gleich bleiben soll, wie man etwa im allgemeinen Maschinenbau beim
                              									Entwerfen einer Reihe gleichartiger Maschinen die Beanspruchung auf Festigkeit
                              									annähernd gleich halten würde. Da die Spannung einer Maschine bei gegebener
                              									Windungzahl der Feldstärke, der Umfangsgeschwindigkeit des Läufers und dessen Länge,
                              									die Stromstärke andererseits dem Querschnitt des Kupferleiters proportional ist, so
                              									folgt, daß die Leistung einer Maschine mit der 4. Potenz der Abmessungen steigt,
                              									wenn man einfach alle Abmessungen in demselben Verhältnis vergrößert. Umgekehrt kann
                              									man sagen: „Die Abmessungen von Maschinen gleicher Bauart nehmen mit der 4.
                                 										Wurzel aus der Leistung zu.“ Dieses Gesetz stimmt mit der im
                              									Elektromaschinenbau allgemein angewendeten Beziehung überein, nach der die Leistung
                              									einer Maschine proportional ist dem Produkt aus dem Quadrat des Läuferdurchmessers
                              									und der Länge des Eisenkörpers, also der 3. Potenz der Abmessungen, wenn man noch
                              									annimmt, daß der Proportionalitätsfaktor, die sogenannte Leistungskonstante, mit den
                              									Abmessungen in der ersten Potenz wächst. In der Tat nimmt der Wert der
                              									Leistungskonstanten nach praktischen Erfahrungen mit der Leistung zu (nicht ab, wie
                              									es irrtümlicherweise bei Vidmar heißt), wenn auch im
                              									allgemeinen nicht linear.
                           
                           Aus diesem ersten Gesetz folgt: „Das Gewicht einer Maschine nimmt bei
                                 										gleicher Bauart mit der dreiviertelten Potenz der Leistung zu.“ Der Vorteil
                              									der Großmaschine erhellt hieraus ohne weiteres, wenn man bedenkt, daß beispielsweise
                              									bei einer Leistungsvergrößerung um das 1000-fache das Gewicht nur 560 mal so groß
                              									wird.
                           Das Prinzip, nach dem man einfach alle Abmessungen im gleichen Maße zu vergrößern
                              									hat, läßt sich jedoch nur auf die Hauptabmessungen anwenden, während die
                              									Einzelheiten nach besonderen Gesichtspunkten entworfen werden müssen. Die Schaltung
                              									der Maschine wird durch das Vergrößerungsgesetz nicht berührt, sondern ist den
                              									jeweiligen Verhältnissen entsprechend zu wählen.
                           Bei gleichbleibender Windungzahl würde die Spannung der Maschine mit dem Quadrat der
                              									Abmessungen zunehmen, weil sowohl die Schnittgeschwindigkeit der Leiter im
                              									magnetischen Felde, als auch die Länge des Leiters zunimmt. Die Stärke der Isolation
                              									nimmt indessen nur mit der einfachen Potenz der Maschinenabmessungen zu. Deshalb muß
                              									die Zahl der in Reihe geschalteten Windungen proportional mit den Abmessungen
                              									abnehmen, damit die Spannung ebenfalls nur mit der einfachen Potenz der Abmessungen
                              									zunimmt. Da aber nach dem oben Gesagten die Abmessungen mit der vierten Wurzel aus
                              									der Leistung zunehmen, so wächst auch die Spannung bei gleicher Bauart der Maschinen
                              									in demselben Maße. Die Anzahl der hintereinander geschalteten Windungen muß demnach
                              									mit der vierten Wurzel aus der Leistung abnehmen. Der Strom muß dann mit der 3.
                              									Potenz der Abmessungen wachsen, damit das erste Gesetz erfüllt ist. Dies ist auch
                              									tatsächlich möglich, denn der Querschnitt der Kupferleiter wächst mit dem Quadrat
                              									der Abmessungen, andererseits kann er aber auch infolge der Verkleinerung der Anzahl
                              									der in Reihe geschalteten Windungen vergrößert werden.
                           Um den induktiven Spannungsabfall klein zu halten, muß die Nutenzahl erhöht werden,
                              									da der Streufluß um so stärker ist, je größer die Zahl der in einer Nut vereinigten
                              									Amperewindungen ist. Bei großen Maschinen muß fast die gesamte in dem in den Nuten
                              									eingebetteten Kupfer erzeugte Wärme durch die Nutenwandungen abgeführt werden. Da
                              									nun bei einfacher Vergrößerung aller Abmessungen die Oberfläche der Nutenwandungen
                              									mit dem Quadrat, die Stromwärme aber proportional dem Kupfergewicht, also mit der 3.
                              									Potenz der Abmessungen wächst, so muß außer den Abmessungen auch die Anzahl der
                              									Nuten vergrößert werden. Nach dem Vergrößerungsgesetz soll aber der gesamte
                              									Nutenquerschnitt nur mit dem Quadrat der Abmessungen wachsen. Unter Berücksichtigung
                              									der praktischen Erfahrungen könnte man etwa folgendes Gesetz aufstellen: „Die
                                 										Nutenzahl nimmt bei gleicher Maschinenbauart mit der Quadratwurzel aus den
                                 										Abmessungen oder mit der achten Wurzel aus der Leistung zu.“ In demselben
                              									Verhältnis wird auch die Spulenzahl in einem Transformator größer.
                           Man sieht, daß durch diese Beziehung den Anforderungen, die Streuspannung und
                              									Erwärmung an die Vergrößerung der Nutenzahl stellen, nicht in vollem Umfange
                              									genügt wird. Die gewaltigen Kräfte, die bei großen Maschinen bei plötzlichen
                              									Kurzschlüssen auftreten und die Maschine gefährden, lassen indessen die größere
                              									Streuspannung als eine Notwendigkeit erscheinen, weil sie den Kurzschlußstrom
                              									begrenzt. Ernster dagegen ist die Schwierigkeit, die durch die erhöhte Erwärmung
                              									entsteht.
                           Die Stromwärmeverluste in einem Kupferkörper sind bekanntlich dem Quadrat der
                              									Stromdichte und dem Kupfergewicht proportional. Aehnlich verhält es sich mit den
                              									Verlusten im Eisen, wenn die Periodenzahl unverändert bleibt. Dann wachsen die
                              									Verluste bei Maschinen gleicher Bauart mit der 3. Potenz der Abmessungen, oder mit
                              									der dreiviertelten Potenz der Leistung. Da die Oberfläche nur mit dem Quadrat der
                              									Abmessungen zunimmt, wird die Kühlung immer schwieriger und kann bei hohen
                              									Leistungen nur künstlich erzielt werden. In der Tat ist die Kühlungsfrage die
                              									schwierigste beim Bau großer Einheiten.
                           Aus dem Gesetz über das Wachsen der absoluten Verluste folgt: „Die prozentuellen
                                 										Verluste sind bei gleicher Bauart der vierten Wurzel aus der Leistung
                                 										proportional.“ In der Tat ist der Wirkungsgrad bei großen Maschinen höher
                              									als bei kleinen.
                           Auch für den prozentualen Ohm sehen Spannungsabfall läßt sich ein sehr einfaches
                              									Gesetz ableiten: „Der prozentuale Ohm sehe Spannungsabfall nimmt bei gleicher
                                 										Bauart mit der vierten Wurzel aus der Leistung ab.“
                           Für den Magnetisierungstrom stellt Vidmar das Gesetz auf:
                              										„Der prozentuale Magnetisierungstrom nimmt bei gleicher Bauart mit der
                                 										vierten Wurzel aus der Leistung ab.“ Diese Beziehung gilt allerdings nur,
                              									wenn der Luftspalt im gleichen Verhältnis wächst, wie die übrigen
                              									Maschinenabmessungen.
                           Mit für die Praxis genügender Annäherung kann endlich noch gesagt werden: „Der
                                 										Leerlaufstrom nimmt bei gleicher Bauart mit der vierten Wurzel aus der Leistung
                                 										ab“; d.h. der Leistungsfaktor ist bei großen Maschinen höher als bei
                              									kleinen. Die Kenntnis der Wachstumsgesetze macht die konstruktive Tätigkeit nicht
                              									überflüssig. Sie zeigt vielmehr, daß bei kleinen Maschinen vor allem die Verluste,
                              									der Spannungsabfall und der Leerlaufstrom oder die Erregung verhältnismäßig groß
                              									werden, während bei großen Leistungen besonders die Abkühlung Schwierigkeiten macht.
                              									Ganz neue Probleme stellt die Bewältigung besonders hoher Drehzahlen, Spannungen und
                              									-Stromstärken. Da die Konstruktion diesen verschiedenen Verhältnissen Rechnung
                              									tragen muß, ist es nicht möglich mit einer einzigen, auf dem geometrischen
                              									Vergrößerungsgesetz aufgebauten Typenreihe alle Maschinen einer Gattung von den
                              									kleinsten bis zu den größten Leistungen zu umfassen. Es werden vielmehr je nach dem
                              									Hervortreten der einen oder anderen Schwierigkeit und der Art ihrer Bekämpfung
                              									mehrere Typenreihen entstehen, die selbst wieder durch eine Art Reihe höherer
                              									Ordnung zusammenhängen.
                           Dr.-Ing. Bachmann.