| Titel: | Ueber die Kräftebeziehungen im Riementrieb. | 
| Autor: | Wilhelm Stiel | 
| Fundstelle: | Band 333, Jahrgang 1918, S. 162 | 
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                        Ueber die Kräftebeziehungen im
                           								Riementrieb.
                        Von Dr.-Ing. Wilhelm
                                 									Stiel, Siemensstadt.
                        STIEL, Ueber die Kräftebeziehungen im Riementrieb.
                        
                     
                        
                           Ueber die Eigenschaften und die Arbeitsweise des Riementriebes haben noch bis in
                              									die allerneueste Zeit recht unklare und verworrene Anschauungen geherrscht. Erst
                              									durch die Arbeiten von Skutsch,Skutsch, Rudolf,
                                    											Ueber den Einfluß der elastischen Nachwirkung auf die Leistungsfähigkeit der
                                    											Riementriebe. Diss., Dortmund. C. L. Krüger. 1910. Mitt. Forschungsarbeiten.
                                    											Berlin 1912. Heft 120. – Versuche über den Einfluß der
                                    											Oberflächenbeschaffenheit gußeiserner Riemenscheiben auf die übertragbare
                                    											Leistung. Dortmund 1911. C. L. Krüger. (Nebst Nachtrag 1912.) 32 Seiten 8°.
                                    											– Ueber Riementriebe, Tatsachen und Meinungen. Techn. Mitt. Dortmund 1913.
                                    											S. 21 bis 25, 73 bis 76. – Riementrieb, Luftdruck und Reibungselektrizität.
                                    											Verh. d. Ver. z. Bef. d. Gewerbefl. 1913. Heft 7 S. 393 bis 402. – Kammerer, Stephan, (Briefwechsel im Anschluß an
                                    											den Aufsatz von Stephan). D. p. J. 1913, S. 479, 496. 510, 684, 766, 782,
                                    											798. – Ueber die Reibung von Leder auf Eisen. D. p. J. 1914, S. 273 bis 278,
                                    											305 bis 310, 341 bis 336, 355 bis 357. – Die Riemenforschung in den Jahren
                                    											1913 und 1914. Techn. Mitt. Dortmund 1915. S. 299 bis 302, 346 bis 350. 399
                                    											bis 406. – Zwei Vorträge über die Mechanik der Riementriebe. Dortmund 1916.
                                    											Fr. Steffen. 28 Seiten 4°.Duffing,Duffing, Georg, Vorspannung und Achsdruck bei
                                    											Riemen- und Seiltrieben. Z. d. V. d. I. 1913, S. 967 bis 975. –Hennig,Hennig, Rudolf, Ueber schnellaufende
                                    											Riementriebe. Mitt. d. Hamburg. Bez.-Ver. d. Ing. 1910, Nr. 15. – Zur
                                    											Theorie des Riementriebes. (Zuschrift nebst Erwiderung von Kammerer.) Z. d.
                                    											V. d. I. 1908, S. 1819 bis 1820. – Versuche mit Riemen besonderer Art.
                                    											(Zuzchrift nebst Erwiderung von Kammerer.) Z. d. V. d. I. 1912, S. 1054 bis
                                    											1055.KutzbachKutzbach, K, Die Uebertragungsverluste und die
                                    											Beanspruchungen der Seil- und Riementriebe. Z. d. V. d. I. 1914, S. 1006 bis
                                    											1011. und FriederichFriederich. A.,
                                    											Versnche über die Größe der wirksamen Kraft zwischen Treibriemen und
                                    											Scheibe. Forschungsarbeiten. Berlin 1817. Heft 196/98. Z. d. V. d. I. 1915,
                                    											S. 537 bis 543, 580 bis 585, 608 bis 611. ist eine Aufklärung der
                              									Verhältnisse angebahnt worden. In einer neuerdings bei Julius Springer erschienenen
                              									Arbeit habe ich nun eine erschöpfende Klarstellung der bisher noch offenen Fragen
                              										gegeben.Dr.-Ing. Wilhelm Stiel, Theorie des Riementriebs; 205
                                    											Seiten mit 137 Abb. Verlag von Julius Springer, Berlin 1918. Da
                              									dieses Buch nur einem begrenzten Kreise zugänglich sein wird, die Sache selbst
                              									jedoch weitergehendes Interesse erwecken dürfte, will ich mit vorliegender Arbeit
                              									ein Kapitel der Riementriebfrage herausgreifen, das wohl auf besondere
                              									Aufmerksamkeit rechnen darf, und einen gedrängten Ueberblick über die Kräfte- und
                              									Geschwindigkeitsbeziehungen im Riementrieb geben, während ich für alles übrige
                              									(Elastizitätseigenschaften, Schlupf und Mitnahmekraft, Verluste und
                              									Wirkungsgrad, Vorausberechnung) auf die ausführliche Arbeit selbst verweisen
                              									muß.
                           
                        
                           a) Der Riementrieb mit verschwindend
                                 										kleiner Riemengeschwindigkeit (ruhender
                                 									Trieb).
                           Die einzige Beziehung zwischen den auf die Riemenscheibe wirkenden Kräften, welche
                              									unter allen Umständen Gültigkeit hat, wird durch die Gleichgewichtsbedingung, daß
                              									die Summe aller Kräfte gleich Null sein muß, dargestellt. Als äußere Kräfte wirken
                              									auf die Riemenscheibe, wenn, was im folgenden stets geschehen soll, von dem
                              									Eigengewicht der Scheiben abgesehen wird, lediglich einerseits die beiden Trumkräfte
                              										S'1 und S'2 und andererseits
                              									der Achsdruck A. Es muß also stets die Beziehung
                              									erfüllt sein:
                           A + S'1 + S'2 = 0 . . . . (1)
                           wobei die Addition im allgemeinen geometrisch vorzunehmen ist
                              									und nur bei gleicher Scheibengröße algebraisch. Unter Berücksichtigung der allgemein
                              									gültigen Beziehung für die Nutzkraft:
                           Sn= S'1– S'2 . . . . . (2)
                           ergibt sich dann für den Achsdruck
                           A + Sn + S'2 + S'2 = 0 . . . . (3)
                           Diese Beziehung geht für den Trieb 1 : 1 über in die
                              									algebraische Form:Unter
                                    											Vernachlässigung der Trumwinkelunterschiede.
                           A = Sn+ 2S'2 . . . . . (4)
                           welche übrigens auch allgemein
                              									gilt, wenn man unter A, nicht den Achsdruck, sondern
                              									die Trumkraftsumme S'1
                              									+ S'2 versteht. Der
                              									entscheidende Bestandteil des Achsdruckes bzw. der Trumkraftsumme ist danach die
                              									übertragene Nutzkraft, und die vorherrschende Tendenz des Verlaufs des Achsdruckes
                              									wird ein Anstieg proportional Sn sein. Modifizierend wirkt daneben die Größe der
                              									Spannung im schlaffen Trum, die in der Hauptsache durch die speziellen Verhältnisse
                              									des einzelnen Triebes und insbesondere bei gewöhnlichen Trieben durch die Größe der
                              									Vorspannung beeinflußt wird.
                           Der resultierende Verlauf des Achsdruckes in Abhängigkeit von der Nutzbelastung hängt
                              									also wesentlich davon ab, ob und in welchem Grade durch die Anordnung des Triebes
                              									die Spannung im schlaffen Trum bei wachsender Belastung aufrechterhalten wird, und
                              									wir erkennen, daß
                              									nicht nur der Achsdruck, sondern die gesamten Kraftverhältnisse in jedem Riementrieb
                              									durch die Beziehung:
                           S'2= f(Sn) . . . . . . (5)
                           völlig eindeutig bestimmt sind: bei
                                 										allen Untersuchungen über Riementriebe genügt es, diese S'2-Charakteristik festzustellen,
                              									um über das Gesamtverhalten des Triebes erschöpfende Auskunft zu erhalten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 333, S. 162
                              Abb. 1. Verhalten der Kräfte im Riementrieb.
                              
                           Bei einer Anordnung (a), welche gänzlich ohne Vorspannung arbeitet, ist S'_{2^{\mbox{a}}}=0.
                              									Daher werden hier, (Abb. 1), sowohl die Kraft im
                              									strammen Trum S'_{1^{\mbox{a}}}, wie die Achskraft Aa durch die gleiche, durch den
                              									Koordinatenanfangspunkt gehende Gerade dargestellt, während die Kraft S'_{2^{\mbox{a}}}=0 in
                              									der Abszissenachse verläuft.
                           Eine solche, der Bedingung S'2 = 0 entsprechende Anordnung ist als Riementrieb schwer ausführbar, aber
                              									doch denkbar. Sie ist in jedem Kettentrieb verwirklicht, wenn man die Kette selbst
                              									als gewichtlos betrachtet oder die Kettentrümer auf Führungsbahnen gleiten läßt,
                              									welche einen Durchhang derselben verhindern.
                           Es läßt sich andererseits auch eine Anordnung (b) ausführen, bei welcher die Grashofsche Beziehung S'1 + S'2 = 2S0 = konst. gültig ist, beispielsweise in Gestalt der
                              									von Bach angegebenen Anordnung nach Abb. 2.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 333, S. 162
                              Abb. 2. Anordnung (b) für konstanten Achsdruck.
                              
                           Der Achsdruck verläuft bei dieser Anordnung (welcher im übrigen nur theoretisches
                              									Interesse, aber kaum praktische Bedeutung zukommt) also nach der wagerechten Geraden
                              										Ab (Abb. 1); S'_{1^{\mbox{b}}} und S'_{2^{\mbox{b}}} folgen den um den
                              									Winkel arctg 1/2 gegen die Wagerechte geneigten gleichbezeichneten Geraden.
                           Weiter lassen sich Anordnungen (c) ausführen, bei welchen die Spannung im schlaffen
                              									Trum künstlich auf einem von Null verschiedenen Wert konstant gehalten wird (hierhin
                              									gehört beispielsweise der bekannte Lenixtrieb). Bei diesen folgt also der Zug
                              									im schlaffen Trum der wagerechten Geraden S'_{2^{\mbox{c}}}, während die Kraft im strammen
                              									Trum und der Achsdruck nach den der Nutzkraftgeraden parallel ansteigenden geraden
                              									Linien S'_{1^{\mbox{c}}} und Ac (Abb. 1) verlaufen.Die Bemerkung von Bach (Maschinenelemente 11. Auflage S. 443) über den Achsdruck bei
                                    											Trieben mit beweglichen Leitrollen ist hiernach zu
                                    									berichtigen.
                           Bei der gewöhnlichen Anordnung des Riementriebes, bei welcher die Vorspannung nicht
                              									durch irgendwelche künstlichen Vorkehrungen, sondern lediglich durch die Elastizität
                              									und das Eigengewicht des durchhängenden Riemens hervorgerufen wird, verlaufen die
                              									Kurven für S'2, S'1 und A in den von den entsprechenden Geraden der Anordnungen
                              									a, b und c begrenzten Räumen der Abb. 1.
                           Ueber den speziellen Verlauf dieser Kurven lassen sich noch einige weitere allgemeine
                              									Angaben machen, welche den Charakter der Kurven leicht erkennen lassen:
                           1. Sämtliche Kurven S'2
                              									haben in ihrem Anfangspunkte S'0 die mit dem Neigungswinkel arctg 1/2 fallende
                              									Gerade S'_{2^{\mbox{b}}} als Tangente und nähern sich der Abszissenachse asymptotisch.
                           2. Sämtliche Kurven S'1
                              									haben in ihrem Anfangspunkte S'0 die mit dem Steigungswinkel arctg 1/2 steigende
                              									Gerade S'_{1^{\mbox{b}}} als Tangente und nähern sich der Nutzkraftgeraden (Sn, S'_{1^{\mbox{a}}})
                              									asymptotisch.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 333, S. 162
                              Abb. 3. Entstehung der „Sehnenkurve“.
                              
                           3. Sämtliche Kurven A haben in ihrem Anfangspunkte A0 = 2S'0 die wagerechte
                              									Gerade Ab als Tangente
                              									und nähern sich der Nutzkraftgeraden (Sn, Aa) asymptotisch.
                           Zur Ermittlung des genauen Verlaufs der Kurve S'2
                              									= f(Sn) verwenden wir ein graphisches
                              									Untersuchungsverfahren, welches sich in der Hauptsache auf von Kutzbach und Barth gegebenen Grundlagen
                              									aufbaut.
                           Wir betrachten zunächst ein Riemenstück mit dem Querschnitt 1 cm2, das im spannungslosen Zustande die Länge lu (Urlänge) hat und das als frei von elastischer
                              									Nachwirkung vorausgesetzt wird. Es sei, Abb. 3a, am
                              									rechten Ende A starr befestigt, während das linke Ende
                              										B wagerecht verschieblich ist. Das Gleichgewicht
                              									wird durch die in die Tangente des Riemenendes fallende Kraft k erhalten. Die Sehne der vom durchhängenden
                              									Riemenstück gebildeten Kettenlinie ist = a.
                           Aendern wir nunmehr die Kraft k, so wird zu jedem k eine bestimmte Lage des Punktes B gehören. Wird der Riemen zunächst als undehnbar vorausgesetzt, so
                              									ist die Lage von B nur vom Durchhang abhängig. Zeichnen
                              									wir die zu jeder Lage von B gehörigen Kräfte k als Funktion der Lage von B auf, so erhält man die Durchhangskurve k =
                                 										f(λd) (Abb. 3b). Die Kurve läßt sich aus der Kettenlinie
                              									leicht berechnen nach der Formel:
                           k=\frac{q\,l}{\sqrt{24}}\,\sqrt{\frac{l}{l-a}} . . . . . (6)
                           worin l = Länge des
                              									durchhängenden Riemenstückes in m und q = Gewicht eines
                              									Riemenstückes von 1 m Länge und 1 cm2 Querschnitt
                              									in kg.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 333, S. 163
                              Abb. 4. Zwei-Hebel-Ersatzanordnung.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 333, S. 163
                              Abb. 5. Kräfteverlauf bei der Zwei-Hebel-Ersatzanordnung.
                              
                           Lassen wir die Voraussetzung der Undehnbarkeit des Riemens fallen, so gehört zu jeder
                              									Belastung durch den Durchhang, also zu jedem k eine
                              									elastische Dehnung vom Betrage εlu
                              									= λe. Die Folge ist,
                              									daß sich der Endpunkt B um einen dieser Verlängerung
                              									entsprechenden Betrag Δa weiter nach links verschiebt.
                              									So lange es sich um kleine Durchhänge handelt im Betrage, wie sie bei Riementrieben
                              									vorzukommen pflegen, kann ohne erheblichen Fehler die Verlängerung von lu der Vergrößerung von a gleichgesetzt werden; dann ist aber auch Δa =
                                 										λe, und die Verschiebung des Punktes B infolge der elastischen Dehnung kann der elastischen
                              									Dehnungscharakteristik des Riemens entnommen werden.
                           Zu diesem Zwecke denken wir uns jetzt den Riemen ohne Durchhang wagerecht
                              									ausgespannt, etwa indem er durch eine wagerechte Unterlage gestützt wird. Dann liegt
                              									im spannungslosen Zustande (k = 0) der Endpunkt B in B0. Spannen wir den Riemen, so rückt der Punkt B mit steigendem k immer
                              									weiter nach links, und die Aufzeichnung der Spannungen über diesen Punkten ergibt
                              									die elastische Dehnungscharakteristik. Diese sei in Abb.
                                 										3b in Gestalt der Dehnungskurve k = f(λe) aufgezeichnet.
                           Bei jeder Belastung k ist also der Riemen zwei
                              									Einflüssen unterworfen:
                           
                              1. dem Durchhang, welcher die Sehne a um den Betrag λd verkürzt;
                              2. der elastischen Dehnung, welche die Sehne a um den Betrag λe verlängert.
                              
                           Die Vereinigung beider Wirkungen ergibt die resultierende Kurve k = f(λ), welche ich als „Sehnenkurve“ des Riemens bezeichnen möchte. Diese Sehnenkurve läßt
                              									sich unter Benutzung eines von Barth angegebenen
                              									Kunstgriffs zur Klärung der Verhältnisse des wagerechten Riementriebes anwenden,
                              									indem wir die beiden Trümer an den Enden zweier drehbar gelagerter Hebel befestigt
                              									denken (Abb. 4). Dann ist hierdurch eine
                              
                              									Ersatzanordnung geschaffen, welche die Eigenschaft genauer Fixierung der
                              									Trumendpunkte besitzt, und bei welcher daher unsere Sehnenkurve auf jedes der beiden
                              									Trümer angewendet werden kann.
                           Bezeichnet a die Achsenentfernung der beiden Hebel
                              									(gleichbedeutend mit der Achsenentfernung der beiden Riemenscheiben des wirklichen
                              									Triebes), so ist im unbelasteten Zustande (Abb.
                                 										4a) die Sehnenlänge beider Trümer gleich; wir bezeichnen sie mit a0, und es ist dann a0 = a.
                           Da unsere Sehnenkurve für beide Trümer gültig ist, so entspricht auf ihr jeder Punkt
                              									einer für beide Trümer gemeinsamen Sehnenlänge a0, welche die Vorspannung k'0 kennzeichnet.
                           Gehen wir zum Zustand unter Belastung über, so wird dieser bei unserer
                              									Ersatzanordnung dadurch erzeugt, daß die beiden Hebel H1H2 um den gleichen Winkel γ gegeneinander verdreht werden, was der Hinzufügung der Nutzkraft kn entspricht (Abb. 4b). Durch diese gegenseitige Verdrehung wird die
                              
                              									Sehne des schlaffen Trums um den Betrag 2R sin γ = λ2 verkürzt und das Trum dadurch gegenüber dem
                              									unbelasteten Zustand entsprechend der Sehnenkurve entlastet, während die Sehne des
                              									strammen Trums um den gleichen Betrag 2R sin λ = λ1 verlängert, das Trum also entsprechend der
                              									Sehnenkurve stärker belastet wird.
                           Auf unserer Sehnenkurve finden wir also zusammengehörige Arbeitspunkte für die beiden
                              									Trümer, indem wir von dem Arbeitspunkt a0 für Leerlauf um den gleichen Abszissenbetrag λ1 = λ2 nach links und
                              									rechts gehen und die diesen Sehnenlängen a1 und a2 entsprechenden Punkte der Sehnenkurve markieren
                              										(Abb. 5). Wir können dabei dann auch den Kutzbachschen Kunstgriff, die Sehnenkurve für das eine
                              									der beiden Trümer um die Leerlaufordinate umzuklappen, wodurch die zusammengehörigen
                              									Arbeitspunkte senkrecht übereinander zu liegen kommen, zur Anwendung bringen, und es
                              									zeigt sich überhaupt, daß die Kutzbachsche Darstellung
                              									der Trumkräfte nicht die Kräfte des wirklichen Riementriebes, sondern die Kräfte in
                              									unserer Zweihebel-Ersatzanordnung zur Darstellung bringt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 333, S. 163
                              Abb. 6. S'1 + S'2 = f(Sn) nach den Versuchen von
                                 										Lewis.
                              
                           Ein ganz vorzügliches Material zur Nachprüfung dieser Verhältnisse liefern uns die
                              										Lewisschen Versuche aus dem Jahre 1886. In Abb. 6 habe ich alle aus den Lewisschen Tabellen benutzbaren Werte in Gestalt von
                              									Mittelwertkurven graphisch aufgetragen, und es ergibt sich genaue Uebereinstimmung
                              									mit dem nach Abb. 1 zu erwartenden Verlauf.
                           Durch diese Versuche ist einwandfrei nachgewiesen, daß die Achsdrucküberschüsse nicht
                              									nur bei hohen Geschwindigkeiten auftreten, wie insbesondere Kammerer annahm, sondern daß sie auch in der Nähe des Stillstandes und
                              									somit auch im Stillstand selbst in der gleichen Größenordnung vorhanden sind.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 333, S. 164
                              Abb. 7. Leerlaufdiagramm.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 333, S. 164
                              Abb. 8. Flieh-, freie und Gesamtspannung im leerlaufenden Riemen.
                              
                           Legt man Wert darauf, für Ueberschlagsrechnungen eine möglichst einfache Beziehung zu
                              									besitzen, so kann hierfür die Beobachtung dienen, daß die in Abb. 1 aufgezeichneten Achsdruckkurven
                              									hyperbelähnlichen Verlauf zeigen. Die Achsdruckkurven für niedrige Vorspannungen
                              									(etwa in der Größenordnung bis 2k'0 = 10) sind fast ganz genau gleichseitige Hyperbeln
                              									und folgen der Gleichung:
                           A=\sqrt{{S_{\mbox{n}}}^2+4\,{S'_0}^2} . . . . . (7)
                           woraus mit A = Sn + 2S'2 folgt:
                           S'_2=\frac{1}{2}\,(\sqrt{{S_{\mbox{n}}}^2-4\,{S'_0}^2}-S_{\mbox{n}}) . . . (8)
                           Bei höheren Vorspannungen ergeben diese Gleichungen zu hohe
                              									Werte (vgl. in Abb. 6 die gestrichelte Kurve für A0 = 36). Wendet man
                              									daher diese Gleichungen an, so geht man hinsichtlich des Achsdruckes sicher,
                              									hinsichtlich des S'2-Abfalls aber unsicher. Ich möchte daher empfehlen, die durch ihre
                              									Einfachheit bestechende Hyperbelgleichung (7) nur für überschlägliche Berechnung des
                              									Achsdruckes, nicht aber auch zur Bestimmung von S'2 zu verwenden. Selbstverständlich ist auch dabei zu
                              									beachten, daß die Formel die Achsentfernung nicht berücksichtigt, daß sie also nur
                              									für normale Verhältnisse gilt, welche sich nicht sehr weit von a = 4 entfernen.
                           Immerhin möchte ich hier darauf hinweisen, daß mir die Formel als ein guter Ersatz
                              									für die alte Anschauung vom konstanten Achsdruck erscheint. Die Beziehung:
                           „Trumkraftsumme bei Belastung = Wurzel aus der Summe der Quadrate von Nutzlast und
                                    											Leerlauf-Trumkraftsumme“ hat jedenfalls den Vorteil der
                              									Anschaulichkeit für sich.
                           
                        
                           b) Der Einfluß der Riemengeschwindigkeit
                                 										auf die Kraftverhältnisse.
                           Leerlauf. Es ist durch die Arbeiten von Friederich, Skutsch, Hennig und Duffing bekannt, daß beim laufenden Riemen die Fliehkraft sich lediglich
                              									dadurch bemerkbar macht, daß sie den Riemen in allen seinen Teilen um den Betrag kf
                              									= qv2/g zusätzlich spannt und ihn dadurch dehnt; als
                              									mittelbare Folge tritt durch diese Dehnung beim wagerechten Trieb eine
                              									Durchhangsvergrößerung und damit eine teilweise Wiederentspannung ein.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 333, S. 164
                              Abb. 9. Sehnenkurven für verschiedene Geschwindigkeiten.
                              
                           Wir betrachten vorerst den leerlaufenden Riemen und
                              									zeichnen entsprechend Abb. 7 die Durchhangskurve k = f(λd), Kurve a, und sodann die Dehnungskurve k = f(λ'e), Kurve b, in einer
                              									solchen Lage zu der ersteren, daß beide Kurven den Punkt gemeinsam haben, welcher
                              									der Vorspannung k'0
                              									= k0 bei Stillstand
                              									entspricht: Punkt I. Erteilen wir dem Riemen jetzt eine Geschwindigkeit, so daß eine
                              									Fliehspannung kf
                              									entsteht, so hat diese zunächst die Tendenz, den Riemen bis zum Punkte II der
                              									Dehnungskurve zu dehnen. Diesem Punkte II würde, wenn sich nicht durch veränderten
                              									Durchhang eine
                              									Spannungsänderung ergeben würde, d.h. wenn die freie Spannung nicht der
                              									Durchhangskurve, sondern der Wagerechten II' folgen würde, auf letzterer der
                              									senkrecht unter II liegende Punkt II' entsprechen. Nun findet aber tatsächlich
                              									infolge des durch die elastische Dehnung vergrößerten Durchhangs eine Verminderung
                              									der freien Spannung nach der Durchhangskurve a statt;
                              									den tatsächlich zu kf
                              									gehörigen Punkt II'' auf der Durchhangskurve finden wir, indem wir kf vom Punkte II aus
                              									parallel mit sich selbt derart nach links verschieben, daß sein oberer Endpunkt auf
                              									der Dehnungskurve wandert; der untere Endpunkt erreicht die Durchhangskurve in dem
                              									gesuchten Punkte II''. Dieser stellt in dem der Geschwindigkeit v entsprechenden neuen Leerlaufzustand die Größe der
                              									freien Trumspannung k'0, der senkrecht darüber auf der Dehnungskurve liegende Punkt II''' dagegen
                              									die Größe der gesamten Trumspannung k0 dar.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 333, S. 165
                              Abb. 10. Achsdruck für eine Vorspannung von 15 kg/cm2 bei verschiedenen Geschwindigkeiten.
                              
                           Wir finden also in dem „Leerlaufdiagramm“ (Abb.
                                 										7) eine sehr einfache Darstellung der Kräfte des leerlaufenden Triebes;
                              									die Durchhangskurve a ist die Kurve der freien Kräfte
                              										S'0 resp. k'0; die Dehnungskurve
                              										b ist die Kurve der Gesamtkräfte S0 resp. k'0; die zwischen ihnen liegenden Ordinatenstücke stellen
                              									die Fliehkräfte S1
                              									resp. kf dar.
                           Die zu jedem v gehörigen Abszissen findet man einfach,
                              									indem man h berechnet und diese Größe in den Raum
                              									zwischen den Kurven a und b hineinschiebt, was sich durch Parallelenziehen leicht bewerkstelligen
                              									läßt und scharfe Resultate gibt.
                           Der Vergleich der Verhältnisse bei den beiden Kurven b
                              									und c (Abb. 7) ergibt,
                              									daß mit vom Stillstand an wachsendem v bei hohen
                              									Vorspannungen der Abfall der freien Spannung k'0 und damit des Achsdruckes 2k'0 zunächst mit der Fliehspannung fast
                              									identisch ist; bei niedriger Vorspannung ist dagegen der Abfall von k'0 von Anfang an
                              									erheblich geringer als die Fliehspannung. Der erstgenannte Umstand erklärt die
                              									Fehlschlüsse von Kammerer, Grau und Schuster und anderen aus nicht genügend weit durchgeführten
                              									Beobachtungsreihen.
                           Der besseren Uebersicht halber sind in Abb. 8 die den
                              									Kurven a, b, c (Abb. 7)
                              									entsprechenden Kurven der freien Spannung k'0 = f(v), der Gesamtspannung k0 = f(v) und der Fliehbeanspruchung kf
                              									= f(y) besonders
                              									herausgezeichnet.
                           Wir sehen hier noch deutlicher, daß bei einer Vorspannung k0 = 15 kg/cm2 erst von etwa. v = 25 m/sec ab eine
                              									merkliche Abweichung des k'0 von der (gestrichelten) Linie kv
                              									– kf auftritt, während
                              									bei niedrigerem kv die
                              									Abweichung sich viel früher bemerkbar macht. Besonderes Augenmerk verdient ferner
                              									auch der bedrohliche Anstieg der sich der Fliehspannungslinie asymptotisch
                              
                              									anschmiegenden Gesamtspannung k0 mit hohem v.
                           Achsdruck bei Belastung. Aus den Darstellungen Abb. 7 und 8 läßt sich
                              									jetzt das Verhalten der Trumkraftsumme, resp. des Achsdruckes bei Belastung
                              									herleiten. Wir entnehmen zu diesem Zwecke für jede Geschwindigkeit aus Abb. 8 die Größen k'0 und k0. Diese beiden Größen bestimmen die gegenseitige
                              									Lage der Dehnungs- und der Durchhangskurve, insofern nämlich, als für die
                              									Aufzeichnung der Sehnenkurve den durch die freien Kräfte bestimmten Punkten der
                              									Durchhangskurve die durch die entsprechenden Gesamtkräfte bestimmten Punkte der
                              									Dehnungskurve zugeordnet werden müssen, d.h. also, die Dehnungskurve ist parallel
                              									sich selbst so weit nach unten zu verschieben, daß ihr Punkt k0 auf gleiche Höhe mit dem Punkte k'0 der Durchhangskurve
                              									zu liegen kommt. In Abb. 9 sind auf diese Weise die
                              									Sehnenkurven für v = 0, 20, 40, 60 und ∞ aufgezeichnet.
                              									Zur Feststellung der Verhältnisse bei belastetem Lauf haben wir uns nur zu erinnern,
                              									daß bei jeder Vorspannung k0 zwischen k'0 und v die durch die Kurven Abb. 7 und 8
                              									festgelegte Verknüpfung besteht. Beispielsweise entsprechen den genannten
                              									Geschwindigkeiten für die Vorspannung kv = 15 kg/cm2 nach
                              									der Kurve Abb. 8 die freien Leerlaufspannungen k'0 = 15, 11,1, 2,45,
                              									1,3 und 0, während sich für die Vorspannung kv = 5 kg/cm2
                              									ebenfalls nach Abb. 8
                              									k'0 = 5, 2,65, 1,15,
                              									0,95 und 0 ergibt.
                           Zur zeichnerischen Durchführung eines Beispiels wählen wir die Daten für kv = 15, ergänzen die
                              										Abb. 9 für die entsprechenden k'0 zur \frac{k'_1}{k'_2}.
                              									Darstellung (strichpunktierte Kurven) und ermitteln daraus durch Abgreifen in
                              									bekannter Weise die in Abb. 10 dargestellten
                              									Achsdruckkurven a = k'1
                              									+ k'2
                              									= f(kn) für die betrachteten fünf verschiedenen v und zugehörigen k'0.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 333, S. 165
                              Abb. 11. Verlauf des Achsdruckes bei Leerlauf und Belastung (Vorspannung kv = 15 kg/cm2).
                              
                           Aus dieser Kurvenschar lassen sich jetzt die Werte für die Aufzeichnung der Kurve a = f(v) für jede Nutzlast
                              									ohne weiteres abgreifen, wodurch sich die in Abb. 11
                              									dargestellte gesuchte Kurvenschar a = f(v) für Leerlauf und beliebige Nutzlasten ergibt.
                           Senkrechter Trieb. Die bisherigen Betrachtungen über den
                              									wagerechten Trieb enthalten bereits den senkrechten Trieb als Spezialfall in sich.
                              
                              									Hierbei geht in der
                              									Darstellung Abb. 7 die Durchhangskurve in die
                              									senkrechte Gerade durch den Punkt kv über, und wir finden (Abb. 12), daß in diesem Falle die Fliehkräfte in ihrem vollen Betrage
                              									achsentlastend wirken, bis bei kf > kv ein Klaffen zwischen Riemen und Scheibe eintritt,
                              									indem der Riemen die untere Scheibe nur noch in zwei seitlichen Punkten berührt und
                              									im übrigen lose in einer Kettenlinie um die Scheibe herumläuft.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 333, S. 166
                              Abb. 12. Leerlaufdiagramm für den senkrechten Trieb und für den
                                 										Lenixtrieb.
                              
                           Betrachten wir ein kf, welches kleiner ist als kv, so finden
                              									wir den der Abb. 7 entsprechenden Kurvenzug II-II'-II''-II''' in Abb. 12 wieder; nur fällt hier Punkt II''' mit Punkt I = kv zusammen. Wachste
                              										kf über kv hinaus, so
                              									findet sich infolge des Klaffens der Punkt II'' nicht
                              									mehr auf der Senkrechten I0, sodern auf der
                              									Abszissenachse 0p: vergleiche den diesem Zustande
                              									entsprechenden Kurvenzug III-III'-III''-III'''.
                           Die obige Aussage, daß die Senkrechte I0 hier an die
                              									Stelle der Durchhangskurve a (Abb. 7) trete, ist also genauer dahin zu berichtigen, daß an die Stelle
                              									der kontinuierlich gekrümmten Kurve a hier der
                              									gebrochene Geradenzug I-0-p tritt. Die Strecke 0-III'' stellt dabei
                              									den Betrag des Klaffens dar. Die Strecken II''-II''' bezeichnen die Fliehspannung kf und ihre Endpunkte
                              										II'' und II''', bzw.
                              										III'' und III''' genau
                              									wie in Abb. 7 die freie Spannung k'0 bzw. die
                              									Gesamtspannung k0.
                           Besondere Anordnungen. Auch die Verhältnisse anderer
                              									Anordnungen lassen sich leicht an Hand der Betrachtungsweise des wagerechten Triebes
                              									übersehen. Die wichtigsten solcher besonderen Anordnungen sind wohl die, welche
                              									Konstanz der freien Kraft im schlaffen Trum erzeugen; hierhin gehören die
                              									lenixartigen Spannrollen. Die Durchhangskurve in Abb.
                                 										7 geht hierbei in die wagerechte Gerade durch den Punkt kv über, und wir finden
                              									bestätigt (Abb. 12), daß sich dabei die Fliehkräfte
                              									in vollem Betrage zu den freien Kräften im Riemen addieren, da eben die Entlastung
                              									durch ein Sinken von k'2 fehlt.
                           Zusammenfassung: Es wird gezeigt, daß für die
                              									Kraftverhältnisse im Riementrieb das Verhalten der Kraft im schlaffen Trum
                              									entscheidend ist. Der Kräfteverlauf bei verschiedenen Riementriebanordnungen
                              									(normaler Trieb, Trieb nach Grashof, Lenixtrieb) in
                              									Abhängigkeit von der Belastung wird dargestellt. Sodann wird der leerlaufende Trieb
                              									bei verschiedenem v an Hand von Diagrammen untersucht
                              									und schließlich das Gesamtverhalten des belasteten Triebes in Abhängigkeit von der
                              									Geschwindigkeit klargestellt.