| Titel: | Erdung. | 
| Autor: | Karl Michalke | 
| Fundstelle: | Band 334, Jahrgang 1919, S. 58 | 
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                        Erdung.
                        Von Dr. Karl Michalke,
                           								Charlottenburg.
                        MICHALKE: Erdung.
                        
                     
                        
                           Die für die Entwicklung der Telegraphie so wichtige Erfindung, den Erdboden zur
                              									Rückleitung der Telegraphieströme dienstbar zu machen, oder allgemein die
                              									metallische Verbindung elektrisch leitender Teile mit dem Erdboden, kurz Erdung
                              									genannt, ist von hoher Bedeutung auch für die Starkstromtechnik geworden. Es kann
                              									die betriebsmäßig hergestellte Verbindung elektrischer Leitungen mit dem Erdboden
                              
                              									aber in manchen Fällen schädlich wirken. Die zur Rückleitung von Bahnströmen
                              									dienenden Straßenbahnschienen entsenden Streuströme in die Erde, die den Gas- und
                              									Wasserröhren gefährlich werden können. Im allgemeinen ist aber gut leitende
                              									Verbindung mit dem Erdboden, das Erden, durch Erdplatten, Erdbänder, Röhren oder
                              									sonstige elektrisch gut leitende Körper in der Erde, entsprechend den
                              									Errichtungsvorschriften des Verbandes Deutscher Elektrotechniker ausgeführt, ein
                              									bewährtes Hilfsmittel zum Schütze von Menschen, elektrischen Maschinen und
                              									Apparaten.
                           Sowohl bei „Schutzerdung“, die zum Aufrechthalten des Betriebes nicht
                              									unmittelbar, wohl aber zum Schütze von lebenden Wesen nötig ist, als bei der
                              										„Betriebserdung“, die einen wesentlichen Teil betriebsmäßig
                              									angeschlossener Einrichtungen darstellt, wird die Erdung gewöhnlich als
                              									Uebergangswiderstand der Erdungsflächen gegen „Erde“ gerechnet. Es wird
                              									hierbei angenommen, daß der Widerstand ein reiner Uebergangswiderstand unmittelbar
                              									an den Erdflächen gegen den als bestleitend angenommenen Erdboden ist, etwa durch
                              									eine schlecht leitende Schicht, wie sie bei unvollkommener Berührung auftreten kann.
                              									Ausdrücke wie „an Erde legen“ können leicht falsche Anschauungen erwecken,
                              									als ob es sich nur um ein mehr oder weniger widerstandsloses Anklemmen an einen gut
                              									leitenden Körper handelt, wie an einen Metallblock. Im Nachfolgenden sei kurz
                              									Betriebserdung mit B-Erdung, Schutzerdung mit S-Erdung bezeichnet.
                           Ob es sich um S- oder B-Erdung handelt, in jedem Falle muß die Erdung so vorgenommen
                              									werden, daß sie wirklich ihren Zweck erfüllt und nicht etwa gar gefährlich
                              									werden kann. Um die Zweckmäßigkeit der Ausführung beurteilen zu können, ist es
                              									erforderlich, daß sich der Ausführende ein möglichst klares Bild macht über die
                              									Spannungsverteilung, die bei etwaigen Betriebsunfällen auftritt, bei Körperschluß
                              									oder Erdschluß, das ist unbeabsichtigte Verbindung eines Leiters mit dem
                              									Metallgehäuse der Maschine oder der Apparate oder mit dem Erdboden. Fehlerhafte
                              									Erdungen können zu Unfällen Veranlassung geben. In den nachfolgenden Ausführungen
                              									sind einige Gesichtspunkte hervorgehoben, die für das Erden in Betracht kommen.
                           Nach den eingehenden Untersuchungen von Haber und Liese in Karlsruhe, die zur Klärung
                              									von Streustromfragen angestellt wurden, ist bei reinen metallischen Flächen der
                              									Uebergangswiderstand zwischen dem Metalle und dem Erdboden gering, so daß die
                              									Erdplatten hiernach keinen unmittelbaren Uebergangswiderstand zum Erdboden, kurz
                              									gewöhnlich „Erde“ genannt, haben. Es bildet sich demgemäß bei Stromaustritt
                              									unmittelbar an den Erdungsflächen kein beträchtlicher Spannungsprung.
                           Es würde gleichgültig sein, festzustellen, wo beim Stromübergange von den Erdplatten
                              									nach anderen Leitern der Widerstand sitzt, wenn nicht durch die falschen
                              									Anschauungen leicht unzweckmäßige Maßnahmen zum vermeintlichen Schütze der Menschen
                              									und der Anlagen getroffen werden können.
                           Bei S-Erdungen sollen im wesentlichen an der Erdoberfläche und zwischen gleichzeitig
                              									der Berührung zugänglichen metallischen Teilen keine gefährdenden Spannungen
                              									auftreten. Bei den B-Erdungen sollen im wesentlichen Ströme möglichst gute
                              									Rückleitung durch den Erdboden finden. Die Erdungsstelle ist bei der B-Erdung
                              									zumeist gleichgültig, diese kann an beliebigen Stellen vorgenommen werden, wenn
                              									hierbei gute Ueberleitung der Ströme in den Erdboden gesichert ist. Bei B-Erdungen
                              									dürfen auch, wie bei der S-Erdung, an der Erdoberfläche keine gefährlichen Spannungen
                              									auftreten, durch die Gefährdung von Menschen stattfinden kann. Die Anforderungen
                              									sind also nicht völlig gleich, weshalb die Erdungen für die beiden Arten im
                              									allgemeinen auch nach verschiedenen Grundsätzen vorzunehmen sind. Es genügt nicht
                              									die Bestimmung, daß die Erdwiderstände, den Verhältnissen entsprechend, möglichst
                              									klein sein sollen. Für die Praxis ist vielmehr maßgebend zu wissen, wo die
                              									Widerstände sitzen und wo demnach größeres Spannungsgefälle bei Stromdurchgang zu
                              									erwarten ist.
                           Erfolgt das Erden, um einen einfachsten Fall herauszugreifen, durch eine Kugel, so
                              									sind, wenn von dem Einflüsse etwa unisolierter Zuleitungen zu den Erdungen abgesehen
                              									wird, bei unendlicher Entfernung der Gegenelektrode die Stellen gleicher Spannung
                              									konzentrische Kugeln. Die austretenden Ströme kommen scheinbar aus der Mitte der
                              									Kugel als Quellpunkt und verlaufen in gradlinigen Bahnen nach allen Richtungen. Das
                              									Spannungsgefälle nimmt bei Kugelflächen vom Ausgange der Stromlinien umgekehrt
                              									proportional dem Quadrat der Radien, bei Zylinderflächen umgekehrt proportional dem
                              									Radius ab.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 334, S. 58
                              Abb. 1.
                              
                           Anders liegen die Verhältnisse, wenn die Gegenelektrode in endlicher Nähe sich
                              									befindet. In bekannter Weise verschiebt sich dann der Quellpunkt, aus dem die
                              									Stromlinien scheinbar heraustreten, von dem Mittelpunkte der Kugel in der Richtung
                              									der Gegenelektrode der Oberfläche der Kugel oder der Zylinderfläche, und zwar um so
                              									stärker, je näher die Gegenelektrode ist.
                           In Abb. 1 ist in bekannter Weise im Schnitt die Strom-
                              									und Spannungsverteilung zwischen zwei parallelen Röhren in der Erde dargestellt. Die
                              									Strombahnen kommen scheinbar von den beiden Quellpunkten Q1 und Q2. Die ausgezogenen Kreise enthalten Punkte gleicher
                              									Spannung, die von den punktiert gezeichneten Stromlinien in Kreisen senkrecht
                              									geschnitten werden, deren Mittelpunkte auf der durch die Mitte O von Q1
                              									Q2 auf dieser
                              									senkrechten Graden liegen.
                           Ist irgend einer der Gleichspannungskreise der Schnitt einer metallenen Röhre, aus
                              									der die Erdströme senkrecht austreten, so stellen die strichpunktierten Linien den
                              									Spannungsverlauf auf der Linie Q1
                              									Q2 dar. Die Spannungen,
                              									die als Ordinaten eingezeichnet sind, während die Q1
                              									Q2
                              									- Linie die Abszissenlinie darstellt, nehmen als
                              									logarithmische Funktion des Verhältnisses der Abstände von Q1 und Q2 ab und zwar in der
                              									Richtung der Gegenelektrode stärker als in entgegengesetzter Richtung, was auch aus
                              									der dichteren Folge der Gleichspannungskreise erkenntlich ist. Hat die Röhre nur
                              									geringen Durchmesser, so ist, wie aus Abb. 1
                              									ersichtlich ist, das Spannungsgefälle in der Nähe der Röhre sehr groß, es wird
                              									unendlich groß bei unendlich dünner Röhre. Die Werte gelten bei konstanter
                              									Stromstärke. Ist der Erdboden nach allen Richtungen hin um die Elektrode gleich gut
                              									leitend, so könnte aus dem Spannungsgefälle auf die Lage der Gegenelektrode
                              									geschlossen werden.
                           Der Widerstand zwischen zwei parallelen Röhren mit den Halbmessern r1 und r2 im Abstand a bei einem spez. Widerstande c des Erdbodens und der Länge l des
                              									Rohrstückes ist
                           
                              w=\frac{c}{2\,\pi\,l}\,\mbox{log}\,\frac{\sqrt{(a+2\,r_1)\,(a+2\,r_2)}+\sqrt{a\,(a+2\,r_1+2\,r_2)}}{\sqrt{(a+2\,r_1)\,(a+2\,r_2)}-\sqrt{a\,(a+2\,r_1+2\,r_2)}}
                              
                                 
                                 Vgl. Archiv der Mathematik und Physik III, Reihe XII, Heft 1, Seite 51.
                                 
                              
                           Die Formeln haben streng genommen selbstverständlich nur Bedeutung, wenn der Boden
                              									gleichförmig ist, das heißt nach allen Richtungen hin gleich gut leitet. Andernfalls
                              									können nur genaue Messungen richtigen Aufschluß geben. Unter Annahme gleichförmiger
                              									Leitfähigkeit erhält man aus der Formel eine Anschauung über Strom-, Spannung- und
                              									Widerstandsverhältnisse, während praktische Messungen meist nur örtlich gültige
                              									Schlüsse zulassen.
                           Es hat also der Widerstand eines Erdungskörpers keinen eindeutigen Wert, er ist
                              									vielmehr von der Entfernung und Art der Gegenelektrode abhängig. Ein
                              									Uebergangswiderstand unmittelbar an der Elektrode etwa infolge einer Luftschicht an
                              									der Berührungsstelle von Erdplatte und Erdboden, mangelhafter Berührung von
                              									Metallfläche und leitender Erdschicht kommt nicht in Betracht, falls nicht etwa eine
                              
                              									starke, schlecht leitende Rostschicht diesen Widerstand hervorruft. Wie aus der Abb. 1 zu ersehen, ist die Stromdichte in der Nähe der
                              									Erdungsfläche am stärksten, und zwar um so stärker, je kleinflächiger der
                              									Erdungskörper ist. In der Nähe der Elektrode ist auch der Querschnitt für die
                              									Strombahn klein, während in einiger Entfernung wegen der großen Ausbreitung der
                              									Widerstand in der Erde verschwindend ist. Geringer Durchmesser von Rohrelektroden
                              									verursacht großes Spannungsgefälle am Rohr in logarithmischem Verlaufe, große Fläche
                              									der Erdelektrode vermindert die Stromdichte und demnach das Spannungsgefälle
                              									proportional der Flächenvergrößerung. Der Widerstand zwischen den Elektroden sitzt
                              									also zumeist in deren Nähe unabhängig von der Leitfähigkeit des Erdbodens. In vielen
                              									Fällen, wie auch praktische Messungen von Behrend und Meyer-Wülfing gezeigt haben,
                              									ist die Stromausbreitung schon in 6 bis 10 m Abstand von der Elektrode genügend
                              									groß, so daß in dieser Entfernung das Spannungsgefälle schon stark geschwächt ist.
                              									Man könnte daher als Erdungswiderstand etwa den Widerstand in der Erde rings um die
                              									Elektrode bis zu einem Abstande von 6 bis 10 m rechnen.
                           Anders liegen die Verhältnisse, wenn noch der Einfluß der gewöhnlich blank verlegten
                              									Zuleitung zu einer Erdplatte auf den Verlauf der Strombahnen und insbesondere des
                              									Spannungsgefälles in der Erde mit berücksichtigt wird. Rings um die Zuleitungen
                              									bilden sich Gleichspannungsflächen aus. Durch die gleichzeitige Wirkung von Platte
                              									und Zuleitung bildet sich der Behrendsche
                              									Spannungstrichter (Elektrotechnische Zeitschrift 1917, Heft 25) aus, der an der Erdoberfläche
                              									gefährlich werden kann.
                           Um die Gefahren durch das Spannungsgefälle auf der Erdoberfläche in der Nähe der
                              									Erdung bei starken Erdströmen, wie sie in ausgedehnten Anlagen im Betriebe schon
                              									durch die Ladeströme hervorgerufen werden können, zu verhindern, ist es naheliegend,
                              									das Spannungsgefälle zu vermindern und auf unschädliche Stellen zu verlegen.
                              									Ersteres wird erreicht, wenn die Erdungskörper, was ja sowieso schon immer erstrebt
                              									wird, möglichst großflächig sind, um durch recht geringe Stromdichte an den
                              									Erdungskörpern kein starkes Spannungsgefälle in der Erde zu erzeugen. Handelt es
                              									sich einzig darum, an einer B-Erdung die etwa bei einem Erdschlusse auftretenden
                              									Ströme in den Erdboden abzuführen, ohne daß auf der Erdoberfläche gefährdende
                              									Spannungen auftreten, so kann man dies dadurch verhüten, daß die Erdplatten so tief
                              									wie möglich verlegt werden. Der Einfluß der Zuleitungen kann durch deren Isolierung
                              									beseitigt werden. In vielen Fällen soll allerdings die B-Erdung gleichzeitig
                              									S-Erdung sein. In solchen Fällen müssen die örtlichen Verhältnisse besonders
                              									berücksichtigt werden, ebenso, wenn durch die Erdung gleichzeitig verhütet werden
                              									soll, daß beim Herabfallen von Leitungen gefährliche Spannungen an der Erdoberfläche
                              									auftreten. In besonderen Fällen, zum Beispiel wenn bei geerdetem Nullpunkte der
                              									Maschine und Erdschluß sofort selbsttätig der Maschinenstrom abgestellt werden soll,
                              									um gefährliche Spannungen auf der Erdoberfläche zu verhüten, sind besondere
                              									Maßnahmen zu treffen.
                           Schwieriger noch als die B-Erdung läßt sich die S-Erdung sinngemäß herstellen. Hier
                              									ist nicht das Erden an sich der eigentliche Zweck, sondern es handelt sich im
                              									wesentlichen darum, alle für die menschlichen Körper der gleichzeitigen Berührung
                              									zugänglichen Stellen, insbesondere alle betriebsmäßig nicht unter Spannung stehenden
                              									Metallteile von Apparaten und Maschinen an gemeinsame Leitung anzuschließen, so daß
                              									zwischen ihnen keine gefährliche Spannung auftritt. Es ist also gleiches Potential
                              									für alle diese gleichzeitig zugänglichen und zu schützenden Stellen zu schaffen. Auf
                              									die Höhe des Potentials, auf dem sich alle die metallisch zu verbindenden Teile
                              									befinden sollen, kommt es nicht unbedingt an, wenn es auch in den meisten Fällen
                              									erforderlich erscheinen wird, das Potential möglichst dem des Erdbodens in der Nähe
                              									der zu erdenden Metallteile gleich zu machen. Eine sogenannte gute, aber weit
                              									hergeholte Erdung kann sogar in vielen Fällen lebensgefährlich sein, wenn hierdurch
                              									ein von dem Potential der zu erdenden Teile stark abweichendes herangeholt wird,
                              									während die Erdoberfläche in der Nähe dieser Teile ein anderes Potential hat. Besser
                              									als im Grundwasser versenkte „gut geerdete“ Platten ist in diesem Fall eine
                              									weit verzweigte Oberflächenerdung. Hierfür sind zum Beispiel gewissermaßen als
                              									ideale Erdungen von der Erdungsstelle nach den verschiedenen Seiten ausgehende, wie
                              									die Wurzeln eines Baumes verzweigt angeordnete Drähte oder Bänder zweckmäßig, die
                              									sich in etwa 10 m Entfernung in der Tiefe von 6 m verlieren, falls die hohen Kosten
                              									nicht ins Gewicht fallen und die örtlichen Verhältnisse die Ausführung zulassen. Bei
                              									sehr hohen Spannungen müßten die Erdleitungen sich weit ausdehnen, wenn jede
                              									gefährliche Spannung an der Erdoberfläche verhindert werden soll.
                           Zuweilen, zum Beispiel bei Körperschluß von Maschinen und Apparaten, sind auch bei
                              									S-Erdung starke Ströme in den Erdboden abzuleiten. Es muß auch in solchen Fällen
                              									verhütet werden, daß eine Berührung der geerdeten Metallteile gefährlich wird, etwa
                              									weil wegen des Widerstandes des Erdbodens in der Nähe der Erdungskörper eine große
                              									Spannung auf dem Erdboden oder zwischen Erdboden und irgend welchen der Berührung
                              									zugänglichen Teilen auftritt. Doppeltes Erden kann hierbei, wenn dies die
                              									erhöhten Kosten gestatten, von Vorteil sein. Die eine Erdung als S-Erdung wird
                              									hierbei als Oberflächenerdung verlegt, während die andere als B-Erdung als tiefe
                              									Erdung ausgeführt wird. Die B-Erdung muß großflächig sein, damit sie den bei
                              									Erdschluß auftretenden Erdstrom ohne nennenswerten Spannungsstau überführen
                              									kann.
                           Bei den B-Erdungen kann durch große Uebergangsflächen und durch gute Leitfähigkeit in
                              									der Nähe der Erdungskörper Stromdichte und Spannungsgefälle vermindert werden. Es
                              									ist daher jede Wasseranhäufung oder Salz, das im Erdboden gelöst die Leitfähigkeit
                              									erhöht, von Vorteil. Die von Einzelnen bekämpfte Anordnung, durch eine
                              									wasserundurchlässige Lehmmulde in ausreichender Tiefe die Umgebung des
                              									Erdungskörpers oberhalb dieser Mulde feucht zu halten, ist daher von Vorteil (Abb. 2).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 334, S. 59
                              Abb. 2.
                              
                           Bei Anlagen einer S-Erdung muß verhütet werden, daß durch irgend welche metallischen
                              									Leitungen, wie zum Beispiel Gas- und Wasserrohre, Kabelbewehrungen usw., abweichende
                              									Potentiale aus der Ferne verschleppt werden, die an bestimmten Stellen zu Spannungen
                              									gegen benachbarte Metallteile Veranlassung geben können. Diese verschleppten
                              									Potentiale spielen vielfach im praktischen Betriebe, zum Beispiel in Gruben mit
                              									elektrisch betriebenen Grubenbahnen, eine große Rolle. Diese Potentiale können lose
                              									oder fest sein. Die losen Potentiale sind solche, die zwischen ihrem Auftrittsort
                              									und der Erzeugerstelle einen großen Widerstand haben. Ist dieser Widerstand so groß,
                              									daß selbst bei einer unmittelbar leitenden Verbindung aller Metallteile im Umkreise
                              									des Potentialortes nur Ströme von höchstens einigen hundertstel Amp. auftreten, so
                              									können diese losen Potentiale, die durch die erwähnten metallischen Verbindungen
                              									wesentlich herabgesetzt werden, als ungefährlich gelten. Verschleppte feste
                              									Potentiale, die auch bei Verbindung mit Metallteilen ihren Wert aufrechterhalten und
                              									zu stärkeren Strömen Veranlassung geben können, sind jedoch gefährlich.
                           Zur Beurteilung, ob ein Erdungskörper völlig zweckentsprechend verlegt ist, muß der
                              									höchste, durch die Erdleitungen fließende Strom in Rechnung gezogen werden, der von
                              									Größe und Kapazität der Anlage, Höhe der Spannung usw. abhängt. Je größer dieser
                              									mögliche Erdstrom ist, um so sorgfältiger muß der Erdungskörper verlegt und um so
                              									großflächiger muß er sein. Die Erdungsflächen sollen ferner um so größer sein, je
                              									schlechter leitend der Boden ist und je näher die Gegenelektrode liegt, da bei naher
                              									Gegenelektrode die Stromverteilung entsprechend den Eingangsdarlegungen ungünstig
                              									ist.
                           Wenn auch die Leitfähigkeit des Erdbodens durch Feuchtigkeit im Erdboden erhöht wird,
                              									darf andererseits die Leitfähigkeit der Grundwasser führenden Erdschichten nicht
                              									überschätzt werden. Die Anschauung, daß Erdplatten im Grundwasser verlegt fast
                              									widerstandslos wie an einen Metallkörper, kurz Erde genannt, angeschlossen anzusehen
                              									sind, ist unrichtig. Das Wasser ist im Verhältnis zum Metall schlecht leitend, und
                              									die Strombahn ist durch die festen, nicht leitenden Körper des Erdbodens beengt.
                              									Günstig wirkt das Einlegen in Grundwasser auf alle Fälle, weil dadurch das bei
                              									dauerndem Stromdurchgange den Uebergangswiderstand erhöhende Austrocknen an der
                              									Erdungsfläche ausgeschlossen ist. Zur Beurteilung der Güte einer Erdung ist die
                              									Kenntnis der Leitfähigkeit des Erdbodens in der Nähe des Erdungskörpers von Vorteil.
                              									Mit den gleichen Meßgeräten, mit denen der Widerstand zwischen zwei Erdungskörpern
                              									gemessen wird, kann auch die Leitfähigkeit des Bodens bestimmt werden, wenn nach dem
                              									Vorgange von Haber etwa eine passend bemessene Kiste, an
                              									den Endflächen mit Metallplatten versehen, mit dem frisch ausgehobenen Boden gefüllt
                              									wird, wobei zu beachten ist, daß die Dichte des ausgehobenen Erdbodens im Kasten die
                              									gleiche ist, wie vorher in der Erde.
                           Wenn man sich auch bei Beurteilung der Güte einer Erdungsfläche von der Bestimmung
                              									des Erdwiderstandes nicht frei machen kann, so muß doch dabei stets beachtet werden,
                              									daß bei Angabe in Ohm die Erdung nicht genügend gekennzeichnet wird, insbesondere
                              									nicht, wenn nicht bekannt ist, wie der Widerstand gemessen wurde. Man könnte etwa
                              									den Erdwiderstand der Erdungsfläche als den Widerstand gegen eine in unendlicher
                              									Entfernung befindliche, unendlich ausgedehnte Fläche bezeichnen. Diesem Werte nähert
                              									man sich, wenn man den Widerstand mittels einer großflächigen Hilfserde in
                              									hinreichend großem Abstande von der Erdungsfläche bestimmt. Der Widerstand zwischen
                              									einem Rohrstücke vom Halbmesser r und von der Länge l und einer großen Fläche im Abstande a ist
                           
                              w=\frac{c}{2\,\pi\,l}\,\mbox{log nat}\,\frac{\sqrt{a+2\,r}+\sqrt{a}}{\sqrt{a+2\,r}-\sqrt{a}},
                              
                           er ist also noch vom Abstande a der Gegenelektrode abhängig. Praktisch könnte man sich auch mit der
                              
                              									Kennzeichnung begnügen, als Erdwiderstand den Widerstand in der Erde im Umkreise von
                              									6 bis 10 m vom Erdungskörper zu rechnen.
                           Die Erdwiderstände sind in Starkstromanlagen weniger nach dem Ohm'schen Widerstände
                              									in der Erde, als nach der Spannungsverteilung bei Stromdurchgang zu bewerten, und
                              									nach dieser Richtung zu prüfen. Bei Prüfung ihrer Güte ist bei bestimmtem Strom die
                              									Spannungsverteilung in der Umgebung der Erdungsplatte und an sonstigen etwa
                              									gefährdeten Stellen zu messen. Durch Umrechnen auf die mögliche Höchststromstärke
                              									ist zu ersehen, ob im Betriebe gefährdende Spannungen auftreten können. Bei
                              									Wechselstrombetrieb können praktisch hinreichend genau die an den einzelnen Stellen
                              									auftretenden Spannungen proportional den Prüfströmen gesetzt werden, bei Gleichstrom
                              									ist noch die Polarisation zu berücksichtigen, falls nur mit kleiner Spannung
                              									gemessen wurde. Die betreffenden Messungen sind, wenn sich das gefahrlos ermöglichen
                              									läßt, mit möglichst starken Strömen auszuführen, um etwaige Gefahren durch
                              									Austrocknen des Bodens in der Nähe der Erdungsplatten aufzufinden. Des weiteren ist
                              									der Einfluß verzweigter metallischer Leitungen in der Erde zu berücksichtigen.
                              									Durchziehen metallische Leitungen den Erdboden in der Nähe der Erdungskörper, zum
                              									Beispiel Gas- und Wasserröhren, Kabelarmaturen usw., die mit den Erdplatten
                              									verbunden oder in deren unmittelbaren Nähe unverbunden verlaufen, so ist bei Prüfung
                              									der Erdung mit Starkstrom zu untersuchen, ob durch die metallischen Leitungen in der
                              									Erde Potentiale in gefährdender Weise verschleppt werden.