| Titel: | Druck- und Knickfestigkeit. | 
| Autor: | Fr. Natalis | 
| Fundstelle: | Band 334, Jahrgang 1919, S. 81 | 
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                        Druck- und Knickfestigkeit.
                        Von Fr. Natalis, Dr.
                           								Ing., Berlin-Siemensstadt.
                        (Schluß von S. 74 d. Bd.)
                        NATALIS: Druck- und Knickfestigkeit.
                        
                     
                        
                           
                              Graphische Ermittelung der
                                    											Knicklast.
                              Die Knicklast Pk= mP läßt sich auch in nachstehender einfachen
                                 										Weise graphisch ermitteln: Es ist
                              
                                 m\,P=k\,F=k_0\,F\,\frac{k}{k_0}.
                                 
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 334, S. 81
                                 Abb. 8.
                                 
                              In dieser Formel sind k0 und F bekannt und \frac{k}{k_0} eine
                                 										Funktion von \frac{l}{i} und \frac{E}{k_0}. Bei Herleitung der Formel (3) wurde nun
                                 										schon darauf hingewiesen, daß nicht das Verhältnis \frac{l}{i}=1, sondern der Wert
                                 										\frac{l_1}{i}\,\sqrt{\frac{k_0}{\pi^2\,E}}=1=O\,A (Abb. 8) als Einheitsmaß für die
                                 										Schlankheit des Stabes gewählt werden sollte. Dadurch ist es möglich, die
                                 										Werte \frac{k}{k_0} für beliebige Materialien und für alle Werte von \frac{l}{i} an
                                 										einer einzigen Kurve abzulesen.
                              Soll daher für einen beliebigen Wert \frac{l}{i} die. Knicklast ermittelt werden,
                                 										so ist zunächst dieser Wert \frac{l}{i} mit \sqrt{\frac{k_0}{\pi^2\,E}} zu multiplizieren. Dieses
                                 										geschieht am einfachsten graphisch nach Abb.
                                    										8.
                              
                              Auf der durch die Abszisse 1,0 gehenden Senkrechten AB ist eine Skala für \frac{l}{i} aufgetragen und für mehrere Werte von
                                 										\frac{E}{k_0} sind Strahlen durch den Punkt O gelegt,
                                 										zum Beispiel der Strahl für \frac{E}{k_0}=250 (Holz). Nach den Versuchen auf S. 72
                                 										ergab sich für Kiefernholz \frac{E}{k_0}=\frac{130000}{525}=248 oder rund 250. Ist nun zum Beispiel
                                 										\frac{l}{i}=39=A\,C und führt man den Linienzug CDE, so ist
                                 											OE = Konstante • AC.
                              Der Strahl OD muß nun so gelegt sein, daß die
                                 										Konstante gleich \sqrt{\frac{k_0}{\pi^2\,E}} ist. Dem Schnittpunkt F
                                 										des Strahles OD mit AB
                                 										entspricht der Wert \frac{l_1}{i}, für welchen \frac{l_1}{i}\,\sqrt{\frac{k_0}{\pi^2\,E}}=1 ist; daher ist
                                 										A\,F=\frac{l_1}{i}=\pi\,\sqrt{\frac{E}{k_0}}. Für \frac{E}{k_0}=250 ist daher \frac{l_1}{i}=49,7.
                              Für andere Werte von \frac{E}{k_0} ergeben sich folgende Werte für \frac{l_1}{i}
                              
                                 
                                    
                                       \frac{E}{k_0}=
                                       
                                    200
                                    250
                                    300
                                    350
                                    385
                                    400
                                    450
                                    
                                 
                                    
                                    
                                    (Holz)
                                    
                                    
                                    (Stahl)
                                    
                                    
                                    
                                 
                                    
                                       \frac{l_1}{i}=
                                       
                                    44,4
                                    49,7
                                    54,6
                                    58,9
                                    61,7
                                    62,8
                                    66,8
                                    
                                 
                              so daß sich die den verschiedenen Materialkonstanten
                                 										entsprechenden Strahlen teicht einzeichnen lassen.
                              Ist mit Hilfe des in Frage kommenden Leitstrahles für einen Wert \frac{l}{i}=A\,C der
                                 										Wert \frac{l}{i}\,\sqrt{\frac{k_0}{\pi^2\,E}}=E\,O ermittelt, so ist durch die Führung des Linienzuges DGH auch der Wert \frac{k}{k_0} – in dem Beispiel =
                                 										0,81 – zu finden. Dieser Wert ist sodann in obige Gleichung
                              
                                 m\,P=k_0\,F\,\frac{k}{k_0}=0,81\,k_0\,F
                                 
                              einzusetzen. Für einen anderen Wert \frac{l}{i}=74\,>\,A\,F
                                 										entsprechend \frac{l}{i}\,\sqrt{\frac{k_0}{\pi^2\,E}}=1,5 ergibt der Linienzug JKLM
                                 										den Wert \frac{k}{k_0}=L\,M=0,392, also mP = 0,392 k0F.
                              Ist die Last mP, nicht aber der Querschnitt des
                                 										Stabes bekannt, so muß man letzteren durch Wiederholung des Verfahrens
                                 										ermitteln.
                              
                           
                              Die elastische Linie und die
                                    											seitliche Ausbiegung des Stabes unter der Last.
                              Es möge zurückgegriffen werden auf die Entwicklung der Eulerschen Formel, deren Gültigkeit für große Werte von \frac{l}{i}
                                 										unbestritten ist.
                              Die Differentialgleichung der elastischen Linie (Abb.
                                    											9), aus der sich die Eulersche Formel
                                 										ergibt, lautet:
                              \frac{d^2\,y}{d\,x^2}=-\frac{M}{E\,J}=-\frac{P}{E\,J}\,y . . . . (8)
                              worin P eine Last beliebiger
                                 										Größe bedeuten möge. Sie wird, wegen der Randbedingungen, x = 0, y = 0 und
                                 											x = l, y = 0,
                                 										und weil für x=\frac{l}{2} die Ausbiegung v = a
                                 										beträgt, durch
                              y=a\,\sin\,\pi\,\frac{x}{l} . . . . . . (9)
                              erfüllt. Alsdann wird
                              
                                 \frac{d^2\,y}{d\,x^2}=-a\,\frac{\pi^2}{l^2}\,\sin\,\pi\,\frac{x}{l}=-\frac{\pi^2}{l^2}\,y.
                                 
                              Da andererseits nach Gl. (8)
                              
                                 \frac{d^2\,y}{d\,x^2}=-\frac{P}{E\,J}\,y
                                 
                              ist, so ergibt sich
                              P_k=\frac{\pi^2\,E\,J}{l^2} . . . . . . (10)
                              das heißt: Wenn überhaupt eine Durchbiegung des Stabes
                                 										erfolgt \frac{d^2\,y}{d\,x^2}\,≷\,0, so kann sie nur unter Wirkung einer ganz bestimmten Last Pk auftreten. Die
                                 										Berechnung der größten Ausbiegung a für x=\frac{l}{2}
                                 
                                 										aus Gl. (9) ist jedoch nicht möglich. Hieraus ergibt sich erstens, daß für eine
                                 										Last P < Pk überhaupt keine Ausbiegung entsteht, zweitens,
                                 										daß für die ganz bestimmte Last P_k=\frac{\pi^2\,E\,J}{l^2} das Gleichgewicht der inneren und der
                                 										äußeren Kräfte für jeden beliebigen Wert von a
                                 										vorhanden ist, und drittens, daß unter einer Last P
                                 										< Pk die
                                 										Ausbiegung fortgesetzt zunimmt, bis der Stab zu Bruch geht. Im letzteren Falle
                                 										würde sich a = ∞ ergeben. Dieses ist jedoch nicht
                                 										wörtlich aufzufassen, denn die Ausbiegung des Stabes kann im Verhältnis zu
                                 										seiner Länge einen gewissen praktisch begrenzten Wert nicht überschreiten. Die
                                 										Schlußfolgerungen der Rechnung gelten daher nur für verhältnismäßig geringe
                                 										Ausbiegungen des Stabes und für einen ursprünglich genau geraden symmetrischen
                                 										und homogenen Stab. Unter diesen Voraussetzungen sind aber die Entwicklung der
                                 										Formeln und die daraus gezogenen Schlußfolgerungen durchaus einwandfrei.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 334, S. 82
                                 Abb. 9.
                                 
                              Daß für die Eulersche Knicklast P_k=\frac{\pi^2\,E\,J}{l^2} die
                                 										Ausbiegung einen beliebigen Wert annehmen kann, erscheint zunächst wunderbar,
                                 										ist aber leicht durch folgende Betrachtung zu erklären:
                              Ist bei einer bestimmten Ausbiegung a Gleichgewicht
                                 										zwischen den äußeren Kraft- und den inneren Biegungsmomenten vorhanden und wird
                                 										die Ausbiegung künstlich auf den Wert na
                                 										vergrößert, so werden alle inneren Spannungen auf den n-fachen Betrag erhöht, aber gleichzeitig auch die äußeren
                                 										Biegungsmomente für jeden Stabquerschnitt auf den n-fachen Betrag vergrößert. Der Stab befindet sich daher in einem
                                 										indifferenten Gleichgewicht. Wird die Kraft um ein geringes verkleinert, so
                                 										federt der Stab in seine Nullage zurück, wird Pk um ein geringes vergrößert, so wird eine
                                 										kleine anfängliche Ausbiegung sich immer mehr vergrößern, bis der Bruch
                                 										erfolgt.
                              Die aus der Entwicklung der Eulerschen Formel gezogene
                                 										Schlußfolgerung, daß ein auf Knicken beanspruchter Stab keine meßbare seitliche
                                 										Ausbiegung erleiden darf, und daß einer allmählich wachsenden Last nicht eine
                                 										allmählich steigende Ausbiegung entspricht, wird jedoch durch den praktischen
                                 										Versuch scheinbar nicht in vollem Maße bestätigt.
                              
                              So zeigt Abb. 10 für zwei Stahlrohre von
                              I. 304 cm Länge, 65 mm φ und
                                 										1,46 mm Wandstärke
                              II. 294 cm Länge, 80,1 mm φ
                                 										und 1,98 mm Wandstärke
                              die seitlichen Ausbiegungen in mm als Funktion der Last.
                                 										Hiernach ergibt sich, daß mit zunehmender Last die Ausbiegung, wenn auch sehr
                                 										stark, aber doch nicht plötzlich bis zum Bruch anwächst.
                              Dieser Widerspruch könnte darauf zurückgeführt werden, daß einerseits der
                                 										Elastizitätsmodul E nicht absolut konstant ist,
                                 										sondern sich mit zunehmender Spannung etwas ändert, andererseits darauf, daß der
                                 										Stab entweder nicht völlig symmetrische Querschnitte besaß, oder inhomogen war
                                 										oder schon vor der Belastung geringe Krümmungen aufwies. Die Veränderung von E ist unerheblich.
                              Von ganz wesentlichem Einfluß sind dagegen etwaige Krümmungen des Stabes vor der
                                 										Belastung oder Ungleichheiten in der Wandstärke (zum Beispiel bei einem Rohr)
                                 										oder in der Qualität des Materials.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 334, S. 83
                                 Abb. 10.
                                 
                              Zunächst ist es einleuchtend, daß auch ein durchaus geradliniger Stab erst bei
                                 										einer bestimmten Ausbiegung a zu Bruch geht. Diese
                                 										Ausbiegung a wird für große Werte von \frac{l}{i},
                                 										bei denen die Druckspannung gegenüber der Biegungsspannung vernachlässigt werden
                                 										kann, folgendermaßen berechnet:
                              
                                 P_k=\frac{\pi^2\,E\,J}{l^2}
                                 
                              
                                 a\,P_k=k_0\,\frac{J}{e},
                                 
                              worin e der Abstand der
                                 										äußersten Faser von der Mittellinie des Querschnittes ist.
                              a=k_0\,\frac{J}{e}\,\frac{l^2}{\pi^2\,E\,J}=\frac{k_0}{\pi^2\,E}\,\frac{l^2}{e} . . . . (11)
                              Für kleine Werte von \frac{l}{i} muß außer der
                                 										Biegungsspannung auch die Druckspannung k
                                 										berücksichtigt werden. Da beide zusammen den Wert k0 nicht überschreiten dürfen, so
                                 										ergibt sich die Biegungsspannung zu k0
                                 										– k. In der Abb. 1.
                                 										S. 71 ist der Wert \frac{k}{k_0} durch den Abstand eines Punktes der Kurve
                                 										\frac{k}{k_0} von der Abszissenachse und der Wert \frac{k_0-k}{k_0} durch den Abstand
                                 										des Kurvenpunktes von der Geraden \frac{k}{k_0}=1 gegeben. Es ist ferner
                              Pk = k F und a\,P_k=(k_0-k)\,\frac{J}{e}
                                 									
                              a=\frac{k_0-k}{k}\,\frac{J}{F\,e}=\frac{k_0-k}{k}\,\frac{i^2}{e} . . . (12)
                              Diese Gleichung gibt denselben Wert von a wie Gl. (11), wenn – bei langen Stäben – k gegen k0 im Zähler vernachlässigt werden kann und
                                 										P_k=k\,F=\frac{\pi^2\,E\,J}{l^2} gesetzt wird.
                              Gleichung (12) führt noch zu folgender wichtigen Betrachtung: Ist für einen
                                 										bestimmten Wert von \frac{l}{i} das Verhältnis \frac{k}{k_0} nach Gl. (7) bzw. Abb. 1 bestimmt, so ist die größte zulässige
                                 										Ausbiegung a proportional dem Wert \frac{i^2}{e}. Für
                                 										nachstehende massive bzw. dünnwandige Querschnitte ergibt sich dieser Wert
                                 										\frac{i^2}{e} zu:
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 334, S. 83
                                 Abb. 11.
                                 
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 334, S. 83
                                 Querschnitt
                                 
                              Da nun im Flugzeug seitliche Ausbiegungen durch Erschütterungen oder äußere
                                 										Kräfte entstehen können, so ergibt sich aus obiger Tabelle, daß unter der
                                 										Knicklast die Hohlquerschnitte eine doppelt so große Ausbiegung zulassen als die
                                 										massiven und daß die quadratischen \frac{4}{3}mal so günstig sind als die runden,
                                 										da bei ihnen mehr Material in der äußeren Faser liegt.
                              Nunmehr soll der Fall einer exzentrischen Belastung untersucht werden. Dabei soll
                                 										aber nicht ein gerader Stab vorausgesetzt werden, sondern ein Stab, welcher
                                 										schon vor der Belastung schwach gekrümmt war und eine geringe Ausbiegung b (Abb. 11) zeigte.
                                 										Hierbei ist unwesentlich, nach was für einer Kurve der Stab gekrümmt war. Es
                                 										kann daher zur Vereinfachung der Rechnung angenommen werden, daß der Stab nach
                                 										einer Kurve gekrümmt war, die der Biegungskurve nach der Belastung ähnlich ist.
                                 										Dann ist, wenn b die ursprüngliche Exzentrizität
                                 										und a die zusätzliche elastische Durchbiegung
                                 										bezeichnet:
                              
                                 y_1=\frac{b}{a+b}\,y;\ d\,y_1=\frac{b}{a+b}\,d\,y;\ d^2\,y_1=\frac{b}{a+b}\,d^2\,y.
                                 
                              Da ferner.
                              
                                 \frac{d^2\,y}{d\,x^2}-\frac{d^2\,y_1}{d\,x^2}=-\frac{P}{E\,J}\,y
                                 
                              ist, wo P eine Last
                                 										beliebiger Größe bedeutet, so ist
                              \frac{d^2\,y}{d\,x^2}=-\frac{a+b}{a}\,\frac{P}{E\,J}\,y . . . (13)
                              Diese Gleichung wird erfüllt durch
                              y=(a+b)\,\sin\,\pi\,\frac{x}{l} . . . . (14)
                              Alsdann liefert:
                              
                                 \frac{d^2\,y}{d\,x^2}=-(a+b)\,\frac{\pi^2}{l^2}\,\sin\,\pi\,\frac{x}{l}=-\frac{\pi^2}{l^2}\,y.
                                 
                              
                                 y_1=b\,\sin\,\pi\,\frac{a}{l};\ \frac{d^2\,y_1}{d\,x^2}=-b\,\frac{\pi^2}{l^2}\,\sin\,\pi\,\frac{x}{l}=-\frac{\pi^2}{l^2}\,y_1.
                                 
                              Mit Rücksicht auf Gl. (13) folgt daher
                              
                                 \frac{a}{a+b}=\frac{P\,l^2}{\pi^2\,E\,J}.
                                 
                              Als elastische Durchbiegung des Stabes kommt nicht der Wert a + b, sondern a in
                                 										Frage. Dieser ergibt sich als Funktion von b und
                                 											P zu
                              a=\frac{b\,P\,l^2}{\pi^2\,E\,J-P\,l^2} . . . . . (15)
                              Bei einem exzentrischen Stab ist daher die Ausbiegung a eine Funktion der Belastung P. Für P = 0 ist auch
                                 											a = 0 und für P=P_k=\frac{\pi^2\,E\,J}{l^2} ist a = ∞. Setzt man daher die Last P = ϒPk, so ergibt
                                 										sich
                              a=b\,\frac{\gamma}{\gamma-1}. . . . . . (16)
                              und für
                              
                                 
                                    
                                       ϒ
                                       
                                    1,0
                                    0,9
                                    0,8
                                    0,7
                                    0,6
                                    0,5
                                    0,4
                                    0,3
                                    0,2
                                    0,1
                                    0,0
                                    
                                 
                                    
                                       \frac{a}{b}=\frac{\gamma}{\gamma-1}=
                                       
                                    ∞
                                    9,0
                                    4,0
                                    2,33
                                    1,5
                                    1,0
                                    0,667
                                    0,428
                                    0,250
                                    0,111
                                    0,000
                                    
                                 
                              Die Exzentrizität b des Stabes läßt sich schwer
                                 										messen, da in diesem Wert außer der eigentlichen Exzentrizität auch der Einfluß
                                 										der Ungleichheiten in der Wandstärke und Homogenität enthalten sein soll.
                                 										Rechnet man aber diesen scheinbaren Wert der Exzentrizität für einen Meßwert der
                                 										Prüfkurven I bzw. II
                                 											(Abb. 10) aus – für Kurve I ergab sich b = 1,1
                                 										cm und für Kurve II 1,27 cm – und bestimmt darauf
                                 										für die übrigen Belastungen die zugehörigen Ausbiegungen (in Abb. 10 sind die so berechneten Werte durch Kreise
                                 										bezeichnet), so findet man eine ganz überraschende Uebereinstimmung zwischen den
                                 										Rechnungs- und Prüfungswerten und damit einen Beweis für Richtigkeit der
                                 										Behauptung, daß das Auftreten einer mit der Last gesetzmäßig wachsenden
                                 										Ausbiegung praktisch ausschließlich die Folge einer Unsymmetrie des Stabes
                                 										ist, welche durch eine äquivalente Exzentrizität dargestellt werden kann.
                              
                           
                              Berechnung der zulässigen Belastung
                                    											unter Berücksichtigung der Exzentrizität b.
                              a) Berechnung für verhältnismäßig schlanke Stäbe, bei denen die mittlere
                                 										Druckspannung k gegenüber der Biegungsspannung k0
                                 										– k vernachlässigt werden kann.
                              Es ist näherungsweise
                              P\,(a+b)=k_0\,\frac{J}{e} . . . . . (17)
                              woraus a=\frac{k_0}{P}\,\frac{J}{e}-b und unter Benutzung von Gleichung
                                 										(15)
                              
                                 \frac{k_0}{P}\,\frac{J}{e}-b=\frac{b\,P\,l^2}{\pi^2\,E\,J-P\,l^2}
                                 
                              P=\frac{\pi^2\,E\,J}{l^2}\,\frac{1}{1+b\,\frac{\pi^2\,E}{k_0}\,\frac{e}{l^2}} . . . (18)
                              b) Berechnung der zulässigen Belastung unter Berücksichtigung der mittleren
                                 										Druckspannung k. Es ist
                              P\,(a+b)=(k_0-k)\,\frac{J}{e} . . . (19)
                              Setzt man in dieser Gleichung k=\frac{P}{F} und aus Gl. (15)
                                 										den Wert für a ein, so erhält man:
                              
                                 P\,b\,\frac{\pi^2\,E\,J}{\pi^2\,E\,J-P\,l^2}=k_0\,\frac{J}{e}-\frac{P}{F}\,\frac{J}{e}.
                                 
                              Wird zur Abkürzung 1+\frac{k_0\,F\,l^2}{\pi^2\,E\,J}+\frac{F\,e\,b}{J}=\alpha gesetzt, so gibt die
                                 										quadratische Gleichung
                              
                                 P^2-\frac{\pi^2\,E\,J}{l^2}\,\alpha\,P=-\frac{k_0\,F\,\pi^2\,E\,J}{l^2}
                                 
                              die beiden Werte.
                              P=\frac{\pi^2\,E\,J}{2\,l^2}\,\left[\alpha\,\pm\,\sqrt{\alpha^2-\frac{4\,k_0\,F\,l^2}{\pi^2\,E\,J}}\right] . . . (20)
                              Wendet man diese Formel auf das Stahlrohr 80 × 2 mm (Abb. 10, Kurve II)
                                 										an, wobei l = 294 cm; F = 4,9 cm2; J = 37,3 cm4; k0
                                 										= 5200 kg/cm2;
                                 											E = 2000000 kg/cm2 und b = 1,27 cm zu setzen ist, so
                                 										ergibt sich die Knicklast entweder zu P1
                                 										= 33275 kg und die zugehörige Ausbiegung nach Gl.
                                 										(15) zu a1
                                 										= – 1,715 cm oder zu P2
                                 										= 6635 kg und die zugehörige Ausbiegung zu a2
                                 										= 4,14 cm.
                              Die ersteren Werte P1 und a1
                                 										kommen praktisch nicht in Frage, da die Ausbiegung a1 der Verbiegung b entgegengesetzt gerichtet ist und k > k0 würde. In Gl. (20) ist daher der Wurzelwert
                                 										nur mit negativem Vorzeichen zu benutzen. Die Beziehungen sind an Hand der
                                 										vorstehenden graphischen Darstellungen (Abb. 11)
                                 										noch leichter verständlich.
                              Gl. (20) kann somit benutzt werden, um nach dem Vorschlage von Müller- Breslau die Knicklast P unter Voraussetzung einer gewissen Exzentrizität des Stabes zu
                                 										berechnen. Die dieser Last entsprechende zusätzliche Ausbiegung a ergibt sich dann nach Gl. (15) und die
                                 										Gesamtausbiegung
                              a+b=b\,\frac{\pi^2\,E\,J}{\pi^2\,E\,J-P\,l^2} . . . . (21)
                              und die Biegungsspannung nach Gl. (19)
                              k=k_0-\frac{P\,(a+b)\,e}{J} . . . . (22)
                              Sehr übersichtlich gestalten sich die vorstehenden Berechnungen, wenn man die
                                 										Momente der äußeren und inneren Kräfte, Ma bzw. Mi, zum Beispiel im
                                 										gefährlichen Querschnitt als Funktion der Ausbiegung a (Abb. 11) aufträgt. Es ist
                              Ma= P (a + b) . . . . . (23)
                              M_i=-\left(\frac{d^2\,y}{d\,x^2}-\frac{d^2\,y_1}{d\,x^2}\right)\,E\,J . . . (24)
                              oder da nach Gl. (14) für x=\frac{l}{2}
                              \frac{d^2\,y}{d\,x^2}-\frac{d^2\,y_1}{d\,x^2}=-a\,\frac{\pi^2}{l^2} ist:
                              M_i=a\,\frac{\pi^2\,E\,J}{l^2} . . . . . . (25)
                              Die Momente Ma und Mi werden daher durch die
                                 										gleichbenannten Geraden in Abb. 11 dargestellt.
                                 										Der Schnittpunkt der beiden Geraden entspricht demjenigen Wert der Ausbiegung
                                 											a, bei welcher sich die inneren und äußeren
                                 										Kräfte im Gleichgewicht befinden. Einer kleineren Kraft P1 entspricht ein Strahl M_{a_1}
                                 										und ein kleinerer Wert von a, einer größeren Kraft
                                 											P2 ein Strahl
                                 										M_{a_2} und ein größerer Wert von a bzw. a + b. Wird P soweit vergrößert, daß M_{a_3}\,\parallel\,M_i wird, so wird
                                 											a = ∞ und P=P_k=\frac{\pi^2\,E\,J}{l^2}.
                              Wird P noch mehr vergrößert, so schneidet der
                                 										zugehörige Strahl M_{a_4} den Strahl Mi auf der linken Seite, so daß a negativ wird. Dieser Wert – a entspricht daher dem oben erwähnten unbrauchbaren
                                 										Wurzelwert der Gl. (20).
                              Durch vorstehende Rechnung dürfte der Beweis erbracht sein, daß bei vorhandener
                                 
                                 										Exzentrizität mit zunehmender Belastung die Ausbiegung a
                                    											+ b – wenn auch schnell – so doch nicht plötzlich bis zum Bruch des
                                 										Stabes anwächst. Andererseits erscheint es möglich, bei der Prüfung von Stäben
                                 										auf Knickung die stets vorhandene geringe Exzentrizität (worin auch alle
                                 										Ungleichheiten in der Wandstärke und Materialbeschaffenheit einbegriffen sein
                                 										sollen) durch geeignete Vorrichtungen zu beseitigen. Dann muß bei einer ganz
                                 										bestimmten Kraft, nämlich der Eulerschen Knicklast
                                 										P_k=\frac{\pi^2\,E\,J}{l^2} bei jeder Ausbiegung Gleichgewicht herrschen, d.h. die Kurven I, II (Abb. 10)
                                 										müssen bei dieser Last plötzlich senkrecht ansteigen. P ist somit für beliebige Werte der Ausbiegung konstant.
                              Der Verfasser hat derartige besondere Prüfeinrichtungen herstellen lassen, welche
                                 										eine Einstellung der Exzentrizität auf ein beliebiges Maß ermöglichen. Zu dem
                                 										Zweck wurde das zu prüfende Rohr an beiden Enden mit einer ebenen
                                 										Druckplatte abgeschlossen und in die Prüfmaschine zwei schneidenförmige
                                 										Druckstücke eingesetzt, deren Schneiden mit einem Radius von 5 mm abgerundet und
                                 										einander parallel angeordnet wurden. Zu beiden Seiten jeder Schneide wurde eine
                                 										Stellschraube vorgesehen, mit welcher das Rohrende gegenüber der Schneide
                                 										millimeterweise verschoben wurde. Bei den Versuchen wurde derselbe Stab, ein
                                 										Stahlrohr von 80 mm Durchmesser, 2 mm Wandstärke und 3030 mm Länge bei einer
                                 										veränderlichen scheinbaren Exzentrizität zwischen + 12 mm und – 2,6 mm der
                                 										Prüfung unterworfen. Dabei wurde eine Drehung des Rohres um seine Achse wie auch
                                 										bleibende Veränderungen verhütet. Während die rechnungsmäßige Eulersche Knicklast sich zu P=\frac{\pi^2\,.\,2150000\,.\,37,3}{303^2}=8400\mbox{ kg} ergibt,
                                 										zeigte sich, daß das Rohr bei einer Exzentrizität e
                                 										= – 2,6 mm sogar eine maximale Knicklast von 9500 kg aushalten konnte. Bei der
                                 										Last von 9600 kg stieg die Durchbiegung ohne Zunahme der Kraft unvermittelt von
                                 										– 1,2 mm auf einen sehr hohen Wert, der zum Bruch geführt haben würde. Die
                                 										Versuchsresultate sind in Tabelle 10 zusammengestellt; die letzte Zahlenreihe
                                 										entspricht der Kurve II in Abb. 10, die gegenüber der Kurve II für
                                 										ein Rohr von nahezu den gleichen Abmessungen eine wesentlich schärfere Umbiegung
                                 										infolge Beseitigung der Exzentrizität zeigt.
                              Tabelle 10.
                              
                                 
                                    Exzentri-zität
                                    Ausbiegung, mm bei einer Belastung,
                                       												kg von
                                    
                                 
                                    mm
                                    1000
                                    2000
                                    3000
                                    4000
                                    5000
                                    6000
                                    7000
                                    8000
                                    8500
                                    9000
                                    9500
                                    9600
                                    
                                 
                                    12
                                    2,1
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    geknickt
                                    
                                 
                                    10
                                    1,7
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                 
                                      8
                                    1,4
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                 
                                      6
                                    1,1
                                    2,8
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                 
                                      4
                                    0,9
                                    2,4
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                 
                                      2
                                    0,5
                                    1,3
                                    2,4
                                    4,0
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                 
                                      0
                                    0,1
                                    0,3
                                    0,9
                                    1,6
                                    2,7
                                    4,5
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                    
                                 
                                    –2,5
                                    0,0
                                    0,0
                                    0,0
                                    0,0
                                    0,0
                                    0,1
                                    0,2
                                    0,6
                                    
                                    
                                    
                                    
                                 
                                    –2,6
                                    0,0
                                    0,0
                                    0,0
                                    0,0
                                    0,0
                                    0,0
                                    0,0
                                    0,0
                                    – 0,1
                                    – 0,3
                                    – 1,2
                                    
                                 
                              Aus den Versuchen ergibt sich, daß ein vollständig gerader
                                 										Stab in Einklang mit der Eulerschen Theorie bei einer
                                 										Belastung unterhalb der Eulerschen Knicklast
                                 										keinerlei Durchbiegung zeigt und daß bei Erreichung dieser Last bei beliebigen
                                 										Durchbiegungen unterhalb der Proportionalitätsgrenzen Gleichgewicht zwischen
                                 										inneren und äußeren Kräften herrscht.