| Titel: | Bestimmung des Elastizitätsmoduls E für Stäbe. | 
| Autor: | Fr. Natalis | 
| Fundstelle: | Band 334, Jahrgang 1919, S. 117 | 
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                        Bestimmung des Elastizitätsmoduls E für
                           								Stäbe.
                        Von Dr.-Ing. Fr.
                                 									Natalis, Berlin-Siemensstadt.
                        NATALIS: Bestimmung des Elastizitätsmoduls E für Stäbe.
                        
                     
                        
                           Bei der Berechnung eines Balkens auf Biegung ist außer dem Widerstandsmoment nur
                              									die spezifische Biegungsfestigkeit zu berücksichtigen. Beide lassen sich im
                              									allgemeinen mit ausreichender Genauigkeit schätzen, da besonders die letztere für
                              									gleichartige Materialien nur in geringem Maße schwankt. Bei der Berechnung eines
                              									Stabes auf Knickung ist dagegen außer dem Trägheitsmoment der Elastizitätsmodul E in die Rechnung einzustellen.
                           Der Wert E schwankt für äußerlich gleichartige Hölzer in
                              									weiten Grenzen. So stellten zum Beispiel die Siemens-Schuckert-Werke bei ausgesuchten Kiefernhölzern einen E-Modul zwischen 75000 und 180000 kg für 1 cm2 fest. Würde nun der geringste dieser Werte
                              									zugrunde gelegt, so käme man in solchen Fällen, wo die Gewichtsersparnis von
                              									ausschlaggebender Bedeutung ist, wie zum Beispiel im Flugzeugbau, zu unnötig
                              									schweren Konstruktionen. Die Entnahme einzelner Stichproben ist aber wertlos und es
                              									erscheint unerläßlich, jeden einzelnen Stab vor dem
                              									Einbau einer Prüfung zu unterziehen. Die Prüfung auf Knickfestigkeit ist hierfür zu
                              									umständlich, besonders wenn dabei die seitens der Inspektion des Flugzeugwesens
                              									gestellte, meines Erachtens aber übertriebene, Forderung eines exzentrischen
                              									Kraftangriffs berücksichtigt werden soll. Es können nur solche Prüfverfahren benutzt
                              									werden, welche ohne Hinzuziehung wissenschaftlicher Institute eine schnelle aber
                              									praktisch ausreichende Prüfung durch ungeschultes Personal in der Werkstatt
                              									zulassen.
                           Die Siemens-Schuckert-Werke haben zu dem Zweck die
                              									nachstehend beschriebene, in der Abb. dargestellte, einfache Prüfvorrichtung gebaut,
                              									mittels welcher der zu prüfende Stab auf Biegung statt auf Knickung beansprucht und
                              									die dabei auftretende Durchbiegung beachtet wird. Da die Beanspruchung eines Stabes
                              									auf Biegung oder Knickung ähnliche innere Vorgänge zur Folge hat, so erscheint es
                              									zulässig, von dem einen Belastungsfall auf den anderen Schlüsse zu ziehen.
                           
                           In der Prüfvorrichtung wird der punktiert angedeutete auf zwei Walzen gelagerte
                              									Probestab mittels einer Gewichtsschale belastet und die dabei auftretende
                              									Vergrößerung der Durchbiegung mittels eines Zeigers an einer nach cm Durchbiegung
                              									geteilten Skala gemessen.
                           Die Durchbiegung a ist (vgl. dieses Journal Heft 8 S.
                              									85):
                           
                              a=\frac{Q\,l^3}{48\,E\,J}
                              
                           also
                           
                              E=\frac{Q\,l^3}{48\,a\,J}
                              
                           Für einen rechteckigen massiven Stab ist
                           
                              J=\frac{b\,h^3}{12}
                              
                           
                              E=\frac{1}{4\,\alpha}\,\left(\frac{Q}{b}\right)\,\left(\frac{l}{h}\right)^3
                              
                           Wählt man nun die Belastung proportional der Breite zum Beispiel Q = 10 b (kg) und die Stutzweite l proportional der Höhe zum Beispiel l = 50
                              										h, so ist
                           
                              E=\frac{312500}{a}\mbox{ kg f. 1 cm}^2
                              
                           Will man alle Stäbe ausscheiden, bei denen zum Beispiel E < 140000 kg/cm2 ist, so darf
                              
                              										a nicht größer als \frac{312500}{140000}=2,23\mbox{ cm} sein. Die Skala wird
                              									daher vorteilhaft an dieser Stelle mit einer besonderen Marke versehen.
                           Bei dieser Prüfung ist die Spannung in der äußersten Faser
                           
                              k=\frac{Q\,l}{4}\,.\,\frac{12}{b\,h^2}=\frac{3}{h}\,\left(\frac{Q}{b}\right)\,\left(\frac{l}{h}\right)=\frac{1500}{h}
                              
                           Die Prüfung ist daher für Stäbe über 4 cm Höhe zulässig. Mit
                              									der Vorrichtung wird jeder einzelne Stab oder wenigstens von jeder Bohle ein
                              									Probestab geprüft. Sollen die Stäbe zur Gewichtsersparnis ausgehöhlt und verleimt
                              									werden, so wird diese weitere Verarbeitung erst nach der Prüfung vorgenommen. Sollen
                              									dagegen solche Stäbe in fertigem Zustande geprüft werden, so wird vorteilhaft
                              									bereits auf der Werkstattzeichnung die Prüflast Q, die
                              									Stützweite l und die größte zulässige Durchbiegung
                              									angegeben.
                           Mit der gleichen Vorrichtung können auch andere Träger, zum Beispiel die im
                              									Flugzeugbau vielfach verwendeten nahtlos gezogenen Präzisionsstahlrohre, geprüft
                              									werden.
                           Die Unterschiede in der Steifigkeit solcher Rohre sind aber nur in ganz
                              									verschwindendem Maße auf Schwankungen des E-Moduls
                              									zurückzuführen, da dieser für alle Stahlsorten nahezu den gleichen Wert besitzt,
                              									sondern sie werden überwiegend durch nicht genaue Einhaltung der Wandstärken
                              									verursacht, während die Rohrdurchmesser bei der Fabrikation genau genug
                              									eingehalten werden. Durch die Prüfung wird daher hauptsächlich festgestellt, ob die
                              									vorgeschriebene Wandstärke im Mittel eingehalten ist.
                           Das Trägheitsmoment J eines dünnwandigen Rohres mit
                              									einem mittleren Durchmesser d ist angenähert
                           
                              J=\frac{\pi}{8}\,\delta\,d^3
                              
                           Wenn d den vorgeschriebenen Wert besitzt, so ist J proportional δ. Die
                              									Prüfung gibt daher gleichzeitig ein Maß für das Trägheitsmoment J bzw. für den sowohl in der Biegungsformel, wie in den
                              									Knickformeln vorkommenden Wert EJ.
                           Nach obiger Gleichung für a soll sein
                           
                              a\,\leq\,\frac{Q\,l^3}{48\,E\,J}=\frac{1}{6\,\pi\,E}\,\left(\frac{Q}{\delta}\right)\,\left(\frac{l}{d}\right)^3
                              
                           und für E = 2000000
                           
                              a\,\leq\,\frac{1}{37700000}\,\left(\frac{Q}{\delta}\right)\,\left(\frac{l}{d}\right)^3
                              
                           Setzt man Q = 100 δ und l = 100 d, so ist
                           a ≦ 2,66 cm
                           Bei dieser Prüfung ist die Spannung in der äußersten Faser
                           
                              k=\frac{Q\,l\,d}{8\,J}=\frac{1}{\pi\,d}\,\left(\frac{Q}{d}\right)\,\left(\frac{l}{d}\right)=\frac{3183}{d}.
                              
                           Die Prüfung ist daher für Rohre über 1 cm  zulässig.
                           Für Rohre über 4 cm  wird die Stützweite l zu
                              									groß und die Belastung Q zu gering.
                           Für solche stärkeren Rohre ist Q = 500, δ und l = 50 d zu wählen.
                           Für diese Werte ergibt sich
                           a ≦ 2,06 cm
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 334, S. 118
                              
                           und
                           
                              k=\frac{7960}{d}
                              
                           also für d > 4 cm zulässig.
                           Rohre, welche eine größere Durchbiegung zeigen, sind nur für solche Zwecke zu
                              									verwenden, bei denen die Festigkeit nicht ausschlaggebend ist, oder im Verhältnis
                              									der größeren Durchbiegung geringer zu belasten.