| Titel: | Polytechnische Schau. | 
| Autor: | Loebe | 
| Fundstelle: | Band 334, Jahrgang 1919, S. 152 | 
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                        Polytechnische Schau.
                        (Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
                           								– nur mit Quellenangabe gestattet.)
                        Polytechnische Schau.
                        
                     
                        
                           Fabrikorganisation und Werkstattbetrieb.
                           Betriebsbuchführung. Betriebsabrechnung. Der Ausschuß für
                              									wirtschaftliche Fertigung, der vom Verein deutscher Ingenieure mit dem
                              									Reichs-Wirtschaftsamt vor etwa einem Jahr gegründet worden ist, hat eine besondere
                              									Abteilung für die Ausbildung einheitlicher Abrechnungsverfahren in Industrie und
                              									Gewerbe geschaffen. In Zusammenarbeit mit den Fachverbänden sollen einheitliche
                              									Richtlinien für die Feststellung der Selbstkosten für einzelne, in sich geschlossene
                              									Industriegruppen aufgestellt werden, nach denen dann innerhalb der einzelnen
                              									Industrie zweige und Betriebe jeder Gruppe die wirklichen
                              
                              									Selbstkosten in vergleichbarer Form ermittelt werden können. Bei der bisher
                              									herrschenden völligen Unklarheit über Begriff und Inhalt der Selbstkosten und über
                              									ihre Verrechnung wird diese Vornahme weitgehende Anteilnahme finden; Klarheit über
                              									den Begriff der Selbstkosten und über die Form ihrer Ermittlung und Darstellung wird
                              									viel zu einer gesunden und wettbewerbfähigen Preisgestaltung beitragen können.
                              									Der „A. w. F.“ rechnet auf die Mitarbeit der Industrie bei diesem
                              									Unternehmen. (Der A. w. F. gibt besondere Mitteilungen heraus, die der Zeitschrift
                              										„Der Betrieb“ beigefügt werden.).
                           Betriebsbuchführung. Unkostenwesen.Leitsätze für die indirekten Aufwendungen (Unkosten) und deren
                                 										Verrechnung hat der Unterausschuß für Betriebsorganisation des Berliner
                              									Bezirksvereins deutscher Ingenieure aufgestellt und im „Betrieb“ (Sonderheft
                              									Betriebsorganisation, Mai 1919) veröffentlicht. Der Begriff der Unkosten war bisher
                              									durchaus unklar, weil er nicht eindeutig festgelegt war und weil fast jeder
                              									Betriebsmann und jeder Verfasser etwas anderes darunter verstand. Sehr viele
                              									Mißverständnisse und Meinungsverschiedenheiten in Schrifttum und Praxis haben ihren
                              									Grund in einem Aneinandervorbeireden infolge dieser unzureichenden
                              									Begriffsbestimmung. So ist das Unternehmen des genannten Ausschusses sehr lebhaft zu
                              									begrüßen, das hier Klarheit schaffen will und damit auch auf diesem rein begrifflichen Gebiete den
                              									jetzt allenthalben im Vordergrunde stehenden Gedanken der Vereinheitlichung und
                              									Normung nachgehen.
                           Es sind 19 kurze, klare Leitsätze geprägt, die kaum 1 ½ Druckseiten umfassen.
                              										„Unkosten“ (oder vielmehr „indirekte Aufwendungen“ – der Ausdruck
                              									Unkosten, der ja schon aus sprachlichen Gründen viel umstritten ist, ist absichtlich
                              									vermieden worden –) wird alles das genannt, was sich nicht zu Lasten eines einzelnen
                              									Auftrages erfassen läßt. Grenzfälle, die nicht zu vermeiden sind, werden
                              									zugestanden, im Zweifelsfalle muß nur dafür gesorgt werden, daß eine Aufwendung
                              									innerhalb eines Unternehmens nicht einmal unter den direkten, das andere Mal unter
                              									den indirekten Aufwendungen verbucht wird.
                           Zur einwandfreien Verrechnung werden die indirekten Aufwendungen auf eine Anzahl
                              										Unkosten-Konten verteilt, je nach der Art des
                              									Unternehmens. Abschreibungen auf Anlagewerte gelten als -indirekte Aufwendungen.
                              									Unterschieden wird zwischen Betrieb-, Vertrieb- und Verwaltungskosten.
                           Für die Kalkulation werden die indirekten Aufwendungen in Form von Zuschlägen zu den
                              									direkten bestimmt, und zwar bei den Betriebkosten meistens zu den Löhnen, doch ist
                              									auch die häufig treffendere Erfassung durch Zuschläge auf die Rohstoffkosten oder
                              									Rohstoffgewichte oder nach Maschinenstunden, Platzkosten usw. angängig, ebenso eine
                              									Verbindung zweier dieser Verrechnungsarten. Die Betriebselbstkosten ergeben sich so als Summe aus Materialkosten, Löhnen
                              									und Zuschlägen. Die Vertriebkosten werden zu den Betriebselbstkosten in ein
                              									Verhältnis gesetzt, so daß damit die Gesamtselbstkosten
                              									eines Erzeugnisses als die Summe aus den Betriebselbstkosten und den in v. H. davon
                              									angegebenen Vertriebkosten festgelegt sind. In dieser einfachen und klaren
                              									Festlegung der Selbstkostenbegriffe ist ein besonderes Verdienst der
                              										„Leitsätze“ zu sehen.
                           Wirtschaftlichkeit der Materialverbuchung. Die Bewertung
                              									der verbrauchten Roh- und Hilfstoffe im Fabrikbetriebe geschieht auf Grund von
                              									Materialzetteln, die bei jeder einzelnen Bestellung aus dem Lager ausgeschrieben
                              									werden. Bereits das Ausschreiben dieser Zettel und mehr noch ihre nachträgliche
                              									Buchung und Verrechnung erfordert einen erheblichen Aufwand an Zeit und Kosten, und
                              									es ist daher die Frage berechtigt, die Strache in Heft 5
                              									der „Technik und Wirtschaft“ (1919) untersucht, wie weit dieses Vorgehen
                              									wirtschaftlich ist. Für einen zur Prüfung herausgegriffenen Betrieb ergeben sich
                              									rund 180000 Materialzettel im Gesamtwert von 12 Millionen Mark im Jahre, deren
                              									Verrechnung etwa 30000 M, d.h. 0,25 v. H. ihres Wertes kostet. Die Buchung eines
                              									Zettels stellt sich also im Durchschnitt auf 16,6 Pf.
                           Eine Trennung der Zettel nach ihrem Nennwerte zeigt jedoch, daß fast 50 v. H. (48,6)
                              									auf weniger als 5 M lauten (mehr als 20 v. H. auf weniger als 1 M!), so daß für
                              									diesen großen Teil der Materialverrechnung die Buchungskosten in einem sehr argen
                              									Mißverhältnis zu dem Wert des verrechneten Materials stehen. Es wäre also recht wohl
                              									zu erwägen, ob nicht auf eine Verbuchung der Materialzettel unter 5 M verzichtet
                              									werden kann.
                           Die Nachprüfung der Zettel auf Notwendigkeit des Materialverbrauchs kann sich
                              									natürlich nur auf Stichproben erstrecken. Unter der Annahme einer bestimmten
                              									erreichbaren Fehlergrenze bei einem bestimmten Zeitaufwand für die Prüfung und einer
                              									Verkürzung der Prüfzeit nach einem bestimmbaren und zunächst angenommenen
                              									Potenzgesetz bei Verzicht auf Prüfgenauigkeit kann ermittelt werden, welcher Aufwand
                              									an Prüfzeit für die einzelnen Zettelarten (nach ihrem Nennwert) noch
                              									zugebillgit werden kann, um die Buchung und Prüfung wirtschaftlich zu rechtfertigen.
                              									Eine Einschränkung in der Buchung und Prüfung der Zettel, bei denen eine
                              									Wirtschaftlichkeit nicht mehr zu erweisen ist, kann wertvolle Arbeitskräfte für
                              									wirtschaftlichere Arbeiten frei machen.
                           Aufbau eines Terminbüros. Die Aufgaben: 1. rechtzeitige
                              									Materialbereitstellung für die Werkstatt, 2. rechtzeitige Bereitstellung der
                              									Werkzeuge und Vorrichtungen, 3. Bewegung des Materials in der Werkstatt, werden von
                              									einem Terminbüro überwacht, das die Tätigkeit des technischen Büros, des
                              									Betriebsbüros und des Kalkulationsbüros (Preisbüros) ergänzt (Ephraimson, Werkstattstechnik vom 1. und 15. 5. 1919, auch „Der
                                 										Betrieb“, Mai 1919). Grundsatz ist, die erforderlichen Angaben vor Beginn
                              									der Bearbeitung zu sammeln und festzulegen und jedem Stück eine Laufkarte
                              									mitzugeben, auf der der ganze Bearbeitungsvorgang vorgeschrieben ist. Die Termine
                              									werden nicht im Voraus für den ganzen Herstellungsgang festgelegt, sondern während
                              									des Laufens durch die einzelnen Werkabteilungen nach Maßgabe der Verhältnisse
                              									bestimmt. Zur Ueberwachung des jeweiligen Fertigungsgrades dienen mit Lochung
                              									versehene „Abreiß-Fähnchen“ an der Arbeitbegleitkarte, die die
                              									Fertigungsnummer des Stückes tragen und einzeln abgerissen werden können, wenn das
                              									Werkstück von einer Werkabteilung an eine andere gegeben wird. Hierbei wird darauf
                              									die empfangende Werkabteilung, die Stückzahl und das Datum vermerkt. Der Abschnitt
                              									wird dann in einen Sammelkasten gelegt, der vom Terminbüro mehrmals täglich geleert
                              									wird. Dort wird für jeden Auftrag eine eigenartige Stückliste geführt, in der aus
                              									fortlaufenden Eintragungen der Stückzahlen, des Datums und der bearbeitenden
                              									Werkabteilung stets der Stand der Bearbeitung jedes einzelnen Teiles ersichtlich
                              									ist.
                           Besondere Ueberwachung wird den entstehenden Ausschußstücken zugewandt, weil sie
                              									erfahrungsgemäß vom Arbeiter gern entweder ganz beseitigt oder bei geringer
                              									Fehlerhaftigkeit schließlich doch noch wieder in den Herstellungsgang
                              									hineingeschoben oder zum Einbau gebracht werden. Für sie werden besondere
                              
                              										„Differenzkarten“ als Arbeitbegleitkarte ausgefüllt, von denen gewisse
                              									Abschnitte zusammen mit entsprechenden Abreißfähnchen der ursprünglichen
                              									Arbeitbegleitkarte dem Terminbüro eingereicht werden müssen.
                           Die verschiedene Dringlichkeit der Herstellung der einzelnen Teile kann durch
                              									Aufdruck der Ziffern „1“ und „2“ auf die Arbeitbegleitkarte
                              									gekennzeichnet werden. Im Terminbüro werden dementsprechend alle Teile in. drei
                              									verschiedenen Listen geführt. Die Fertigstellung der Teile nach Liste 1, die am
                              									dringendsten sind, wird besonders überwacht und nötigenfalls durch besondere
                              										„dringende Anmahnungen“ beschleunigt. Die Teile mit Arbeitkarten ohne
                              									Ziffernaufdruck (Liste 3) gelten als nicht besonders eilig. Die Verteilung der
                              									Einzelteile auf diese drei Listen wird je nach den Erfordernissen der
                              									Montageabteilung nach Bedarf geändert, die Begleitkarte entsprechend gestempelt.
                           Soziales. Werkstatt-Reinigung und -Ausstattung. Auf den
                              									Wert ständig sauberer Fenster in den Werkstätten weist Heinmiller im American Machinist vom 9. März 1918 hin. Die regelmäßige
                              									vierzehntägige Reinigung der Fabrikfenster (nicht nur der Bürofenster!) hat außer
                              									dem selbstverständlichen Wert der besseren Beleuchtung der Arbeitsplätze und der
                              									damit verbundenen Ersparnis an künstlicher Beleuchtung eine hohe Bedeutung dadurch,
                              									daß der Gesamteindruck der Sauberkeit bei den Arbeitern sowie auch bei etwaigen
                              									Besuchern gehoben wird. Ganz von selber wird der Arbeiter in einem gut beleuchteten,
                              									sauber gehaltenen Betriebe auch zu sehr viel größerer Sauberkeit und Sorgfalt in bezug auf
                              									seine Arbeit erzogen werden. Auch die in Amerika jetzt häufiger anzutreffende
                              									Ausschmückung der Werkstatträume – man hat zum Beispiel Topfpflanzen in den
                              									Betrieben aufgestellt und beim Bau neuer Werkstätten bereits Konsolen zur Aufnahme
                              									von Geranien und dergleichen an den Säulen vorgesehen – wirkt in diesem Sinne. Man
                              									hat auch in Amerika eingesehen, daß unter dem Eindruck eines gepflegten
                              									Arbeitsraumes die Arbeitsfreudigkeit des Arbeiters wächst und das Erzeugnis
                              									höherwertig wird.
                           In Deutschland sind derartige Ueberlegungen längst nicht mehr fremd, der Deutsche
                              									Werkbund tritt seit vielen Jahren für eine Veredelung der deutschen Arbeit gerade
                              									auch im Sinne einer Verschönerung der Arbeitstätte ein und eines der bedeutendsten
                              									Industriewerke Oesterreichs, die Tiegelgußstahlfabrik Poldihütte, schrieb 1914 auf
                              									der Werkbundausstellung in Köln als Leitspruch für ihre Arbeitsweise über ihre
                              									Erzeugnisse „Nur in edler Umgebung gedeiht edle Arbeit“.
                           Speiser.
                           
                        
                           Wirtschaft.
                           Die Entwicklung der chemischen Industrie Frankreichs während
                                 										des Krieges. Während des Krieges waren alle uns feindlichen Großmächte
                              									bestrebt, ihrer scit langer Zeit bestehenden Abhängigkeit von der deutschen
                              									chemischen Industrie ein Ende zu machen; namentlich gilt dies von der
                              									Farbstoffindustrie. In besonders hohem Maße war die chemische Industrie Frankreichs
                              									von Deutschland abhängig, denn von dem gesamten Außenhandel Frankreichs in
                              									chemischen Erzeugnissen entfielen nicht weniger als 66 v. H. auf Deutschland und von
                              									den chemischen Fabriken Frankreichs waren 111 in deutschem Besitz, und zwar zumeist
                              									Filialen unserer großen chemischen Werke. Während in den ersten Kriegsjahren sich
                              									das Streben nach wirtschaftlicher Unabhängigkeit nur in Aufsätzen und in der
                              									Schaffung von Studienkommissionen bemerkbar machte, kam Ende 1916 die Gründung einer
                              									großen Farbstoffunternehmung, der Compagnie Nationale des
                                 										matières colorantes, zustande. Als Voraussetzung für die Entwicklung dieses
                              									Industriezweiges wurden von einer Sonderkommission die folgenden Forderungen
                              									aufgestellt: 1. Ausbau der Kokereien auf ihre Höchstleistung; 2. staatliche
                              									Unterstützung für diejenigen Fabriken, die Teerzwischenprodukte herstellen; 3.
                              									Anpassung der Farbstofffabriken an die Bedürfnisse der Kunden; 4. Festsetzung der
                              									Zölle für Farbstoffe und Zwischenprodukte nach deren tatsächlichem Wert; 5.
                              									Abänderung des Patentrechtes dergestalt, daß nicht die Erzeugnisse, sondern das
                              									Verfahren der Herstellung geschützt wird; 6. Steuerfreiheit für Alkohol und
                              									Methylalkohol, der in gewerblichen Betrieben Verwendung findet; 7., 8., 9. Ausbau
                              									des Transportwesens, des Außenhandelsdienstes und der Statistik.
                           Die Schwierigkeiten der Farbstoffindustrie in Frankreich liegen vornehmlich in der
                              									Rohstoffversorgung, denn Frankreich konnte vor dem Kriege nur 10 bis 13000 t Benzol
                              									gewinnen und mußte 90000 t Teerdestillate und Zwischenprodukte aus dem Auslande
                              									beziehen. Bis Ende 1917 soll die Erzeugung der französischen Farbstofffabriken auf
                              									1800 t gehoben worden sein, d. i. mehr als die Hälfte der früheren Einfuhr aus
                              									Deutschland. Demgegenüber beläuft sich aber der Bedarf Frankreichs an Farbstoffen
                              									auf mehr als 10000 t, so daß während des Krieges erhebliche Mengen aus der Schweiz
                              									und aus den Vereinigten Staaten von Amerika bezogen werden mußten.
                           Von anderen chemischen Stoffen mußte Frankreich früher namentlich Nitrate,
                              									Schwefelsäure, Salzsäure, Kalisalze, Methylalkohol, Azeton, flüssiges Chlor und
                              									Brom aus dem Auslande einführen. Eine Reihe dieser Stoffe wird heute im
                              									Zusammenhange mit der Ausdehnung der Munitionsindustrie während des Krieges in
                              									ausreichender Menge im Inlande hergestellt, so erzeugen die französischen
                              									Schwefelsäurefabriken jetzt erheblich mehr, als der Friedensbedarf beträgt,
                              									desgleichen hat die Erzeugung von Brom und Chlor und im Zusammenhang hiermit die
                              									Gewinnung von Aetznatron und elektrolytischem Wasserstoff eine große Zunahme
                              									erfahren. Auch bezüglich der Herstellung von Kaliumpermanganat, Oxalsäure,
                              									Ameisensäure, Tannin, Bisulfit, Zyankalium, Cereisen und Wasserstoffsuperoxyd soll
                              									die frühere Abhängigkeit von Deutschland jetzt überwunden sein. Die Gewinnung von
                              									Kalisalzen im Inlande endlich würde durch die Annexion von Elsaß-Lothringen
                              									(Kalilager in der Umgebung von Mülhausen) ermöglicht.
                           Ebenso hat die französische Industrie der pharmazeutischen Produkte in den letzten
                              									Jahren große Fortschritte gemacht. Antipyrin, Pyramidon, Aspirin, Veronal, Salvarsan
                              									und andere früher aus Deutschland bezogene Heilmittel werden jetzt angeblich im
                              									Inlande hergestellt. Zum Schütze dieser neuen Industrie werden gesetzgeberische
                              									Maßnahmen verlangt, so namentlich Ausdehnung des Patentschutzes auf Arzneimittel,
                              									die bisher nicht patentfähig waren, Aenderung des Zolltarifs und Aufhebung des
                              									Zwanges der amtlichen Bestätigung neuer Heilmittel. Wie man hieraus sieht, hat die
                              									chemische Industrie Frankreichs infolge der langen Dauer des Krieges beträchtliche
                              									Fortschritte gemacht, und es wird großer Anstrengungen unserer chemischen Werke
                              									bedürfen, um die verlorenen Absatzgebiete wiederzuerobern. (Chem. Industrie 1918, S.
                              									11 und 12.)
                           Sander.
                           Die Lohnsteigerungen im englischen Maschinen- und Schiffbau
                                 										während des Krieges (1914-1919). Es ist bekannt, daß die englische
                              									Industrie zurzeit mit sehr hohen Unkosten arbeitet, da
                              									insbesondere die Löhne der industriellen Arbeiter stark gestiegen sind. Wie groß
                              									diese Steigerungen gerade in dem für den Weltmarkt so wichtigen britischen Maschinenbau gewesen sind, das zeigt die
                              									folgende Tabelle: nach „The Morning Post“ vom 20. 5. 1919 stellte sich der
                              									Zuwachs der Zeitlöhne in den Hauptzentren der Maschinenbauindustrie von Anfang
                              									August 1914 bis Ende April 1919 wie folgt:
                           
                              
                                 Beschäftigung
                                 Zunahme auf die Woche
                                 
                              
                                 überhaupt
                                 in v. H. derVorkriegslöhne
                                 
                              
                                 Schilling
                                 Pence
                                 
                              
                                 Maschinenschlosser    und Dreher
                                 37
                                 11
                                   98
                                 
                              
                                 Eisenformer
                                 38
                                   2
                                   92
                                 
                              
                                 Arbeiter (ungelernte)
                                 35
                                   5
                                 156
                                 
                              
                           Ungefähr ebenso hoch wie im Maschinenbau sind die Lohnsteigerungen im englischen Schiffbau gewesen. Hier betrug der Zuwachs der
                              									Zeitlöhne in den großen Schiffsbauzentren von Anfang August 1914 bis Ende April
                              									1919:
                           
                              
                                 Beschäftigung
                                 Zunahme auf die Woche
                                 
                              
                                 überhaupt
                                 in v. H. derVorkriegslöhne
                                 
                              
                                 Schilling
                                 Pence
                                 
                              
                                 Plattierer
                                 37
                                 4
                                   93
                                 
                              
                                 Nieter
                                 37
                                 0
                                   98
                                 
                              
                                 Schiffszimmerer
                                 37
                                 7
                                   91
                                 
                              
                                 Arbeiter (ungelernte)
                                 35
                                 2
                                 154
                                 
                              
                           Berücksichtigt muß hierbei noch werden, daß die wöchentliche Arbeitsstundenzahl von
                              									früher 53 bis 54 auf 47 heute herabgesetzt ist, ohne daß die Löhne hiervon berührt
                              									wurden. Da auch im britischen Kohlenbergbau die Löhne ähnlich stark gestiegen sind –
                              									um etwa 110 bis 120 v. H. nach autoritativen Berechnungen –, so leuchtet es ein, daß die
                              									Unkosten der britischen Maschinen- und Schiffbauer allein durch die Arbeitslöhne,
                              									die ihre eignen Arbeiter wie die Bergarbeiter erhalten, heule auf eine enorme Höhe
                              									geschnellt sind.
                           B.
                           Am Freitag, den 6. Juni 1919 fand im Hörsaal des Physikalischen Instituts der
                              									Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg die Gründungsversammlung der „Deutschen Gesellschaft für angewandte
                                    										Physik“ unter Anwesenheit zahlreicher Teilnehmer aus Technik und
                              									Industrie von den physikalisch-technischen Instituten sowie der Technischen
                              									Hochschule und Universität statt. Der erste Vorsitzende, Herr Dr. Gehlhoff, Berlin-Friedenau, Ortrudstr. 3 erteilt
                              									bereitwilligst Auskunft und nimmt Beitrittsmeldungen entgegen.
                           
                        
                           Maschinentechnik.
                           Anlauf- und Auslaufverhältnisse von motorisch angetriebenen
                                 										Massen unter Anwendung eines neuen graphischen Auswertungsverfahrens. (Z.
                              									d. V. d. I. 1919, S. 289 ff.) Es handelt sich um die Berechnung des zeitlichen
                              
                              									Verlaufs der Drehzahlen eines anlaufenden Motors, wobei dieser außer einer
                              									Bremskraft durch Nutzarbeit der Wirkung von zu beschleunigenden Massen unterliegt.
                              									Die Lösung dieses bekannten Problems ist hier graphisch dadurch erzielt, daß
                              									Motormomentkurve M und Lastmomentkurve D als Funktion der Drehzahl aufgetragen werden. Die
                              									Differenz beider Werte für eine gegebene Drehzahl n ist
                              									das Beschleunigungsmoment Mb = M – D, das zur Beschleunigung der Massen
                              									dient. Es gilt \frac{d\,n}{d\,t}=\frac{M_b}{\Theta}, wenn Θ das Schwungmoment der Massen bedeutet. Trägt man
                              									nun über n den aus der M-
                              									und D-Kurve bestimmten Wert \frac{d\,t}{d\,n}=\frac{\Theta}{M_b} auf (Abb. 1) und bildet den Integralwert \int_0^{\mbox{n}_1}\,\frac{\Theta}{M_b}\,d\,n=\int_0^{\mbox{n}_1}\,\frac{d\,t}{d\,n}\,d\,n=t_1, so
                              									stellt die hierdurch gebildete Integrationsfläche – in Abb.
                                 										1 schraffiert – ein Maß für die vom Stillstande bis zu einer beliebigen
                              									Drehzahl n1 verflossene
                              									Anlaufzeit t1 dar.In der Abb. als Ordinate t1 der
                                    											Integralkurve t angegeben. Auf diese
                              									Weise lassen sich Anlaufzeiten selbst für komplizierte, analytisch nicht oder nur
                              									schwer erfaßbare Verhältnisse mit relativ leichter Mühe bestimmen. Vorausgesetzt ist
                              									nur, daß die Motorcharakteristik M = f(n) und die Lastcharakteristik D
                                 										= φ (n) bekannt sind.
                           Das Auswertungsverfahren ist in allgemeiner Form an Hand einer Reihe Beispiele
                              									erläutert, und dabei sind Eigenarten einzelner bestimmter Antriebe besprochen.
                           Der Arbeitsinhalt oder die kinetische Energie der bewegten Massen ist E = ∫Mbωdt = πΘn2 in kgm, wobei das Schwungmoment \Theta=2\,\pi\,J+\frac{m}{2\,\pi}\,a^2 in
                              										kgmsek2; n die
                              										sekundliche Umlaufzahl der Motorwelle, J das polare Trägheitsmoment der umlaufenden Masse,
                              									bezogen auf die Motorwelle J=\int\,r^2\,d\,m=\frac{G\,D^2}{4\,.\,9,81}; m die geradlinig
                              									beschleunigte Masse; a das Uebersetzungsverhältnis
                              									\frac{v}{n} der Geschwindigkeit der geradlinig bewegten Masse zur Drehzahl der Welle
                              									gemessen in m/sek: Umlauf/sek oder meter Weg der Last für 1 Umdrehung der
                              									Motorwelle.
                           Da E = 2 π∫Θndn ist, so stellt sich die kinetische Energie über
                              										n aufgetragen als Dreieckfläche dar mit der
                              									Grundfläche n und der Höhe 2 πΘn.
                           Trägt man, wie beschrieben, die Werte \frac{d\,t}{d\,n} über n auf – vgl. Abb. 1 Intervall n = 0 bis ns –, so ist leicht ersichtlich, daß der Wert für n = ns unendlich werden
                              									muß, sobald Mb
                              									verschwindet. Die Anlaufzeit ist danach, bis zum Beharrungszustand ns für M = D gerechnet, immer
                              									unendlich groß, die gleichbleibende Drehzahl ns wird asymptotisch erreicht. Das Anlassen von
                              									Motoren, Dampf- oder Elektromotoren, geschieht nun in der Regel unter
                              									Zwischenschaltung von Drosselorganen der Spannung, wodurch die Charakteristik des
                              									Motors von einer Drosselstellung zur anderen eine andere wird. Das beschriebene
                              									Verfahren wiederholt sich dann für jede neue Charakteristik. Diese Verhältnisse sind
                              									für eine Reihe Beispiele, Dampfmaschine, Hauptstrom- und Nebenschlußelektromotor
                              									erläutert.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 334, S. 155
                              Abb. 1.
                              
                           Eine weitere Betrachtung ist den Verhältnissen gewidmet, wenn zwischen Motor und Last
                              									Geschwindigkeitsübersetzungsglieder vorhanden sind, und der Fall berücksichtigt, daß
                              									gleitende Uebertragung vorliegt wie beim Reibungsgetriebe, Propellerantriebe und
                              									dergleichen. Das Maß der Gleitung ist als Schlupf σ
                              									bezeichnet, wobei \sigma=\frac{n_s-n}{n_s} und ns die aus den Abmessungen berechenbare
                              									Drehzahl und n die wirkliche Drehzahl ist. Es ergibt
                              									sich hiernach ein auf die Motorwelle bezogenes Schwungmoment Θ1 von
                           
                              \Theta_1=\frac{1-\sigma_1}{u^2}\,\left[(1-\sigma_2)\,2\,\pi\,J+(1-\sigma_3)\,\frac{a^2}{2\,\pi}\,m\right]=M_{b_1}\,\frac{d\,t}{d\,n_1},
                              
                           wobei u das
                              									Uebersetzungsverhältnis; σ1 der zwischen Motorwelle und angetriebener Welle auftretende Schlupf; σ2 derselbe zwischen
                              									Schwungmasse J und ihrer antreibenden Welle; σ3 derselbe zwischen
                              									geradlinig angetriebener Masse m und ihrer antreibenden
                              									Welle.
                           
                           Für die Masse m darf \frac{d\,v}{d\,t}=\frac{a}{u}\,(1-\sigma)\,\frac{M_{b_1}}{\Theta_1} gewisse Grenzwerte
                              									nicht überschreiten, wodurch das zulässige Mb1 nach oben begrenzt wird.
                           \frac{d\,v}{d\,t}\,<\,g für senkrechte Bewegungsrichtung nach abwärts,
                           <g tg α wagerechte Richtung, um Umkippen eines losen
                              									Gegenstandes zu vermeiden,
                           <g tg ρ wagerechte Richtung, um Fortrutschen eines losen
                              									Gegenstandes zu vermeiden,
                           wenn α der Winkel zwischen
                              									Schwerpunktsenkrechten und Verbindungslinie zwischen Schwerpunkt und äußersten
                              									Fußpunkt des Gegenstandes, ρ der Reibungswinkel.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 334, S. 156
                              Abb. 2.
                              
                           Der Brems- oder Auslaufvorgang ist theoretisch derselbe wie der Anlaufvorgang und
                              									kennzeichnet sich nur dadurch, daß das Lastmoment D
                              									größer ist als das Antriebsmoment M, so daß Mb = M – D und hiermit \frac{d\,t}{d\,n} negativ wird.
                           Es wird unterschieden zwischen dem freien Auslauf, d.h. Abschalten des Motors, M = 0, Mb
                              									= – D (Abb. 2) und dem
                              									Auslauf auf eine neue gleichbleibende Drehzahl durch Verminderung der Antriebskraft
                              										(Abb. 1 rechts), Intervall n3 bis ns.
                           Im ersten Falle gibt das Integral \int_{n_1}^0\,\frac{\Theta}{M_b}\,d\,n eine endliche Auslaufdauer T, im zweiten Falle dagegen eine unendliche, da die
                              									Zeitlinie t von n3 beginnend asymptotisch an die Ordinate ns verläuft.
                           Schließlich wird das Verfahren auf einen Drehstrommotor mit Kurzschlußanker
                              									ausgedehnt, dessen Bremscharakteristik eine eigenartige Form aufweist, die sich
                              									analytisch nach Prof. Kloss durch M=\frac{2\,M_m}{\frac{\sigma}{\sigma_m}+\frac{\sigma_m}{\sigma}} ausdrücken
                              									läßt. Es kommen zur Darstellung der Anlauf aus dem Stillstande, die Umkehrung der
                              									Drehrichtung durch Drehfeldreversion, die Verminderung der Drehzahl im Verhältnisse
                              									2 : 1 durch Polumschaltung.
                           Blanc.
                           
                        
                           Wärmekraftmaschinen und Brennstoffe.
                           Die Brennstoffversorgung für Explosionsmaschinen. Die
                              									Brennstoffversorgung für Explosionsmotoren, Kraftwagen, Motorboote usw. gestaltet
                              									sich immer schwieriger. Benzin und Benzol sind nur mehr in geringen Mengen
                              									vorhanden. Die Preise dieser Brennstoffe sind auf das fünf- bis zehnfache der
                              									Friedenspreise gestiegen. Deshalb versucht man in letzter Zeit für diese
                              									Motoren ebenfalls die sogenannten Schweröle zu verwenden, die mit Benzol
                              									vermischt werden.
                           Da durch das Machtwort unserer Feinde die deutsche Kriegsflotte auf einige Schiffe
                              									verringert wurde, sind größere Mengen von Marinetreiböl frei geworden. Dieses
                              									Treiböl, das hauptsächlich für Schiffsdieselmaschinen bestimmt war, wird aus Erdöl
                              									bzw. aus Braunkohlenteer hergestellt. Durch Vermischung mit mehr oder weniger Benzol
                              									wird das sogenannte „Benzolöl“ erhalten. Dieses Treiböl kann aber nur mit
                              									Berücksichtigung verschiedener Vorsichtsmaßregeln einwandfrei bei schnellaufenden
                              									Motoren Verwendung finden. Eine unvollkommene Verbrennung von Benzolöl führt zur
                              									Verkrustung des Motorzylinders und zum Festbrennen der Kolbenringe. Deshalb dürfen
                              									die Motoren nicht mit Brennstoffüberschuß betrieben werden, was bei Verwendung von
                              									Benzin und Benzol zwar zu einer unwirtschaftlichen Brennstoffverschwendung führt,
                              									aber für den Motor selbst keinerlei nachteilige Folgen hat.
                           Deshalb ist der Vergaser mit möglichst kleiner Brennstoffdüse einzustellen. Das
                              									Anlassen des Motors soll mit Hilfe eines Hilfsbrennstoffbehälters erfolgen, der zur
                              									Inbetriebsetzung des Motors mit unvermischtem Benzin oder Benzol gefüllt wird. Ist
                              									ein solcher Behälter nicht vorhanden, so kann das Anlassen der kalten Maschine erst
                              									nach Einspritzung von Benzin oder Reinbenzol in den Motorzylinder erfolgen. Auf eine
                              									gute Vorwärmung der angesaugten Luft ist besonders zu achten.
                           Ein längerer Leerlauf des Motors bei verminderter Drehzahl ist zu vermeiden, da dabei
                              									auch eine unvollkommene Verbrennung möglich ist, die zur Verschmutzung des
                              									Zylinderinnern Veranlassung gibt. Die Vergasereinstellung für Benzolbetrieb kann
                              									beibehalten werden. Dabei wird allerdings die Motorleistung etwas verkleinert
                              									werden. Durch Analyse der Auspuffgase auf Luftüberschuß kann am besten festgestellt
                              									werden, ob dem Motor zur Vergrößerung der Leistung mehr Brennstoff zugeführt werden
                              									darf. Folgende Benzolöle sind bereits versucht worden: 50 v. H. Benzol und 50 v. H.
                              									Marinetreiböl, 30 v. H. Benzol mit 30 v. H. Toluol und 40 v. H. Marinetreiböl,
                              									schließlich noch 20 v. H. Benzol, 40 v. H. Toluol und 40 v. H. Marinetreiböl.
                              									Vorteilhaft ist es auch bei Verwendung dieser Brennstoffmischungen, hinter dem
                              									Vergaser noch einen Gemischheizer einzuschalten.
                           Motoren für kleine und mittelstarke amerikanische Pflüge.
                              									Der Verfasser empfiehlt die Anschaffung von zwei kleinen Motorpflügen an Stelle
                              									eines großen, wodurch verschiedene Vorteile erreicht werden können. Beim Versagen
                              									des einen Pfluges ist dann noch immer ein zweiter vorhanden, der mit entsprechend
                              									vergrößerter Arbeitzeit zum Pflügen herangezogen werden kann. Die Anforderungen, die
                              									an einen Pflugmotor gestellt werden, sind im wesentlichen anderer Natur als die,
                              									welche an einen Lastwagenmotor gestellt werden. Beim Lastwagenmotor tritt wechselnde
                              									Belastung auf. Der Pflugmotor dagegen hat fast dauernd mit höchster Leistung zu
                              									arbeiten. Um hier plötzlich auftretenden größeren Widerständen gewachsen zu sein,
                              									muß der Pflugmotor mit einem entsprechend schwereren Schwungrad versehen sein.
                           Bei den amerikanischen Pflugmotoren ist dem Viertaktmotor der Vorzug gegeben, wobei
                              									der Vierzylindermotor häufig verwendet wird. Da bei diesen Motoren, die mit
                              									entsprechend großer Drehzahl laufen, ein großer Kraftverlust infolge der großen
                              									Uebersetzung auf die Triebräder auftritt, verwenden manche Pflugmotorkonstrukteure
                              									mit Berücksichtigung der landwirtschaftlichen Verhältnisse häufig liegende,
                              									langsamlaufende Zweizylindermotoren.
                           Der allgemein angewandte Verdichtungsdruck beträgt 4,8 at. Bei Petroleumbetrieb, der
                              									vorzugsweise in Anwendung kommt, ist der Verdichtungsdruck auf 4 at erniedrigt.
                           
                           Die Vierzylindermotoren werden entweder in Kraftwagenbauart oder mit abnehmbarem
                              									Kopf ausgeführt. Eine viel verwendete Bauart ist die mit 20 PS Bremsleistung bei 800
                              									Umdrehungen. Es sind dabei je zwei Zylinder zu einem Block vereinigt. Die Zylinder
                              									haben 115 mm Bohrung und 170 mm Hub. Als Vertreter der Motoren mit abnehmbarem
                              									Zylinderkopf kann der Fordmotor gelten. Diese Bauart hat sich gut bewährt, da sie
                              									außer dem einfach zu bearbeitenden Zylinder und Deckel gute Zugänglichkeit zu den
                              									Ventilen gewährt. Ebenso können hierbei die Kolben leicht ausgebaut werden. Auch
                              									kann der Zylinderkopf leicht gegen einen anderen ausgewechselt werden, was wichtig
                              									ist, sobald man auf einen Betrieb mit anderem Brennstoff übergeht, der eine andere
                              									Verdichtung verlangt. Beim Fordschlepper findet ebenfalls der Blockmotor Verwendung.
                              									Die Zylinderbohrung beträgt 100 mm, der Kolbenhub 125 mm. Bei Petroleumbetrieb
                              									leistet der Motor bei 1000 Umdrehungen 22 PS. Die Bestrebungen, möglichst einfache
                              									und billige Motoren herzustellen, führten dazu, den oberen Kurbelkasten und den
                              									Zylinderblock aus einem Stück herzustellen, wobei der Zylinderkopf ebenfalls
                              									abnehmbar ausgeführt werden kann. Große Verbreitung finden auch die liegenden
                              									Motoren, die hauptsächlich als gegenläufige Zwillingsmotoren mit abnehmbarem
                              									Zylinderkopf ausgeführt werden. Bei den meisten dieser Motorbauarten mit abnehmbarem
                              									Zylinderkopf tritt das Kühlwasser vom Kühlmantel nicht unmittelbar durch die
                              									Dichtungsfläche in den Zylinderkopf, sondern es wird durch einen Krümmer in
                              									bekannter Weise dem Zylinderkopf zugeführt. Finden Zweitaktmotoren Verwendung, so
                              									arbeiten sie nach dem gewöhnlichen Prinzip der Kurbelkastenpumpe. (Der Motorwagen,
                              									Heft II und III, XXII. Jahrgang.)
                           W.
                           
                        
                           Hüttenwesen.
                           Ueber die Gesetzmäßigkeiten der chemischen Einwirkungen der
                                 										Gase auf Eisen und seine Verbindungen mit Nichtmetallen bei höheren
                                 										Temperaturen hat F. Schmitz Untersuchungen
                              									angestellt (Stahl und Eisen 1919, S. 373 und 406). Die im Eisen enthaltenen
                              									Nichtmetalle werden beim Glühen des Eisens im Wasserstoffstrom oder beim Durchblasen
                              									von Wasserstoff durch flüssiges Eisen in die entsprechenden Wasserstoffverbindungen
                              									übergeführt. Diese Verbindungen zerfallen wieder bei gewissen Temperaturen, und der
                              									freiwerdende Wasserstoff reduziert dann vorhandene Kieselsäure unter Bildung von
                              									Siliziumwasserstoff. Wird andererseits Eisen in einer Atmosphäre von
                              									Nichtmetall-Wasserstoff geglüht, so wird das Nichtmetall vom Eisen gebunden, während
                              									der freiweidende Wasserstoff ins Eisen diffundiert (Zementation mit Kohlenstoff und
                              									Silizium). Bei bestimmten Temperatur- und Druckverhältnissen wirkt das Gasgemisch
                              									aus Nichtmetall und Nichtmetall-Wasserstoff weder tempernd noch zementierend.
                              									Kohlenstoff und Silizium wandern bei höherer Temperatur in festes Eisen hinein ohne
                              									daß hierzu eine vorherige Bildung des entsprechenden Gases notwendig ist.
                           Gußeiserne Dauerformen. Zur Herstellung von, gußeisernen
                              									Dauerformen empfiehlt Outerbridge, den Zusatz von fein
                              									gepulvertem Ferromangan oder von Ferrosilizium zu noch härtbarem, siliziumarmem
                              									Eisen unmittelbar vor dem Guß. Die Härtetiefe und Zugfestigkeit soll dadurch
                              									wesentlich gesteigert und die Schwindung verringert werden. Bei siliziumreichem und
                              									an gebundenem Kohlenstoff armem Gußeisen wirkt der Zusatz jedoch schädlich. Ein
                              									Uebelstand bei der Verwendung gußeiserner Formen ist der, daß graues Gußeisen, das
                              									über einen gewissen Wärmegrad erhitzt und wieder abgekühlt wird, schwillt, d.h. sein
                              									Volumen vergrößert, und daß diese Schwellung, die sehr erheblichen Umfang annehmen
                              									kann, bei wiederholtem Verfahren die Formen schließlich unbrauchbar macht. (Stahl
                              									und Eisen 1919, S. 324.)
                           Loebe.