| Titel: | Rechts-Schau. | 
| Autor: | W. Dietze | 
| Fundstelle: | Band 334, Jahrgang 1919, S. 170 | 
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                        Rechts-Schau.
                        Rechts-Schau.
                        
                     
                        
                           Zur Frage der rechtlichen Bedeutung von
                                 										Bestätigungsschreiben. Aus den Gründen: Die Parteien hatten unstreitig über
                              									die Lieferung von Tornistertragriemen mündlich verhandelt. Der Beklagte hatte
                              									vorgeschlagen, ihm 10000 Paar zu liefern und betont, daß ihm an der Lieferung einer
                              									unbedeutenden Menge nicht gelegen sei. Der Kläger will auf den Vorschlag des
                              									Beklagten nicht eingegangen sein und sich lediglich verpflichtet haben, vorrätige
                              									fertige Tragriemen zu liefern und neue Tragriemen, soweit sein Ledervorrat reiche,
                              									für den Beklagten herzustellen. Als Preis sind 6 M für das Paar vereinbart worden.
                              									Tatsächlich hat der Kläger, obgleich nach seiner Behauptung ein Abschluß über eine
                              									fest bestimmte Menge überhaupt nicht stattgefunden hat, mit der Lieferung begonnen.
                              									Wenn unter solchen Umständen der Beklagte nach Beschaffung zweier Teillieferungen
                              									das Schreiben vom 30. März 1915 an den Kläger richtete, in welchem er den Abschluß
                              									über 10000 Paar Tragriemen und die übrigen Einzelheiten des Geschäfts in der unter
                              									Kaufleuten üblichen Form bestätigte, so war der Kläger – wie das Reichsgericht in
                              									ständiger Rechtsprechung angenommen hat – handelsgebräuchlich verpflichtet,
                              									Widerspruch gegen den Inhalt des Schreibens zu erheben, wenn er nicht so angesehen
                              									werden wollte, als habe er den Inhalt genehmigt. Diese Bedeutung des
                              									Bestätigungsschreibens und die rechtlichen Wirkungen seiner Nichtbeantwortung hat
                              									das Berufungsgericht keineswegs verkannt. Es kommt aber auf Grund seiner Würdigung
                              									des aus der Verhandlung und der Beweisaufnahme festgestellten Sachverhalts zu
                              									der Auffassung, daß das von dem Beklagten beobachtete Verhalten darauf deute, daß
                              									dieser gar nicht gewillt gewesen sei, seine wahre Auffassung der
                              									Vertragsverhandlungen darzulegen, sondern den Abschluß über den großen Warenposten
                              									rein erfunden und beabsichtigt habe, den Kläger durch das Schreiben zu überrumpeln.
                              									Das Berufungsgericht hat entsprechend dieser Beurteilung der Sachlage dem Kläger den
                              									richterlichen Eid darüber anvertraut, daß er die Lieferung der 10000 Paar nicht
                              									zugesagt habe; diese Ausführungen lassen keinen Rechtsirrtum erkennen. Es ist in der
                              									Rechtsprechung stets anerkannt worden, daß die Bedeutung des Bestätigungsschreibens
                              									gerade darin liege, daß der Verfasser damit eine Darlegung seines Verständnisses der
                              									voraufgegangenen Verhandlungen beabsichtige, und daß dieser Gesichtspunkt naturgemäß
                              									versage, wenn der Verfasser den Inhalt der Abmachungen arglistig erfindet oder
                              									verändert. Im vorliegenden Falle hat das Berufungsgericht aus dem Ergebnis der
                              									Beweisaufnahme die Ueberzeugung gewonnen, daß tatsächlich der Beklagte das
                              									Bestätigungsschreiben vom 30. März 1915 der Angestellten des Klägers allem Anscheine
                              									nach zu dem Zweck diktiert habe, um diesen mit dem Inhalt zu überrumpeln. Es ist zu
                              									seiner Auffassung durch Würdigung der in Betracht kommenden Tatumstände gelangt, und
                              									diese Würdigung ist den Angriffen der Revision entzogen. U. v. 25. Febr. 1919. (Aus
                              									J. W. 1919, S. 443.)
                           W. Dietze.