| Titel: | Polytechnische Schau. | 
| Fundstelle: | Band 334, Jahrgang 1919, S. 190 | 
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                        Polytechnische Schau.
                        (Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
                           								– nur mit Quellenangabe gestattet.)
                        Polytechnische Schau.
                        
                     
                        
                           
                              
                              Fabrikorganisation und Werkstattbetrieb.
                              
                           Betriebsorganisation. Die
                                 										Normungsfrage und das Ausland. Seit etwa zwei Jahren baut der
                              									Normenausschuß der deutschen Industrie, über dessen Arbeiten auch in D. p. J.
                              									wiederholt berichtet worden ist, die wenig bedeutenden Anfänge einer Normung vor dem
                              									Kriege zu einem großen, die gesamte herstellende und verbrauchende Industrie
                              									umfassenden Normenwerk aus, um die unter dem Einfluß des Krieges besonders
                              									augenfällig zutage getretene Ersparnis durch planmäßige Normung für die deutsche
                              									Volkswirtschaft in weitestem Umfange nutzbar zu machen. Es kann angenommen werden,
                              									daß die deutsche Industrie, die sich an diesen Arbeiten mit reger Anteilnahme
                              									beteiligt, sich nach den entstehenden Normen auch durchaus richten wird.
                           Nun entsteht aber die Frage, wie weit ähnliche Bestrebungen inzwischen im Auslande
                              									aufgetreten sind und wie weit sie mit unseren deutschen Arbeiten vereinbart werden
                              									können. Denn es liegt auf der Hand, daß ein Uebereinstimmen der Normen in einem
                              									möglichst großen Verbreitungskreis, tunlichst in der ganzen Welt, erst die Vorteile
                              									der Normung restlos auszunutzen gestatten würde. Außerdem muß bedacht werden, daß
                              									bei einem Nichtübereinstimmen der Normen eines kleinen Kreises mit denen eines
                              									großen Interessenverbandes die Wettbewerbfähigkeit der Minderheit stark beschränkt,
                              									wenn nicht überhaupt nahezu ausgeschlossen wäre.
                           In der Tat wird an vielen Stellen im Auslande an der Normung gearbeitet. In England arbeitet seit vielen Jahren die Normvereinigung
                              									britischer Ingenieure, die – ebenfalls namentlich unter dem Einfluß des Krieges –
                              									besonders auf dem Gebiete des Schiffbaues, des Luftschiffbaues und der
                              									Faserstoffindustrie bereits zu gewissen abschließenden Erfolgen gelangt ist.
                              									Freilich kann von einer endgiltigen Regelung weder auf diesen noch auf anderen
                              									Gebieten der industriellen Fertigung gesprochen werden.
                           Auch in den Vereinigten Staaten hat sich das
                              									Hauptinteresse in der Normungsfrage auf den Schiffbau erstreckt: das Schiffahrtsamt
                              									hat hier bis ins einzelne gehende Normen für den Schiffbau und seine Hilfsindustrien
                              									festgelegt. Auf anderen Gebieten sind ebenfalls erst Anfänge festzustellen. Frankreich hat das Hauptaugenmerk dem Kraftwagenbau
                              									zugewandt, zu einer eigentlichen Normung ist es aber bisher weniger gekommen als zu
                              									einer Typisierung und Spezialisierung einzelner Werke.
                           In weitgehendem Maße kümmert sich Schweden um die
                              									Normungsfrage, und zwar ist bei den eingeleiteten Vorarbeiten als besonders
                              									erfreulich zu vermerken, daß man lebhaft auf die im Ausland vorliegenden
                              									Parallelbestrebungen, also auch die Arbeiten des Normenausschusses der deutschen
                              									Industrie, achtet und sich mit den maßgebenden Sachverständigen in Verbindung setzt.
                              									Auch die Niederlande, die in dem Zentral-Normenbüro einer
                              									Generalkommission für die Normung in Delft die Frage in Angriff genommen haben,
                              									haben mit Erfolg die Fühlung der betreffenden Verbände außerhalb Hollands
                              									aufgenommen.
                           Bei allen diesen Bestrebungen aber haben eigentliche Weltbedeutung erhalten bisher
                              
                              									erst die sogenannten „Weltflugnormen“ des Intern. Aircraft Standard Board
                              									(die auch in einer deutschen Uebersetzung von Dr. E.:
                              									Eveling mit einem Vorwort von Prof. Dr.-Ing. Bendemann erschienen sind). Sie sind für die Bedürfnisse
                              									des Krieges unter Mitwirkung von Amerika, Kanada, England, Frankreich und
                              									Italien entstanden und haben, obwohl sie durchaus unsystematisch aufgebaut sind,
                              									doch eine internationale Bedeutung erlangt, weil sie eben zum ersten Male für das
                              									Fachgebiet ein einheitliches und umfassendes Normenwerk darstellen. Da indessen die
                              									Bedeutung dieses Gebietes im Frieden naturgemäß stark zurücktreten wird, kann auch
                              									hier von einer wirklich durchschlagenden Bedeutung für das gesamte Normenwesen nicht
                              									gesprochen werden.
                           Bisher sind wir also von einer die Welt umfassenden gemeinsamen Normung noch recht
                              									weit entfernt. Ebenso aber hat sich die Besorgnis als unbegründet erwiesen, es
                              									könnte während des Krieges „auf der anderen Seite“ bereits eine Normung zu so
                              									fester Form durchgeführt worden sein, daß unsere deutschen Arbeiten einen Gegensatz
                              									dazu bilden würden und durch die unvermeidliche Anpassung starker Abänderungen
                              									bedürfen, wenn nicht sogar zum Teil wertlos gemacht werden würden. Noch sind die
                              									zwischenvölkischen Beziehungen viel zu sehr gespannt, als daß man schon an ein
                              									ruhiges Zusammenarbeiten denken könnte; auch auf der Seite der Völker, die bisher
                              									als „Entente“ in gewisser Geschlossenheit zusammenstanden, wird der Kampf
                              									zwischen dem metrischen System und dem englischen Maßsystem, der als
                              									Hauptschwierigkeit jeder gemeinsamen Normung im Wege steht, noch lange nicht
                              									entschieden sein. Es bleibt also einstweilen nichts weiter übrig, als unbeirrt durch
                              									Vorgänge außerhalb, die Normungsarbeiten, deren Wichtigkeit für das Gedeihen der
                              									Industrie jetzt wohl ganz Allgemeingut geworden ist, fortzusetzen und der Industrie
                              									die Mittel in die Hand zu geben, die sie für ihren Wiederaufbau benötigt. Wir dürfen
                              									das in Deutschland mit um so besserer Zuversicht tun, als wir uns der wirklich
                              									gründlichen Arbeit des Normenausschusses der deutschen Industrie froh bewußt sein
                              									können. (Mitteilg. des Normenausschusses der deutschen Industrie, Juni 1919, Beilage
                              									zu „Der Betrieb“, 1919 Heft 11.)
                           Eine Rekrutenfabrik. Nicht ohne Neid kann man die wirklich
                              									großzügigen Einrichtungen betrachten, die die Amerikaner zur Schaffung ihres Heeres
                              									aus dem Nichts getroffen haben. Sie erfaßten die Aufgabe, in möglichst kurzer Zeit
                              									eine möglichst große Zahl Soldaten kriegsfertig aufzustellen, durchaus vom
                              									Standpunkt neuzeitiger Fabrikations Organisation aus, für den ja die großen, rein
                              									auf zeit- und energiesparende Zweckmäßigkeit eingestellten Erzeugungsstätten der
                              									amerikanschen Industrie reiche Vorbilder boten, und konnten großzügige,
                              									zweckentsprechende Anlagen um so ungehinderter schaffen, als sie auf die Ausnutzung
                              									und die Erweiterung vorhandener Anlagen mangels solcher keine Rücksicht zu nehmen
                              									brauchten.
                           Das Maiheft des „Mechanical Engineering“ enthält den schematischen Grundriß
                              									einer solchen Anlage (Abb.). Das Ganze ist darauf eingerichtet, den eintretenden
                              									Zivilisten in einem einzigen „Fabrikationsgang“ zum vollständig ausgerüsteten
                              									Rekruten zu machen. Er durchläuft in ununterbrochener Reihenfolge und ohne Zeit- und
                              									Wegverlust (– wer einmal deutscher Soldat gewesen ist, wird das Gefühl des Neides
                              									nicht unterdrücken können! –) die statistischen Abteilungen, in denen die
                              									erforderlichen Aufnahmen und Eintragungen gemacht werden, und im Anschluß daran die
                              									ärztlichen Abteilungen, in denen mit allen Hilfsmitteln der Neuzeit die allgemeine
                              									körperliche Eignung sowie besondere Fähigkeiten oder Unfähigkeiten
                              									festgestellt werden. Ungeeignete wirft das Sieb selbsttätig auf die Straße hinaus.
                              									Im zweiten Teil des Fabrikationszweiges (man möchte ihn die Montage nennen) erfolgt
                              									dann beim Durchlaufen der „Kammern“ die Bekleidung und Ausrüstung, die nicht
                              									wie beim preußischen Kammerunteroffizier durch „Verpassen“ der einzelnen
                              									Stücke erfolgt, sondern auf Grund eines vorher vorgenommenen Maßnehmens, nach dem
                              									die Stücke den Lagerbeständen der Nummer nach entnommen werden. Eine Kontrollstelle,
                              									Quittungsleistung, Impfung und Zuteilung zu einem bestimmten Truppenteil schließen
                              									den Kreislauf, aus dem der neue Rekrut unmittelbar und vollständig ausgerüstet in
                              									den Ausbildungsdienst eintreten kann.
                           In 16 derartigen Einstellungsanlagen, deren jede bis zu 1500 Mann am Tage aufnehmen
                              									und fertigmachen konnte, sind während des Krieges rund 3700000 Mann eingestellt und
                              									für die militärische Ausbildung vorbereitet worden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 334, S. 191
                              
                           Von besonderem Interesse sind dabei die Maßnahmen, die „den richtigen Mann an die
                                 										richtige Stelle“ bringen wollen. Gleich bei der Aufnahme wird für jeden Ein
                              									gestellten eine genaue Personalkarte aufgenommen, die neben den Angaben über Namen,
                              									Alter, Kriegsverwendbarkeit usw. genaue Eintragungen erhält über die nach den
                              									neuesten Methoden vorgenommenen psychotechnischen Intelligenz- und
                              									Eignungsprüfungen, ferner Auskunft gibt über den Hauptberuf und über etwa vorhandene
                              									Nebenkenntnisse, Schulbildung, Ausbildungsgang sowie endlich über besondere
                              									militärische Verwendung. Die Karte enthält hierzu in einem sorgfältig
                              									durchgearbeiteten Vordruck unter anderem eine Liste von 105 Berufsbezeichnungen
                              									sowie von 26 verschiedenen militärischen Dienstzweigen. Als Anleitung für die
                              									richtige Einreihung des Einzelnen in die verschiedenen Zweige dient eine Liste von
                              									kurzen Kennzeichnungen der einzelnen Berufe und Beschäftigungsarten, von der in der
                              									angeführten Quelle ebenfalls einige Beispiele wiedergegeben sind.
                           Es leuchtet ein, daß dieses planmäßige Vorgehen die richtige Auswahl Geeigneter,
                              									namentlich bei Offizieren, sehr erleichtern muß, und es erscheint wohl möglich,
                              									ähnliche Verfahren auch für die „Arbeiterheere“ großer Werke oder vielleicht
                              									für ganze Industriezweige nutzbar zu machen.
                           Lohnfragen. Stücklöhne für
                                 										Transportarbeiten in Maschinenfabriken. Für Transportarbeiten ist bisher in
                              									Werkstätten der Stücklohn noch wenig gebräuchlich weil die Grundlagen für eine
                              									richtige Ermittelung der Arbeitselemente noch nicht hinreichend erforscht sind. Auf
                              									Grund der Erfahrungen in einem größeren staatlichen Betrieb gibt Springorum in „Der Betrieb“ (1919, Heft 7)
                              									wertvolle Unterlagen für die erforderliche Zergliederung der Arbeitsvorgänge
                              									und teilt Erfahrungen mit, die in dem Betriebe mit Stücklöhnen auf diesen Grundlagen
                              									gemacht worden sind.
                           Wie stets bei solchen Ermittelungen, sind am leichtesten zu erfassen die Arbeiten,
                              									die sich im Laufe der gewöhnlichen Herstellung stets wiederholen, so daß aus dem
                              									Gewicht der zu befördernden Gegenstände, aus der Entfernung und aus den zu messenden
                              									Zeiten verhältnismäßig einfach der Einfluß der Transportmittel und des Ladegutes
                              									selbst zu ermitteln ist. Es ergeben sich bestimmte „Laufzeiten“, zu denen die
                              									Auf- und Abladezeit sowie Ruhe- und Wartepausen hinzuzurechnen sind. Diese Zeiten
                              									können als Zuschläge zu den Laufzeiten berechnet werden (erfahrungsgemäß etwa 10 bis
                              									15 v. H.).
                           Planmäßige Untersuchung der erforderlichen Transportzeiten führen zu wertvollen
                              									Grundlagen für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit verschiedener Transportarten
                              									(Tragen, Karren, Fahren; gleichzeitig beförderte Stückzahlen oder Gewichte und
                              									dergleichen). Die Unterstellung sämtlicher Transportarbeiter des gleichen Werkes
                              									unter eine einheitliche Leitung, die diese Untersuchungen vornimmt und nutzbar
                              									macht, wird empfohlen.
                           Gerechter Arbeitslohn. Die in D. p. J. 1918 S. 193
                              									besprochenen „Gedanken eines Laien über den gerechten Arbeitslohn“ von Kähler haben in der „Werkstattstechnik“ (1919 Heft
                              									10 bis 12) zu einer Erörterung zwischen Meyenberg, Lentz
                              									und dem Verfasser geführt, deren Inhalt in allen Einzelheiten wiederzugeben hier zu
                              									weit führen würde, der aber doch einige allgemeine Gedanken und Hinweise entnommen
                              									sein mögen.
                           Als Haupteinwand gegen das von Kähler aufgestellte
                              									Lohnsystem wird angeführt, daß es zu verwickelt ist und sowohl für die
                              									Betriebsleitung als auch für den Arbeiter zu wenig eine Uebersicht und damit einen
                              									unmittelbaren Eindruck der ja eben gesuchten Gerechtigkeit der Entlohnung zuläßt.
                              									Durch die Zuteilung in besondere Fleiß-, Zuverlässigkeits- und sonstige
                              									Sonderlohnklassen werde eine Günstlingswirtshaft gezüchtet. Dem Arbeiter sei es
                              									tatsächlich ganz gleichgiltig, wie sein Lohn errechnet werde, ihm liege nur daran,
                              									möglichst viel zu verdienen.
                           Große Betonung wird offenbar mit Recht auf die Schwierigkeit gelegt, die für die
                              									Vorkalkulation aus der Mannigfaltigkeit und Unsicherheit der zu zahlenden Löhne
                              									erwächst.
                           Besonders eingehend erörtert wird die Frage von Lohnzuschlägen für ältere Arbeiter.
                              									Während Kähler durch Anrechnung und „Verleihung“
                              									von Dienstjahren den älteren Arbeiter besser entlohnen will als den jungen, tritt
                              										Meyenberg für eine durchaus gleichartige Entlohnung
                              									nur nach der Leistung ein. Er begründet dies damit, daß es dem gegenwärtig auch unter der
                              									Arbeiterschaft geltenden Schlagwort „Freie Bahn dem Tüchtigen“ entspreche,
                              									und daß die Arbeiterschaft von je her für eine gleichartige Bewertung jeder Leistung
                              									eingetreten sei. Der Ausgleich zwischen den über das Bedürfnis des jungen Arbeiters
                              									hinausgehenden Löhnen und den erhöhten Anforderungen an die wirtschaftliche Kraft
                              									des älteren, verheirateten Arbeiters müsse eine moralische Erziehung schaffen, die
                              									nicht Sache der Fabrikbetriebe sei, sondern von Schule und Kirche, von Staat und
                              									Familie geleistet werden müsse. Damit wird eine alte Frage berührt, die heute neue
                              									Bedeutung erhält, da die Lohneinkommen der Arbeiterschaft weit über den Rahmen
                              									dessen hinausgehen, was der Mehrzahl der nicht als Handarbeiter das Brot
                              									verdienenden Menschen zur Bestreitung der Lebenshaltung und zur Vorsorge für die
                              									Wechselfälle des Wirtschaftslebens und des Alters zur Verfügung steht. Der Arbeiter
                              									betrachtet sich heute als mündig, er will nicht nur teilhaben an der Lenkung des
                              									Staatswagens, sondern er erhebt sogar den Anspruch, allein zur Leitung berufen zu
                              									sein. Vieles, wenn nicht das meiste von dem, was man bisher für das Staatswohl für
                              									notwendig gehalten hat, wird einfach geleugnet und, soweit die Macht dazu vorhanden
                              									ist, beseitigt. Wenn man früher, zum Beispiel in der Zeit der Revolutionstage, mit
                              									Arbeitern sprach von den Segnungen der sozialen Arbeitergesetzgebung in Deutschland,
                              									die uns die ganze Welt nachgemacht hat, so weit sie überhaupt Verständnis für
                              									soziale Fragen aufbringen konnte, so konnte man oft die Antwort hören: Ach, die
                              									geringen Leistungen, die einem ohnehin erst zufallen, wenn man gar nicht mehr weiter
                              									kann, sind ja nicht der Rede wert. Aus dieser Auffassung könnte man nun wohl in
                              									Verbindung mit den gegenwärtigen politischen und arbeiterwirtschaftlichen Zuständen
                              									die Folgerung ableiten, daß die sozialistische Regierung nunmehr an eine
                              									grundsätzliche Umgestaltung dieser Arbeiter-Versorgungsgesetzgebung herantreten
                              									wird. Zwei Wege ständen offen: Der eine, sie ganz abzuschaffen, wäre gangbar, wenn
                              									der Arbeiter die wirtschaftliche Reife hätte, die auch in den Kreisen höher
                              									Gebildeter nur gar zu oft zu vermissen ist, die ihn zu einem planmäßigen und
                              									gründlichen Sparen in der Zeit des Verdienstes über den Bedarf veranlassen würde,
                              									ihn persönlich die Rücklagen für Alter und Arbeitsunfähigkeit machen ließe (zum
                              									Beispiel auch in Form privater Versicherungen), die jetzt der Staat für ihn
                              									vornimmt. Die „Bevormundung“ durch den Staat könnte dann entfallen. Auf der
                              									anderen Seite ist es nur menschlich, und ist von dem jungen Arbeiter ganz und gar zu
                              									erwarten, daß er ein solches Sparen wirklich nicht durchführt, und so zeigt sich
                              									doch wieder die Notwendigkeit, in irgend einer Weise einen Zwang darauf auszuüben,
                              									wenn man nicht die Allgemeinheit später mit der Unterhaltung der im Alter in
                              									Mittellosigkeit geratenden Arbeiter belasten will und das ganze Elend wieder
                              									heraufbeschwören, das die Arbeitergesetzgebung Wilhelms II. beseitigt hatte. Der in
                              									der Zeit des ungewöhnlich hohen Kriegsarbeitsverdienstes für Jugendliche eingeführte
                              									Sparzwang war ein Schritt auf diesem Wege.
                           Will man also an dem Grundsatz ganz gleicher Entlohnung für gleiche Leistung
                              									festhalten, so wird aus sozialen Gründen dafür gesorgt werden müssen, daß dem
                              									Lohnempfänger doch die freie Verfügung über einen Teil des Lohnes entzogen wird, und
                              									der Erfolg wäre der gleiche, als ob man von vornherein dem sozial mehr
                              									Beanspruchten, also dem Aelteren und Verheirateten, dem Familienvater oder Erhalter
                              									mittelloser Angehöriger eine höhere Entlohnung zuwendet.
                           Indessen sind diese Fragen von so grundsätzlicher Bedeutung, daß sie wohl nur auf dem
                              									Wege der staatlichen Gesetzgebung gelöst werden können oder durch Lohn vertrage
                              									mit ganz großen Interessen verbänden, so daß eine unterschiedliche Behandlung des
                              									Einzelnen ausgeschlossen ist.
                           Die Frage des Arbeitslohnes ist so alt wie die Lohnarbeit selbst. Immer wieder zeigt
                              									sich, was auch in der vorliegenden Erörterung durchaus zugegeben wird, daß „ein
                                 										vollkommen gerechter Lohn, der den berechtigten Ansprüchen des Unternehmers und
                                 										des Arbeiters in gleicher widerspruchsloser Weise gerecht wird, leider ein
                                 										frommer Wunsch ist und bleibt“. Trotzdem: Wir leben im Zeitalter des
                              									Arbeiters und die Frage der gerechten Entlohnung hat heute mehr Bedeutung denn je;
                              									ihre ausführliche Erörterung ist deshalb durchaus zu begrüßen, weil sie zur Klärung
                              									des Verhältnisses zwischen Arbeiter und Unternehmer – und der Arbeiter will ja heute
                              									sein eigener Unternehmer werden – beitragen kann.
                           Dipl.-Ing. W. Speiser.
                           
                        
                           Gießerei.
                           Entlader und fahrbare Verlader für Massengut. Die
                              									möglichst ausgiebige Verwendung maschineller Vorrichtungen, insbesondere der
                              									Transport- und Verladevorrichtungen, wird in Zukunft auch für kleinere
                              									Gießereibetriebe zur zwingenden Notwendigkeit werden. In der Gießereizeitung werden
                              									einige solcher Apparate, wie sie von Heinzelmann &
                                 										Sparmberg in Hannover hergestellt werden, von W. Venator beschrieben. Es handelt sich um Spezialkonstruktionen von
                              									ortfesten und fahrbaren Entlade- und Beladevorrichtungen für den Gießereibetrieb,
                              									wie sie sich zur Beförderung von Kohlen, Koks, Sand, Ton, Aschen, Schlacken u. dgl.
                              									verwenden lassen. (Gießereizeitung 1919, S. 147.)
                           Das Formen auf Rüttelformmaschinen. Es ist nicht allgemein
                              									bekannt, daß die Rüttelformmaschine nicht nur bei Massenguß, sondern auch in
                              									denjenigen Gießereibetrieben vorteilhaft verwendet wird, die nach ihren Modellen
                              									immer nur einzelne Abgüsse anzufertigen haben. Die vielseitige Verwendung für solche
                              									Zwecke wird in „Stahl und Eisen“ (1919, S. 600) an einigen Beispielen
                              									gezeigt. Nicht nur kleinere Gußstücke, wie Achslager, Pflugkörper und Zahnräder,
                              									sondern selbst schwere Stahlgußstücke für den Schiffbau in Formkästen bis 3 m2, die ein Hubvermögen bis 25000 kg bedingen,
                              									werden auf der Rüttelformmaschine wirtschaftlich hergestellt.
                           Verwertung von Abhitze aus Schmelzöfen. Nach The Foundry
                              									(1917, S. 95), Stahl und Eisen (1919, S. 601) hat man in Amerika die heißen Abgase
                              									zweier 20 t-Schmelzöfen zum Betrieb eines Wasserrohr-Dampfkessels für 400 PS mit
                              									Erfolg nutzbar gemacht. Die beiden Oefen waren dabei nur abwechselnd in Betrieb und
                              									an den Kessel angeschlossen. Die Abhitze eines solchen Ofens reichte aus, den Kessel
                              									täglich 9 Stunden unter dem nötigen Betriebsdruck zu halten, während in der
                              									Schmelzpause eine Hilfsfeuerung in Tätigkeit trat. Der Kessel erforderte sorgfältige
                              									Wartung, und alle 6 Wochen mußten die Rohre ausgeblasen werden. Täglich sollen bei
                              									diesem Betrieb 112000 kg (?) Wasser verdampft worden sein.
                           Spannungen in Grauguß. O. Banse
                              									hat eingehende Versuche angestellt, um den Einfluß der Gattierung und des
                              									Feuchtigkeitsgrades der Form auf die Spannungen im Grauguß festzustellen (Stahl und
                              									Eisen 1919, 314, 436, 596). Danach ist zur Vermeidung von Spannungen dem Trockenguß
                              									unbedingt der Vorzug zu geben, doch müssen auch Gießer und Konstrukteure mehr als
                              									bisher Hand in Hand miteinander arbeiten. Auch dürfen für die Abgüsse nur solche
                              									Wandstärken gewählt werden, daß nach dem Gießen eine möglichst gleichmäßige
                              									Abkühlung erfolgt.
                              									Die Arbeit bietet dem Praktiker praktisch brauchbare Hinweise zur Bekämpfung der
                              									durch die Spannungen hervorgerufenen Uebelstände.
                           Verbrennungsvorgänge und ihre Berechnung. In der
                              									Gießerei-Zeitung (1919, S. 161) bringt Erbreich eine
                              									leicht verständliche Zusammenstellung der für die Berechnung der Verbrennung fester,
                              									flüssiger und gasförmiger Brennstoffe bekannten Berechnungen, die an Hand von
                              									Beispielen näher erläutert werden.
                           Lb.
                           
                        
                           Elektrotechnik.
                           Selbsttätige Fernsprechanlagen. Rein mechanische
                              									Tätigkeiten von menschlichen Arbeitskräften auf geeignete Maschinen und Apparate zu
                              									übertragen, ist eine wichtige Aufgabe der fortschreitenden Technik. In welcher Weise
                              									das auf dem Gebiete des Fernsprechwesens geschehen ist, zeigt eine Druckschrift
                              										„Selbsttätige Fernsprechanlagen für Großbetriebe“, die das Wernerwerk der
                              										Siemens & Halske A.-G. kürzlich herausgegeben
                              									hat. Hiernach sind an selbsttätigen Fernsprechanlagen für Inland und Ausland allein
                              									von diesem einen Werk bis Oktober 1918 58 öffentliche Anlagen mit 96120 Anschlüssen,
                              									713 Anlagen mit 42589 Anschlüssen für den inneren Verkehr sowie 192 Anlagen mit 1872
                              									Amtsleitungen und 10075 Nebenstellen für den Außenverkehr von Behörden, Banken,
                              									Fabriken and anderen Handels- und Industriebetrieben geliefert worden. Zu dieser
                              									Verbreitung haben die Vorteile des selbsttätigen Fernsprechsystems, von denen die
                              									Einschränkung des Bedienungspersonals, die Schnelligkeit der Herstellung der
                              									Verbindungen, das Vermeiden der lästigen Falschverbindungen und die unbedingte
                              									Wahrung des Gesprächsgeheimnisses die wertvollsten sein dürften, ganz besonders
                              									beigetragen. Die Druckschrift gibt zunächst eine allgemeine Erläuterung der
                              									selbsttätigen Anlagen mit Abbildungen einiger äußeren Sprechgeräte und
                              									bemerkenswerter Teile der inneren Einrichtung. Den größeren Teil bildet eine Liste
                              									der bisherigen Anlagen, in die eine Reihe von Abbildungen der Schalträume kleinerer
                              									und umfangreicher Anlagen aufgenommen ist. Die Druckschrift ist für eine allgemeine
                              									Unterrichtung über das selbständige Fernsprechwesen sehr geeignet.
                           
                        
                           Wirtschaft.
                           Preisausschreiben. Der Reichskommissar für Fischversorgung
                              									setzt einen Preis von 10000 M (wörtlich: zehntausend
                                 									Mark) aus für eine praktisch brauchbare Anzeigevorrichtung, durch welche an
                              									Bord des Fischereifahrzeuges erkannt werden kann, wenn mit dem Grundschleppnetz eine
                              									Mine gefischt wird.
                           Der Apparat muß einfach und zuverlässig arbeiten und auch auf kleineren Fahrzeugen
                              									mit Bordmitteln bedient werden können.
                           Durch Anbringung und Anwendung des Apparates darf der Fischereibetrieb in keiner
                              									Weise eine Störung erfahren.
                           Der Fischereiförderung G. m. b. H. müssen auf Verlangen
                              									mindestens 50 Stück von dem prämiierten Apparat zum Herstellungspreise zur Verfügung
                              									gestellt werden.
                           Die Zuerkennung des Preises entscheidet eine Kommission, welche zusammengesetzt ist
                              									aus einem Vertreter des Reichskommissars (Vorsitz), zwei technischen
                              									Sachverständigen, einem Fischdampferreeder und drei Führern von Fischereifahrzeugen.
                              									Die Entscheidung der Kommission ist endgültig und unanfechtbar.
                           Bei zwei gleichwertigen Konstruktionen behält sich die Kommission eine Teilung des
                              									Preises vor. Nur Reichsdeutsche sind zur Bewerbung zugelassen.
                           Die Bewerbungen sind baldmöglichst beim Reichskommissar für Fischversorgung,
                              									Berlin W 8, Behrenstraße 64/65 unter dem Kennwort „Minen-Anzeiger für
                                 										Fischereifahrzeuge“ einzureichen.
                           Preisausschreiben der Abteilung für Bergbau an der Techn.
                                 										Hochschule zu Berlin. (Jubiläumsstiftung.) Auf Grund der Bestimmungen der
                              										„Jubiläumsstiftung zur Förderung des heimischen Bergbaues“Begründet bei der vormaligen Königl.
                                    											Bergakademie zu Berlin. wird folgende Preisaufgabe zur
                              									Bearbeitung gestellt:
                           
                              „Für die Anwendung des Vakuum-Verfahrens an Stelle der in den
                                 										Braunkohlen-Brikettfabriken bisher üblichen Trocknung sind brauchbare
                                 										Ausführungsvorschläge zu machen und unter Darlegung der erreichbaren technischen
                                 										und wirtschaftlichen Vorteile zu begründen.“
                              
                           Die Arbeiten sind bis zum 15. Juli 1920 an den Vorstand der „Jubiläumsstiftung zur
                                 										Förderung des heimischen Bergbaus“, Charlottenburg, Technische Hochschule,
                              									Abteilung für Bergbau, durch die Post eingeschrieben zu senden.
                           Für die beste Lösung ist ein Preis von 1000 M ausgesetzt. Satzungsgemäß dürfen
                              									hierbei nur reichs-deutsche Bergleute berücksichtigt werden, die an der
                              									Bergbau-Abteilung der Technischen Hochschule zu Berlin studieren oder ihr Studium
                              									daselbst oder an der vormaligen Kgl. Bergakademie Berlin vollendet haben. Die
                              									näheren Bestimmungen für den Preisbewerb sind beim Sekretariat der Abteilung für
                              									Bergbau, Charlottenburg, Berlinerstraße 170, zu erfahren.
                           Zusammenschluß im Isoliergewerbe. Am 26. bis 28. Juni
                              									tagte in Eisenach der Wirtschaftsbund für das Isoliergewerbe in Deutschland,
                              									Verwaltungssitz Dortmund, der die Interessen des gesamten Isoliergewerbes vertritt.
                              									Die Verständigung unter den in Betracht kommenden Kreisen ergab die Uebernahme des
                              									im vorigen Jahre zunächst von einigen großen Isolierfirmen gegründeten, dem
                              									Laboratorium für technische Physik der technischen Hochschule München angegliederten
                              									Forschungsheims für Wärmewirtschaft durch den Wirtschaftsbund. Die allgemeinen
                              									wissenschaftlichen Arbeiten des Forschungsheims sollen die Kenntnisse der
                              									physikalischen Eigenschaften der Isolierstoffe erweitern. Das Forschungsheim ist für
                              									die Mitglieder des Wirtschaftsbundes wissenschaftliche Beratungsstelle, stellt aber
                              									auch Behörden und sonstigen Verbrauchern wissenschaftlichen Rat zur Verfügung. Es
                              									werden auch systematische Untersuchungen ausgeführt. Die Aufklärungstätigkeit
                              									erfolgt durch Veröffentlichungen allgemein wissenschaftlichen Inhalts. In den
                              									verschiedenen Bezirken werden Ueberwachungsstellen geschaffen für gewerbliche
                              									Wärmeerzeugung und Wärmeverwertungsanlagen, sowie für Ueberwachung der sparsamen
                              									Wärmewirtschaft im Bauwesen. Die Mitglieder haben sich für Fragen im Gewerbe und
                              									Handel einem Schiedsvertrage unterworfen. Der Wirtschaftsbund steht in engster
                              									Fühlung mit der Brennkrafttechnischen Gesellschaft, Berlin, um in deren Fachausschuß
                              									dahin mitzuwirken, daß durch bestmöglichste Verwendung der Isoliermaterialien und
                              									ihre Anwendung in der Maschinentechnik und Baupraxis die größtmöglichste
                              									Kohlenersparnis bei maschinellen Anlagen und im Bauwesen erzielt wird.
                           Zwischensemester an technischen Hochschulen. Für die
                              									technischen Hochschulen Charlottenburg, Hannover und Breslau ist ein zweites
                              									Zwischensemester für die Zeit vom Montag, 22. September, bis Sonnabend, 20. Dezember
                              									1919 festgesetzt. An den technischen Hochschulen Danzig, Aachen und Darmstadt findet
                              									kein Zwischensemester statt. Das Wintersemester beginnt und schließt wie
                              									gewöhnlich.