| Titel: | Der elektrische Strom als Einbruchs- und Diebstahlsicherung. | 
| Autor: | C. O. Friedrich | 
| Fundstelle: | Band 334, Jahrgang 1919, S. 209 | 
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                        Der elektrische Strom als Einbruchs- und
                           								Diebstahlsicherung.
                        Von Ingenieur C. O. Friedrich, Berlin-Siemensstadt.
                        FRIEDRICH: Der elektrische Strom als Einbruchs- und
                           								Diebstahlsicherung.
                        
                     
                        
                           Jede Kraft erzeugt eine Gegenkraft. Dieser uralte Grundsatz gilt nicht nur in
                              									der Mechanik, wo man es mit Kräften zu tun hat, die leblose Körper aufeinander
                              									ausüben, sondern auch für die Beziehungen der Menschen zueinander: Wehr erzeugt
                              									Gegenwehr. So ist vor und im Kriege wohl jedes Kampfmittel, das zunächst einem der
                              									Gegner die unbedingte Ueberlegenheit versprach, nach kürzerer oder längerer Zeit
                              									durch Gegenmittel der anderen Seite wirkungslos gemacht oder wenigstens in seiner
                              									Wirkung erheblich eingeschränkt worden, und der Satz, daß es uneinnehmbare Festungen
                              									nicht gibt, ist heute so wahr wie nur je.
                           Dennoch wäre es falsch, in einem Kampfe, der sich auf irgend einem Gebiete zwischen
                              									Angriffs- und Abwehrmitteln entsponnen hat, deshalb innezuhalten, weil es ja doch
                              									unmöglich ist, etwas Endgültiges, nicht mehr Ueberbietbares zu schaffen, denn der
                              									Zurückbleibende würde sich dadurch der Gnade und Ungnade des besser Gerüsteten
                              									ausliefern.
                           Auch in dem Kampfe, den Einbrecher und Diebe von jeher gegen das Eigentum anderer
                              									Leute geführt haben, ist die Ueberlegenheit durchaus nicht immer auf Seiten der
                              									Abwehrmittel gewesen. Wohl schienen höchst kunstvolle, immer wieder verbesserte
                              									Schlösser, gepanzerte Geldschränke und dickes Betonmauerwerk den erstrebten sicheren
                              									Schutz zu bieten – den „kunst“ gerechten Angriffen geübter, mit den
                              									wirksamsten Einbruchswerkzeugen, wie Sauerstoff geblasen, meist nur allzugut
                              									ausgerüsteter Verbrecher haben jedoch auch diese höchst kräftigen Schutzmittel nicht
                              									in allen Fällen standhalten können. Besonders wenn Zeit genug vorhanden war, den
                              									Einbruch sorgsam vorzubereiten und in aller Ruhe auszuführen.
                           Hier greifen nun einige elektrische Sicherheitsvorrichtungen ergänzend ein und
                              									vervollkommnen den Schutz, den die Widerstandskraft von Panzer- und Beton wänden
                              									gewährt, dadurch, daß sie bereits beim Beginn des Einbruchs, noch ehe das
                              									Haupt-Angriffsziel erreicht ist, oder gerade wenn es ernsthaft angegriffen werden
                              
                              									soll, den Besitzern der bedrohten Werte oder deren Wächtern verraten, was vor sich
                              									geht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 334, S. 209
                              Abb. 1.Mikrophon der elektrischen Lauschanlage.
                              
                           Die eine dieser Vorrichtungen, eine Lauschanlage, tritt bereits in Wirksamkeit, wenn
                              									ein Unbefugter Räume, in denen Geld oder Geldeswert aufbewahrt wird, z.B.
                              									Kassenräume, außerhalb der Geschäftszeit betritt oder auch in ihnen sich bewegt,
                              									fall& er sich z.B. vorher eingeschlichen hat und hat einschließen lassen. Mag er
                              									noch so vorsichtig sein, selbst das leiseste Geräusch, das er bei seinen Bewegungen
                              									doch niemals vermeiden kann, genügt für die hochempfindlichen Mikrophone, die zu
                              									einer oder mehreren Gruppen vereinigt, unauffällig im Raume angebracht sind (Abb. 1). Sie sprechen an und melden das Geräusch,
                              									gehörig verstärkt, der Ueberwachungsstelle durch Telephone, die dort in
                              									entsprechenden Gruppen aufgestellt und mit den Mikrophonen in eigenartiger Weise
                              									zusammengeschaltet sind (Abb. 2). Wird versucht, die
                              									Verbindungsleitungen abzuschneiden oder sonstwie unwirksam zu machen, so ertönt,
                              									durch die kunstvolle Schaltung zum Ansprechen gebracht, sofort ein lautes
                              									Lärmzeichen.
                           Stärkere Geräusche, wie sie etwa beim Durchbrechen der Tür oder der Wände des
                              									Behältnisses oder Aufbewahrungsraumes unvermeidlich sind, werden natürlich erst
                              									recht gemeldet, und zwar brauchte man in solchem Falle nicht einmal Mikrophone
                              									höchster Empfindlichkeit.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 334, S. 210
                              Abb. 2.Gruppe von Lauschtelephonen.
                              
                           Wo eine Lauschanlage nicht vorhanden ist, oder wo die dadurch gebotene Sicherheit
                              									noch erhöht werden soll, findet eine elektrische Türsicherung vorteilhafte
                              									Verwendung. Man legt vor die zu sichernde Schrank- oder Raumtür nach Art eines
                              									Riegels einen hohlen, im Bereitschaftszustande der Sicherung wagerecht liegenden
                              									Arm, der um sein eines, am Schrank oder Türpfosten befestigtes Ende drehbar ist
                              										(Abb. 3).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 334, S. 210
                              Abb. 3.Sicherheitskontakt gegen Einbruch.
                              
                           Dieser Arm soll aber nicht einen weiteren mechanischen
                              									Verschluß der Tür darstellen, sondern als Kontaktarm zum Betätigen einer
                              									elektrischen Alarmvorrichtung dienen. Zu diesem Zwecke trägt der Arm an seinem
                              									anderen Ende einen ein wenig hervorragenden Fühlstift, der sich gegen die Tür legt.
                              									Wird nun die Tür auch nur im geringsten durch einen mechanischen Angriff erschüttert
                              									oder durch Wärme, etwa die Stichflamme eines Sauerstoffgebläses, in ihrer Form
                              									verändert, so überträgt sich diese Erschütterung oder Formveränderung sofort auf den
                              									Fühlstift und durch diesen auf zwei Wagebalken, die im Innern des Armes angebracht
                              									sind. Durch die Bewegung der Wagebalken wird ein Stromkreis geschlossen und die
                              									Alarmvorrichtung (z.B. eine elektrische Glocke) zum Ansprechen gebracht. Das
                              									geschieht auch, wenn der Einbrecher versucht, den Arm hochzurichten oder sonstwie
                              									von der Tür zu entfernen, dagegen nicht bei Erschütterungen, die das ganze Gebäude
                              									treffen, weil dann alle Teile – Schrank und Tür oder Pfosten und Tür – gleichmäßig
                              									in Schwingungen gesetzt werden. Natürlich spricht die Alarmvorrichtung auch dann an,
                              									wenn die Tür von dem dazu Befugten geöffnet wird, z.B. beim Beginn der
                              									Geschäftszeit, dann aber nur so lange, bis vom Wächter an der Beobachtungsstelle ein
                              									Umschalter (Tag- und Nachtschalter) umgelegt wird, der die Alarmvorrichtung
                              									ausschaltet.
                           Auch hier ist die Einrichtung so getroffen, daß Alarm erfolgt, sobald der Einbrecher
                              									versucht, die Leitungen zu überbrücken, zu zerschneiden oder die Batterie
                              									abzuschalten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 334, S. 210
                              Abb. 4.Elektrische Türverriegelung.
                              
                           Eine dritte interessante Sicherheitsvorrichtung ermöglicht es, auch während der
                              									Geschäftszeit Diebstähle und Raubüberfälle zu verhindern oder wenigstens den Tätern
                              									das Entkommen unmöglich zu machen. Es kommt ja nicht selten vor, daß ein oder auch
                              									mehrere Verbrecher unter der Maske harmloser Leute in die Geschäftsräume von Banken,
                              									Sparkassen oder anderen Räumen, wo Geld zur Auszahlung bereitliegen muß, gelangen,
                              									dort bei günstiger Gelegenheit überraschend zugreifen und mit ihrer Beute
                              									schleunigst zu verschwinden suchen. Wollte man in solchem Falle etwa durch ein
                              									Alarmzeichen Wächter oder andere vorher dazu bestimmte Angestellte veranlassen, die
                              									Türen zu verschließen, so würde man wohl meistens zu spät kommen. Viel rascher und
                              									zuverlässiger wirkt eine elektrische Türverriegelungsanlage (Abb. 4). Hierbei werden alle Türen, die während der
                              									Geschäftszeit offen stehen müssen, durch elektrisch lösbare Riegel festgehalten.
                              									Tritt nun Gefahr ein, so braucht nur der Kassierer, oder wer von anderen
                              									Angestellten es bemerkt, auf einen der Knöpfe zu drücken, die an den Arbeitsplätzen
                              									vorgesehen sind. Dann werden alle offenstehenden Türen auf einmal elektrisch
                              									entriegelt, von kräftigen Federn zugedrückt und von einer zweiten, ebenfalls
                              									elektrischen Vorrichtung verriegelt. Auch kann durch denselben Druck auf einen der
                              									Knöpfe beim Pförtner, oder wo es sonst gewünscht wird, ein Alarmzeichen ausgelöst
                              									und durch Fallklappentafeln wie bei elektrischen Klingelanlagen gleichzeitig
                              									ersichtlich gemacht werden, welcher der Knöpfe gedrückt worden ist, damit
                              									nötigenfalls sofort und auf kürzestem Wege Hilfe gebracht werden kann.
                           
                           Elektrische Schutzmittel wie die hier nach Ausführungen von Siemens & Halske beschriebenen bieten, im Verein mit
                              									widerstandsfähigen Behältnissen, nach dem heutigen Stande der Technik die denkbar
                              									größte Sicherheit gegen Einbrecher und Diebe. Mag es diesen auch vielleicht später
                              									einmal gelingen, auch hier wieder zu triumphieren, so dürfte das doch wohl eine
                              									geraume Zeit dauern und nicht ganz leicht sein. Bis dahin aber werden die
                              									elektrischen Sicherheitseinrichtungen nicht nur manches Verbrechen verhindern,
                              									sondern auch schon durch ihr bloßes Vorhandensein abschreckend wirken. Denn je
                              									größer die Gefahr ist, vorzeitig entdeckt zu werden, und je geringer die
                              									Wahrscheinlichkeit, ungehindert zu entkommen, desto eher werden selbst
                              									gewohnheitsmäßige Verbrecher sich veranlaßt fühlen, ihr gemeingefährliches Treiben
                              									einzuschränken.