| Titel: | Die thermodynamischen Grundlagen der Wind- und Wasserkraftmaschinen. | 
| Autor: | Hans Baudisch | 
| Fundstelle: | Band 334, Jahrgang 1919, S. 223 | 
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                        Die thermodynamischen Grundlagen der Wind- und
                           								Wasserkraftmaschinen.
                        Von Prof. Dr. Hans
                                 									Baudisch, Wien.
                        BAUDISCH: Die thermodynamischen Grundlagen der Wind- und
                           								Wasserkraftmaschinen.
                        
                     
                        
                           Die Brennstoffe, welche unsere Wärmekraftmaschinen
                              									versorgen, sind im Wesen nichts anderes, als aufgespeicherte
                                 										Sonnenwärme. In der Kohle schlummert dieselbe seit Jahrtausenden, im Holz
                              									seit Jahrzehnten.
                           Sonnenwärme, und zwar solche, die
                                 										uns heute gegeben wird, ist aber auch die ursprünglichste Kraftquelle
                              									unserer Wind- und Wasserkraftmaschinen: sie erzeugt durch örtlich verschiedene
                              									Erwärmung der Erdoberfläche gewisse Strömungserscheinungen der Luft.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 334, S. 223
                              Abb. 1a.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 334, S. 223
                              Abb. 1b.
                              
                           Sind diese Luftströmungen einerseits die unmittelbare
                              									Kraftquelle unserer Windkraftmaschinen, so sind sie anderseits die Lastträger, die
                              									Transportmittel, welche den ebenfalls durch die Sonnenwärme gebildeten Wasserdampf
                              									von der Meeresoberfläche aufheben und über die Berge führen, damit er in dortiger
                              									Hochregion niedergeschlagen werde. Diese Niederschläge bilden dann die unmittelbare
                              									Kraftquelle unserer Wasserkraftmaschinen.
                           Was die Windkraftmaschinen betrifft, so kommen dieselben
                              									mit Vorteil insbesondere dort zur Aufstellung, wo zwei Gebiete ausgesprochen
                              									verschiedener Erwärmungsfähigkeit durch die Sonnenstrahlen aneinandergrenzen, so
                              									z.B. an der Küste, an welcher tagsüber infolge der rascheren Erwärmung der über
                              									der Erdoberfläche befindlichen Luftschichten „Seewinde“, während der Nacht
                              
                              									dagegen infolge der langsameren Abkühlung der Wasseroberfläche „Landwinde“
                              									auftreten. Der Seewind ist durch den in Abb. 1a, der
                              									Landwind durch den in Abb. 1b dargestellten Kreislauf
                              									der Luft gegeben.
                           Jeder solche Kreislauf kann grundsätzlich durch das Rechteck Abb. 2a dargestellt werden, dessen Eckpunkte a,
                                 										b, c und d mit den gleichnamigen Umkehrpunkten
                              									der Abb. 1 übereinstimmen. Ein solcher Kreislauf der
                              									Luft entspricht aber auch einem Kreisprozeß, welchem die
                              									Luftteilchen hierbei unterworfen werden.
                           Zur möglichst einfachen Behandlung des vorliegenden Kreisprozesses wird die
                              
                              									vereinfachende, jedoch näherungsweise erfüllte Voraussetzung gemacht, daß sich der
                              									erwähnte Kreislauf abcd nach Abb. 2a in ein System von Isothermen t in
                              									der Weise einfüge, daß die Wegstrecken b→c = III und
                              										d→a = I parallel zu den Isothermen liegen. Es wird
                              									demnach die Annahme gemacht, daß alle Luftschichten, welche sich in gleicher
                              									Höhenlage über der Erdoberfläche befinden, gleiche Temperaturen aufweisen. Eine
                              									Bewegung der Luftteilchen von b nach c, von d nach a wird demnach als isothermische Zustandsänderung
                              									anzusehen sein. Erfolgt hierbei außerdem der Verlauf der Isobaren nach der
                              									Linienschar p der Abb.
                                 										2a, so liegt Punkt b in einem Gebiet
                              									kleineren Luftdruckes als Punkt c, Punkt d in einem Gebiet größeren Luftdruckes als Punkt a.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 334, S. 223
                              Abb. 2a.
                              
                           Die Zustandsänderung I stellt
                              									sich demnach als isothermische Expansion, die Zustandsänderung III als isothermische Kompression dar. Die Periode a→b = II des Ansteigens der Luft und die Periode c→d = IV des Niedersinkens der Luft müssen nach dem
                              									Verlauf der Isobaren p als Expansion bzw. als
                              									Kompression angesehen werden. Da hierbei die Bahnen der Luftteilchen als orthogonale
                              									Trajektorien der Isothermen t in Erscheinung treten,
                              									müssen sie als Zustandsänderungen eingeschätzt werden, welche die stärkste Ab- bzw.
                              									Zunahme der Temperatur zur Folge haben. Man wird daher nicht fehlgehen, II als adiabatische Expansion, IV als adiabatische Kompression einzuschätzen.
                           Der in Frage stehende Kreisprozeß stellt sich demnach durch vorstehende
                              									vereinfachende Annahmen als Carnotscher Kreisprozeß dar,
                              									dessen pv-Diagramm in Abb.
                                 										2b zur Darstellung gebracht erscheint. Seine vier Zustandsänderungen sind
                              									durch die Wärmegleichungen
                           
                              
                                 
                                    Q_I=A\,R\,T_1\,\mbox{ln}\,\frac{v_a}{v_d}
                                    
                                    Q_{II}=0
                                    
                                    Q_{III}=A\,R\,T_{II}\,\mbox{ln}\,\frac{v_b}{v_c}
                                    
                                    Q_{IV}=0
                                    
                                 . . . . (1)
                                 
                              
                           gekennzeichnet. Das zugeordnete Entropiediagramm ist durch
                              										Abb. 2c gegeben. Aus demselben kann der
                              									thermische Wirkungsgrad des Kreisprozesses zu
                           \eta_t=\frac{Q_I-Q_{III}}{Q_I}=\frac{T_I-T_{III}}{T_I} . . . (2)
                           ermittelt werden, während die beim Kreisprozeß frei-werdende
                              									Arbeit L mit Berücksichtigung der Beziehung
                           
                              \frac{v_a}{v_d}=\frac{v_b}{v_c}
                              
                           nach den Gleichungen (1) zu
                           L=\frac{Q_I-Q_{III}}{A}=R\,(T_I-T_{II})\,\mbox{ln}\,\frac{v_a}{v_d} . . (3)
                           ermittelt werden kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 334, S. 224
                              Abb. 2b.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 334, S. 224
                              Abb. 2c.
                              
                           Beträgt z.B. die Temperatur der oberen, bei diesem Kreislauf durchströmten
                              									Luftschicht 10° C, jene der unteren Luftschicht hingegen 20° C, so rechnen sich die
                              									zugeordneten absoluten Temperaturen
                           TI =
                              									273 + 20 = 293°, TIII =
                              									273 + 10 = 283°.
                           Demnach ergibt sich nach Gleichung (2)
                           
                              \eta_t=\frac{293-283}{293}=0,03.
                              
                           Mit R = 29,27, einer
                              									Volumszunahme der Luft von etwa 5 v. H. bei der Strömung von d nach a ergibt sich nach Gleichung (3)
                           L = 29,27 (293 – 283) ln 1,05 = 14,3
                              									mkg.
                           Diese auf 1 kg Luft entfallende Arbeitsmenge setzt sich in Strömungsenergie der Luft
                              									um. Beträgt der Mittelwert der erzielten Strömungsgeschwindigkeit, also die für die
                              									Windkraftmaschine maßgebende Windstärke c m/sek, so
                              									ergibt sich mit einer vorerst unbekannten Gesamtwiderstandsziffer C des Kreislaufes
                              									unter abermaliger Bezugnahme auf 1 kg Luft die Arbeitsgleichung
                           L=\frac{c^2}{2\,g}\,(1+\zeta) . . . . . (4)
                           woraus die Widerstandsziffer
                           \zeta=\frac{2\,g\,L}{c^2}-1 . . . . . (5)
                           Beträgt z.B. die Windstärke
                           c = 6 m/sek,
                           so ergibt sich unter Einführung des vorermittelten
                              									Arbeitsbetrages aus Beziehung (5)
                           
                              \zeta=\frac{19,62\,\times\,14,3}{6^2}-1=6,8\,\sim\,7.
                              
                           Da von der Arbeit L jedoch nur der Teilbetrag
                           
                              l=\frac{c^2}{2\,g}
                              
                           als Nutzarbeit für die Windkraftmaschine erübrigt, ermittelt
                              									sich der aerodynamische Wirkungsgrad ηd des Kreislaufes der Luft zu
                           \eta_d=\frac{l}{L}=\frac{\frac{c^2}{2\,g}}{\frac{c^2}{2\,g}\,(1+\zeta)}=\frac{1}{1+\zeta} . . . (6)
                           Eine Einführung des ermittelten Wertes ζ führt zu der Größe
                           
                              \eta_d=\frac{1}{1+7}=0,125.
                              
                           Der Gesamtwirkungsgrad η des Kreislaufes der Luft ergibt
                              									sich zu
                           η = ηtηd . . . . . . (7)
                           welcher sich nach obigen Resultaten zu
                           η = 0,03 × 0,125 = 0,00375
                           berechnet; ein sehr bescheidener Wert, welcher jedoch
                              									zweifellos eher zu hoch als zu tief gegriffen sein wird. In vorstehender Ziffer
                              									kommt jene verschwenderische Fülle und Freigebigkeit zum Ausdruck, welche allen
                              									Vorgängen in der Natur eigen ist.
                           Die einer Arbeitsleistung von 1 mkg entsprechende Wärmemenge Q ergibt sich bei einem mechanischen Wärmeäquivalent A=\frac{1}{427} zu
                           
                              Q=\frac{A}{\eta}=\frac{1}{427\,\times\,0,00375}=0,62\mbox{ WE}.
                              
                           Nimmt man den Wirkungsgrad eines Windrades zu
                           ηw =
                              									0,7
                           an, so muß die Sonne zur Betätigung eines Windrades, welches 1
                              									PS leistet, eine sekundliche Wärmemenge
                           
                              Q'=\frac{75\,Q}{\eta_w}=\frac{75\,\times\,0,62}{0,7}=66\mbox{ WE}/\mbox{sek}
                              
                           spenden.
                           Die Luftströmungen, welche den Windkraftmaschinen zugrunde liegen, sind als räumlich
                              									verhältnismäßig beschränkt anzusehen, entwickeln sie sich doch, wie erwähnt,
                              									insbesondere über zwei aneinandergrenzenden Gebieten verschiedener
                              									Erwärmungsfähigkeit durch die Sonnenstrahlen. Dagegen sind jene Luftströmungen,
                              									welche bereits eingangs als den Wasserkraftmaschinen
                              									zugrunde liegend erkannt wurden, als ganz wesentlich ausgedehntere
                              									Strömungserscheinungen zu betrachten: sie führen den Wasserdunst vom freien Ozean
                              									ins Herz des Binnenlandes, um ihn am Flachlande sowohl, wie im Hochgebirge in Form
                              									von Niederschlägen abzuladen.
                           Die thermodynamischen Vorgänge sind hierbei ähnlich den vorbeschriebenen; zur
                              									Vereinfachung der Betrachtung wird die Annahme gemacht, daß der Kreislauf der
                              									feuchten Luft wieder durch das Rechteck abcd der Abb. 3a dargestellt sei. Abweichend von der früheren
                              									Annahme wird jedoch dieses Rechteck in einer der großen räumlichen Ausdehnung des
                              									Kreislaufes besser entsprechenden Weise dergestalt in ein System von Isobaren p und Isothermen t
                              									eingefügt, daß die Strömungen der feuchten Luft von b
                              									nach c, von d nach a als
                              									isobarische Zustandsänderungen in Erscheinung treten. Es ergibt sich dann b→c = III als isobarische
                              									Abkühlung, d→a = I als isobarische Erwärmung, so daß III als isobarische Kompression, I als isobarische Expansion anzusehen sind. Die
                              									Zustandsänderungen a→b = II und c→d = IV können im Sinne einer ähnlichen
                              									Ueberlegung wie früher als adiabatische Expansion bzw. als adiabatische Kompression
                              									angenommen werden.
                           Das zu vorliegendem Kreisprozeß gehörige pv-Diagramm ist
                              									durch Abb. 3b, dessen Abbildung durch das
                              									Entropiediagramm Abb. 3c gegeben. Der Kreisprozeß
                              									stellt sich als solcher dar, wie er bei den Heißluftmaschinen üblich ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 334, S. 225
                              Abb. 3a.
                              
                           Seine vier Zustandsänderungen sind, sofern man vorerst auf die
                              									Verdampfungserscheinungen des Wassers an der Stelle a,
                              									auf die Niederschlagsbildung des Wassers an der Stelle c keine Rücksicht nimmt, durch die Wärmegleichungen
                           
                              
                                 QI = cp (Ta – Td)
                                    QII = 0
                                    QIII = cp (Tb – Tc)
                                    QIV = 0
                                 . . . . (8)
                                 
                              
                           gegeben. Die Fläche L des
                              									Arbeitsdiagrammes ist die pro kg feuchter Luft frei werdende Arbeit; sie rechnet
                              									sich zu
                           L=\frac{Q_I-Q_{III}}{A}=\frac{c_p}{A}\,(T_a-T_d-T_b+T_c) . . . (9)
                           Der thermodynamische Wirkungsgrad des Kreisprozesses ergibt
                              									sich als das Verhältnis des Wärmewertes der Arbeit L
                              									zur gesamten zugeführten Wärmemenge QI somit zu
                           \eta_t=\frac{A\,L}{Q_I}=\frac{Q_I-Q_{III}}{Q_I}=1-\frac{Q_{III}}{Q_I} . . . (10)
                           Unter Heranziehung der Gleichungen (8) schreibt sich Beziehung
                              									(10) auch in der Form
                           
                              \eta_t=1-\frac{T_b-T_c}{T_a-T_d}.
                              
                           Nach der Natur dieses Kreisprozesses ist aber
                           \frac{T_c}{T_b}=\frac{T_d}{T_a} . . . . . . (11)
                           somit vereinfacht sich der thermodynamische Wirkungsgrad
                              									auf
                           \eta_t=1-\frac{T_b}{T_a} . . . . . (12)
                           Beträgt z.B.
                           ta =
                              									25° C, tb = 10° C,
                           so ergeben sich die zugeordneten absoluten
                              									Temperaturen
                           Ta =
                              									273 + 25 = 298°, Tb
                              									= 273 + 10 = 283°,
                           demnach nach Gleichung (12)
                           Wenn der thermodynamische Wirkungsgrad hier mit einem höheren Werte ermittelt wird,
                              									als vordem beim Carnotschen Kreisprozeß, so muß hierbei berücksichtigt werden, daß
                              									sich dieser Kreisprozeß entsprechend den wesentlich weiter ausgreifenden
                              									Luftströmungen über ein wesentlich größeres Temperaturgefälle erstreckt. Rechnet man
                              									z.B. mit einer im Punkt d des Kreislaufes auftretenden
                              									Temperatur
                           td= 17° C,
                           entsprechend einer absoluten Temperatur
                           Td =
                              									273 + 17 = 290°,
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 334, S. 225
                              Abb. 3b.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 334, S. 225
                              Abb. 3c.
                              
                           so erhält man nach Gleichung (11).
                           
                              T_c=\frac{T_d}{T_a}\,T_b=\frac{290}{298}\,283=275,5^{\circ},
                              
                           woraus
                           tc =
                              									275,5 – 273 = 2,5° C.
                           Man ist hierdurch in der Lage, die pro kg feuchter Luft frei werdende Arbeit L zu berechnen. Wählt man vorbehaltlich einer späteren
                              									Nachprüfung
                           cp= 0,24,
                           so ergibt sich nach Gleichung (9)
                           L = 427 × 0,24 (298 – 290 – 283 +
                              									275,5) = 51 mkg/kg.
                           Der Wärmewert dieser Arbeit beträgt
                           
                              A\,L=\frac{51}{427}=0,12\mbox{ WE}/\mbox{kg}.
                              
                           Vorstehende Rechnungsergebnisse bedürfen jedoch noch einer Ergänzung durch
                              									Einbeziehung der Verdampfungs- und
                                 										Kondensationserscheinungen, welche das im Kreisprozesse mitgeschleppte
                              									Wasser an den Stellen a und c der Abb. 3a mit sich bringt. Scheidet
                              									sich aus der feuchten Luft an der Stelle c des
                              									Kreislaufes ein für die Wasserläufe der Erde in Betracht kommender Wassergehalt von
                              										w kg/kg als Niederschlag aus, so mußte unter
                              									Vernachlässigung unwesentlicher Verwicklungen zu dessen Erzeugung bis zur Stelle a des Kreislaufes eine Wärmemenge
                           Qa =
                              										w (qa + ra) . . . . . (13)
                           von der Sonne aufgewendet werden, sofern qa die
                              									Flüssigkeitswärme, ra
                              									die Verdampfungswärme des Wassers bei der Temperatur ta darstellt. An der Stelle c des Kreislaufes hingegen wird sinngemäß die
                              									Wärmemenge
                           Qc =
                              										w (qc + rc) . . . . . (14)
                           
                           frei. Der Wirkungsgrad ηv des Verdampfungsvorganges stellt sich auf
                           \eta_v=\frac{Q_a-Q_c}{Q_a} . . . . . (15)
                           Nach der Dampftabelle beträgt für die Temperaturen
                           
                              
                                 ta = 25°
                                    											C,
                                 tc = 2,5°
                                    											C,
                                 
                              
                                 qa= 25,04 WE/kg,
                                 qc = 2,50
                                    											WE/kg,
                                 
                              
                                 ra = 581,7
                                    											WE/kg,
                                 rc = 593,5
                                    											WE/kg,
                                 
                              
                           demnach ergibt sich nach den Gleichungen (13) bis (15)
                           Qa =
                              										w (25,04 + 581,7) = 606,74 w WE,
                           Qc= w (2,5 + 593,5) = 596,0 w WE,
                           
                              \eta_v=\frac{606,74-596,0}{606,74}=0,0174.
                              
                           Vorliegende Verhältnisse sind aus dem Entropiediagramm des
                              									Wasserdampfes (Abb. 4) zu entnehmen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 334, S. 226
                              Abb. 4.
                              
                           Nach den Gleichungen (8), (13) und (14) ergibt sich die insgesamt zu- und abgeführte
                              									Wärmemenge
                           \left.{{Q_1=Q_I+Q_a=c_p\,(T_a-T_d)+w\,(q_a+r_a)}\atop{Q_3=Q_{III}+Q_c=c_p\,(T_b-T_c)+w\,(q_c+r_c)}}\right\} (16)
                           demnach die tatsächlich geleistete Arbeit
                           L_0=\frac{1}{A}\,[A\,L+w\,(q_a+r_a-q_c+r_c)] . . (17)
                           sowie der tatsächliche thermodynamische Wirkungsgrad
                           \eta_T=1-\frac{Q_3}{Q_1}=1-\frac{c_p\,(T_b-T_c)+w\,(q_c+r_c)}{c_p\,(T_a-T_d)+w\,(q_a+r_a)} (18)
                           Eine Einführung obiger Zahlwerte ergibt
                           L0 =
                              									427 [0,12 + w (606,74 – 596,0)]
                                                    = 427 (0,12 + 10,74 w) mkg/kg (17 a)
                           \eta_T=1-\frac{0,24\,(283-275,5)+596,0\,w}{0,24\,(298-290)+606,74\,w}=\frac{0,12+10,74\,w}{1,92+606,74\,w} (18 a)
                           In den Gleichungen (17 a) und (18 a) ist die Größe w vorerst noch unbestimmt.
                           Die Arbeit L0 wird
                              									verwendet, die feuchte Luft in Bewegung zu versetzen, sie dient daher zur
                              									Ueberwindung aller Bewegungswiderstände, welche die Luft auf ihrem Kreislauf zu
                              									überbrücken hat; sie wird aber auch verwendet, den Wasserdunst in die Höhe der
                              									Luftschichte b→c (Abb.
                                 										3a) zu heben. Ist erstere Arbeit hier als Verlust zu buchen, so stellt
                              									letztere die Nutzarbeit dar, welche der Kreislauf der Luft, der hier die Rolle einer
                              									gigantischen Lasthebemaschine übernimmt, zu leisten hat.
                              									Der mechanische Wirkungsgrad ηm dieser Lasthebemaschine stellt sich als das
                              									Verhältnis der Hubarbeit / zur Gesamtarbeit L0 dar, so daß
                           \eta_m=\frac{l}{L_0} . . . . . . (19)
                           Nimmt man an, daß die eben erwähnte Luftschichte b→c eine Seehöhe
                           H = 3000 m
                           besitzt, so ergibt sich die Hubarbeit, welche für die Hebung
                              									von w kg Wasser aufgewendet werden muß, zu
                           l = wH =
                              									3000 w mkg,
                           demnach unter Berücksichtigung von Gleichung (17 a) auch
                           \eta_m=\frac{3000\,w}{L_0}=\frac{3000\,w}{427\,(0,12+10,74\,w)} (19 a)
                           Nimmt man z.B. an, daß bei den Wasserkraftmaschinen ein ähnliches Verhältnis zwischen
                              									thermo-dynamischem und mechanischem Wirkungsgrad herrscht, wie bei den
                              									Windkraftmaschinen, so ergibt sich nach den dort gefundenen Zahlwerten
                           
                              \frac{\eta_T}{\eta_m}=\frac{0,03}{0,125}=0,24,
                              
                           demnach nach den Gleichungen (17 a), (18 a) und (19 a)
                           
                              \frac{0,12+10,74\,w}{1,92+606,74\,w}=\frac{3000\,\times\,0,24\,w}{427\,(0,12+10,74\,w)},
                              
                           woraus
                           w = 0,0036 kg/kg.
                           Eine abermalige Heranziehung der Gleichungen (17 a), (18 a)
                              									und (19 a) führt zu den Größen
                           L0= 427 (0,12 + 10,74 × 0,0036) = 63 mkg,
                           
                              \eta_T=\frac{0,12+10,74\,\times\,0,0036}{1,92+606,74\,\times\,0,0036}=0,0385,
                              
                           
                              \eta_m=\frac{0,0385}{0,24}=\frac{3000\,\times\,0,0036}{63}=0,171.
                              
                           Wenn die mittlere Seehöhe des Niederschlaggebietes etwa mit
                           h = 500 m
                           angenommen wird, ergibt sich der Wirkungsgrad ηh der Hubhöhe dieser
                              									aeromechanischen Lasthebemaschine zu
                           
                              \eta_h=\frac{h}{H}=\frac{500}{3000}=0,167.
                              
                           Wenn man des weiteren annimmt, daß von diesen 500 m
                              									Totalgefälle nur 200 m in Wasserkraftmaschinen nutzbar gemacht werden können, so
                              									rechnet sich daraus ein Wirkungsgrad ηw des Wasserlaufes
                           
                              \eta_w=\frac{200}{500}=0,4.
                              
                           Beträgt schließlich der Wirkungsgrad ηk des Kraftwerkes
                           η = 0,75,
                           worin nicht nur der Wirkungsgrad der Turbinen, sondern auch
                              									jener der Rohrleitung, des Ober- und Untergrabens, usw. enthalten sein möge, so
                              									ergibt sich daraus ein Gesamtwirkungsgrad
                           η = ηr • ηm • ηh • ηw • ηk . . . . (20)
                           Eine Einführung vorstehender Zahlwerte ergibt
                           η = 0,0385 × 0,171 × 0,167 × 0,4 ×
                              									0,75 = 0,00033.
                           Wenn der Wirkungsgrad hier wesentlich kleiner wird, als bei
                              									den Windkraftmaschinen, so hat dies in erster Linie seinen Grund darin, daß bei den
                              									Windkraftmaschinen nicht berücksichtigt wurde, daß nur ein verschwindender Teil der
                              									gesamten hierfür verfügbaren Kraft ausgenutzt werden kann. Denselben zahlenmäßig
                              									zu fassen, ist jedoch derart unsicher, daß davon ganz abgesehen wurde. Es ist
                              									demnach auch sehr schwer, eine auch nur halbwegs genaue Ziffer über die verfügbaren
                              									Windkräfte eines Landes aufzustellen.
                           Die einer Arbeitsleistung von 1 PS entsprechende, von der Sonne zu spendende
                              									Wärmemenge rechnet sich wie früher zu
                           
                              Q=\frac{75\,A}{\eta}=\frac{75}{427\,\times\,0,00033}=548\mbox{ WE}/\mbox{sek.}
                              
                           Zur Erzeugung von 1 PS sind sekundlich
                           
                              G=\frac{Q\,\eta_T}{A\,L_0}=\frac{548\,\times\,427\,\times\,0,0385}{63}=142\mbox{ kg}/\mbox{sek}
                              
                           feuchter Luft in Bewegung zu versetzen. Bei einem mittleren
                              									spezifischen Gewicht
                           γ = 1,23 kg/m3
                           ergibt sich die zur Erzeugung von 1 PS sekundlich in Bewegung
                              									zu versetzende Luftmenge zu
                           
                              V=\frac{G}{\gamma}=\frac{142}{1,23}=116\mbox{ m}^3/\mbox{sek.}
                              
                           Da 1 PS bei dem angenommenen mittleren wirksamen Gefälle von 200 m, bei dem
                              									Wirkungsgrad ηk = 0,75
                              									einer sekundlichen Wassermenge
                           
                              q=\frac{75}{200\,\times\,0,75}=0,5\mbox{ l}/\mbox{sek}
                              
                           entspricht, ergibt sich ein aus der Luft lediglich für den
                              									Betrieb der Wasserkraftmaschinen auszuscheidender Wassergehalt w von
                           
                              w=\frac{q}{G}=\frac{0,5}{142}=0,0036\mbox{ kg}/\mbox{kg}
                              
                           in selbstverständlicher Uebereinstimmung mit dem oben hierfür
                              									ermittelten Wert.
                           Der Gesamtwassergehalt der Luft, so wie sie über dem
                              									Meeresspiegel aufsteigt, muß selbstverständlich größer sein, als dieser Wert. Nach
                              									der Rietschelschen Tabelle, welche in Abb. 5 dargestellt ist, entspricht einer Temperatur
                              										tc = 2,5° C ein
                              									maximaler Wassergehalt
                           Wc =
                              									0,004536 kg/kg.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 334, S. 227
                              Abb. 5.
                              
                           Wenn man sich nun an die bekannte Faustregel hält, daß ⅓ jedes
                              									Niederschlages verdunstet, ⅓ versickert, während ⅓ desselben abfließt, wenn man des
                              									weiteren annimmt, daß das versickernde Wasser durch späteres Wiedererscheinen als
                              									Quelle für die Wasserkraftverwertung nicht als verloren zu betrachten ist, so kann
                              									man die Gesamtmenge W des Niederschlagswassers zu
                           W = 1,5 w
                                 										= 1,5 × 0,0036 = 0,0054 kg/kg
                           annehmen. Der ursprüngliche Wassergehalt der Luft, so wie sie
                              									über der Wasseroberfläche bei a (Abb. 3a) aufsteigt, muß demnach
                           wa =
                              										W + Wc = 0,0054 + 0,004536 = 0,009936 kg/kg
                           betragen. Da jedoch nach Abb.
                                 										5 bei einer Temperatur ta = 25° C die Luft einen maximalen Wassergehalt
                           Wa =
                              									0,0195 kg/kg
                           besitzen kann, ergibt sich die relative
                                 										Feuchtigkeit der über dem Meere aufsteigenden Luft zu
                           
                              \varphi=\frac{w_a}{W_a}=\frac{0,009936}{0,0195}=0,505,
                              
                           entsprechend einem Feuchtigkeitsgrad der Luft von
                           Φ = 100 ϕ
                              									= 100 × 0,505 = 50,5 v. H.
                           Es erübrigt noch, den eingangs angenommenen Wert cp
                              									= 0,24 einer Nachprüfung zu unterziehen: Bei einem
                              									Wassergehalt wa= 0,009936 kg/kg ergibt sich ein Gehalt an reiner Luft
                              									von
                           1 – wa
                              									= 1 – 0,009936 = 0,990064 kg/kg.
                           Nach dem Daltonschen Gesetz ist
                              									daher bei einem Wert
                           cp= 0,238 für trockene Luft,
                           cp= 0,48 für Wasserdampf
                           der gesuchte Wert cp der Mischung von Luft und Wasserdampf
                           
                              c_p=\frac{\Sigma\,G\,c_p}{\Sigma\,G}=\frac{0,990064\,\times\,0,238+0,009936\,\times\,0,48}{0,990064+0,009936}=0,23975
                              
                           in befriedigender Uebereinstimmung mit der eingangs gemachten
                              									Annahme.
                           Wenn man z.B. die Wasserkräfte Deutschlands mit 1425000 PS
                              									einschätzt, so muß die Sonne für dieselben eine sekundliche Wärmemenge von
                           1425000 × 548 = 780000000 WE/sek
                           spenden. Bei einem Flächeninhalt Deutschlands von 541000 km2 entspricht dies einer sekundlichen Wärmemenge
                              									von
                           
                              \frac{780000000}{541000}=1440\mbox{ WE}/\mbox{km}^2=0,00144\mbox{ WE}/\mbox{m}^2.
                              
                           Für diese Wasserkräfte Deutschlands muß eine sekundliche
                              									Luftmenge von
                           1425000 × 116 = 165000000 m3/sek
                           in Bewegung versetzt werden, bzw. pro km2 Bodenfläche Deutschlands
                           
                              \frac{165000000}{541000}=303\mbox{ m}^3/\mbox{sek.}
                              
                           Zweifellos werden die der vorliegenden Untersuchung zugrunde gelegten Annahmen oft
                              									nicht unbeträchtlich von der Wirklichkeit abweichen. Immerhin aber wird diese Studie
                              									ein Bild über die wärmewirtschaftlichen Grundlagen geben, auf welchen in der Natur
                              									die Wind- und Wasserkraftmaschinen aufgebaut sind.
                           Es sei hier ausdrücklich hervorgehoben, daß in dieser Untersuchung jene Wasserkräfte
                              									nicht inbegriffen sind, welche auf den Gezeiten beruhen,
                              									welche also die Ausnutzung der Ebbe- und Fluterscheinung in Wasserkraftmaschinen
                              									bezwecken. Diese Wasserkräfte haben als Kraftquelle die Achsendrehung der Erde;
                              									indem die Erde zur Kraftleistung herangezogen wird, wird sie – ein sehr großes
                              									Schwungrad – allmählich abgebremst. Auch diese Kraftquelle kann aber nach der Kant-Laplaceschen Theorie auf die Sonnenwärme
                              									zurückgeführt werden, wenn sie auch Aeonen von Jahren zurückliegt, reicht ihre
                              									Entstehung doch auf jenen „ersten Schöpfungstag“ zurück, an dem es hieß:
                              										„Es werde Licht!“