| Titel: | Polytechnische Schau. | 
| Fundstelle: | Band 334, Jahrgang 1919, S. 228 | 
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                        Polytechnische Schau.
                        (Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
                           								– nur mit Quellenangabe gestattet.)
                        Polytechnische Schau.
                        
                     
                        
                           Fabrikorganisation und Werkstattbetrieb.
                           Ansporn zur Kohlenersparnis. In Connecticut sind für eine
                              									Anzahl unter ähnlichen Bedingungen arbeitender Kraftwerke Höchstzahlen für den
                              									Kohlenverbrauch angegeben, die für die erzeugte Kilowattstunde nicht überschritten
                              									werden, dürfen. Die tatsächlich erzielten Zahlen werden zwischen den einzeinen
                              									Werken nahezu täglich ausgetauscht und allgemein bekannt gegeben, um die Sparsamkeit
                              									anzuspornen. Gleichzeitig werden für besondere Ersparnisse Prämien ausgegeben, die
                              									auf alle Angestellten gleichmäßig verteilt werden. Es soll durch diesen Anreiz
                              									gelungen sein, in einem bestimmten Werke, Hartford, die Leistung für 1 t Kohle von
                              									920 kWh auf 1270 kWh zu steigern. (El. world 1918, S. 1176.)
                           Dipl.-Ing. W. Speiser.
                           Vereinheitlichung der Abmessungenvon Drehbänken. In einem Aufsatz „Moderne
                                 										Drehbänke“ untersucht Ing. Lambrette die äußeren
                              									Abmessungen von Drehbänken auf ihre Zweckmäßigkeit und kommt zum Schluß auf Grund
                              									einer Gegenüberstellung der Abmessungen gleichwertiger Maschinen verschiedener
                              									Firmen des In- und Auslandes zur Feststellung erheblicher, durch die Eigenart der
                              									Maschinen nicht gerechtfertigter Unterschiede, die darauf schließen lassen, daß die
                              									verschiedenen Teile der Maschine nur nach dem Gefühl des Konstrukteurs, nicht aber
                              									nach angestellten Berechnungen oder bestimmten Erfahrungswerten ausgeführt sind. Der
                              									Verfasser hat sich der Mühe unterzogen, die Drehbänke in allen Einzelheiten
                              									hinsichtlich der Festigkeit, Formänderung, Flächendruck in den Führungen usw. zu
                              									berechnen, und gibt seine Ergebnisse in Form von Verhältniszahlen als Funktion der
                              									Spitzenhöhe h. Wenngleich Verhältniszahlen nicht mehr
                              									beliebt sind, weil sie leicht zu einem gedankenlosen Arbeiten des Konstrukteurs
                              									verführen, so muß in diesem Falle doch zugegeben werden, daß die gegebenen Zahlen
                              									wertvolle Winke darstellen, die die richtige Bemessung von Teilen erleichtern, deren
                              									exakte Berechnung meist recht umständlich ist, weil die Beanspruchungen nicht genau
                              									festgestellt werden können. (Wzm. 1919, Heft 7 und 8.)
                           Die Bedeutung des Werkzeuglagers und seiner Organisation für
                                 										die wissenschaftliche Betriebsführung. Das Werkzeuglager stellt auch in
                              									kleineren Betrieben einen erheblichen Geldwert dar. Es muß daher unzweckmäßig
                              									erscheinen, dem Arbeiter eine größere Anzahl von Werkzeugen zu dauerndem Gebrauch zu
                              									überlassen, weil er sie nur zum Teil benutzen und auch nicht richtig in Stand halten
                              									wird. Werden dem Arbeiter zu jeder Arbeit nur die notwendigen Werkzeuge, diese aber
                              									in tadellosem Zustande übergeben, so wird man den Werkzeugpark verringern und doch
                              									stets beste Arbeit garantieren können. Vor allem kann der Betriebsleiter dann stets
                              									die geforderte äußerste Ausnutzung der Maschinen durchsetzen; ferner wird man sich
                              									ein Bild darüber machen können, wie die einzelnen Arbeiter ihre Werkzeuge behandeln
                              									und Unregelmäßigkeiten aufdecken können. Die notwendigen Instandsetzungsarbeiten
                              									müssen sofort nach Rückgabe der Werkzeuge in die Werkzeugstube vorgenommen werden,
                              									um die Zahl der Werkzeuge tunlichst klein halten zu können. Es ist zu vermeiden, daß
                              									die Arbeiter selber Ausbesserungen an den Werkzeugen vornehmen, insbesondere ihre
                              									Werkzeuge selbst schleifen, weil sie das in den allerwenigsten Fällen richtig machen
                              									werden. Alle Schleifsteine und Schmirgelscheiben sind deswegen aus der eigentlichen
                              									Werkstatt zu entfernen und in der Werkzeugmacherei aufzustellen. Die
                              									vorhandenen Werkzeuge müssen in Regalen und Schränken übersichtlich nach
                              									mnemotechnisch gewählten Bezeichnungen so geordnet sein, daß zugehörige Teile, zum
                              									Beispiel Schrauben und Muttern beieinander liegen. (Wzm. 1919, Heft 8.)
                           Einheitswelle und Einheitsbohrung. Der Kampf der Meinungen
                              									über die Zweckmäßigkeit des einen oder des anderen Systems ist immer noch nicht
                              									abgeschlossen. Der hannoversche Bezirksverein deutscher Ingenieure hatte sich für
                              									die alleinige Einführung des Systems der Einheitswelle ausgesprochen. C. Schreibmayr hatte dabei zugunsten der Einheitswelle
                              									angeführt, daß die Werkzeugkosten zwar für die Einheitswelle in der Anschaffung
                              									höher, in der Unterhaltung aber niedriger seien. Dieser Anschauung tritt Müller
                              									entgegen, indem er ausführt, daß die von Schreibmayr in
                              									Rechnung gezogene Feinfeinpassung für die Bohrung nur als Ausnahmefall zu gelten
                              									habe, ferner seien sehr häufig fünf verschiedene Passungen, anstatt der von
                              									Schreibmayr in die Rechnung eingesetzten drei notwendig und endlich braucht man beim
                              									System der Einheitswelle nicht einen, sondern mehrere Aufspanndorne, wenn man genau
                              									spannen will. Unter diesen Verhältnissen errechnet Müller die Anschaffungskosten der
                              									Werkzeuge auf den zwei- bis sechsfachen Betrag derjenigen bei der Einheitsbohrung,
                              									also wesentlich höher als ihn Schreibmayr berechnet hatte. Müller kommt in seiner
                              									Entgegnung zu dem Schluß, daß das System der Einheitswelle im Präzisionsmaschinenbau
                              									eine wesentliche Verteuerung der Erzeugung mit sich bringen wird, was bei den
                              									augenblicklich für uns so ungünstigen Verhältnissen des Weltmarktes durchaus
                              									vermieden werden muß. (WT. 1919, Heft 12.)
                           Preger.
                           
                        
                           Elektrotechnik.
                           Wirbelstromprobleme. Wird ein wechselndes magnetisches
                              									Feld von einer Leiterschleife umschlossen, deren Leiter senkrecht zur Richtung der
                              									Kraftlinien eine größere Ausdehnung besitzt, so wirkt auf die äußeren, am weitesten
                              									von der Achse des Feldes entfernten Teile des Leiters ein größerer Kraftfluß als auf
                              									die inneren, da diese mehr Kraftlinien umschließen als jene, weil ja der Leiter
                              									selbst auch von Kraftlinien durchsetzt wird. Es wird deshalb in seinem äußeren Teile
                              									ein stärkerer Strom induziert, als in dem inneren. Die so entstehende ungleichmäßige
                              									Belastung des Leiterquerschnitts kann man sich auch so entstanden denken, daß außer
                              									dem gleichmäßig über den Querschnitt verteilten Strom sogenannte Wirbelströme im
                              									Leiter auftreten, die auf der Außenseite mit ihm im gleichen Sinne, auf der
                              									Innenseite entgegengesetzt laufen. Diese ungleichmäßige Belastung hat eine
                              									scheinbare Vergrößerung des Ohm sehen Widerstandes und eine Vergrößerung der
                              									Stromwärmeverluste zur Folge. Das Wirbelstromproblem ist theoretisch schon mehrfach
                              									behandelt worden. Vidmar beschäftigt sich in
                              										„Elektrotechnik und Maschinenbau“ 1919, Heft 8, mit der Anwendung der
                              									Lösungen auf den Bau großer Maschinen. Man kann die Wirbelstrombildung verringern
                              									durch Unterteilung der Leiter, doch ist dies nur ein Notbehelf. Vidmar berechnet, wie viel mal so groß die
                              									Stromwärmeverluste bei einer gegebenen Anordnung unter Berücksichtigung der
                              									Wirbelstromverluste werden, als sie sich aus dem reinen Ohmschen Widerstände ergeben
                              									würden. Sollen die Wirbelstromverluste in einer Typenreihe in gleichem Maße zunehmen
                              									wie die Gesamtverluste, so muß die Anzahl der in einer Nut übereinander liegenden
                              									Drahtlagen mit der Quadratwurzel aus der Leistung wachsen. Vidmar
                              									ermittelt die günstigste Leiterbreite bei einer bestimmten Anzahl Leiterlagen und
                              									die günstigsten Leiterbreiten für die einzelnen Lagen. Dabei findet er, daß z.B. bei
                              									einem Transformator die günstigste Leiterbreite in der ersten Lage etwa 17,5 mm
                              									beträgt, wobei die Gesamtstromwärmeverluste etwa 33 v. H. höher sind als die reinen
                              									Ohmschen Verluste. Bei in Nuten eingebetteten Wicklungen kann man die
                              									Gesamtstromwärme dadurch verkleinern, daß man für die Stirnverbindungen der
                              									Nutenstäbe einen anderen Querschnitt wählt als für die Nutenstäbe selbst. Es genügt
                              									aber nicht, die Gesamtstromwärme an sich möglichst klein zu halten, sondern es muß
                              									auch auf möglichst gute Abführung der erzeugten Wärme gesehen werden. Besonders
                              									gefährdet ist in dieser Hinsicht bei einem Transformator die äußerste, bei einer
                              									Nutenwicklung die oberste Leiterlage. Sie muß deshalb besonders beachtet werden. Der
                              									große Wirbelstromzuschlag für die oberste Drahtlage kann verkleinert werden, wenn
                              									man anstatt Kupfer Aluminium verwendet. Vidmar vergleicht
                              									die Leitergewichte und die Energieverluste, die man bei Beachtung dieser einzelnen
                              									Bedingungen erhält und kommt zu dem Schluß, daß Aluminiumwicklung die Kühlung der
                              									Nuten wesentlich erleichtert, da bei ihr die Verluste besser auf die einzelnen
                              									Drahtlagen verteilt sind, also eine verhältnismäßig größere Belastung zugelassen
                              									werden kann, was besonders bei großen Maschinen von hoher Bedeutung ist. Sie bedingt
                              									jedoch etwa 40 v. H. größere Gesamtverluste, zu deren Abführung die Leistung der
                              									Maschine etwas ermäßigt werden muß. Bei unterteilten Wicklungen wird die
                              									Aluminiumwicklung um so ungünstiger, je größer die Stabzahl ist. Unter einer
                              									gewissen Stabzahl ist jedoch die Aluminiumwicklung günstiger als die
                              									Kupferwicklung.
                           Dr.-Ing. Bachmann.
                           
                        
                           Gastechnik.
                           Die Versorgung der Berliner Bahnhöfe mit Leuchtgas. Der
                              									Mangel an Gasöl zwang bekanntlich die preußisch-hessische Eisenbahnverwaltung
                              									bereits im Jahre 1915 dazu, die bis dahin benutzte Oelgasbeleuchtung der
                              									Personenwagen aufzugeben und zur Beleuchtung mit verdichtetem Steinkohlengas
                              									überzugehen. Die Oelgasanstalten in Tempelhof, Pankow und anderen Orten in der
                              									Umgebung Berlins wurden daher stillgelegt und hatten fortan nur noch die Aufgabe,
                              									das den Leitungen entnommene Steinkohlengas zu verdichten und an die
                              									Verbrauchstellen zu liefern. Die wechselnde Zusammensetzung des aus verschiedenen
                              									Gaswerken bezogenen Gases machte jedoch eine Zusammenlegung der
                              									Verdichtungsstationen erforderlich. Deshalb wurde bei der Gasanstalt in Lichtenberg
                              									eine große Anlage geschaffen, die sämtliche Stationen des Nord- und Südringes mit-
                              									verdichtetem Steinkohlengas versorgt.
                           Das aus dem städtischen Rohrnetz von Lichtenberg bezogene Steinkohlengas wird in
                              									großen Sammelbehältern aufgespeichert und aus diesen von drei Gaspumpen angesaugt,
                              									die es auf 14–16 at verdichten. Nach sorgfältiger Reinigung, Trocknung und Kühlung
                              									wird das verdichtete Gas in vier große Sammelbatterien gefüllt, aus denen es in die
                              									um ganz Berlin laufende Ringgasleitung gelangt. Die
                              									Kompressoren haben elektrischen Antrieb und liefern stündlich je 500 m3 komprimiertes Gas. Um bei einer Störung stets
                              									eine Reservemaschine zur Verfügung zu haben, soll noch ein vierter Kompressor für
                              									1000 m3 Stundenleistung aufgestellt werden. Das
                              									abgegebene Gas wird in zwei großen Gasuhren gemessen und in einem besonderen
                              									Laboratorium regelmäßig auf seine Zusammensetzung und seinen Heizwert geprüft. Der
                              									Heizwert des Gases, der durch selbsttätige Kalorimeter mit Kurvenaufzeichnung
                              									bestimmt wird, beträgt 4700 WE.
                           In der Zeit des höchsten Verbrauchs werden der Ringleitung im ganzen etwa 30000
                              										m3 täglich entnommen; zur Verdichtung dieser
                              									Gasmenge müssen sämtliche drei Kompressoren 20 Stunden lang in Betrieb sein. Die
                              									Anlage wurde am 1. September 1918 eröffnet und hat sich bisher gut bewährt. (Zeitg.
                              									Verein Dt. Eisenbahn-verwaltgn. 1918. S. 801.).
                           Sander.
                           
                        
                           Wasserreinigung.
                           Ein neues System der Gewinnung künstlichen Grundwassers für
                                 										Wasserversorgungsanlagen. Mit der Zunahme der Besiedelung und
                              									Industrialisierung der Städte bereitet die Wasserversorgung häufig große
                              									Schwierigkeiten, man hat daher in den letzten Jahren der Erzeugung von künstlichem
                              									Grundwasser und seiner Verwendung als Trinkwasser erhöhte Beachtung geschenkt. O.
                              										Schwarz hat eine neue Vorrichtung zur Entnahme von
                              									künstlichem Grundwasser angegeben, die folgende Merkmale aufweist. Wo der
                              									undurchlässige Untergrund eines Grundwasserstaubeckens oder eines Stauweihers von
                              									genügend mächtigen durchlässigen Bodenschichten überlagert ist, wird das in diese
                              									Schichten eingedrungene Wasser mittels mehrerer voneinander unabhängiger
                              									Drainagesysteme gesammelt und zu einem Entnahmebrunnen bzw. -turm, der gleichzeitig
                              									als Reinwasserbehälter dient, geleitet, von wo aus das Wasser seiner Bestimmung
                              									zugeführt wird. Die Drainleitungen oder Sickerstollen sind in solcher Entfernung vom
                              									offenen Wasser bzw. unter der Erdoberfläche angelegt, daß die vom aufgesaugten
                              									Wasser in wagerechter bzw. senkrechter Richtung durchsickerten Bodenmassen als
                              									Wasserreiniger wirken können. Der Wasserzufluß zum Entnahmebrunnen oder -türm jedes
                              									einzelnen Drainagesystems kann gedrosselt oder abgesperrt und so die
                              									Filtergeschwindigkeit geregelt werden. Durch Umleitungen können die Drainagesysteme.
                              									unter Umgehung des Entnahmebrunnens oder -turmes auch direkt an die Entnahmeleitung
                              									angeschlossen werden.
                           Verfasser beschreibt an Hand mehrerer Skizzen die Bauart seiner Entnahmevorrichtung
                              									sowohl für ein Grundwasserstaubecken als auch für einen Stauweiher sowie für ein
                              									Schotterstaubecken. Schließlich faßt er die Vorteile der künstlichen
                              									Grundwassergewinnung wie folgt zusammen: Diese Art der Wassergewinnung ist im
                              									Gebirge und Hügelland fast immer anwendbar, da das Niederschlaggebiet der
                              									Entnahmevorrichtung nur klein zu sein braucht. Die Vorarbeiten sind einfach und
                              									billig durchführbar, da die Niederschlag-, Abfluß- und Versickerungsverhältnisse aus
                              
                              									vorhandenen Beobachtungsdaten zuverlässig abgeleitet werden können, die
                              									erforderlichen geologischen Feststellungen sich nur auf die das Talbecken
                              									erfüllenden Ablagerungen zu erstrecken brauchen und da über die zu erwartende
                              									Beschaffenheit des Wassers die chemische Untersuchung des dem Bachbett sowie den
                              									Probegruben entnommenen Wassers leicht Aufschluß gibt. Die Baustoffe für die Anlage
                              									sind leicht zu beschaffen, so daß sie rasch und billig ausgeführt werden kann. Der
                              									Betrieb erfolgt größtenteils selbsttätig und erfordert wenig Bedienung, keine
                              									Pumpen, Motoren, Brennstoffe usw. Nachträgliche Herstellungen und Ausbesserungen
                              									können an allen Teilen der Wassergewinnungsanlage vorgenommen werden, ohne daß der
                              									Betrieb des Wasserwerks gestört wird. Das gewonnene Trinkwasser ist vollständig
                              									mechanisch gereinigt und keimfrei, es besitzt fast gleichbleibende Temperatur und in
                              									vielen Fällen einen geringeren Härtegrad. Schließlich läßt sich das Wasserwerk dem
                              									steigenden Wasserbedarf entsprechend etappenförmig ausbauen. (Ztschr. des Vereins
                              									der Gas- und Wasserfachmänner in Oest. u. Ung., 59. Jahrg., S. 73 bis 84.)
                           Sander.
                           
                        
                           
                           Ausbildung.
                           Richtlinien für die Vorbildung zum höheren
                                 										Verwaltungsdienst. (Reichsausschuß der Akademischen Berufsstände.) Die
                              									Beamten der höheren allgemeinen Staatsverwaltung in den deutschen Staaten haben fast
                              									ausschließlich eine juristische Vorbildung genossen; dies beruht zum Teil, wie in
                              									Preußen, auf gesetzlicher Grundlage, zum Teil auf hergebrachter Uebung, und auch die
                              									Selbstverwaltungskörper berufen in der Hauptsache Juristen.
                           Dieser als „Juristenmonopol“ bezeichnete Zustand hat insbesondere zwei
                              									wesentliche Nachteile. Es entspringt daraus zunächst eine gewisse Einseitigkeit,
                              									weil die juristische Betrachtungsweise, auch für Fragen nicht rechtlicher Art,
                              									ausschließlich maßgebend wird, und weil die Beamten auch in den Angelegenheiten, wo
                              									ihnen das nähere Verständnis fehlt, Entscheidung zu treffen haben. Ferner hat sich
                              									die Verwaltung bei der Auswahl der Bewerber für die zu besetzenden Stellen unnötig
                              									beschränkt und anders als juristisch vorgebildete, wenn auch hervorragend fähige
                              									junge Leute nicht herangezogen.
                           Den geschilderten Mängeln kann dadurch abgeholfen werden, daß man auch anders als
                              									juristisch vorgebildete Anwärter zum Vorbereitungsdienst zuläßt. Bei der Vorbildung
                              									für die höhere Verwaltungslaufbahn handelt es sich im wesentlichen um die
                              									Entwicklung geistiger und seelischer Fähigkeiten, und es kommt mehr auf Art und
                              									Stärke der geistigen Beschäftigung als auf den Gegenstand des Studiums an. Es würde
                              									also jedes akademische Studium als Vorbildung geeignet sein. Die weitere Ueberlegung
                              									zeigt in der Tat, daß in der höheren allgemeinen Verwaltung die Angehörigen aller
                              									Fakultäten, wenn auch in verschiedenem Umfange, Verwendung finden können. Dabei darf
                              									allerdings nicht übersehen werden, daß Verständnis für Hechtsfragen neben bestimmten
                              									Rechtskenntnissen für jeden Anwärter unerläßlich sind.
                           Der regelmäßige Gang der Vorbildung würde sein, daß junge Leute ein Berufsstudium
                              									ergreifen, ganz so, wie dies jetzt allgemein geschieht, und daß sie dieses
                              									Berufsstudium mit einer akademischen oder Staatsprüfung abschließen. Neben diesem
                              									Berufsstudium muß die Beschäftigung mit anderen Wissensgebieten, die für den höheren
                              									Verwaltungsdienst wichtig sind, einhergehen. Nur besonders begabte junge Leute
                              									werden dies leisten können. Es sind aber auch nur besonders begabte Personen für den
                              									Dienst in der allgemeinen höheren Verwaltung erwünscht.
                           Dem Studium folgt der Vorbereitungsdienst, wie dies auch jetzt vorgeschrieben ist. Da
                              									aber eine über den Umfang des Berufsstudiums hinausgehende Vorbildung gefordert
                              									wird, muß noch eine Zulassungsprüfung eingeschaltet werden, die zugleich dazu dient,
                              
                              									geeigneten Personen ohne akademisches Studium den Zugang zum Vorbereitungsdienst zu
                              									öffnen. Für solche junge Leute, welche einen Teil der geforderten Kenntnisse durch
                              									vorher abgelegte Prüfungen nachweisen können, wird sich diese Prüfung auf die
                              									Feststellung der Eignung für die Verwaltung und auf diejenigen Gegenstände
                              									beschränken, in denen der Nachweis erworbener Kenntnisse noch fehlt; in den meisten
                              									Fällen wird nur eine Unterhaltung über die außerhalb des Berufsstudiums liegenden,
                              									für die Verwaltung wichtigen Gegenstände nötig sein.
                           Jungen Leuten, welche entweder die Prüfung nicht bestehen, oder aus einem anderen
                              									Grunde, z.B. wegen zu zahlreicher Bewerbungen, nicht zum Vorbereitungsdienst
                              									zugelassen werden, bleibt der durch die akademische Fachprüfung erbrachte
                              									Befähigungsnachweis, auf Grund dessen sie eine andere Laufbahn einschlagen
                              									können.
                           Der Vorbereitungsdienst soll im allgemeinen ebenso geregelt werden wie bisher. Doch
                              									scheint es nötig, auch hier jede Einseitigkeit zu vermeiden und alle
                              									Bildungsmöglichkeiten zu beachten, auch solehe, die sich außerhalb der Behörden
                              									bieten. Die Dauer des Vorbereitungsdienstes ist auf das notwendige Maß zu
                              									beschränken. In den Richtlinien sind dafür drei Jahre vorgesehen; auf diese drei
                              									Jahre soll unter Umständen eine zeitlich vor der ersten Verwaltungsprüfung liegende
                              									Beschäftigung, die Vorteile für die geistige Ausbildung gewährt hat, z.B. Tätigkeit
                              									in der Praxis, im Auslande, im Lehrberufe, bis zur Dauer eines Jahres angerechnet
                              									werden können. Den im Vorbereitungsdienst befindlichen Anwärtern wird eine
                              									angemessene Besoldung zu gewähren sein.
                           Den Abschluß des Vorbereitungsdienstes bildet wie bisher eine Prüfung, die zweite
                              									Verwaltungsprüfung.
                           Das Ziel der vorgeschlagenen Vor- und Ausbildung ist, für die allgemeinen Aufgaben
                              									der Verwaltung Beamte zu erziehen, die den Fragen des Lebens mannigfaches und
                              									vielseitiges Verständnis und Sachkunde entgegenbringen. Für Sondergebiete aber, wie
                              									Bau-, Schul- und Gesundheitswesen, auch für die Rechtsangelegenheiten im engeren
                              									Sinne, genügt diese Vor- und Ausbildung nicht; dafür sind Personen mit vollständiger
                              									Berufsausbildung einzustellen, und zwar als Verwaltungsbeamte neben jenen. Für die
                              									Besetzung der leitenden Stellen sind die geeigneten Persönlichkeiten aus allen
                              									Gruppen zu suchen. In allen Stellen der Verwaltung sollen auch Personen jeder
                              									Vorbildung, welche sich in ihrem Berufe oder sonst im Leben durch hervorragende
                              									Fähigkeit, organisatorische Begabung, Bewährung in Stellen von hoher
                              									Verantwortlichkeit ausgezeichnet haben, berufen werden können.
                           
                        
                           Wirtschaft.
                           Deutsche Automobilindustrie. Im vorigen Jahre wies einer
                              									der führenden Männer unserer Automobilindustrie, Kommerzienrat Dr. Allmers, in eine Denkschrift nach, daß nach dem Kriege
                              									weder die bisherige Methode der Fabrikation noch die des Verkaufs beibehalten werden
                              									kann. Nunmehr tritt die kürzlich gegründete Gemeinschaft
                                 										deutscher Automobilfabriken G. m. b. H. im Hinblick darauf, daß sich durch
                              									den unglücklichen Ausgang des Krieges die Verhältnisse völlig geändert haben und die
                              									Automobilindustrie schutzlos der erdrückenden Konkurrenz der Amerikaner preisgegeben
                              									ist, eindringlich für die Allmerschen Vorschläge ein.
                           Kommerzienrat Allmers hatte insbesondere folgende
                              									Forderungen erhoben: „Jede Fabrik so wenig Typen wie möglich, diese aber in
                                 										möglichst großen Serien. Herstellung mit Hilfe der besten modernsten Methoden,
                                 										Aneignung der Methoden, in denen der Amerikaner uns überlegen ist, Hochhaltung
                                 										der Güte unserer Erzeugnisse.“ Dazu wird von der Gemeinschaft deutscher
                              									Automobilfabriken folgendes ausgeführt: Diese Ziele sind nur erreichbar durch
                              									Zusammenschluß der Automobilfabriken entweder im ganzen oder zu Gruppen, wobei jede
                              									Fabrik nur eine, höchstens zwei Typen baut, diese aber in möglichst großen Serien.
                              									Eine weitere Forderung ist die Organisation des gemeinsamen Verkaufs. Bis zu Beginn
                              									des Krieges verlangte jeder Vertreter von seiner Fabrik möglichst alles, um die sehr
                              									verschiedenartigen Wünsche seiner Kundschaft befriedigen zu können. Das ist nach
                              									einer Spezialisierung der Fabrikation nicht mehr möglich. Es darf nicht mehr
                              									Vertreter einzelner Fabriken geben, sondern nur noch Vertreter von Vereinigungen von
                              									Fabriken. Die zusammengeschlossenen Fabriken haben es nicht mehr nötig, in den
                              									Großstädten eine Reihe von teuren Filialen zu unterhalten sondern jede Filiale
                              									versorgt eine Anzahl von Fabriken mit Aufträgen. Diese Gedanken, die in der
                              									erwähnten Denkschrift behandelt werden und die Folgerungen daraus regten innerhalb
                              									der deutschen Automobilindustrie zu lebhaftem Gedankenaustausch an, und die Frage
                              									des Zusammenschlusses war die wichtigste, die den Verein deutscher
                              									Motorfahrzeugindustrieller in der folgenden Zeit beschäftigte. Den Anfang im
                              									Zusammenschluß haben vor kurzem drei große Automobilwerke gemacht, nämlich die Nationale Automobil-Gesellschaft in Berlin, die bekannte
                              									Tochtergesellschaft der A. E. G:, die Hansa-Lloyd-Werke
                                 										Akt.-Ges. in Bremen und die Brennabor-Werke
                                 										Brandenburg a. d. Havel.
                           Diese Werke haben sich auf ein bestimmtes Fabrikationsprogramm mit Karosseriebau
                              									geeinigt und gleichzeitig ihre Verkaufsorganisationen zusammengelegt, indem sie die
                              									G. d. A. die „Gemeinschaft deutscher Automobilfabriken“ (N. A. G. –
                              									Hansa-Lloyd – Brennabor) mit dem Sitz in Berlin gründeten, die im Oktober ihre
                              									Tätigkeit beginnen wird. Es ist anzunehmen, daß sich dieser kraftvollen
                              									Gemeinschaft noch einige weitere Fabriken anschließen werden, aber außerdem sollen
                              									innerhalb der deutschen Automobilindustrie noch weitere Gruppen in der Bildung
                              									begriffen sein, die gleiche Ziele erstreben.
                           So vollzieht sich in dieser jüngsten unserer deutschen Industrien eine Konzentration,
                              									deren volkswirtschaftliche Bedeutung nicht gering ist. Es ist zu hoffen, daß es auf
                              									diese Weise der Automobilindustrie gelingt, die schweren Zeiten gut zu überstehen
                              									und zu Fabrikations- und Vertriebsverhältnissen zu kommen, vermöge deren eine
                              									wesentlich rationellere und billigere Fabrikation möglich ist, so daß sie nicht nur
                              									der Konkurrenz der Amerikaner im Inlande begegnen, sondern auch auf dem Weltmarkt
                              									bestehen kann.