| Titel: | Einige Probleme der Porzellanindustrie im Wechsel der Zeiten. | 
| Autor: | Felix Singer | 
| Fundstelle: | Band 335, Jahrgang 1920, S. 97 | 
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                        Einige Probleme der Porzellanindustrie im Wechsel
                           								der Zeiten.
                        Von Dr-Ing. Felix
                                 									Singer, Selb.
                        SINGER: Einige Probleme der Porzellanindustrie im Wechsel der
                           								Zeiten.
                        
                     
                        
                           Während die Vorläuferin der Porzellanindustrie, die Töpferei, zu den ältesten
                              									Kulturerrungenschaften des Menschengeschlechtes gehört und viele hunderttausend
                              									Jahre alt ist, verdankt die oberste Stufe keramischer Erzeugnisse, das Porzellan,
                              									seine Entstehung wahrscheinlich einer verhältnismäßig späteren Zeit. Porzellan wurde
                              									von den Chinesen durch Zufall entdeckt, seit dem 9. Jahrhundert n. Christi
                              									fabriziert und zu großer Vollkommenheit gebracht. Nach Europa kam chinesisches
                              									Porzellan zuerst durch den Venetianer Marco Polo im
                              									Jahre 1295. Die allgemeine Bewunderung und außergewöhnliche Beachtung, die das
                              									chinesische Porzellan im Laufe der nächsten Jahrhunderte in Europa fand, ist die
                              									Ursache für die zahllosen Versuche zur Nachahmung dieses Produktes, die schließlich
                              									im Jahre 1709 zu seiner Erfindung und Herstellung in Deutschland führten.
                           Porzellan ist die Bezeichnung für jene Tonwaren, die vollkommen gesinterten, dichten
                              									Scherben mit 
                              									muscheligem Bruch, weiße Farbe und Transparenz, große Sprödigkeit und Härte,
                              									sowie große chemische und mechanische Widerstandsfähigkeit besitzen. Porzellan
                              									entsteht in erster Linie aus Kaolin, Quarz und Feldspat. Der in der Natur
                              									vorkommende Rohkaolin wird geschlämmt und dadurch von seinen anhaftenden
                              									Begleitmaterialien und Unreinigkeiten befreit; er ist das plastische und formbare
                              									Material, das die Hälfte der ganzen Porzellanmasse ausmacht. Die andere Hälfte setzt
                              									man aus gleichen Teilen von reinstem, möglichst eisenfreien Quarz und Feldspat
                              									zusammen. Diese Rohstoffe werden auf geeigneten Maschinen feinst zerkleinert, naß
                              									innig vermählen, das überschüssige Wasser durch Pressen bis auf einen Gehalt von
                              									25-30 v. H. entfernt und die so entstandene Porzellanmasse durch Drehen in ihrer
                              									plastischen Form, durch Gießen nach geeigneter Verflüssigung durch Zusatz von Wasser
                              									und etwas Soda und durch Stanzen der ziemlich getrockneten und mit etwas Petroleum
                              									und Oel angemachten Masse verarbeitet und so in die endgültig gewünschte Form
                              									gebracht. Nach dem Trocknen, Verputzen usw. werden die Formstücke bei etwa 800° C
                              									gebrannt („verglüht“). Die Porzellanmasse verliert durch die sich hierbei
                              									vollziehende Abgabe des chemisch gebundenen Wassers ihre Plastizität und erhält eine
                              									etwas größere Festigkeit. Immerhin aber bleibt die Masse noch außerordentlich
                              									brüchig und porös (etwa 30 v. H.) und überzieht sich infolge dieser Porosität beim
                              									Eintauchen des verglühten Stückes in eine wässerige Suspension des ungebrannten
                              									Glasurpulvers mit einer gleichmäßig dünnen Schicht dieses Materials. Nun wird die
                              									Glasur an der Fußstelle abgeputzt, die Stücke in Kapseln aus Schamotte eingefüllt
                              									und bei etwa 1400° C gebrannt. Die Porzellanmasse schwindet hierdurch etwa 20 v. H.,
                              									verdichtet sich und wird durchscheinend, während die dünne Glasurschicht hierbei
                              									schmilzt und glasartigen Charakter annimmt.
                           Das Bestreben, dem chinesischen Porzellan gleiche bzw. ähnliche Produkte
                              									herzustellen, führte zunächst in Holland in einer Nachahmung zum Ziel. In Delft
                              									wurden bereits im 16. Jahrhundert Töpferwaren erzeugt, deren Gestalt und Dekoration
                              									vielfach äußerlich getreue Abbilder der ostasiatischen Muster vorstellen. Die
                              									Technik ist jedoch eine grundsätzlich verschiedene. Während Porzellan weißen,
                              									dichten und transparenten Scherben besitzt, hat die Delfter Fayencemasse schmutzig
                              									gelbe Farbe, ist porös und nicht durchscheinend. Sie erhält ihre äußerliche
                              									Aehnlichkeit mit dem weißen Porzellan durch eine undurchsichtige, deckend weiße
                              									Glasur. Die Delfter Töpfereien gewannen mit ihren Waren Weltruf und beherrschten
                              									neben den asiatischen echten Porzellanen mit ihren Erzeugnissen den Markt bis zur
                              									wirklichen Erfindung des Porzellans Anfang des 18. Jahrhunderts. Die Delfter
                              									Industrie verfiel dann, und erst in der allerletzten Zeit wurde die geschilderte
                              									Fayencetechnik, die künstlerisch hohen Wert besitzt, wieder speziell gepflegt.
                              									Veiten bei Berlin gilt als Zentrum dieser Industrie.
                           Neben, einer weiteren Nachahmung des chinesischen Porzellans in Frankreich durch
                              									entglastes Glas (sogenanntes Reaumur-Porzellan), welches aber niemals praktische
                              									Bedeutung erlangte, führten die Versuche zur Herstellung des gesuchten Produktes in
                              									Frankreich zum „Frittenporzellan“. Die Grundlage dieser Masse bildet, wie in
                              									China der plastische Kaolin, die Verdichtung dieses Rohstoffes bei der gegebenen
                              									Brenntemperatur, erfolgte jedoch nicht wie beim ostasiatischen Porzellan durch die
                              									natürlichen Gesteine, Feldspat und Quarz, sondern durch einen künstlichen Glasfuß,
                              									eine „Fritte“. Dieses Fritten- oder Weichporzellan wurde künstlerisch zu
                              									hoher Blüte gebracht, hat sich industriell jedoch nicht dauernd zu halten
                              									vermocht. Lediglich für kunstgewerbliche Zwecke hat die französische
                              									Staatsmanufaktur in Sevres die Fabrikation des Frittenporzellans vor einigen
                              									Jahrzehnten wieder aufgenommen.
                           Wieder andere Wege ging die englische keramische Industrie. Hier erfand Wedgwood das Steingut, dessen weißer Scherben mit
                              									durchsichtiger Glasur äußerlich den dem Porzellan ähnlichsten Eindruck erzeugt.
                              									Qualitativ jedoch wird das Porzellan nicht vom Steingut erreicht, denn dieses
                              									besitzt keinen dichten Scherben, sondern ist porös und dadurch leichter brüchig.
                              									Auch ist die blei- und giftfreie Porzellanglasur erheblich härter, als die
                              									Bleiglasur des Steinguts. – Künstlerisch die höchsten Effekte sind mit dem
                              									englischen Knochenporzellan zu erzielen. Bei diesem bildet auch der plastische
                              									Kaolin die Grundlage; die Verdichtung erfolgt aber wie beim französischen
                              									Frittenporzellan nicht durch natürlich vorkommende Gesteine, sondern im vorliegenden
                              									Fall durch gebrannte Knochen. Der Arbeitsgang ist etwas anders wie beim deutschen
                              									Hartporzellan, denn das englische Produkt wird zuerst bei etwa 1300° C dicht und bis
                              									zur Sinterung gebrannt und erst in diesem Zustand mit einer leichtflüssigen und im
                              									Vergleich zur Härtporzellanglasur weichen Bleiglasur überzogen, die nun erst bei
                              									verhältnismäßig niedriger Temperatur (etwa 800° C) glatt gebrannt wird.
                           Das qualitativ höchste Produkt, das europäische Hartporzellan, wurde im Jahre 1709
                              									durch Böttcher in Meißen erfunden. Diese Erfindung der
                              									Porzellanherstellung aus Kaolin, Quarz und Feldspat bildet die Grundlage dieser
                              									gesamten Industrie. Von Meißen aus nahm diese Fabrikation ihren Ausgang, gelangte
                              									1720 nach Wien, 1740 nach Höchst, 1743 nach Fürstenberg, 1750 nach Berlin, 1755 nach
                              									Frankenthal, 1756 nach Petersburg, 1758 nach Nymphenburg, 1772 nach Kopenhagen
                              									usw.
                           Zunächst wurde das Porzellan zur Nachahmung der chinesischen Vorbilder benutzt, und
                              									es ist tatsächlich staunenswert, wie rasch alle Einzelheiten der Technik so
                              									vollkommen beherrscht wurden, wie dies für die Genauigkeit der Nachbildung
                              									erforderlich war. Das Abgehen von diesen Vorbildern und die Selbständigkeit der
                              									europäischen Hartporzellantechnik sind die erste Entwicklungsstufe dieser Industrie
                              									auf dem Wege der Vormachtstellung dieses Produktes unter allen keramischen
                              									Erzeugnissen. Den Zeitansprüchen gemäß wurde Porzellan zuerst für kostbare
                              									Tafelservice und Luxusgegenstände aller Art benutzt, sowie für figürliche Arbeiten
                              									des Kunstgewerbes. Die Ansprüche an diese Porzellane sind neben den technischen
                              									Bedingungen vor allem dekorativer- Art. Die Masse soll möglichst rein weiß sein und
                              									große Transparenz besitzen. Die Verzierungen sollen sich in allen Farben durchführen
                              									lassen und sich dabei vorteilhaft von der Färbe der Massen abheben. – Die Reinheit
                              									der Farbe und die Nuancierung der Masse gehörten jahrzehntelang zu den wichtigsten
                              									Aufgaben des Feinkeramikers. Es kam sowohl auf rein weiße Farbe an, als auch auf
                              									gewisse Nebentöne, die dem Porzellan seinen besonderen Charakter geben. Während die
                              									chinesischen Porzellane fast durchweg einen bläulichen, grünlichen bis
                              									hellgraulichen Stich besitzen und man in Europa bei den ersteh Nachahmungen bemüht
                              									war, diese Nuance originalgetreu wiederzugeben, ging man später selbständige Wege
                              									und bemühte sich, einmal das Weiß so rein als möglich zu erzielen, andererseits
                              									einen elfenbeingelben Ton hervorzubringen, auf dem die Farben vorteilhafter standen,
                              									von dem sie sich nicht gar so hart und kalt abhoben, wie vom reinen Weiß. Die Lösung
                              									dieser Massefarbfragen wurde nach zwei Methoden 
                              									durchgeführt, einmal durch das Brennverfahren, zweitens durch geeignete
                              									chemische Zusätze. Trotz aller Bemühungen, möglichst reine und farbstoffreie
                              									Rohstoffe zur Massenherstellung zu benutzen, um eine gleichmäßig und rein weiße
                              									Porzellanbrennfarbe zu erzielen, enthalten doch sowohl der Kaolin als auch der Quarz
                              									und Feldspat stets geringe Mengen von Eisenoxyden. Im reduzierenden Brand wird
                              									dasselbe in die graugrüne und verhältnismäßig helle Oxydulform übergeführt, so daß
                              									das reduzierend gebrannte Porzellan im wesentlichen weiß erscheint, bzw. je nach der
                              									Größe des Eisenoxydulgehaltes die farbigen Nuancen der ostasiatischen Porzellane
                              									annimmt. Oxydierende Brennatmosphäre führt die Eisenverbindungen in die gelbe
                              									Oxydform über, die dem Porzellan einen angenehmen Elfenbeinton verleiht. Während in
                              									der Steingut- und Glasindustrie gewisse Nuancen durch den Zusatz der
                              									Komplementärfarben kompensiert werden, ist dieses Verfahren in der
                              									Porzellanindustrie nicht gebräuchlich, der Zusatz gewisser Metalloxyde verfolgt
                              									vielmehr immer den Zweck der absichtlichen Massefärbung.
                           Die Porzellanglasur soll möglichst hohen Glanz besitzen, sehr durchsichtig sein und
                              									reliefartige Verzierungen dev Porzellanmasse scharf erkennen lassen, Vertiefungen
                              									also nicht durch Zusammenfließen in dickeren Schichten ausfüllen. Die Glasur ist
                              									physikalisch als ein Glas anzusprechen, chemisch unterscheidet sie sich jedoch nicht
                              									unbeträchtlich von den gebräuchlichen Gläsern. Gläser und Glasuren sind in gleicher
                              									Weise Alkalierdalkalisilikate, während jedoch in den Gläsern die Alkalien und das
                              									Erdalkali (Kalk) einander die Wage halten, überwiegen in den Porzellanglasuren die
                              									Erdalkalien bei weitem, die zudem nicht nur aus Kalk, sondern häufig auch aus
                              									Magnesia bestehen. In den Gläsern bleibt normaler Weise das Verhältnis von
                              									Flußmitteln zu Kieselsäure ungefähr wie 1 zu 3, während in den Porzellanglasuren
                              									häufig das Verhältnis 1 zu 10 erreicht wird und im Gegensatz zu den im wesentlichen
                              									tonerdefreien oder -armen Gläsern beträchtliche Mengen von Tonerde in die feste
                              									Lösung mit eintreten. Die verwendeten Flußmittel haben im Verlauf der
                              									Porzellantechnik nicht unbeträchtliche Veränderungen erfahren. Während ursprünglich
                              									reine Kalkglasuren Verwendung fanden, ersetzte man nachher und bis zum heutigen Tage
                              									Teile des Kalkes durch Kali und Magnesia und erzielte dadurch die bessere
                              									Entwicklung von Unterglasurfarben und eine größere Glasurtransparenz. Die
                              									gelegentliche Verwendung von Zinkoxyd an Stelle von Kalk dient demselben Zweck,
                              									erscheint aber heute angesichts der Metallknappheit unzweckmäßig. Mit der größeren
                              									Verbreitung der Unterglasurfarben trat die Notwendigkeit der größeren
                              									Durchsichtigkeit der Glasur besonders in den Vordergrund und ein Zusammenpassen mit
                              									den Farben; diese müssen gut zur Entwicklung kommen, dürfen durch die Glasur, keine
                              									ungünstige Veränderung ihrer Nuance erfahren und nicht austreten. – Wie dies bereits
                              									der Name sagt, liegen die Unterglasurfarben unter der Glasur. Sie werden auf das
                              									verglühte Porzellan durch Handmalerei, Schablone, Spritzen, Stahlstich, Buntdruck
                              									usw. aufgebracht, nun die Glasur darüber gelegt und das ganze Stück in einem Brand
                              									(bei etwa 1400° C) gebrannt. Bei dieser hohen Brenntemperatur und der reduzierenden
                              									Brennatmosphäre sind nur die wenigsten Stoffe keramisch farbgebend. Man verfügt über
                              									Blau durch Kobaltoxyd, Grün durch Chromoxyd, Schwarz durch Uranoxyd und Rosa durch
                              									Gold. Will man lebhaftere Farben erzielen, so muß man das Verfahren der
                              									Aufglasurtechnik benutzen.. Das bei 1400° C fertig weiß gebrannte Porzellan wird auf
                              									der glatten, glänzenden Glasur mit geeigneten keramischen Farben bzw. Gold bemalt
                              									(bespritzt, durch Buntdruck, Stahlstich, Stempel usw. verziert) und nun einem
                              									neuen weiteren Brand bis etwa 800° C ausgesetzt. Bei dieser niedrigeren Temperatur
                              									stehen dem Porzellanmaler alle gewünschten Nuancen zur Verfügung. Die
                              									Hauptschwierigkeit ist hierbei ein gewisses Zusammenpassen von Masse, Glasur und
                              									Farben, so daß keine inneren Spannungen entstehen, die durch die Bildung von
                              									Glasurrissen, Farbrissen, Farbabblättern oder der Zertrümmerung des Gesamtscherbens
                              									zur Auslösung kommen. Die auf der Glasur aufsitzenden Aufglasurfarben sind bis zu
                              									einem gewissen Grade durch mechanische Beanspruchung abnutzbar. Aus diesem Grunde
                              									ist die Unterglasurdekoration als die höherwertige anzusprechen. Ihrer allgemeinen
                              									Verbreitung steht lediglich der geringe Umfang der verfügbaren Farbpalette im Wege.
                              									Deshalb war es stets das Bestreben der Keramiker, diese
                              									Porzellanunterglasurfarbenpalette genügend zu erweitern. Zwei Wege führen zu diesem
                              									Ziele. Einmal die Benutzung oxydierenden Feuers, das die Farben an sich stärker und
                              									reicher zur Entwicklung bringt, als die reduzierende Flamme, zweitens die
                              									Herabsetzung der Brenntemperatur (speziell in Kombination mit oxydierendem Brand).
                              									Diese Lösung bedingte die Herstellung besonderer Massen, Glasuren usw. Der erste
                              									wissenschaftliche Keramiker Deutschlands, Seger, hat sich
                              									mit diesem Problem besonders eingehend beschäftigt, und Segerporzellan ist nach ihm
                              									die Bezeichnung für das von ihm speziell hergestellte Weichporzellan, das einer
                              									außerordentlich gesteigerteren künstlerischen und kunstgewerblichen Verwendung fähig
                              									ist, wie das normale Hart-Porzellan.
                           Weit über 100 Jahre nach der europäischen Erfindung des Porzellans wurde dieses
                              									Material ausschließlich für Luxusgeräte aller Art, Kunstfiguren, Tafelservice und
                              									Gebrauchsgegenstände des täglichen Haushalts und ähnliche Verwendungszwecke benutzt.
                              									Erst verhältnismäßig spät setzt die Porzellanbenutzung für technische Zwecke ein,
                              									vor allem für elektrotechnischen und chemischen Gebrauch. Mit diesen neuen
                              									Verwendungsgebieten treten vollkommen neue Aufgaben an den Keramiker heran, denn das
                              									Material wird absolut anderen Ansprüchen unterworfen. Die geschmackliche Beurteilung
                              									des Porzellans tritt vollkommen zurück; es ist gleichgültig, ob eine Porzellanmasse
                              									für elektrische Isolatoren oder chemische Abdampfschalen rein weiß, elfenbeingelb
                              									oder bläulich ist, ob die Glasur reine glasige Durchsichtigkeit oder eine geringe
                              									Trübung besitzt, ob die Masse große Transparenz zeigt oder vollkommen
                              									lichtundurchlässig ist, weder Unterglasur noch Aufglasurfarben gelangen zur
                              									Verwendung. Dagegen treten folgende neue Beanspruchungen an das Material:
                              									Temperaturwechselbeständigkeit, Widerstandsfähigkeit gegen chemische Reagentien,
                              									elektrische Durchschlagsfestigkeit bzw. Isolierfähigkeit, mechanische
                              									Beanspruchungen aller Art wie: Zugfestigkeit, Druckfestigkeit, Biegungs-, Torsions-,
                              									Scherfestigkeit bei konstanter, sich allmählich steigender bzw. plötzlicher
                              									stoßweiser Belastung. Infolge der großen Sprödigkeit des Materials ist gerade seine
                              									wechselnde Widerstandsfähigkeit gegen plötzliche, stoßweise Beanspruchungen von
                              									besonderem Interesse und sehr großer Bedeutung für die Technik.
                           Als chemische und elektrische Geräte benötigt wurden, für die aus allgemeinen Gründen
                              									Porzellan als Werkstoff geeignet erschien, wurden zunächst auch für diese
                              									Spezialzwecke ohne weiteres die bisher anderen Zwecken dienenden Massen verwendet
                              									und die Anpassung derselben an die besonderen Ansprüche versucht. Für chemische
                              									Zwecke, Laboratoriumsporzellan, erfolgte diese Spezialisierung ziemlich rasch und
                              									erfolgreich. Massen mit verhältnismäßig niedrigem Ausdehnungskoeffizienten 
                              									und dazu passender Glasur besitzen eine sehr erhebliche Widerstandsfähigkeit
                              									gegen plötzlichen Temperaturwechsel. Die Unangreifbarkeit der Glasur gegen chemische
                              									Reagenzien, speziell Säuren und Basen, wurde durch eine Erhöhung der
                              									Silizierungsstufe und des Tonerdegehaltes gefördert. Für Isolatoren werden zwar auch
                              									besondere Massen benutzt, die sich praktisch bewähren, das Bewußtsein jedoch, daß
                              									die Beanspruchungen auf diesem Gebiet mit der rasch vorwärts schreitenden
                              									Entwicklung der Elektrizitäts-Industrie und der angrenzenden Gebiete der Technik
                              									ständig wachsen und die Lösung der neu gestellten Anforderungen eine
                              									Qualitätssteigerung bedingt, veranlaßt die Porzellanindustrie, in dieser Richtung zu
                              									arbeiten. Die größte Schwierigkeit bieten hierbei die Prüfungsmethoden zur
                              									Qualitätsunterscheidung. Während die Eigenschaften der Metalle und der meisten
                              									Konstruktionsmaterialien der Technik genau bekannt und erforscht sind, ist dies beim
                              									Porzellan noch nicht durchgehend der Fall. Sogar die in der Technik sonst üblichen
                              									Prüfungsmethoden mechanischer Werkstoffeigenschaften, wie Zug und Druckprüfung usw.,
                              									sind nicht ohne weiteres auf das spröde Porzellan übertragbar. Erst die letzte Zeit
                              									hat die Ausarbeitung materialgerechter Prüfungsmethoden gebracht. Bisher existieren
                              									in der Literatur über die mechanischen Eigenschaften des Porzellans drei Werte,
                              									nämlich für die Zugfestigkeit 1300–2000 kg/cm2),
                              									die Druckfestigkeit (4780 kg/cm2) und die
                              									Biegefestigkeit (490 kg/cm2) bei konstanter bzw.
                              									allmählich steigender Belastung. Von diesen Werten ist mindestens die erste Zahl
                              									falsch, d.h. etwa zehnmal zu hoch. Die gegenwärtigen AusarbeitungenDr.-Ing. Ernst Rosenthal: „Die mechanischen
                                       												Eigenschaften keramischer Massen und exakte Prüfungsmethoden
                                       												derselben“ (Berichte der technisch-wissenschaftlichen Abteilung des
                                    											Verbandes keramischer Gewerke in Deutschland, Heft 5, 1919, S.
                                    										23). der Prüfungsverfahren feinkeramischer Materialien benutzen,
                              									soweit es sich um die obengenannten Bestimmungen bei konstanter Belastung handelt,
                              									die im Materialprüfungswesen hierfür allgemein bekannten Maschinen benutzt: die
                              									hydraulischen Zug- und Druckpressen zur Bestimmung von Zug- und Druckfestigkeit,
                              									während die Biegefestigkeit und Elastizität an Porzellanstäben und ihrer
                              									Durchbiegung mittels Hebelübersetzung festgestellt wird. Die Schwierigkeiten dieser
                              									Prüfungen liegen nicht in der bereits allgemein bewährten Maschinerie, sondern in
                              									der Herstellung der hierfür benötigten Porzellanprobekörper. Die außerordentliche
                              									Sprödigkeit des Materials und sein Herstellungsprozeß bedingen häufig statt der zu
                              									prüfenden einfachen Eigenschaften zusätzliche Beanspruchungen, die das
                              									Prüfungsergebnis maßgebend zu beeinflussen vermögen und sich nur durch besondere
                              									Vorsichtsmaßregeln ausschalten lassen. Unter diesen Voraussetzungen erhält man für
                              									die konstanten Belastungen von Porzellan sehr günstige Festigkeitsziffern, die zum
                              									Teile die Werte für Gußeisen erreichen. Die einzelnen Porzellansorten unterscheiden
                              									sich bei diesen Prüfungen wohl deutlich voneinander, man kann hierdurch jedoch nicht
                              									die charakteristischen und prinzipiellen Abweichungen erklären, die die
                              									verschiedenen Massen im praktischen Gebrauch unzweifelhaft erkennen lassen.
                              									Dieselben haben ihre Ursache in der wechselnden Zähigkeit der Materialien und ihrer
                              									verschiedenen Widerstandsfähigkeit gegen plötzliche Beanspruchungen, gegen momentan
                              									auftretenden Stoß oder Biegung. Ein grundsätzlicher Zusammenhang zwischen den
                              									Prüfungsziffern für konstante Belastung und den Ergebnissen der Schlagprüfungen ist
                              									noch nicht erwiesen, vielmehr kommen gelegentlich Massen vor, die bei sonst guter
                              									Druckfestigkeit sehr ungünstige Schlagdruckzifern, bei guter und normaler.
                              									Durchbiegungsfestigkeit große Schlagbiegefestigkeit besitzen und dergleichen, Da
                              									ganz allgemein die Prüfungsziffern für die Schlagbeanspruchungen vor den
                              									Festigkeitszahlen für konstante Belastungen das größere Interesse besitzen, ist das
                              									wechselnde Verhältnis der Schlagprüfungszahlen untereinander besonders
                              									beachtenswert. Es gibt Massen, die die durchschnittliche Schlagbiegefestigkeit
                              									übertreffen und gleichzeitig eine Schlagdruckfestigkeit besitzen, die tief unter dem
                              									Normalen steht. Da aber die beiden Schlagbelastungen für das Porzellan gleich
                              									wichtig sind, stellen nur die Spezialmassen eine wirkliche Qualitätssteigerung vor,
                              									deren Schlagbiege- und Schlagdruckfestigkeit gleichzeitig den normalen Durchschnitt
                              									der allgemeinen Porzellaneigenschaften charakteristisch übertreffen. Von besonderem
                              									Interesse ist hierbei, daß diese Spezialmassen scheinbar auch bei konstanter
                              									Belastung die höchsten Werte ergeben. Durch die Reihe systematischer
                              										UntersuchungenDr.-Ing. Ernst Rosenthal, Selb, und Dr.-Ing. Felix Singer, Selb: „Die mechanischen
                                       												Eigenschaften des Porzellans und exakte Prüfungsmethoden zu ihrer
                                       												Bestimmung“ (in der Elektrotechnischen Zeitschrift 1920).
                              									wird eine prinzipielle Qualitätssteigerung nach jeder Richtung erstrebt.
                           Alle elektrischen Hochspannungszwecken dienenden Porzellanisolatoren werden gemäß
                              									Spezialvereinbarungen der Verbraucher und Erzeuger vor Uebernahme nach bestimmten
                              									Normen durch Wechselstrom geprüft, um hierdurch eventuell vorhandene Fehlstücke
                              									festzustellen und auszuschalten. Die Bestrebungen der letzten Zeit gehen auf Ersatz
                              									der Wechselstromprüfung durch eine neuartige Gleichstromstoßprüfung. Audi diese
                              									Ausarbeitung eines neuen Prüfungsverfahrens verfolgt den Zweck der
                              									Qualitätssteigerung.
                           Auftretende Fehler an mehrteiligen, mittels Zement miteinander verbundenen
                              									Hochspannungsisolatoren führte zu der Erkenntnis, daß bereits der an sich so
                              									außerordentlich geringe Unterschied der Wävmeausdehnungskoeffizienten (Prozellan
                              									0,00000379, Zement 0,00001100) bei großen Temperaturunterschieden bzw. raschem
                              									Temperaturwechsel zu einer Sprengung einzelner Isolatoren führen kann und damit zu
                              									der Problemstellung: Anpassung des Zementausdehnungskoeffizienten an die Größe des
                              									Porzellanausdehnungskoeffizienten. Verschiedene Patentanmeldungen auf diesem Gebiet
                              									lassen die Versuche zur Lösung dieser Frage erkennen.
                           Ganz allgemein stellte der Weltkrieg Deutschland spezielle technische Probleme, so
                              									auch der Porzellanindustrie (vgl. Dr.-Ing. Felix Singer „Die Porzellan-Industrie
                                 										im Kriege“, Sonderabdruck aus dem „Deutschen Kriegswirtschaftsmuseum“
                              									in Leipzig). Bald nach Kriegsbeginn war die deutsche Porzellanindustrie vor die
                              									Aufgabe gestellt, ihre bisher in nicht unerheblichem Umfang aus dem feindlichen
                              									Ausland bezogenen Rohmaterialien durch einheimische zu ersetzen. Dies ist vollkommen
                              									geglückt. Zunächst wurde der vor dem Kriege bezogene englische Kaolin durch deutsche
                              									Rohstoffe ersetzt. In gleicher Weise gelang es, die anderen fremdländischen
                              									Hilfsfabrikate, wie keramische Farben vollkommen durch deutsche zu ersetzen, so daß
                              									irgendwelche Fabrikationsveränderungen nicht entstanden sind. Die technische
                              									Durcharbeitung der hierbei auftretenden Fragen ermöglichte gleichzeitig durch
                              									besondere Berücksichtigung der deutschen Spezialansprüche so weitgehende
                              									Verbesserungen, daß die Kriegseinführungen dauernden Wert besitzen. – Während in
                              									zahlreichen deutschen Industrien eine vollkommene Fabrikationsumstellung für
                              									Kriegszwecke erfolgen mußte, ist dieser weitgehende Wechsel in der
                              									Porzellanindustrie die Ausnahme, in der Regel erfolgte nur eine Umstellung der 
                              									Porzellanfabrikate, denn einerseits stieg der Heeresbedarf an elektrischem
                              									Isoliermaterial, besonders Posttelegraphenglocken ständig, andererseits speziell
                              									durch den stets 'wachsenden Mangel an Bronzen, Marmor, Glas und Luxusgeräten aller
                              									Art die Nachfrage nach Luxusporzellanen. Daneben wurde die Fabrikation von sehr
                              									zahlreichen Artikeln aufgenommen, die früher ganz oder überwiegend aus anderem
                              									Material hergestellt wurden, wie Türklinken, Fenstergriffe, Gewichte, Mörser,
                              									Lampenfüße, Raschigs-Ringe usw. Ein spezielles Interesse hat die Fabrikation von
                              									Dewarschen Gefäßen aus Porzellan. Der außerordentliche Kriegsbedarf an
                              									Sprengstoffen, der sich dauernd steigerte und den auch die ununterbrochen
                              									vergrößerten Sprengstoffabriken nicht bewältigen konnten, führte dazu,
                              									Ersatzsprengstoffe einzuführen. Neben zahlreichen neuen bzw. wieder aufgenommenen
                              									Sprengstoffen gewann das Sprengverfahren mit flüssiger Luft und Kohlepatronen für
                              									viele Spezialzwecke, besonders in zahlreichen Bergwerken, sehr große Verbreitung.
                              									Die diesem Zweck dienenden „Tauch- und Transportgefäße“ wurden vor
                              									Kriegsausbruch vor allem aus Glas und Metall hergestellt, während Porzellangefäße
                              									früher für diesen Zweck nicht fabriziert wurden. Die Herstellung dieser
                              									doppelwandigen Gefäße aus Porzellan, die innen luftleer gepumpt werden, bedingt
                              									bereits an sich ein außerordentlich temperatur-wechselbeständiges Material (die
                              									Temperatur der flüssigen Luft beträgt bekanntlich –190° C), dessen Beanspruchung
                              									noch gesteigert wird dadurch, daß nach dem Luftleerpumpen das Evakuationsröhrchen
                              									zugeschmolzen werden muß. Diese Verarbeitung des Porzellans nach glastechnischen
                              									Methoden bedingt eine genaue Uebereinstimmung der Ausdehnungskoeffizienten von
                              									Porzellanmasse und daraus erschmolzenem Glas, sowie sämtliche Zwischenstufe Die
                              									ebenfalls versuchte Herstellung von Handgranaten aus Porzellan ist nicht
                              									geglückt.
                           Der Kriegsmangel an Bäumwolle veranlaßte den Verband keramischer Gewerke zu einem
                              									Preisausschreiben, zur Ersparung der bisher in den üblichen Filterpressen benutzten
                              									Filtertücher. Diese interessante Aufgabe wurde auf verschiedene Weise gelöst:
                              									Entfernung des in der breiigen Prozellanmasse überschüssigen Wassers durch die
                              									beliebig eng zu gestaltenden Spalten zwischen parallelen Metallamellen (Schneider),
                              									Benutzung der Filterpressen mit Papierfiltertüchern einer besonderen Webart
                              									(Zoellner), Einschaltung von porösen keramischen Filterplatten anstelle der
                              									bisherigen Baumwollgewebe in die Filterpressen (Schwarz) und Trockenaufbereitung und
                              									Anmachung mit der Jeweils wirklich benötigten Wassermenge, im Gegensatz zu der heute
                              									gebräuchlichen Naßaufbereitung mit überschüssigem Wasser (Rosenthal). Keines dieser
                              									Verfahren hat sich bisher dauernd industriell durchzusetzen vermocht. Die
                              									ununterbrochen steigenden Baumwollpreise werden vielleicht auch hier zu Neuerungen
                              									zwingen.
                           Die in der deutschen Industrie während des Krieges allgemein einsetzende
                              									Normalisierung hat auch für die Porzellanindustrie Bedeutung erhalten (vgl. Dr.-Ing.
                              									Felix Singer „Ueber die Normalisierung der deutschen Industrie und ihre Bedeutung
                                 										für die Keramik“, Vortrag, gehalten in der Hauptversammlung des Verbandes
                              									keramischer Gewerke in Deutschland am 21. Juni 1918 in Berlin). Die
                              									elektrotechnischen Zwecken dienenden Porzellane sind in weitgehender Weise
                              									vereinheitlicht worden, und diese Arbeiten nehmen dauernden Fortgang, die analogen
                              									Bestrebungen für chemische Porzellane haben begonnen, nur auf dem Gebiete der
                              									Luxusporzellane ist jede Normalisierung ausgeschlossen, weil hier lediglich
                              									Geschmacksentscheidungen zu treffen sind. Das Grenzgebiet zwischen Luxus- und
                              									Gebrauchsgegenständen, die Fabrikation der Tafelporzellane, ermöglicht gewisse
                              									Normalisierungen, die von ganz besonderem Wert wären. Die Vereinheitlichung der
                              									beiden wichtigsten Geschirre, nämlich Teller und Tasse, erscheint zwar mit
                              									außerordentlich großen Schwierigkeiten verknüpft, aber auch besonders dankbar und
                              									lohnend, vor allem wenn es sich hierbei nicht nur um eine Normalisierung der äußeren
                              									Formen handelt, sondern auch durch Austausch aller Fabrikationsmethoden eine
                              									Vereinheitlichung im Herstellungsverfahren zustande käme, die den zurzeit
                              									verhältnismäßig großen Ausfall in der Fabrikation der genannten Waren zu verringern
                              									geeignet ist. Hierdurch würde nicht nur eine beträchtliche Verbilligung zu erzielen
                              									sein, sonderj auch eine erhebliche Produktionssteigerung.
                           Das Gebiet der hochfeuerfesten Massen ist nur zum Teil der Porzellanindustrie
                              									zuzuzählen. Normales Porzellan schmilzt bei etwa 1500° C, Spezialporzellanmassen
                              									erreichen eine Schmelztemperatur von 1700° C. Die in der Technik in immer höherem
                              									Umfang benutzten hohen Temperaturen ließen jedoch das Bedürfnis an hochfeuerfesten
                              									keramischen Stoffen immer wachsen. Die bekannteste Masse auf diesem Gebiet, die
                              									Marquardtsche Masse mit einem Schmelzpunkt von 1850° C, ist nicht mehr als Porzellan
                              									anzusprechen, denn sie ist weder ganz dicht, noch transparent, noch weiß. In
                              									gleicher Weise zeigen die Stoffe mit noch höherem Schmelzpunkt (Tonerde = 2050° C,
                              									Siliziumkarbid = 2500° C, Magnesia = 2800° C, Zirkonoxyd = 2950° C, Bornitrid = über
                              									3000° C) keinen porzellanartigen Charakter.
                           Eines der zurzeit wichtigsten Probleme der Porzellanindustrie, wie des deutschen
                              									Wirtschaftslebens überhaupt ist die Frage der Brennstoffersparnis. Seit Jahrzehnten
                              									bereits wird das Brennstoffproblem der keramischen Industrie von der Seite der
                              									Ofenkonstrukteure aus bearbeitet. Größtenteils sind in der Porzellanindustrie
                              									Etagenrundöfen mit überschlagender Flamme im Gebrauch, die periodisch gefüllt,
                              									gebrannt und entleen werden. Die Feuerung mit Steinkohle ist eine direkte. Die
                              									ersten Bestrebungen der Kohlenersparnis führten zu Spezialkonstruktionen mit
                              									Rauchverbrennung; dieselben vermochten sich jedoch kein weites Anwendungsfeld zu
                              									erobern. Dagegen hat eine Halbgasfeuerung, die ein sehr rauchschwaches Brennen
                              									gestattet, große Bedeutung erlangt, besonders, da sie auch Kohlenersparnisse bis zu
                              									einem Drittel der Geamtmenge ermöglicht. – Die vom Ofen getrennte und vollkommene
                              									Vergasung des Brennstoffes und das nun folgende Porzellanbrennen mit Gas hat in
                              									verschiedener Form Anwendung gefunden, sowohl bei Einzelrundöfen als auch bei
                              									Kammerringöfen.
                           Da es wohl sicher Brennstoffersparnis ermöglicht, zeigt seine bisher geringe
                              									Verbreitung, die große Schwierigkeit seiner Einführung. Mit noch größerer
                              									Brennstoffersparnis, aber auch noch weit beträchtlicheren Einführungsschwierigkeiten
                              									verbunden ist das System der Tunnelöfen. Hier wird eine zentrale Stelle des Ofens
                              									unter ständigem Feuer gehalten und die zu brennende Ware durch den Tunnel
                              									durchgeschoben.
                           Das ursprüngliche Porzellanbrennmaterial war Holz, nachher hat Kohle allgemeine
                              									Verbreitung gefunden, derart, daß man das „Vorfeuer“ (bis etwa 900° C) mit
                              									Braunkohle ausführte und für das „Scharffeuer“ (bis 1400° C) Steinkohle
                              									benutzte. Die ständig wachsende Kohlennot und die unter Umständen leichtere
                              									Beschaffungsmöglichkeit für Braunkohle führte zu einer interessanten
                              									Spezialkonstruktion einer Halbgasgeneratorfeuerung an periodischen Rundöfen, die es
                              									ermöglicht, auch mit der geringwertigeren Braunkohle allein die genannte
                              									Endtemperatur zu erreichen und dabei fast vollkommen rauchfrei zu brennen und
                              									mindestens ein Drittel Brennmaterial zu ersparen. Der immer größer werdende Mangel
                              									an Kohlen ließ die Porzellanindustrie teilweise zu 
                              									ihrem ursprünglichen Brennstoff, dem Holz zurückkehren. Während jedoch früher
                              									mit Holz nur sehr kleine Oefen gebrannt wurden, faßt der Ofeninhalt der heutigen
                              									Konstruktionen ein Raumvielfaches der früheren. Die hierdurch der Holzfeuerung
                              									entstehenden Schwierigkeiten konnten rasch überwunden werden.
                           Während die geschilderten Bestrebungen der Ofenkonstrukteure in der
                              									Porzellanindustrie noch keine allgemeine Brennstoffersparnis herbeizuführen
                              									vermochten, versuchen die Chemiker die Lösung dieses so ungemein wichtigen Problems
                              									durch eine Herabsetzung der Brenntemperatur auf dem Wege des Weichporzellans. Nur
                              									gilt heute noch die allgemeine Ansicht nach Seger, das
                              									Weichporzellan sei nicht nur schwierig zu verarbeiten, sondern auch besonders spröde
                              									und verhältnismäßig porös und leicht brüchig. Aber erst die jetzt ausgearbeiteten
                              									Prüfungsmethoden der mechanischen Eigenschäften werden exakte Vergleiche überhaupt
                              									ermöglichen und feststellen lassen, ob die so erwünschte Herabsetzung der
                              									Porzellanbrenntemperatur und die dadurch bedingte wesentliche Brennstoffersparnis
                              									erzielbar ist. Hierbei kommt es nicht nur auf die zu ersparende Brennstoffmenge
                              									allein an, so wichtig diese auch bereits an sich, aus den allgemein bekannten
                              									Gründen, ist, sondern gleichzeitig auf die hierdurch mögliche bedeutende
                              									Zeitersparnis durch Verkürzung der Brenndauer, die in diesem Teile der Fabrikation
                              									geeignet ist, die wesentliche Verschlechterung der Produktionsbedingungen durch die
                              									Verkürzung der Arbeitszeit auszugleichen. Die Ersparung an Brennmaterial und Zeit
                              									würde es auch ermöglichen, mit den zugeteilten bzw. vorhandenen Kohlenmengen eine
                              									größere Anzahl von Bränden auszuführen. Hierdurch wäre auch eine volle Ausnutzung
                              									der übrigen Teile der Fabriken wie Dreherei, Gießerei, Stanzerei usw. durchführbar,
                              									die vom Frieden her auf eine ganz erheblich größere Anzahl von Bränden abgestimmt
                              									sind. Dadurch ließe sich die so notwendige Produktionssteigerung erzielen.
                              									Selbstverständlich bleibt hierbei Grundbedingung, daß die Qualität in keinem
                              									Einzelpunkt herabgesetzt werden darf, denn die Porzellanindustrie, die alle ihre
                              									Rohstoffe aus dem Inland bezieht und von jedem Rohstoffimport vollkommen unabhängig
                              									ist, stellt eine der wichtigsten Exportindustrien vor und vermag sich am Weltmarkt
                              									selbstverständlich nur mit erstklassiger Qualitätsware dauernd zu behaupten.
                           So sind die zurzeit wichtigsten technischen Probleme der Porzellanindustrie:
                              									Normalisierung, Produktions- und Qualitätssteigerung, sowie Brennstoffersparnis.