| Titel: | Zur Messung der Beschleunigung auf Förderanlagen. | 
| Autor: | E. Jahnke, G. Keinath | 
| Fundstelle: | Band 335, Jahrgang 1920, S. 119 | 
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                        Zur Messung der Beschleunigung auf
                           								Förderanlagen.
                        Von Geh. Bergrat Prof. Dr. E. Jahnke, Berlin, und Oberingenieur Dr.-Ing. G. Keinath, Berlin-Siemensstadt.
                        JAHNKE-KEINATH: Zur Messung der Beschleunigung auf
                           								Förderanlagen.
                        
                     
                        
                           Wer die Maschinenhalle einer modernen Förderanlage betritt, dem fällt unter den
                              									wenigen Meßapparaten, die dort anzutreffen sind, der Karlikmesser auf. Dieser hat
                              									den Zweck, die Geschwindigkeit des Förderkorbes zu messen und auf einem
                              									Papierstreifen aufzuzeichnen. Das geschieht nicht unmittelbar am Korbe, es wird die
                              									Drehgeschwindigkeit der Antriebswelle gemessen. Im allgemeinen entspricht die
                              									Geschwindigkeit auf der ganzen Seillänge der Umfangsgeschwindigkeit der Trommel oder
                              									Koepescheibe. Zurzeit ist diese Geschwindigkeitsmessung aus Sicherheitsgründen
                              									vorgeschrieben. Höchstgeschwindigkeiten sind allerdings nur für Seilfahrt
                              									behördlicherseits festgesetzt, während für die Revisionsfahrt und die
                              									Produktenförderung von der betreffenden Grube Höchstwerte festgelegt werden. Durch
                              									die Ueberwachung und Registrierung der Geschwindigkeit sollen Schäden an Menschen
                              									und Material vermieden werden.
                           Nun zeigt aber eine einfache Ueberlegung, daß die langsam eintretende Ueberschreitung
                              									der zugelassenen Geschwindigkeit für die Sicherheit viel weniger gefahrbringend ist
                              									als eine plötzliche Geschwindigkeitsänderung, mit andern Worten, als eine hohe
                              									Beschleunigung, die auch bei niedriger Seilgeschwindigkeit verhängnisvolle Folgen
                              									zeitigen kann, weil bei diesen unstetigen Geschwindigkeitsänderungen ganz
                              									ungewöhnliche Zugkräfte im Förderseil auftreten. Die Karlikdiagramme haben
                              									vorwiegend verwaltungstechnische Bedeutung. Sie zeigen dem Revierbeamten an, wie
                              									viele Fahrten, insbesondere wie viel Produkten- und Seilfahrten in einer Schicht
                              									gemacht worden sind, ob längere Pausen gewesen sind und dergleichen. Dagegen kommen
                              									Störungen im Förderbetrieb, die mit der Massenbeschleunigung zusammenhängen, z.B.
                              									das Durchgehen des Korbes, nur unvollkommen zum Ausdruck.
                           Abb. 1 zeigt für eine normale Fahrt mit
                              									nachfolgendem, dreimaligem Umsetzen den Verlauf von Geschwindigkeit und
                              									Beschleunigung in einem schematischen Bild. Während der Anfahr- und Bremsperiode
                              									einer solchen idealen Fahrt ist Beschleunigung und Verzögerung annähernd konstant,
                              									sie sind in der Abbildung gleich groß gezeichnet. Das Umsetzen erfolgt bei ganz
                              									geringer Seilgeschwindigkeit, der Ausschlag am Karlikmesser ist dementsprechend
                              									gering und beim Vorhandensein geringer, Reibungskräfte oft gar nicht sichtbar, die
                              									Beschleunigung erhält aber auch beim Umsetzen recht sichtbare Werte.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 335, S. 119
                              Abb. 1. Geschwindigkeits- und Beschleunigungsdiagramm für ideale Fahrt mit
                                 										dreimaligem Umsetzen.
                              
                           Abb. 2 zeigt an einem anormalen Diagramm, das aber
                              									praktisch sehr oft vorkommt, den Verlauf von Geschwindigkeit und Beschleunigung. Der
                              									Anstieg der Geschwindigkeit 
                              									erfolgt zuerst langsam, dann aber schnell unter hoher Anfahrbeschleunigung.
                              									Beim Bremsen ist zunächst die Verzögerung zu gering; sie wird dann auf ein
                              									unzulässig hohes Maß gebracht, um die vorgeschriebene Auslaufstrecke nicht zu
                              									überschreiten. Bei dem dreimaligen Umsetzen sind die Höchstgeschwindigkeiten zwar
                              									gering, trotzdem treten z. T. hohe Beschleunigungen auf. Diese Anomalien sind im
                              									Geschwindigkeitsdiagramm kaum sichtbar, im Beschleunigungsdiagramm treten sie aber
                              									deutlich hervor.
                           Daraus folgt, daß es zweckmäßig wäre, an Stelle der Geschwindigkeit die
                              									Beschleunigung zu messen und aufzuzeichnen, weil in den Beschleunigungsdiagrammen
                              									anormale Betriebszustände, z.dB. ein eingetretener Seilrutsch, in auffallender Weise
                              									durch große Ausschläge zu Tage treten, während sie im Geschwindigkeitsdiagramm
                              									günstigenfalls nur an dem steileren Ansteigen oder Abfallen der Kurve zu erkennen
                              									sind.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 335, S. 120
                              Abb. 2. Geschwindigkeits- und Beschleunigungsdiagramm für Betriebsfahrt mit
                                 										dreimaligem Umsetzen.
                              
                           Technische Ausführungen von Apparaten zur Messung der Beschleunigung des Förderkorbes
                              									sind bisher nicht bekannt geworden.Wie uns erst jetzt, durch eine freundliche Mitteilung des Geheimen Bergrats
                                    											Professor Dr. Treptow, bekannt wird, soll in der
                                    											Sammlung für Maschinenlehre an der Bergakademie Freiberg ein seinerzeit von
                                    												Undeutsch gebauter Beschleunigungsmesser für
                                    											Schachtförderung vorhanden sein. Es sind dazu zwei Arten von
                              									Apparaten verwendbar, ein Vertikalbeschleunigungsmesser, der, im Korbe aufgehängt,
                              									unmittelbar die Beschleunigung des Korbes registriert, und ferner ein
                              									Drehbeschleunigungsmesser, der, an der Motorwelle angebracht, die Beschleunigung der
                              									Förderschale unter Ausschaltung des Seileinflusses anzeigt und registriert.
                           In der Literatur sind Vertikalbeschleunigungsmesser nur in der Ausführung als
                              										„Erdbeben-Wellenmesser“ beschrieben (Mainka,
                              									Z. f. Feinmechanik 1915), wohl aber Ausführungen zur Messung der Horizontal- und
                              									Drehbeschleunigung. Der erste Beschleunigungsmesser für Fahrzeuge ist von Lanchester im Jahre 1889 verwendet worden und im Phil.
                              									Mag. Bd. 10, 1906 beschrieben. Auf demselben Prinzip beruht der
                              									Beschleunigungsmesser von Hess (E. T. Z. 1911, S. 248).
                              									Auch die Firma Amsler hat einen
                              									Pendelbeschleunigungsmesser für Fahrzeuge gebaut, der für den Meßwagen der
                              									Preußischen Eisenbahn-Direktion geliefert wurde.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 335, S. 120
                              Abb. 3.Apparat in Nullstellung; Apparat in beliebiger Stellung.
                              
                           Nach eingehenden Besprechungen mit den Herren Dr. Köpsel
                              									und Boas wurde bei Siemens
                              									& Halske ein registrierender Beschleunigungsmesser
                              									gebaut, dessen Einrichtung in Abb. 3 schematisch
                              									dargestellt ist und mit dem eine Anzahl von Versuchen ausgeführt worden sind. Der
                              									Apparat besteht aus einer Masse, die durch einen Arm mit der Drehachse des
                              									Meßsystems verbunden ist. Die Masse wird durch eine Spiralfeder im Gleichgewicht
                              									gehalten. Wird nun der Apparat vertikalen Stößen ausgesetzt, so gerät die Masse in
                              									Schwingungen, welche durch einen Ellipsenlenker in eine geradlinige Bewegung
                              									übergeführt werden. Auf der Achse sitzt eine Oeldämpfung, bestehend aus einem
                              									Kolben, der sich in einer halbkreisförmig gekrümmten Glasröhre bewegt, die mit zähem
                              									Oel gefüllt ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 335, S. 120
                              Abb. 4. Fahrt aufwärts ohne Anhalten vom ersten bis fünften Stock.
                              
                           Die Größe der Masse und der Federkraft wurden so abgestimmt, daß der Endausschlag des
                              									Zeigers bei etwa + 3 m/sek2 erfolgte. Der
                              									Nullpunkt befand sich in der Mitte der Skala.
                           Es war nun notwendig, diesen Apparat zu eichen. Es wäre dazu wünschenswert, eine
                              									Einrichtung zu besitzen, mit der Beschleunigungen von 0 bis 3 m/sek2 über einige Sekunden konstant gehalten werden
                              									können, damit der Zeiger des Apparats sich auf seinen Endwert einstellt. Als
                              									Notbehelf wurde ein Kurbelgetriebe gebaut, durch welches der Apparat in seiner
                              									Führung um etwa 50 cm Höhe vertikal auf und ab bewegt wurde. Aus der Drehzahl des
                              									Motors sowie aus dem Verhältnis des Kurbelradius zur Schubstangenlänge kann der
                              									Verlauf der Beschleunigung als Funktion des Weges rechnerisch ermittelt werden.
                              									Diese Eichung erwies sich als etwa nur auf + 10 v. H. genau, da es nicht möglich
                              									war, hinreichend große Beschleunigungen auf genügend lange Zeit wirken zu lassen,
                              									und da auch die Drehzahl des Motors innerhalb einer Hubperiode nicht konstant blieb.
                              									Für bergmännische Zwecke ist dieser Genauigkeitsgrad indessen vorläufig
                              									ausreichend.
                           
                           Der Papierstreifen, mit einer nutzbaren Breite von 120 mm, wurde durch ein
                              									eingebautes Spezialuhrwerk sekundlich um 120 mm vorwärtsbewegt.
                           Mit diesem Registrierapparat wurde eine Reihe von Vorversuchen vorgenommen, von denen
                              									ein Originaldiagramm wiedergegeben ist (Abb. 4). Es
                              									zeigt die Beschleunigung im Personenfahrstuhl des Wernerwerkes der Siemens &
                              									Halske A.-G. bei einer Fahrt aufwärts vom ersten bis zum fünften Stock. Die maximale
                              									Beschleunigung ist dabei etwa 2 m/sek2. Es waren
                              									hier bereits deutlich Seilschwingungen in der Längsrichtung des Seiles zu bemerken,
                              									wenn sich der Fahrstuhl dem Erdgeschoß näherte.
                           Nachdem die Vorversuche die Brauchbarkeit des Apparates erwiesen hatten, führten wir
                              									im August 1918 auf einer großen Zahl von Gruben des Oberschlesischen
                              									Kohlenreviers Versuchsmessungen aus zur Feststellung der maximal auftretenden
                              									Beschleunigungen bei -verschiedenen Förderanlagen mit elektrischem und mit
                              									Dampfantrieb, mit Flur- und mit Turmförderung, mit Trommel- und mit
                              									Koepeförderung.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 335, S. 121
                              Abb. 5. Carmer Hauptschacht, SSW, elektr., Fahrt aufwärts, Fahrtdauer 42 sek,
                                 										vmax ∞ 15 m/sek.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 335, S. 121
                              Abb. 6. Carmer Hauptschacht, SSW, elektr., Fahrt abwärts, Schwingbühne,
                                 										Retardierkurven Patent SSW.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 335, S. 121
                              Abb. 7. Carmer Nebenschacht, SSW, elektr., Fahrt abwärts, Fahrtdauer 45
                                 										sek.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 335, S. 121
                              Abb. 8. Carmer Nebenschacht, SSW, elektr., Fahrt abwärts, Aufsatzvorrichtung,
                                 										vmax ∞ 13 m/sek.
                              
                           Der Apparat wurde stets samt dem Holzschutzkasten – der eine Länge von 60 cm hatte –
                              									in die Förderschale eingehängt bzw. angeschraubt. Das Aufhängen mit S-förmigen Haken
                              									ist in den meisten Fällen möglich, weil die Schalenwände fast immer aus gelochtem
                              									Blech bestehen. Ein seitliches Schwingen muß 
                              									aber auch durchaus vermieden werden, weil sonst der Apparat beim Anschlagen an
                              									die Schalenwand Schaden leiden würde.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 335, S. 122
                              Abb. 9. Dreimaliges Umsetzen auf Carmer Hauptschacht, Sohle. Die Sturzpausen
                                 										sind verkürzt wiedergegeben.
                              
                           Es wurden Versuche vorgenommen an folgenden Förderanlagen:
                           
                              1. Carmerschacht, Hauptschacht, Koepe mit elektr. Antrieb der
                                 										SSW, Teufe 290 m, dreimaliges Umsetzen, Schwingbühne, Retardierkurven Patent
                                 										SSW.
                              2. Carmerschacht, Nebenförderung, Koepe mit elektr. Antrieb der
                                 										SSW, Teufe 350 m, dreimaliges Umsetzen, Aufsatzvorrichtung.
                              3. Baptistschacht auf Brandenburggrube, alte Dampfförderung aus
                                 										dem Jahre 1889, Trommel, Aufsatzvorrichtung.
                              4. Deutschlandgrube in Schwientochlowitz, Turmkoepe mit elektr.
                                 										Antrieb der AEG, Teufe 240 m, einmaliges Umsetzen. Retardierkurven Patent
                                 										AEG.
                              5. Frankenbergschacht I, Dampf, Spiraltrommel, Teufe 456 m, kein
                                 										Umsetzen.
                              6. Frankenbergschacht II, Koepe mit elektr. Antrieb der B. B. C.,
                                 										Teufe 512 m, dreimaliges Umsetzen, Retardierkurven Patent Brown-Boveri.
                              7. Kaiser Wilhelmschacht I und
                              8. Kaiser Wilhelmschacht II, auf beiden Dampfförderung, Teufe 400
                                 										m, Schacht I umgebaut auf Koepe, Schacht II Trommel, zwei- bzw. dreimaliges
                                 										Umsetzen.
                              9. Albertschacht, kleiner Holzhängeschacht, Teufe 190 m, Antrieb
                                 										durch 37 PS Drehstrommotor, 2 Geschwindigkeiten, 2,5 und 4,5 m/sek. Koepedurchm.
                                 										1,80 m.
                              10. Huldaschacht, Dampfförderung, Maschinen genau wie bei Kaiser
                                 										Wilhelm II, jedoch mit Koepe statt Trommel, ohne Unterseil, Teufe 349 m.
                              
                           Wir benutzen gern diese Gelegenheit, um den Direktionen der einzelnen Zechen auch an
                              									dieser Stelle unsern verbindlichsten Dank für das große Entgegenkommen
                              									auszusprechen, das wir bei unsern Versuchen in Oberschlesien gefunden haben, ganz
                              									besonders dem Bergwerksdirektor Bergassessor a. D. Fischer auf Nickischschacht O. S.
                           Die von den Siemens-Schuckertwerken gelieferte
                              									elektrische Einrichtung des Carmerhauptschachtes ergab sehr schöne Kurven (Abb. 5 Fahrt aufwärts, Abb.
                                 										6 Fahrt abwärts), namentlich für die Anfahrperioden, die gegenüber
                              									sämtlichen andern als geradezu klassisch anzusehen sind. Während der ganzen
                              									Anfahrzeit (etwa ein Drittel der gesamten Förderzeit) ist die Beschleunigung nahezu
                              									konstant, durchschnittlich gleich 1 m/sek2,
                              									abgesehen von kleinen Schwingungen, wie sie entweder durch die Stufen des Anlassers
                              									oder durch Seilschwingungen verursacht sein können. Die Auslaufperiode ist nicht so
                              									regelmäßig, die Verzögerung ist weniger konstant, nimmt auch, wie bei den andern
                              									Anlagen, von vornherein größere Werte an. Auf Carmerschacht betrug sie etwa 1,5
                              										m/sek2. Es ist wohl nie möglich, mit
                              									konstanter Verzögerung bis zum Ende zu fahren, wenn man nicht Gefahr laufen will,
                              									daß der Korb zu früh oder zu spät zum Stillstand kommt.
                           Beim Carmer-Nebenschacht (Abb. 7 Fahrt abwärts, Abb. 8 Fahrt abwärts) waren ziemlich starke
                              									Schwankungen der Beschleunigung zu beobachten, die in der Hauptsache auf
                              									Seilschwingungen (Längsschwingungen) zurückzuführen sind, welche namentlich am Ende
                              									eines Zuges, besonders wenn die Schale am Füllort war, stark auftraten. Die
                              									Beschleunigung bei der Nebenförderung schwankt zwischen 0 und 1,9 m/sek2, im Mittel ist sie etwas größer als bei der
                              									Hauptförderung, etwa 1,3 m/sek2.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 335, S. 122
                              Abb. 10. Umsetzen auf Carmer Nebenschacht, Hängebank. Die Sturzpausen sind
                                 										verkürzt wiedergegeben.
                              
                           Beim Bremsen der Nebenförderung auf Carmerschacht trat stets ein heftiger
                              									Beschleunigungsstoß vondetwa 4 m/sek2, vielleicht
                              									noch mehr, auf, der wohl in einem Fehler des Steuermechanismus begründet war. Dieser
                              									Fehler im Steuermechanismus (Retardierkurven) trat auch auf der Anlage der AEG und
                              									der BBC zutage. Immerhin dürfen auch auf der Nebenförderung die Resultate noch als
                              									ganz gut bezeichnet werden.
                           Im Anschluß an die Verzögerungskurve sind stets heftige senkrechte Seilschwingungen
                              									zu beobachten, wenn die Förderschale an dem etwa 400 m langen Seil an der Sohle des
                              									Schachtes hängt. Hier wie bei andern Anlagen wurde festgestellt, daß diese
                              									Seilschwingungen ganz beträchtliche Beanspruchungen des Seils hervorbringen. Am
                              									heftigsten sind sie bei Dampfförderanlagen, wo sie noch durch die ungleichförmige
                              									Antriebskraft in ihrer Ausbildung begünstigt werden. Abb.
                                 										9 zeigt die Beschleunigung und Verzögerung beim Umsetzer der Förderschale
                              									an der Sohle in die verschiedenen Etagen. Obwohl die Geschwindigkeiten sehr gering
                              									sind, betragen die Beschleunigungen doch etwa 1,2 m/sek2. Abb. 10 zeigt die Beschleunigung beim
                              									Umsetzen der Förderschale auf der Hängebank. Auf Abb.
                                 										9 sind deutlich 
                              									Interferenzseilschwingungen zu beobachten (vgl. auch Abb. 13).
                           Der Unterschied in den einzelnen Förderanlagen trat besonders zutage an dem hierauf
                              									untersuchten Baptistschacht der Brandenburggrube in Ruda. Es war dies eine nahezu 30
                              									Jahre alte Dampfförderung, die nicht zur Seilfahrt konzessioniert war, wo der
                              									Schacht von unten nach oben Weiten von 8 m, 6 m und 4 m hatte und dazu noch doppelt
                              									gekrümmt war. Die Wände in der Schale waren glatt, der Schacht ein nasser, dazu noch
                              									als ausziehender Wetterschacht benutzt, im ganzen ein sehr übler Betrieb, wenn auch
                              									vielleicht noch lange nicht der schlimmste.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 335, S. 123
                              Abb. 11. Deutschlandgrube, Turmkoepe, AEG, elektr., Fahrt aufwärts, mit
                                 										Karlikdiagramm, Retardierkurven Patent AEG, Fahrtdauer 46 sek, vmax ∞ 15
                                 										m/sek.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 335, S. 123
                              Abb. 12. Deutschlandgrube, Turmkoepe, AEG, elektr., Fahrt abwärts, mit
                                 										Karlikdiagramm.
                              
                           Schon das Anbringen des Beschleunigungsmessers machte Schwierigkeiten, weil die Wände
                              									erst angebohrt werden mußten, die erste Befestigung hatte sich gelockert, so daß der
                              									Apparat hin- und herschlug. Eine Besichtigung während der Fahrt wäre mit
                              									Lebensgefahr verbunden gewesen.
                           Aber auch, bei ganz solider Befestigung auf einem eingesetzten Rahmen ließen sich nur
                              									bei Seilfahrtgeschwindigkeit mit Sicherheit Diagramme aufzeichnen, bei voller
                              									Geschwindigkeit wurde die Feder stark geschleudert, obwohl sie dynamisch
                              									ausbalanziert war. Das Diagramm für Seilfahrt läßt deutlich erkennen, daß erhebliche
                              									Seilschwingungen auftreten, wobei sich anscheinend mit den Kolbenstößen der
                              									Dampfmaschine Intereferenzschwingungen ergeben, eine Erscheinung, die später noch
                              									mehrfach beobachtet wurde. Bei voller Geschwindigkeit waren die Beschleunigungen
                              									schätzungsweise etwa 3 m/sek2.
                           Viel bessere Erfahrungen wurden dann in Schwientochlowitz auf der Deutschlandgrube
                              									gemacht. Es ist dies etwa eine zehn Jahre alte moderne Anlage, von der
                              									Gutehoffnungshütte und der AEG ausgerüstet. Sie ist schon dadurch auffällig, daß der
                              									gesamte Wagentransport auf der Hängebank vollkommen selbsttätig vor sich geht, so
                              									daß nur zwei Mann an der Hängebank sind, der Anschläger und der Mann, der die
                              									Maschine zur Wagenbewegung steuert. Nach. Angabe von Maschineninspektor Schulz hat sich diese Anlage vollkommen bewährt.
                           Die Fördermaschine ist hier wegen Platzmangels auf einem 33 m hohen Turm aufgestellt,
                              									auch die Steuerung erfolgt oben. Bei der Steuerung der Maschine hat der Mann dauernd
                              									fest gegen den Hebel zu drücken. Infolge allmählicher Ermüdung macht er dies aber
                              									nicht, so daß sich eine ganz ungleichmäßige Beschleunigung ergibt, zuerst zwei
                              									kleine Stöße, dann noch ein sehr heftiger Stoß von etwa 2 bzw. 3 m/sek2 (Abb. 11 Fahrt
                              									aufwärts, Abb. 12 Fahrt abwärts). Diese
                              									Unregelmäßigkeit ist schon an den Karlikdiagrammen deutlich zu sehen, die den Abb. 11 und 12
                              									beigefügt sind.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 335, S. 123
                              Abb. 13. Umsetzen auf Frankenberg-West-Schacht, Hängebank.
                              
                           Auch bei dieser Anlage treten ziemlich heftige Seilschwingungen auf, namentlich bei
                              									der höchsten Beschleunigung. Wie schon beim Carmerschacht, ist zu bemerken, daß die
                              									Frequenz dieser Schwingungen höher ist, wenn die Schale oben, als wenn sie unten
                              									ist, entsprechend der geringeren Seillänge.
                           Weitere Versuche wurden vorgenommen auf den Förderanlagen des Frankenbergschachtes
                              									der Kleofasgrube in Zalenze. Es sind hier eine elektrische Anlage
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 335, S. 124
                              Abb. 14. Frankenberg-West, Brown-Boveri, elektr., Fahrt aufwärts, mit
                                 										Karlikdiagramm, Retardierkurven Patent Brown-Boveri, Fahrtdauer 60 sek, vmax ∞
                                 										10 m/sek.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 335, S. 124
                              Abb. 15. Kaiser Wilhelm II Dampf-Koepe (neue Maschine). Fahrt aufwärts mit
                                 										einmaligem Umsetzen an den beiden Hängebänken, Fahrtdauer 45 sek.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 335, S. 124
                              Abb. 16. Kaiser Wilhelm II, Dampf-Koepe, Fahrt abwärts mit einmaligem Umsetzen
                                 										an Sohle, Fahrtdauer 45 sek.
                              
                           
                           von Brown-Boveri & Co., sowie eine ältere Dampfspiraltrommel nebeneinander aufgestellt.
                           Auf der elektrischen Anlage ergab sich eine sehr gute Beschleunigungskurve (Abb. 14). Auf der Dampfanlage traten aber wiederum
                              									heftige Schwingungen auf, die anscheinend stets bei Dampfförderungen zutage kommen
                              									infolge der alternierenden Antriebskraft. Abb. 13
                              									zeigt die starken Stöße beim Umsetzen auf dem Frankenberg-Westschacht.
                           Mittlerweile hatten wir in Erfahrung gebracht, daß auf der Gileschegrube, mit
                              									Ausnahme der Turmkoepe, nahezu alle Arten von Förderanlagen vertreten waren, und es
                              									wurden deshalb, um Zeit zu gewinnen, die nächsten Versuche auf den nur wenig
                              									auseinanderliegenden Schächten der Gileschegrube gemacht.
                           Auf Kaiser Wilhelmschacht arbeiten zwei Dampfförderungen, eine mit einer
                              									Hochdruckmaschine, die andere mit einer Compoundmaschine. Beide Förderungen arbeiten
                              									nach Augenschein schon sehr gut (Abb. 15 Fahrt
                              									aufwärts, Abb. 16 Fahrt abwärts). Auf dem einen
                              									Schacht wollten wir zuerst nicht daran gehen, den Beschleunigungsmesser einzubauen,
                              									weil wir mit dem Karlikmesser eine durchschnittliche Anfahrbeschleunigung von
                              									mindestens 2 m/sek2 errechnet hatten. Die Versuche
                              									ergaben aber nur etwa den halben Wert. Die Ursache des Unterschiedes liegt
                              									wahrscheinlich in einer großen Dehnung des in diesem Falle sehr langen
                              									Antriebsriemens des Karlikmessers während der Anlaufperiode.
                           Auf Huldaschacht arbeitete die gleiche Hochdruckdampfmaschine wie auf dem einen
                              									Kaiser Wilhelmschacht, nur mit dem Unterschied, daß di6 Trommel auf Hulda noch
                              									nicht gegen Koepe ausgetauscht war. Wider Erwarten ergab sich aber kein,
                              									nennenswerter Unterschied, obgleich auch die sonstigen Umstände, insbesondere die
                              									Teufe, bei beiden Anlagen fast dieselben waren.
                           Der Albertschacht wurde noch geprüft als Vorversuch für spätere Arbeiten. Die
                              									Beschleunigung ist gering, aber es treten, merkwürdigerweise bei der kleinen
                              									Geschwindigkeit, ziemlich erhebliche Seilschwingungen auf, ein mehrfaches der
                              									Anfahrbeschleunigung. Dabei sind sehr deutlich Interferenzpunkte zu bemerken. Wir
                              									vermuten, daß dies in einem periodisch veränderlichen Reibungswiderstand begründet
                              									ist, dadurch verursacht, daß die Schale in der Führung etwas eckt und sich immer in
                              									gewissen Abständen losreißt.
                           Aus diesen Versuchen, die sich etwa über zwei Wochen erstreckten, wurde eine ganze
                              									Anzahl wertvoller Anregungen gewonnen. Sie werden zu gegebener Zeit mit neuen
                              									Apparaten fortgesetzt werden, welche hinsichtlich Genauigkeit und
                              									Widerstandsfähigkeit gegen die ersten Versuchsausführungen wesentliche
                              									Verbesserungen aufweisen. Die Verfasser möchten auch an dieser Stelle den Herren
                              									Betriebsleitern, die allenthalben die Versuche unter beträchtlichen Schwierigkeiten
                              									in entgegenkommendster Weise förderten, vor allem Herrn Maschineninspektor Diederichs auf Carmerschacht, Herrn Maschineninspektor
                              										Kuhnert auf Cleofas, Herrn Maschineninspektor Schulz auf Deutschlandgrube und Herrn Direktor Dr. Lange auf der Brandenburggrube ihren herzlichsten Dank
                              									aussprechen.