| Titel: | Forschungsarbeiten zum Studium des Metallhüttenwesens auf deutschen technischen Hochschulen. | 
| Autor: | W. Borchers | 
| Fundstelle: | Band 335, Jahrgang 1920, S. 176 | 
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                        Forschungsarbeiten zum Studium des
                           								Metallhüttenwesens auf deutschen technischen Hochschulen.
                        Von Geh. Reg.-Rat Dr.-Ing. Dr. W. Borchers, Professor und Vorstand des Institutes für
                           								Metallhüttenwesen und Elektrometallurgie an der Technischen Hochschule zu
                              								Aachen.
                        (Abdruck aus der Festschrift zum hundertjährigen
                           								Bestehen der Zeitschrift.)
                        BORCHERS: Forschungsarbeiten zum Studium des Metallhüttenwesens
                           								usw.
                        
                     
                        
                           Meine 1897 erfolgte Berufung auf den Lehrstuhl für Metallhüttenkunde und
                              									Elektrometallurgie der Technischen Hochschule zu Aachen fiel in die letzten Jahre
                              									eines Zeitabschnittes, in welchem von den metallurgischen Laboratorien unserer
                              									Hochschulen wenig oder gar nichts in die Oeffentlichkeit, ja nicht einmal in die
                              									engeren Fachkreise des praktischen Lebens zu dringen pflegte. Zu verwundern ist das
                              									allerdings nicht, denn metallurgische Laboratorien oder Institute im heutigen Sinne
                              									des Wortes gab es eben damals nicht. Noch im Jahre 1897 fand ich in Aachen ein
                              										„Probierlaboratorium“ vor, ähnlich demjenigen, welches ich sechs Jahre
                              									früher in Clausthal kennen gelernt hatte, einige wenige Räume mit Einrichtungen, wie
                              									man sie von alters her zur Ausführung sog. dokimastischer Proben in
                              									Metallhüttenwerken zur schnellen Gehaltsbestimmung der Rohstoffe und Erzeugnisse,
                              									kurz zur Betriebsüberwachung zu verwenden pflegt bzw. pflegte, denn manche der alten
                              									Probiermethoden hielt sich in den Laboratorien der Bergakademien und technischen
                              									Hochschulen länger, als in der Hüttenpraxis. Mittels dieser Einrichtungen wurden die
                              									Studierenden rein kursorisch in die Geheimnisse der „Probierkunst“
                              									eingeführt. In den Probierlaboratorien der Bergakademien und technischen Hochschulen
                              									bestand wie bei den übrigen Fachrichtungen dieser Lehranstalten das Lehren und
                              									Lernen vorwiegend in dem Vortragen, in dem zeichnerischen und experimentellen
                              									Wiederholen der Erfahrungen der Praxis.
                           Ich hatte während der Jahre 1875/1878 meine ersten Studien in
                              									Universitätslaboratorien gemacht, in denen schon der junge Student in seinem zweiten
                              									Semester zu Forschungsarbeiten herangezogen wurde. Wie anregend diese Art des
                              									Studierens auf die Arbeitsfreudigkeit des jungen Studenten wirkt, habe ich an mir
                              									selbst erfahren. Und als ich später nach längerer Praxis auch in die Probierkunst
                              									eingeweiht wurde, da war und blieb ich immer noch überzeugt, daß jene Art des
                              									Studierens doch noch über dieses Probieren geht.
                           Glücklicherweise stellte mich auch meine zwölfjährige Praxis in der chemischen und
                              									metallurgischen Industrie Deutschlands und Amerikas vor eine ununterbrochene Reihe
                              									ungelöster Probleme, zu deren Durcharbeitung mir die Hast der Fabrikbetriebe
                              									allerdings nicht immer die nötige Zeit ließ.
                           Nach meiner Berufung. nach Aachen war es daher mein erstes, mir und meinen ersten
                              									Schülern so schnell wie möglich einige, wenn auch primitive Einrichtungen zu
                              									verschaffen, um an die Lösung solcher Aufgaben heranzutreten. Und das gelang über
                              									Erwarten gut, so daß auf Grund der Ergebnisse der Arbeiten der ersten beiden Jahre
                              									das Unterrichtsministerium schon im Jahre 1899 den Bau eines Institutes bewilligte,
                              									in welchem nun nach der Eröffnung im Jahre 1902, soweit die Laboratoriumstätigkeit
                              									in Betracht kam, der wesentlichste Teil des Studiums in die Teilnahme der
                              									Studierenden an kleineren und größeren Forschungsarbeiten verlegt wurde.
                           Das konnte allerdings nur dadurch erreicht werden, daß die alte Entwicklungsphase
                              									unserer technischen Hochschulen durch die Bewilligung des Promotionsrechtes im Jahre
                              									1900 ihren endgültigen Abschluß gefunden hatte; denn meine noch im Jahre 1898 ohne
                              									Vorkenntnis 
                              									des kommenden Promotionsrechtes unternommenen Versuche, durch
                              									zweckentsprechende Neugestaltung der Studienpläne und Prüfungsordnungen schon an die
                              									Diplom-Ingenieur-Arbeiten der Hüttenleute, wenn auch in bescheidenem Maße die
                              									Anforderungen zu stellen, welche jetzt an die Dissertationen gestellt werden,
                              									scheiterten an dem Widerstände des damaligen Senates. Dieser Widerstand war dann
                              									ganz unerwartet durch die Erteilung des Promotionsrechtes an die technischen
                              									Hochschulen für meine Bestrebungen ausgeschaltet. Für die forschend tätigen
                              									Professoren unserer Hochschulen waren in den älteren Studierenden nun Mitarbeiter
                              									gewonnen, welche die Vorzüge der in den Doktor-Ingenieur-Arbeiten liegenden
                              									Abschlußstudien sofort erkannten und mit regstem Eifer ausnutzten. Sie konnten mit
                              									kleinen Teilaufgaben betraut werden, deren Ergebnisse sich dann mit der Zeit bei der
                              									Beantwortung größerer Fragen allgemeinerer Bedeutung als wertvolle Beweisglieder
                              									verwenden ließen.
                           Die Zahl der der Lösung harrenden Aufgaben war eine unendlich große geworden; denn
                              									seitdem im letzten Drittel des vergangenen Jahrhunderts die organische Chemie dem
                              									Chemiker ein so weites und aussichtsreiches Forschungsgebiet erschlossen hatte, war
                              									die anorganische.. und damit die Metallchemie derartig vernachlässigt worden, daß
                              									ich in den ersten Jahren meiner Lehrtätigkeit in Aachen in meinen Vorlesungen nicht
                              									immer mit dem Bewußtsein vor meine Schüler trat, ihnen über die Grundlagen wichtiger
                              									Hüttenprozesse und über das Wesen wichtiger Hüttenprodukte auch nur die
                              									notdürftigste Auskunft geben zu können.
                           Bei der Größe der vorliegenden Aufgabe war an die Aufstellung eines geregelten
                              									Arbeitsplanes zur systematischen Erforschung der einzelnen Gebiete nicht zu denken.
                              									Dadurch, daß nach der Veröffentlichung der ersten beiden Auflagen meines Buches über
                              									Elektrometallurgie zahlreiche Anfragen aus der Industrie an mich herantraten, mußte
                              									die Dringlichkeit der Beantwortung derselben entscheidend für die Reihenfolge der
                              									Inangriffnahme dieser oder jener Arbeit sein. Auch Gelegenheiten, ein besonders
                              									schwer zu beschaffendes Erz oder Hüttenprodukt zu bekommen, wirkten mitbestimmend,
                              									schließlich auch die Apparatfrage. Denn fertige, für die verschiedenen Vesuchszwecke
                              									geeignete Oefen und sonstige Vorrichtungen gab es im Handel nicht, sie mußten in
                              									Anpassung an die jeweils zu überwindenden Schwierigkeiten von uns selbst konstruiert
                              									und durch den Institutsmechaniker größtenteils auch selbst ausgeführt werden.
                           Wenn infolge dessen die ersten Veröffentlichungen aus dem Aachener Institute für
                              									Metallhüttenwesen vielleicht den Eindruck eines zusammenhangslosen Durcheinanders
                              									von Tastversuchen auf den verschiedensten Gebieten der Metallurgie hervorgerufen
                              									haben, so war das nach den eben geschilderten Verhältnissen der Entwicklung dieses
                              									Institutes und seiner Ziele ganz natürlich. Der Zusammenhang der Einzelarbeiten hat
                              									aber ebensowenig gefehlt, wie das Ziel. Schon die folgende kurze Zusammenstellung
                              									der wichtigeren der bislang in diesem Institute durchgearbeiteten Einzelprobleme zu
                              									den folgenden Gruppen zeigt dies auch dem Nichtfachmanne:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 335, S. 176
                              Gruppe; Einzelarbeiten;
                                 										Mitarbeiter; Platin; Platin aus deutschen Platinvorkommen; K. Wagenmann; Nickel
                                 										Konstitution des Nickelsteines; K. Bornemann; Nickelstein-Elektrolyse; E.
                                 										Günther; Verhüttung armer Nickelerze und Nickelrohsteines; E. Günther;
                                 										Warlimont; Pedersen; v. Zerleder, Schulte; Verschmelzen des Nickelsteins auf
                                 										Reinnickel; C. Lehmer; R. Hesse; Chrom; Erschmelzen von Ferrochrom in Schacht-
                                 										und elektrischen Oefen; Ph. Monnartz; Molybdän; Molybdän und Molybdänlegierungen
                                 										aus Erzen und Abfällen; C. Lehmer; R. Borchers; K. Wagenmann; Wolfram; Wolfram
                                 										und Wolframlegierungen; D. Kremer; O. Rumschöttel; R. Irmann; Zinn; Elektrisches
                                 										Verschmelzen von Zinnerzen; Blei; Verhüttung bleiglanzhaltiger Antimonglanze; K.
                                 										Wagenmann; Bleistein; Konstitution; H. Weidmann; Vorgänge beim Verblaserösten;
                                 										L. Huppertz; W. Schütz; A. Kraft; Kupfer Konstitution des Kupfersteins und die
                                 										Beziehungen zwischen den im Kupferstein enthaltenen Verbindungen und den
                                 										Mineralien: Kupferkies, Buntkupfererz und gediegenem Kupfer; K. Bornemann;
                                 										Saures und basisches Verblasen des Kupfersteins und die Metallverluste beim
                                 										Verblasen; P. Brand; E. Günther; H. Styri; Elektrisches Verschmelzen von
                                 										Kupfererzen, Kupferstein und Rohkupfer; W. Wolkow; J. Schilowski; Wähler;
                                 										Mousset; R. Hesse; W. Menzel; G. v. Rauschenplat; Verarbeitung von Kupfer und
                                 										zinnhaltigen Abfällen; T. Watanabe; A. Saxer; P. Schwietzke
                              
                           
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 335, S. 177
                              Gruppe; Einzelarbeiten;
                                 										Mitarbeiter; Kupfer; Kupferraffination durch Silicide; G. Gloger; L. Dreibholz;
                                 										Verbesserung der Röst- und Laugereiarbeiten für Kupfererze; Fr. Thomas; A.
                                 										Boever;; Elektrolytische Fällung des Kupfers aus Sulfatlaugen mit
                                 										Schwefelsäuregewinnung; R. Reinartz; Feinkupfer durch Elektrolyse von
                                 										Kupferstein; R. Franke; G. Günther; Zink; Elektrolytische und elektrothermische
                                 										Abscheidung von Zink; J. Rontschewsky; A. Dorsemagen; C. A. Graumann; Fr.
                                 										Eulenstein; Beschleunigung der Zinkblenderöstung; Felix Thomas; Ursachen der
                                 										Fehler beim Zinkblechwalzen; P. Th. Arnemann; Aluminium und seltene Erdmetalle;
                                 										Reines Aluminiumoxyd und Schwefelsäure aus Tonerdesilikaten und Gyps; Die
                                 										Ursachen gewisser Korrosionserscheinungen an Aluminium; Dr. Moskopp;; Veredlung
                                 										des Aluminiums durch Behandlung mit Cer; O. Barth; Verbesserung der
                                 										Atmosphärebeständigkeit des Aluminiums; H. Schirmeister; Lagermetall aus
                                 										Aluminium und Kupfer; L. Sempell; Aluminium-Magnesium-Silikate bei hohen
                                 										Temperaturen; L. Servais; Herstellung der Ceritmetalle; L. Stockem; Alkali und
                                 										Erdalkalimetalle; Elektrolytische Abscheidung von Natrium aus geschmolzenen
                                 										Halogensalzen; L. Stockem; Elektrolytische Abscheidung von Calcium aus
                                 										geschmolzenen Halogensalzen; L. Stockem; Erdalkali- und Erdalkalinitride zur
                                 										Bindung des Stickstoffes; E. Beck; Legierungen Messingschmelzen im elektrischen
                                 										Ofen; F. Bensel; Bronzen: Schwindung, Festigkeit, Bearbeitung, Patinabildung,
                                 										Erstarrungstemperaturen; H. v. Miller.; Bronzeersatzlegierungen; H. Krebs; G. H.
                                 										Zirker; F. Ellinghaus; Elektrische Leitfähigkeit geschmolzener Metallegierungen;
                                 										G. v. Rauschenplat; K. Wagenmann; Chemisch widerstandsfähige, besonders
                                 										säurebeständige Legierungen; O. Barth; K. Wagenmann; Legierungen; R. Borchers;
                                 										R. Irmann; Metalloide; Umwandlung von amorphem Kohlenstoff in Graphit; Dr.
                                 										Mögenburg; J. Weckbecker; Silicium und Silicide aus Silikaten; R. Amberg; M.
                                 										Moldenhauer; K. Gröppel; L. Dreibholz; Titan und Titanlegierungen aus Rutil und
                                 										natürlichen Titanaten; W. Huppertz; Lugner; F. Bensel; R. Irmann; F. Faye; O.
                                 										Laue.
                              
                           Aus der vorstehenden Liste sind außerdem noch folgende allgemeinen Ziele zu
                              									erkennen:
                           Aufklärung der Vorgänge bekannter metallurgischer Verfahren,
                           Aufklärung der Natur der metallurgischen Produkte und ihrer durch
                              									mechanische, Wärme- und chemische Behandlung eintretenden Veränderungen.
                           Verbesserung der alten Verfahren und Aufsuchen neuer einfacher
                              									Verfahren zur Gewinnung von Metallen aus Erzen und anderen Rohstoffen.
                           Herstellung und Raffination neuer Legierungen aus billigen Metallen
                              									als Ersatz kostspieligerer oder zurzeit überhaupt nicht käuflicher Metalle
                           Im Jahre 1900 hatte sich auf der technischen Hochschule Aachen ein Personalwechsel
                              									auch auf dem Lehrstuhle für Eisenhüttenkunde vollzogen. An Stelle des erkrankten
                              									Professors Dürre wurde Professor Wüst nach hier berufen. Und seitdem sehen wir zunächst eine provisorische,
                              									dann eine neue große Studien- und Forschungsstätte auch für die
                              									Eisenhüttenkunde entstehen, welche noch heute von keiner anderen Hochschule
                              									übertroffen ist, obwohl die Bergakademien Clausthal und Freiberg und die technischen
                              									Hochschulen Breslau und Berlin neue hüttenmännische Institute erhalten haben. Mit
                              									dem Neubau des Aachener eisenhüttenmännischen Instituts wurde dann aus verschiedenen
                              									Zweckmäßigkeitsgründen das erst 1902 eröffnete Institut für Metallhüttenwesen zu
                              									einem großen zusammenhängenden Baue vereinigt, in welchem nun
                           
                              1. ein Institut für Eisenhüttenkunde,
                              2. ein Institut für Metallhüttenkunde und
                                 										Elektrometallurgie,
                              3. ein Laboratorium für Materialprüfung,
                              4. Einrichtungen für Hüttenmaschinenkunde
                              
                           vereinigt sind. In dem dadurch freigewordenen Gebäude des
                              									ersten Institutes für Metallhüttenkunde wurde dann 1908 ein Institut für
                              									physikalische Chemie und theoretische Hüttenkunde untergebracht.
                           
                           Wenn nun die bis zu Beginn dieses Jahrhunderts noch offenen Fragen unter
                              									Mitberücksichtigung der Ergebnisse auch anderer Forschungsstätten soweit geklärt
                              									werden konnten, daß ich seit 1914 an die Bearbeitung eines auf unseren heutigen
                              									wissenschaftlichen Grundlagen sich aufbauenden Werkes über Metallhüttenbetriebe
                              									herangehen konnte, von welchen Band 1 „Kupfer“ und Band 2 „Nickel“
                              									bereits erschienen sind, während Band 3 „Aluminium“ in Druck befindlich ist,
                              									so hebt sich das Endziel der scheinbar zusammenhangslosen Einzelarbeiten immer
                              									klarer heraus.
                           Und wenn bislang Professoren deutscher Universitäten, welche in den ihnen
                              									anvertrauten Instituten forschend tätig sein konnten, mit berechtigtem Stolz darauf
                              									hinzuweisen pflegten, daß sie in der Lage seien, die Wissenschaft nur ihrer selbst
                              									willen pflegen und fördern zu können, so werden die Vorsteher der an den technischen
                              									Hochschulen seither gegründeten Institute mit vielleicht noch größerer Genugtuung
                              									von ihrer Tätigkeit behaupten können, daß sie durch tatkräftige Mitarbeit bei der
                              									Lösung der im praktischen Leben der Menschheit täglich auftauchenden Fragen die
                              									Wissenschaft gewiß nicht weniger wirksam fördern, als wenn sie ohne Rücksicht auf
                              									die Forderungen des Lebens nur die Probleme in Angriff nehmen, welche ihrer
                              									persönlichen Anschauung nach als wissenschaftlich besonders wichtig erscheinen.
                              									Wissenschaftliches Erfahrungsmaterial, welches ohne jedwede Voreingenommenheit auf
                              									vielseitigen Wegen bei Arbeiten mit größtenteils praktischen Zielen von den
                              									verschiedensten Stellen und doch übereinstimmend gewonnen wird, dürfte an Wert
                              									hinter keinem anderen zurückstehen.
                           Nur eine Reihe nüchterner Tatsachen war es, welche ich angeführt habe, um zu
                              									beweisen, daß der Standpunkt, welchen ich vor mehr als 20 Jahren für die Erfüllung
                              									der hier meiner harrenden Aufgaben angenommen hatte, sich als durchaus richtig
                              									erwiesen hat: Der Studierende soll so früh wie möglich zu Forschungsarbeiten
                              									herangezogen werden. Und diese Arbeiten sollen in erster Linie die zahlreichen
                              									Fragen berücksichtigen, wie sie die Praxis des Hüttenwesens täglich in größter
                              									Mannigfaltigkeit stellt. Das Studium ist dadurch viel interessanter geworden, als es
                              									vor 1900 war, und während früher der junge Hüttenmann beim Uebertritt in die
                              									Praxis den ihm dort entgegen tretenden Aufgaben oft sehr unbeholfen gegenüberstand,
                              									ist heute der Fall durchaus nicht selten, daß der Ingenieur beim Abschluß seines
                              									Studiums bereits die eine oder andere Leistung aufweisen kann, durch die er sich als
                              									Besitzer eines Wertobjektes, z.B. als Patentinhaber, in die Praxis einführen
                              									kann.
                           Zur Erreichung dieses Zieles ist aber noch eine andere Bedingung zu erfüllen. Wie die
                              									Professoren der medizinischen Wissenschaften auf den Universitäten nur dann auf der
                              									Höhe ihrer Leistungen als Hochschullehrer bleiben können, wenn sie eine recht rege
                              									Praxis ausüben, so müssen sich auch die Professoren der metallurgischen Fächer auf
                              									das lebhafteste als Berater gewerblicher und industrieller Unternehmungen betätigen.
                              									Sie müssen auch hier gewissermaßen die Aerzte sein, welche nicht nur Krankheiten zu
                              									heilen, sondern sie vielmehr zu verhüten, also durch ihre Leistungen den
                              									metallurgischen Betrieben frische Lebenskraft zuzuführen suchen. Mit der ernsten
                              									Ausübung dieser Pflichten ist die Förderung der wissenschaftlichen Grundlagen der
                              									Metallurgie ganz selbsttätig erknüpft.
                           Was ich oben an Beispielen von bereits gelösten Forschungsaufgaben herangezogen habe,
                              									kennzeichnet nicht nur die Ziele der jüngsten Vergangenheit, welche durch den
                              									Kriegszustand außergewöhnliche, früher kaum beachtete Forderungen an uns gestellt
                              									hatte. Der Friedensschluß hat unser armes Vaterland vor noch schwierigere Aufgaben
                              									gestellt. Die Blockade ist zwar aufgehoben, aber der Tiefstand des Wertes unserer
                              									Zahlungsmittel hat praktisch dieselbe Wirkung, wie die Blockade. Wir können viele
                              									der Rohstoffe, auf welche unsere Metallindustrie eingestellt war, nicht kaufen und
                              									so werden in vielen Punkten die Aufgaben der deutschen Forschungsstätten dieselben
                              									bleiben, wie während des Krieges:
                           Aus heimischen, teilweise recht armen Erzen, alten Halden und sonstigen, früher wenig
                              									beachteten Abfällen herausholen, was herausgeholt werden kann. Und die auf diese
                              									Weise gewonnenen Metalle durch physikalische und chemische Mittel so veredeln, daß
                              									sie für das Fehlende möglichst gleichwertigen Ersatz bieten. Forscher und
                              									Forschungsstätten sind für Arbeiten dieser Art heute nötiger als je.