| Titel: | Kritik der verschiedenen Methoden der Reinigung von Kesselspeisewasser. | 
| Autor: | B. Preu | 
| Fundstelle: | Band 337, Jahrgang 1922, S. 1 | 
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                        Kritik der verschiedenen Methoden der Reinigung
                           								von Kesselspeisewasser.
                        Von B. Preu, Oberingenieur a. D.
                        PREU, Kritik der verschiedenen Methoden der Reinigung von
                           								Kesselspeisewasser.
                        
                     
                        
                           Die nicht hoch genug zu schätzende Wichtigkeit, welche der möglichst
                              									vollständigen Reinigung des zur Kesselspeisung zur Verwendung kommenden Rohwassers
                              									zumal bei der jetzigen Teuerung aller Materialien und Arbeits-Aufwendungen
                              									zuzuschreiben ist, rechtfertigt es, wenn von objektivem Standpunkt aus die Vorteile
                              									und Nachteile der einzelnen Systeme beleuchtet werden. Zu diesem Zwecke müssen vor
                              									allem die Bedingungen aufgestellt werden, welche die vollständige Reinigung zu
                              									erfüllen hat, um für den Betrieb und die Erhaltung der Kessel einen praktischen Wert
                              									zu haben. In der Zeitschrift für angewandte Chemie, Jahrgang 33 Nr. 23 und 24, habe
                              									ich die Leitsätze genannt, welche zur Richtschnur für die Ansprüche einer möglichst
                              									vollkommenen Reinigung dienen sollten. Diese Leitsätze sind: 1. Die freie Kohlensäure und den Luftsauerstoff evt. auch Oel aus
                                 										dem Speisewasser zu entfernen. 2. Das Wasser
                                 										möglichst zu enthärten, d.h. von den schädlichen Kesselsteinbildnern möglichst
                                 										zu befreien. 3. von den zur Reinigung verwendeten
                                 										Chemikalien durch das Filtrat möglichst geringe Mengen in den Kessel zu
                                 										bringen. Von minderer Wichtigkeit ist die absolute Billigkeit der gewählten
                              									Reinigungsmethode, da relativ die Methode die billigste ist, welche die angegebenen
                              									Forderungen am vollkommensten erfüllt. Bei der folgenden Betrachtung, welche der
                              									bekannten, in der Praxis eingeführten Systeme den festgelegten drei Bedingungen am
                              									besten nachkommt, werde ich die Aufklärungen, welche einigen meiner in dem genannten
                              									Artikel aufgestellten und als irrtümlich bezeichneten Behauptungen entgegengehalten
                              									wurden, benützen. Zu 1. Von großer Bedeutung ist besonders die Entfernung des
                              									Luftsauerstoffes aus dem zu reinigenden Wasser, sowie die Verhütung seines
                              									Eindringens in die Leitungen auf dem Wege vom Reiniger zum Kessel, weil er im Kessel
                              									zu Rostungen Veranlassungen geben kann. Seine Entfernung und zugleich die der freien
                              									Kohlensäure gelingt durch Erhitzung des Wassers bis auf 70–80° C, da solches Wasser
                              									nach Winkler in 1 l nur ca. 3 mg Sauerstoff gelöst enthalten kann. Die Frage ist
                              									nun, wie diese Erwärmung auf die billigste Weise herzustellen ist. Stehen in dem
                              									Betrieb genügende Abdampfmengen zur Verfügung, so wird man durch passend
                              									konstruierte Vorwärmer eine Anwärmung auf ca. 50–60° wohl erzielen können. Eine
                              									darüber gesteigerte Erhitzung ist einerseits nur durch entsprechend große
                              									Abdampfmengen von höherer Temperatur zu erreichen, die nicht in allen
                              									Betriebsfällen geschaffen werden können, andererseits würden sich bei dieser
                              									Temperatur in den Vorwärmer-Apparaten beträchtliche Mengen von Kesselsteinbildnern
                              									absetzen und diese Apparate in kurzer Zeit verschlammen. Aus diesem Grunde begnügt
                              									man sich bei dem Kalk-Soda-Verfahren in allen seinen
                              									verschiedenen Abarten mit Temperaturen von 50–60°, bei denen ca. 7 mg Sauerstoff
                              									gelöst bleiben, die dann immer noch zu Corrosionen Veranlassung geben können, da sie
                              									mit dem gereinigten Wasser in den Kessel gelangen. Steht kein Abdampf zur Verfügung,
                              									so muß die Anwärmung durch Frischdampf geschehen, was bei den jetzt herrschenden
                              									Kohlenpreisen sehr hohe Kosten mit sich führen würde. Wegen der mit dieser hohen
                              									Erwärmung verbundenen großen Vorteile wird nun aber von den Kessel-Revisionsvereinen
                              									die Erwärmung des Rohwassers im Reiniger bis auf 80 Gr. C. auf jeden Fall, auch wenn
                              									er mit höheren Kosten verbunden ist, angeraten. Durch das Permutit-Verfahren selbst wird das Rohwasser nicht vom Sauerstoff befreit,
                              
                              									da ja die Reinigung nach diesem Verfahren auf kaltem Wege vor sich geht, und das
                              									Wasser bei einer Temperatur z.B. von 10° 11 mg Sauerstoff binden kann. Zu
                              									berücksichtigen ist allerdings dabei, daß das auf kaltem Wege gereinigte Wasser vor
                              									der Speisung in den Kessel entsprechend angewärmt werden muß, was dann von selbst
                              									zur teilweisen Entfernung des Luftsauerstoffes führt. Am günstigsten verhält sich zu
                              									deren Forderung das sog. Neckarverfahren von Ph. Müller
                              									G. m. b. H., das als sein charakteristischstes Merkmal die continuierliche
                              									Schlammrückführung eingeführt hat. Auf die Hauptzwecke, die damit erreicht werden
                              									sollen, komme ich später zu sprechen. Mit der continuierlichen Rückführung des sehr
                              									heißen Kesselschlammwassers, das bei 9 at Ueberdruck eine Temperatur von 176°, bei
                              									15 at Ueberdruck eine solche von 200° erreicht, in den Reinigungs-Apparat wird als
                              									Nebenwirkung die Weiterwärmung des auf 40–60° vorgewärmten Wassers auf 70–80°
                              									gewonnen, also dadurch die möglichst weitgehende Entlüftung des Wassers erzielt.
                              									Einen Nachteil dieses Verfahrens würde es, wie schon beim Kalk-Soda-Verfahren
                              									angedeutet, bedeuten, wenn kein Abdampf zur Vorwärmung benützt werden könnte, da
                              									dann größere Mengen von Schlammwasser dem Kessel entzogen werden müßten, um die
                              									vorgeschriebene Temperatur von 80° zu erhalten. Damit wären natürlich Wärmeverluste
                              									und höherePumpenleistungen verbunden. Immerhin würde man nicht wie beim
                              									Kalk-Soda-Verfahren Frischdampf zu Hilfe nehmen müssen.
                           An dieser Stelle ist die Besprechung am Platze, wie man sich gegen die Einwirkung des
                              									Luftsauerstoffes, wenn er nun doch in größerer oder kleinerer Menge in den Kessel
                              									gelangt, schützen kann. Nach den neuesten Beobachtungen, die ich dem Werke von
                              									Dipl.-Ing. Karl Schmid, Oberingenieur des Württ.
                              									Revisions-Vereins, entnehme, trägt zum Schütze gegen Rostbildungen und Auffressungen
                              									im Kessel eine bestimmte Alkalität des Kesselwassers bei. Der zur Schutzwirkung
                              									erforderliche Mindestzusatz von Soda bzw. Aetzalkalien, der auch als Schwellenwert
                              									der Alkalität bezeichnet wird, entspricht einem Gehalt von 0,4 bis 0,6 g, also im
                              									Mittel 0,5 g Aetznatron im 1, dem 1,85 g Soda entsprechen. Sehr eingehende und
                              									lehrreiche Versuche über die Schutzwirkung der Sodalösungen stammen von Prof. Heyn und Dipl.-Ing. Bauer vom
                              									K. Material-Prüfungs-Amt Groß-Lichterfelde. Während darnach die Schutzwirkung der
                              									Sodalösung bei Zimmertemperatur erst bei mindestens 10 g Na2CO3 (Soda) im 1
                              									einsetzt, kann sich dieser Zusatz bei 95° auf 1 g ermäßigen lassen. Trotzdem nun ja
                              									im Kessel andere Bedingungen des Druckes, der Temperatur, der Mischungsverhältnisse
                              									verschiedener gelöster Salze herrschen, hat Schmid doch eine praktische Bestätigung
                              									der genannten Versuchsergebnisse auch für diese Verhältnisse gefunden. Ja, er gibt
                              									an, daß unter gewissen Verhältnissen eine starke Alkalität die Entstehung von
                              									Anfressungen selbst in Gegenwart ganz erheblicher Mengen von Chlor und
                              									Sulfatverbindungen verhindern könne. Es ist dies wahrscheinlich darauf
                              									zurückzuführen, daß unter den im Kessel herrschenden Wärme- und Druckverhältnissen
                              									Spaltungen von Soda in Kohlensäure und Aetznatron entstanden, welch' letzteres auf
                              									die in Lösung befindlichen Chloride und Sulfate einwirkt. Besonders nachteilig ist
                              									die Zersetzung des Magnesiumchlorids in Salzsäure und Magnesiumoxychlorid, da
                              									Salzsäure das Eisen angreifen würde. Während nun die Salzsäure durch den
                              									Sodaüberschuß neutralisiert wird, setzt sich das freie Aetznatron mit
                              									Magnesiumoxychlorid und auch Magnesiumsulfat in Magnesia-Hydrat und Glaubersalz um,
                              									welch ersteres sich als ungefährlicher Schlamm abscheidet. Von vielen Empirikern
                              									wird ein Alkaligehalt des Speisewassers als sehr bedenklich angesehen. Nach Schmid
                              									ist diese Furcht vor dem Alkaligehalt von Soda im Kessel nicht begründet. Die ganz
                              									richtige Beobachtung, daß Ausrüstungsteile, insbesondere Wasserstandsvorrichtungen,
                              									wenn sie nicht, wie es häufig geschieht, nach Vorschrift aus reinem, sondern aus
                              									zinkhaltigem Rotguß hergestellt sind, von sodahaltigem Speisewasser stark
                              									angegriffen werden, hat schon die irrige Meinung, daß Soda auch die Wandungen des
                              									Kessels angreift, hervorgerufen. Die Unrichtigkeit dieser Meinung geht
                              									unwiderleglich daraus hervor, daß eiserne Gefäße ohne weiteres zur Herstellung von
                              									Soda verwendet werden. Dagegen wird Zink durch Soda aufgelöst, daher sind
                              									zinkhaltige Ausrüstungsgegenstände gegen die Einflüße von Soda nicht
                              									widerstandsfähig. In richtiger Erkenntnis dieser Tatsache hat man zur Herstellung
                              									der Hahngehäuse Stahlguß, zur Herstellung der Reiber Schmiedeeisen gewählt. Ist nun
                              									ein Ueberschuß von Soda günstig, so ist dagegen ein Ueberschuß von Aetzkalk zu
                              									vermeiden, weil er die Schlammbildung und damit die Gefahr der Kesselsteinbildung
                              									erhöht und zu Ablagerungen auf den Feuertafeln, Wasserröhren und anderen
                              									empfindlichen Teilen und damit zu kostspieligen Ausbesserungen Anlaß gibt. Es darf
                              									deshalb beim Kalksoda-Verfahren nur so viel Aetzkalk Kessel vorhanden sein, daß
                              									er durch die im Ueberschuß befindliche Soda gebunden werden kann, die dabei in
                              									Aetznatron umgewandelt wird. Die Untersuchung des gereinigten Wassers, auf das wir
                              									noch später zu sprechen kommen, soll also außer Aetznatron nur freies kohlensaures
                              									Natron ergeben.
                           Eine weitere wichtige Rolle spielt die Soda in diesem Verfahren und auch in dem
                              									Neckarverfahren noch in der Unschädlichmachung der letzten Reste von Oel in
                              									ölhaltigem Wasser, also vor allem im Condensat, das aus dem Abdampf der
                              									Dampfmaschine, wenn eine solche im Betriebe ist, stammt und trotz der sorgfältigsten
                              									Reinigung in Oelabscheidern hartnäckig besonders das in Emulsion befindliche Oel
                              									zurückhält. Das Kondensat wird ja wegen seiner vollkommenen Härtefreiheit, mit
                              									Zusatzwasser gemischt, mit Vorliebe zum Kesselspeisen verwendet, sollte aber, wie
                              									das Zusatzwasser von seiner Härte, so von seinen Resten von Oel ganz befreit werden.
                              									Durch die Behandlung des Gemenges im Reinigungsapparat mit Soda wird das Oel
                              									verseift und durch ein Filter entfernt. Hierin liegt ein nicht zu unterschätzender
                              									Vorteil des Kalk-Soda- und des Ph. Müllerschen Verfahrens vor dem
                              									Permutit-Verfahren, bei dem doch auch die Heranziehung des beim Betrieb entfallenden
                              									Condensats keinesfalls umgangen werden darf. Da bei diesem Verfahren das Oel nicht
                              									zu beseitigen ist, gelangt se mit dem Speisewasser in den Kessel. Ueber die
                              									Einwirkungen von Oel auf das Kesselinnere sind allerdings die Ansichten geteilt.
                              									Sicher ist, daß Zusammenballungen von Oeltropfen auf einer Stelle der
                              									Kesselwandungen zu Beulenbildungen, ja zu Explosionen führen können.
                           Die unter 2 angeführte Bedingung der möglichsten Enthärtung des Rohwassers wird am vollkommensten durch
                              									das Permutit-Verfahren, das ich ja nicht weiter zu beschreiben brauche, erfüllt. Die
                              									Schattenseiten, die sich bei seiner ersten Einführung in die Praxis zeigten, wurden
                              									zum Teil beseitigt, die freie Kohlensäure, die auf das Permutitfilter einen sehr
                              									schädlichen Einfluß ausüben würde, wird durch einen Zusatz von Marmor in das
                              									Permutit-Filter neutralisiert. Bei den Umsetzungen im Permutitfilter wurde nun aber
                              									durch Versuche von Dr.-Ing. Rob. Mezger in Stuttgart im
                              									Laboratorium des Gaswerkes die Beobachtung gemacht, daß ein mit Permutit gereinigtes
                              									Wasser, nachdem in ihm infolge Erschöpfung des Permutitfilters Härte nachzuweisen
                              									war, zuerst und zwar in wachsender Menge, nur Magnesiahärte aufwies, lange ehe das
                              									Wasser die ersten Spuren Kalkhärte zeigte. Die Magnesiahärte im Filterwasser
                              									überschritt sogar nicht unerheblich den ursprünglich im Rohwasser vorhandenen
                              									Magnesiahärtegrad. Eine Erklärung hierfür ist nach dem Berichte von Dr.-Ing. Mezger
                              									in der Zeitschrift „Wasser und Gas“ darin gefunden worden, daß das zu Beginn
                              									der Filtration neben dem Kalziumzeolith gebildete Magnesiumzeolith in der
                              									Erschöpfungsperiode des Permutits sein Magnesium wiederum gegen das im Rohwasser
                              									nachdrängende Kalzium austauschte und so mit dem im Filterwasser entstehenden
                              									löslichen Magnesiumsalz den Magnesiumgehalt des Rohwassers noch erhöhte. Zur
                              									quantitativen Feststellung dieser Erscheinung vorgenommene Versuche ergaben unter
                              									anderem die für die Technik wichtige Tatsache, daß bei der Permutitwasserenthärtung
                              									bei einem Ueberstehen des Filters, wie es bei Unachtsamkeit des Filterwärters
                              									vorkommt, zunächst nur Magnesiahärte in den Kessel gelangt und nur
                              									Magnesiumverbindungen als Kesselsteinbildner in Betracht kommen können,sofern das Rohwasser
                              									überhaupt einen Gehalt an Magnesiumsalz aufgewiesen hat. Dies ist aber nach der
                              									Ansicht von Dr. Mezger als ein Vorzug des Permutit-Verfahrens anzusehen, da es dem
                              									natürlichen Unsicherheitsfaktor der Bedienungsleute dadurch einen Riegel vorschiebt,
                              
                              									daß es bei den gewöhnlich etwas magnesialhaltigen Speisewässern zuerst einen
                              									ungefährlichen Kesselsteinbildner, wie es die kohlensaure Magnesia ist, in den
                              									Kessel eintreten läßt, sofern das Permutitfilter über Gebühr beansprucht worden ist.
                              									Dagegen wird man einzuwenden haben, daß als Hauptvorzug des in Rede stehenden
                              									Verfahrens die weitgehendste Enthärtung des Rohwassers bezeichnet wird. Und diese
                              									weitgehendste Enthärtung wird durch die schwierig zu erkennenden
                              									Erschöpfungsperioden des Permutitfilters, denen auch durch Benützung eines zweiten
                              									Filters nicht sofort abgeholfen werden kann, und durch die vorher geschilderte
                              									Beobachtung, nach der sich entsprechende Härtemengen der Enthärtung entziehen,
                              									wesentlich geschwächt. Immerhin ist nicht zu bestreiten, daß beim Permutit-Verfahren
                              									bei sorgfältiger Wartung im Kessel die verhältnismäßig geringsten Schlammengen sich
                              									absetzen werden. Welchen Umfang diese Schlammbildungen aber annehmen können, geht
                              									daraus hervor, daß aus jedem cbm Wasser von 1° Carbonat – Härte pro Std. 17,9 g Kalk
                              									oder 15,0 g kohlensaure Magnesia sich absetzen. Gips-Ablagerungen sind bei keiner
                              									der Reinigungsmethoden zu befürchten, da ja sowohl beim Kalk-Soda-Verfahren als bei
                              									dem Neckarverfahren von Th. Müller stets mit
                              									Ueberschüssen von Soda gearbeitet wird. Alle diese Schlammbildungen, die um so
                              									reichlicher ausfallen, mit je höheren Hältegraden das gereinigte Wasser in den
                              									Kessel gelangt, werden nun durch die starken Wallungen des verdampfenden
                              									Kesselwassers so lange im Wasser suspendiert gehalten, bis sie sich durch die
                              									continuierliche Verdampfung konzentriert haben, und bis das Schlammwasser durch sein
                              									spezifisch größeres Gewicht nach unten strebt. Dieses nach unten sich
                              									konzentrierende Schlammwasser, in dem sich auch die gelösten Salze befinden, muß von
                              									Zeit zu Zeit abgelassen werden. Daß damit mehr oder minder große Wärmeverluste,
                              									denen ebenso große Kohlenverluste entsprechen, verbunden sind, ist
                              									selbstverständlich. Zugleich wird auch Soda verloren, die immer wieder durch
                              
                              									dieselbe Menge frischer Soda ersetzt werden muß. Würde dieser Schlamm zu lange im
                              									Kessel gelassen und bei Stillständen sich nach und nach an den Wandungen besonders
                              									am Boden absetzen, so läuft man die Gefahr der Kesselsteinbildung. Jedenfalls würde
                              									die Wärme-Transmission abnehmen und die Verdampfungsziffer sinken, was wieder
                              									größeren Kohlenverbrauch verursacht. Dieser Nachteil wird durch die continuierliche
                              									Schlammrückführung von Ph. Müller G. m. b. H. aufgehoben,
                              									welche den Hauptzweck verfolgt, die sich bei der Verdampfung konzentrierenden
                              									Schlamm- und Soda-Partien im Schlammwasser in den Reiniger zurückzuführen. Dagegen
                              									wurde nun der triftig erscheinende Einwand erhoben, daß zur vollständigen Entfernung
                              									des Schlammes Schlammwasser bis zu 30 v. H. der stündlichen Kesselspeisung entzogen
                              									werden müßte, wobei bedeutende Wärmeverluste und stark erhöhte Pumpenleistungen
                              									nicht zu vermeiden seien. Die nicht zu leugnenden günstigen Wirkungen der
                              									continuierlichen Schlammrückführung würden dadurch vollständig paralysiert, ja in
                              									ihr Gegenteil verwandelt. Demgegenüber ist an der Hand von Berechnungen über die
                              									abzuführende Schlammenge nachzuweisen, daß Fälle, in denen bis zu 30 v. H. und mehr
                              									der Speisewassermengen beim Neckarverfahren durch die Schlammrückführung
                              									zurückgeführt werden, nur dort möglich sind, wo das Verfahren nicht
                              									vorschriftsmäßig gehandhabt wird. Da das nach diesem Verfahren gereinigte Wasser mit
                              									höchstens 2° Carbonathärte in den Kessel gelangt, werden im m3 stündlich 17,92 =
                              									35,8 g Kalkhärte sich absetzen. Bei einer Stundenspeisung von beispielsweise 20 cbm
                              									werden also 716 g abgeschieden, die in derselben Menge Wasser suspendiert sein
                              									mögen, so daß ca. 1432 l Schlammwasser abzuziehen wären. Dies würde in der Tat
                              									höchstens 7 v. H. der Speisewassermenge betragen. Man wird sich dann allerdings bei
                              									einer Vorwärmung des Rohwassers auf 60° mit einer Weitererwärmung auf \frac{190\,\times\,1400+60\,\times\,18600}{20000}=\mbox{ ca. }70^{\circ}
                              									begnügen müssen. Diese Berechnung zeigt aber auch, wie wichtig es für das
                              									Neckarverfahren ist, Rohwasser möglichst hoch vorzuwärmen. In ihren Prospekten weist
                              									ferner die Patentinhaberin darauf hin, daß mit dem Schlammwasser als Nebenwirkung
                              									die in demselben konzentrierte Soda in den Reinigungs-Apparat zurückgebracht wird.
                              									Die Rückführung der Soda deutet nun auf eine Aehnlichkeit mit dem
                              									Regenerativ-Verfahren von Sulzer & Reuchlin hin. Infolgedessen wurde behauptet, daß das
                              									Neckarverfahren nichts anderes sei als eine Abart des Regenerativverfahrens. Dagegen
                              									hebt die Firma hervor, daß die auf Grund der Patenterteilungen abgegebenen Gutachten
                              									zum Schlusse kommen, daß das Neckar-Verfahren als Abblasevorrichtung zum dauernden
                              									Abführen des Schlammes in den Reiniger gegenüber dem alten Regenerativ-Verfahren
                              									unbedingt neu sei und zugleich für eine rationelle Reinigung des Kessels als
                              
                              									bahnbrechend bezeichnet werden müsse.
                           Die teilweise Rückführung der im Kessel nicht verbrauchten Soda erfüllt nun aber auch
                              									die Forderung von Leitsatz 3, nach der die zu starke Anreicherung von Soda in heißem
                              									Wasser, in dem auch Glaubersalz, Kochsalz und andere löslichen Salze gelöst sind,
                              									vermieden wird. Konzentrationen von löslichen Salzen von 1½–2° Beaumé geben zum
                              									Schäumen und Spucken des Kesselwassers Veranlassung. Bei dem Permutitverfahren
                              									gelangen, wenn nicht durch ein Vorreinigungsverfahren in einem dem Permutitfilter
                              									vorgebauten Cylinder der doppelkohlensaure Kalk durch Zusatz von Aetzkalk
                              									niedergeschlagen wird, durch die Umsetzungen im Permutitfilter neben Glaubersalz
                              									bedeutende Mengen von Soda in den Kessel, die durch Abblasen und zeitweise gänzliche
                              									Erneuerungen des Wasserinhaltes unschädlich gemacht werden müssen. Die Vorreinigung
                              									bedeutet also einen ganz wesentlichen Fortschritt des Permutitverfahrens, das
                              									dadurch trotz der Complikation der Reinigung und der hohen Anschaffungskosten wegen
                              									seiner schon hervorgehobenen Vorzüge wieder neuen Boden zu gewinnen suchte. Die
                              									Schwierigkeiten in der Wertung solcher komplizierfen Anlagen aber auch die hohen
                              									Kosten derselben werden dem im Wege stehen.
                           Mag man nun zu diesem oder jenem Reinigungsverfahren greifen, so hängen deren
                              									Ergebnisse ganz bedeutend von der Sorgfalt der Wartung und der gewissenhaften
                              									Einhaltung der hierfür gemachten Vorschriften ab. Da es nicht selten vorkommt, daß
                              									die Beschaffenheit des Rohwassers wechselt, und daß darnach beim Kalk-Soda-Verfahren
                              									die Dosierungen stetig geändert werden müssen, so ist eine häufige Untersuchung des
                              									Rohwassers nötig, und da auch die Alkalität des Kesselwassers und ihre Art, wie wir
                              									gezeigt haben, von größter, ja ausschlaggebender Wichtigkeit ist, müssen auch die
                              									Prüfungen des Kesselwassers, die nicht ganzeinfacher Natur sind, sich nach dieser Richtung
                              									erstrecken. Wie die Erfahrung zeigt, ist diese Ueberwachung für die Betriebsleitung
                              									auch bei größter Aufmerksamkeit sehr häufig infolge mangelnder Gewissenhaftigkeit
                              									der Wartung unausführbar, jedenfalls sehr schwierig. Die Folge davon ist, daß die
                              									Ergebnisse der Reinigung dann sehr weit hinter den in sie gesetzten Erwartungen und
                              									den bei der Ausführung des Apparates gegebenen Garantien zurückbleiben und in
                              									zahlreichen Fällen zu Enttäuschungen und zum Aufgeben dieser Reinigungsmethoden
                              									führen. In weitaus günstigerer Lage befindet sich auch hierbei das Neckarverfahren,
                              									das keine bestimmte Dosierung, sondern einfach nach dem ersten, dem Härtegrad
                              									entsprechenden Soda-Zusatz die Wiederholungen desselben vorschreibt, wenn die Härte
                              									des Wassers im Reiniger 1° und im Kessel 2° Härte übersteigt, was durch einfache
                              									Titrierung mit einer Seifenlösung nachzuweisen ist. Damit hält sich die
                              									Soda-Alkalität, die ja auch dadurch kontrolliert wird, stets in den richtigen
                              									Grenzen, und die Untersuchung auf die Aetzkalk-Alkalität fällt ganz weg, da ja kein
                              									Aetzkalk verwendet wird. Dies dürfte auch neben dem Vorteil der steten Entschlammung
                              									des Kessels der Grund sein, warum so manche Anlagen des Soda-Kalk-Verfahrens in
                              									solche des Neckarverfahrens umgebaut werden. Beim Permutit-Verfahren ist es, wie wir
                              									schon früher gezeigt haben, unerläßlich, den sog. Erschöpfungszustand stets im Auge
                              									zu behalten. Dazu tritt die Verschlammung der Filter und die Notwendigkeit der
                              									Regenerierung mit Kochsalz, sobald die Erschöpfung bemerkt wird. Da hierzu 2 Filter
                              									und seit neuerer Zeit ein Vorreiniger angeschafft werden müssen, verteuert dies, wie
                              									schon bemerkt, die Anlagekosten und erhöht die Umständlichkeit und Schwierigkeit der
                              									Wartung.
                           
                              (Schluß folgt.)