| Titel: | Selbsttätige Fernsprechvermittelung für Privatbetriebe. | 
| Autor: | G. Quaink | 
| Fundstelle: | Band 337, Jahrgang 1922, S. 32 | 
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                        Selbsttätige Fernsprechvermittelung für
                           								Privatbetriebe.
                        Von G. Quaink.
                        QUAINK, Selbsttätige Fernsprechvermittelung für
                           								Privatbetriebe.
                        
                     
                        
                           Es sind fast 10 Jahre vergangen, seitdem zum ersten Male in dieser Zeitschrift
                              									ausführlicher über die selbsttätige Fernsprechvermittelung berichtet wurde. Zehn
                              									Jahre gehen auch an einer technischen Neuerung nicht spurlos vorüber. Entweder
                              									bewährt sie sich und setzt sich durch, indem sie sich den wechselnden und steigenden
                              									Anforderungen der Praxis anpasst oder sie wird überholt und vergessen. Das System
                              									der selbsttätigen Fernsprechvermittelung, wie es die Siemens & Halke-A.-G. für
                              									europäische Verhältnisse zuerst durchgebildet hat, hat die Probe bestanden und sich
                              									durchgesetzt. Die Zahl der Fernsprechämter, die mit selbsttätigen Einrichtungen zum
                              									Herstellen der Gesprächsverbindungen ausgerüstet sind, nimmt ständig zu. Ihre
                              									Vorteile, die bekanntlich in erster Linie in dem schnellen Herstellen und Trennen
                              									der Verbindungen, in der Unabhängigkeit vom Bedienungspersonal, in ständiger
                              									Betriebsbereitschaft und in völliger Wahrung des Gesprächsgeheimnisses bestehen,
                              									haben dazu geführt, daß auch die Inhaber von Privatfernsprechanlagen mehr und mehr
                              									dazu übergehen, sich selbsttätige Fernsprecheinrichtungen zu beschaffen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 337, S. 31
                              Abb. 1.Tischstation nach dem automatischen System.
                              
                           Grundsätzlich unterscheiden sich die Apparate für Privatanlagen nicht von denen, die
                              									auch bei selbsttätigen öffentlichen Fernsprechämtern im Gebrauch sind. Jede
                              									Sprechstelle, mag sie als Tisch- oder Wandstation (Abb.
                                 										1 und 2) ausgebildet sein, trägt eine
                              									drehbare Nummernscheibe, mit der man die Nummer des anzurufenden Teilnehmers
                              									einstellt, wählt. Die äußere Form der Scheibe hat sich in neuerer Zeit etwas
                              									geändert. Die Scheibe ist kleiner und handlicher geworden. Beibehalten sind die 10,
                              									mit den Ziffern 1 bis 9 und 0 bezeichneten Eingriffsöffnungen. Bekanntlich wählt man
                              									einen anzurufenden Teilnehmer, z.B. Nr. 125, in der Weise, daß man nach dem Abheben
                              									des Mikrotelephons zunächst einen Finger in die mit 1 bezeichnete Oeffnung legt, die
                              									Scheibe dreht, bis der Finger an einen Anschlag stößt und sie dann freigibt.
                              									Wiederholt man das Verfahren nach dem Rücklaufen der Scheibe von der mit 2 und
                              									schließlich von der mit 5 bezeichneten Oeffnung aus, so hat man die Verbindung mit
                              									dem gewünschten Teilnehmer erlangt. Deutlich unterscheidbare Zeichen, die aus dem
                              									Hörer des Apparates hervordringen, lassen sofort erkennen, ob die gerufene
                              									Sprechstelle frei oder besetzt ist. Ist sie besetzt, so kann man, sobald man den
                              									Hörer auf die Gabel gelegt oder auch diese kurze Zeit niedergedrückt hat, sofort
                              									eine andere Stelle anrufen. Ist sie frei, so wird man durch ein von dem
                              									Besetzzeichen verschiedenes Zeichen darüber unterrichtet, wie oft an der gerufenen
                              									Stelle der Anrufwecker ertönt. Man wartet, bis der Teilnehmer seinen Hörapparat zur
                              									Hand nimmt oder man erkennt, wenn dies nach mehrmaligem Wecken nicht erfolgen
                              									sollte, daß er nicht anwesend ist, und trennt durch Auflegen des Hörers oder
                              									Niederdrücken der Gabel die hergestellte Verbindung wieder. Die gleichen Handgriffe
                              									reichen auch beim Schluß des Gespräches zum Trennen der Verbindung aus und sie
                              									wirken auch, wenn man während des Wählens merken sollte, daß man versehentlich eine
                              									falsche Nummer gewählt hat.
                           
                              
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                              Abb. 2.Wandstation nach dem automatischen System.
                              
                           Die Verbindung kommt dadurch zustande, daß beim jedesmaligen Rücklaufen der Scheibe
                              									elektro-magnetisch bewegte Apparate, sogenannte Wähler, eingestellt werden. Das System ist so
                              									durchgebildet, daß jeder einzelne Wähler 100 Kontakte in 10 übereinander
                              									angeordneten Reihen zu je 10 Kontakten hat. Ein Kontaktarm, der durch
                              									elektro-magnetische Schrittschaltwerke gehoben und gedreht wird, kann jeden
                              									einzelnen dieser Kontakte erreichen. Um die Zahl der Wähler zu verringern, hat man
                              									nicht jedem einzelnen Teilnehmer einen besonderen 100teiligen Wähler zugeteilt; man
                              									hat vielmehr dafür gesorgt, daß jeder Teilnehmer mit einem freien Wähler verbunden
                              									wird, sobald er den Hörer abnimmt. Das Aussuchen eines freien Wählers besorgt ein
                              									einfach gestalteter sogenannter Vorwähler (Abb. 3)
                              									in dem Augenblick, in dem man den Hörer zur Hand nimmt. Er ist bereits damit fertig,
                              									ehe man die erste Ziffer der anzurufenden Teilnehmer – Nummer eingestellt hat.
                              									Zulässig ist die Beschränkung der Zahl der eigentlichen Wähler deshalb, weil die
                              									Erfahrung gelehrt hat, daß immer nur ein kleiner Prozentsatz der gleichzeitig
                              									möglichen Fernsprechverbindungen in Anspruch genommen wird. Durchschnittlich reicht
                              									es aus, wenn die Zahl der Wähler höchstens 10% der Teilnehmerzahl beträgt. Man spart
                              									also durch die verhältnismäßig einfach und leicht gebauten Vorwähler ganz erheblich
                              									an Kosten für die Wähler.
                           
                              
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                              Abb. 3.Vorwähler
                              
                           Soll eine selbsttätige Vermittelungsanlage lediglich für Gespräche im Hausnetz
                              									benutzt werden, so stimmt sie in ihrer Bauart vollkommen mit den Einrichtungen eines
                              									öffentlichen Fernsprechamtes überein. Es bereitet jedoch heute keine Schwierigkeiten
                              									mehr, eine Anlage so auszubauen, daß auch alle, oder ein Teil der Apparate zu
                              									Gesprächen über ein öffentliches Amt verwendet werden können, d.h. also, sie mit
                              									einer Postnebenstellen-Anlage zu vereinigen. In diesem Falle hat es sich vielfach
                              									als zweckmäßig erwiesen, die Einrichtung so zu gestalten, daß man durch
                              									Niederdrücken einer an den Apparat befestigten Amtstaste sofort eine freie Leitung
                              									zum Amt erhält. Je nachdem, ob es sich um ein Handamt oder um ein selbsttätiges Amt
                              									handelt, gibt man entweder der sich meldenden Vermittelungsperson die Nummer des
                              									gewünschten Teilnehmers bekannt oder stellt diese mit Hilfe der Wählscheibe
                              									selbst ein. Für Gespräche, die vom Amt an die Inhaber von Nebenstellen kommen, ist
                              									eine Vermittelung auch schon der Auskunftserteilung wegen nicht zu entbehren. Eine
                              									Vermittelungsperson läßt sich Namen oder Nummer des Teilnehmers im Privatnetz sagen
                              									und stellt die Verbindung mit ihm in ähnlicher Weise her, wie es bei sogenannten
                              									halbautomatischen Aemtern geschieht.
                           Ist nur ein Teil der Privatsprechstellen berechtigt, über das Amt zu verkehren, so
                              									ist es den anderen Teilnehmern im Privatnetz nicht möglich, eine Amtverbindung zu
                              									erlangen oder vom Amt her angerufen zu werden. Vielfach sind die Postnebenstellen
                              									auch mit Rückfrage-Einrichtung ausgerüstet. Der Inhaber einer solchen Sprechstelle
                              									kann während des Gespräches über das Amt dieses unterbrechen und im Hausnetz eine
                              									Rückfrage halten, ohne daß die bestehende Amtsverbindung getrennt werden müßte und
                              									ohne daß ein Mithören möglich wäre.
                           
                              
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                              Abb. 4.Tischapparat einer kleinautomatischen Fernsprechanlage.
                              
                           
                              
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                              Abb. 5.Zentrale einer kleinautomatischen Fernsprechanlage für 50
                                 										Teilnehmer.
                              
                           Da das System auf der Verwendung von 100-kontaktigen Wählern aufgebaut ist, ergibt
                              									sich eine gewisse Begrenzung der Teilnehmerzahl nach unten hin deshalb, weil für
                              									kleine Teilnehmerzahlen die Einrichtung verhältnismäßig teuer werden würde. Um auch
                              									kleinen Privatanlagen, solchen mit Teilnehmerzahlen bis 50, die Vorteile der
                              									sebsttätigen Fernsprechvermittlung zu verschaffen, hat das Wernerwerk der Siemens
                              									& Halske A.-G. die Einrichtung in gewisser Weise vereinfacht. Die sog.
                              									Kleinautomaten-Anlagen arbeiten nicht mit Vorwählern und Hub- und Drehwählern, sondern mit
                              									Anrufsuchern und Drehwählern. Bei diesem Verfahren, mit dem, wie die große Zahl der
                              									bereits gelieferten Anlagen beweist, in kaufmännischen und industriellen Betrieben
                              									aller Art recht gute Erfahrungen gemacht sind, kommt man mit einer verhältnismäßig
                              									geringen Wählerzahl aus und spart dadurch an Kosten. Die Sprechstellen haben eine
                              									Wählscheibe mit 25 Eingriffsöffnungen, die mit den entsprechenden Ziffern bezeichnet
                              									sind. Man erlangt hierbei also, bei einer Anlage mit 25 Teilnehmern, die gewünschte
                              									Sprechstelle durch einmaliges Drehen der Scheibe. Beträgt die Zahl der Sprechstellen
                              									26 bis 50, so ist die Scheibe zweimal zu drehen, weil mit dem ersten Einstellen die
                              									Gruppe gewählt wird, der der gerufene Teilnehmer zugeteilt ist. Die kleinsten
                              									Anlagen dieser Art, die geliefert werden, lassen den Anschluß von höchstens 13
                              									Teilnehmern zu. Am weitesten verbreitet sind jedoch solche mit Anschlußmöglichkeiten
                              									für 25 und für 50 Teilnehmer. (Abb. 4 und 5).
                           Auch die Kleinautomaten lassen sich ebenso wie die Vollautomaten mit
                              									Postnebenstellen-Anlagen verbinden und geben dann den zum Verkehr über das Amt
                              									berechtigten Nebenstellen die Möglichkeit, mit denselben Apparaten Gespräche im
                              									Hausnetz und über das Amt zu führen.
                           Es würde zu weit führen, hier auf die technischen Einzelheiten einzugehen, durch die
                              									das Siemens'sche System der selbsttätigen Fernsprechvermittelung den verschiedenen,
                              									teils durch die Ansprüche des Verkehrs bedingten, teils durch die Postverwaltung
                              									vorgeschriebenen Forderungen gerecht geworden ist. Jedenfalls sind im Laufe der Zeit
                              									seine Einzelheiten so durchgebildet worden, daß sich das System in jedem Falle den
                              									besonderen Verhältnissen, die in einem Betriebe herrschen, in vollkommener Weise
                              									anpassen läßt. Daraus erklärt es sich auch, daß gerade dieses System sowohl in
                              									Deutschland als auch in ganz Europa und anderen Weltteilen das am weitesten
                              									verbreitete ist