| Titel: | Rechtswesen. | 
| Autor: | Werneburg | 
| Fundstelle: | Band 337, Jahrgang 1922, S. 112 | 
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                        Rechtswesen.
                        Rechtswesen.
                        
                     
                        
                           Die Erfinderrechte bei unberechtigter Patentanmeldung
                                 										Dritter. Die Verletzung des Rechtes des Erfinders kann in erster Linie
                              									darin bestehen, daß ein anderer die Erfindung ohne Einwilligung des Erfinders
                              									anmeldet, um dadurch für sich den patentrechtlichen Schutz der Erfindung zu
                              									erlangen. Als Rechtsschutz gewährt das Patentgesetz dem wahren Erfinder einem
                              									derartigen Patentanmelder gegenüber zunächst das Recht des Einspruches. Nach § 5
                              									Absatz 2 des Patentgesetzes hat nämlich der Erfinder gegenüber dem Anmelder das
                              									Recht des Einspruches gegen die Erteilung des Patentes, wenn der wesentliche Inhalt
                              									der angemeldeten Erfindung den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften
                              									oder Einrichtungen eines anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne
                              									Einwilligung desselben entnommen worden ist.
                           Bemerkenswert ist zunächst, daß die in dieser Gesetzesbestimmung bezeichneten
                              									Erscheinungsformen der Erfindung-Beschreibungen, Zeichnungen, Modelle usw. nur
                              									beispielsweise sind, sodaß eine andere Erscheinungsform der Erfindung als hier
                              									bezeichnet durchaus nicht ausgeschlossen ist. Dei Gesetz entspricht daher auch
                              									ein Einspruch des Erfinders gegen die Patentanmeldung des anderen selbst dann,
                              									wenn der Anmelder durch mündliche Ueberlieferung von der Erfindung Kenntnis erlangt
                              									und sodann die Erfindung angemeldet hat (so zutreffend Damme Patentrecht S. 238,
                              									allerdings ist hier die Beweisfrage erschwert).
                           Voraussetzung für den Einspruch des Erfinders ist ferner, daß von dem Patentanmelder
                              									der wesentliche Inhalt der Erfindung entnommen worden ist. Demgemäß ist ein
                              									Einspruch des Erfinders gegen die Patentanmeldung des Anmelders nicht begründet,
                              									wenn die von dem Anmelder angemeldete Erfindung eine sogen. Kombinationserfindung
                              									ist, die für sich eine völlig neue Erfindung bildet und bei der die entnommene
                              									Erfindung nur einen unselbständigen Teil der angemeldeten Erfindung bildet; denn in
                              									diesem Falle ist der Anmelder immerhin der Erfinder der Kombinationserfindung
                              									(Kohler, Handbuch § 125 S. 313).
                           Endlich ist Voraussetzung für einen begründeten Einspruch des Erfinders gegen die
                              									Patentanmeldung des Anmelders, daß es zu der Anmeldung seiner Genehmigung ermangelt.
                              									Hierbei ist beachtenswert, daß die Genehmigung seitens des Erfinders zu der
                              									Patentanmeldung seitens des anderen nicht nur ausdrücklich, sondern auch
                              									stillschweigend erteilt worden sein kann. Jedoch geht es meines Erachtens zu weit,
                              									wenn angenommen wird, daß eine stillschweigende Genehmigung schon daraus zu folgern
                              									sei, wenn der Erfinder weiß, daß ein anderer seine Erfindung angemeldet hat, und er
                              									es trotzdem unterläßt, Einspruch zu erheben. Denn es ist leicht möglich und denkbar,
                              									daß der Erfinder die Einlegung des Einspruches lediglich aus Rechtsunkenntnis
                              									unterläßt, weil ihm dieses Rechtsmittel unbekannt ist. Es kann also hier nicht
                              									allgemein, sondern nur von Fall zu Fall entschieden werden.
                           Möglich ist ferner, daß die von dem Erfinder an sich formell erteilte Genehmigung zu
                              									der Anmeldung nachträglich aus Rechtsgründen bestimmter Art wieder wirkungslos wird,
                              									so zum Beispiel, wenn der Erfinder seine Genehmigung wegen Irrtums oder arglistiger
                              									Täuschung gemäß den Bestimmungen der §§ 119, 123 B. G. B. dem Anmelder gegenüber
                              									anficht. Ist die Anfechtung an sich begründet, liegt also ein Anfechtungsgrund in
                              									dem bezeichneten Sinne vor, so hat diese Anfechtung eben das Unwirksamwerden der von
                              									dem Erfinder dem Anmelder erteilten Genehmigung zur Folge, sodaß sich nunmehr auch
                              									die Anmeldung des Anmelders rechtlich als unzulässig darstellt; demnach ist auch in
                              									Fällen dieser Art ein Einspruchsrecht des Erfinders gegen die Anmeldung des
                              									Anmelders gegeben, wie wenn die Genehmigung zu der Anmeldung der Erfindung seitens
                              									des Erfinders niemals erfolgt wäre.
                           Bezüglich der Berechtigung (Legitimation) zur Einlegung des Einspruches ist zunächst
                              									selbstverständlich, daß hierzu der wahre Erfinder dem Anmelder gegenüber befugt ist.
                              									Dem Erfinder steht rechtlich gleich sein Rechtsnachfolger, sodaß also insbesondere
                              									auch der Zessionar des Erfinders oder der Nutznießer der Erfindung, so insbesondere
                              									der Lizenznehmer, zum Einspruch gegen die Anmeldung des anderen – des Anmelders ohne
                              									Erfindungsrecht – befugt ist. Einspruchsberechtigt ist ferner auch der sogenannte
                              									Erfindungsbesitzer, d.h. derjenige, dem der Erfindungsgedanke bekannt ist, ohne daß
                              									er Erfinder oder Rechtsnachfolger des Erfinders zu sein braucht. Die Legitimation
                              									zur Einlegung des Einspruches muß auch einem derartigen bloßen Erfindungsbesitzer um
                              									deswillen zuerkannt werden, weil zur Einlegung des Einspruches der Beweis, daß der
                              									den Einspruch Einlegende zur Verfügung über die Erfindung berechtigt ist, nicht
                              									erfordert wird, sondern eben lediglich der Beweis, daß dem Einlegenden die Erfindung
                              									seitens des Anmeldenden entnommen worden ist.
                           Was den Einspruch selbst anbetrifft, so ist in formeller Beziehung bemerkenswert, daß
                              									er schriftlich binnen einer Ausschlußfrist von zwei Monaten dem Patentamt zugehen
                              									muß, in materieller Beziehung, daß er infolge des letzteren Erfordernisses des
                              									Zugehens eine sogen., empfangsbedürftige Willenserklärung ist. Inhaltlich muß der
                              									Einspruch unter Angaben von Gründen die ausdrückliche unzweideutige Erklärung
                              									enthalten, daß gegen die Erteilung des Patentes Einspruch erhoben wird (§ 24 Absatz
                              									2 P. G.).
                           Die Wirkung des form- und fristgerechten Einspruches ist, daß die Zurückweisung der
                              									Anmeldung erfolgt, falls nicht der Anmelder seine Anmeldung nunmehr selbst
                              									zurücknimmt. Erfolgt die Zurücknahme oder Zurückweisung, so ist dem Erfinder die
                              									Möglichkeit gegeben, innerhalb eines Monates nach der Mitteilung die Erfindung
                              									selbst neu anzumelden. Tut der Erfinder das, so findet die Zurückziehung der
                              									Anmeldung des Erfinders auf den Tag vor der Bekanntmachung der Anmeldung statt,
                              									falls der Erfinder einen derartigen Antrag auf Zurückziehung stellt, wie das
                              									selbstverständlich zwecks wirksameren Schutzes seiner Erfindung sehr zweckmäßig ist.
                              									Bemerkenswert ist hier noch, daß der Einspruch des Erfinders selbstverständlich auch
                              									gegen jeden Rechtsnachfolger des Anmelders wirksam ist, mag dieser auch von der
                              									rechtswidrigen (wenn auch nur objektiv rechtswidrigen) Entnahme der Erfindung
                              									seitens des Anmelders nichts gewußt haben, usw. gutgläubig gewesen sein.
                           Der Einspruch des Erfinders ist nicht mehr statthaft, wenn dem Anmelder auf seine
                              									Anmeldung hin das Patent bereits auf die angemeldete Erfindung hin erteilt worden
                              									ist. Bei einer derartigen Sach- und Rechtslage steht dem Erfinder gemäß § 10 Absatz
                              									1 Ziffer 5 P. G. nunmehr die Nichtigkeitsklage als Schutzmittel zur Verfügung, wobei
                              									die Voraussetzungen dieser Klage jedoch die gleichen sind, wie die des Einspruches
                              									(vgl. oben). Die Nichtigkeitsklage ist ihrer rechtlichen Natur nach eine
                              									Feststellungsklage, weil eben durch sie die Nichtigkeit der Patentanmeldung sowie
                              									die des erteilten Patentrechtes durch gerichtliches Urteil festgestellt werden soll,
                              									bzw. später etwa festgestellt wird. Daraus ergibt sich als Folgerung, daß der
                              									Erfinder mit Rechtskraft dieses Feststellungsurteiles nicht etwa ein Patentrecht
                              									nunmehr für sich erhält, sondern lediglich daß das Patentrecht des Anmelders von
                              									Anfang an als nichtig anzusehen ist, wie wenn es dem Anmelder niemals erteilt worden
                              									wäre.
                           Einen besonderen Fall, der in der Praxis besonders häufig vorkommt, bildet die
                              									Anmeldung einer Erfindung auf fremden Namen; auch hier ist der Anmelder der
                              									Erfindung nicht der wahre Erfinder der Erfindung, sondern er tritt dem Patentamt
                              									gegenüber nur als wahrer Erfinder gegenüber auf. Der Unterschied zwischen dem oben
                              									behandelten Falle der Anmeldung durch einen Nichterfinder besteht hier darin, daß
                              									der wahre Erfinder hier mit der Anmeldung der Erfindung durch den Anmelder – als
                              									einer von ihm verschiedenen Person – einverstanden ist, wobei diese Maßnahme seitens
                              									des wahren Erfinders auf Gründen verschiedenster Art beruhen kann, so z.B. Schutz
                              									gegen die bei offener Nennung der an der Erfindung eigentlich berechtigten
                              									großindustriellen Firma gegen die sofort einsetzende Konkurrenz ihrer
                              									Konkurrenzfirmen. Rechtlich liegt hier ein sogen. Treuhänderverhältnis zwischen dem
                              									wahren Erfinder und dem Anmelder der Erfindung vor, wobei im übrigen die
                              									gesetzlichen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches über den Auftragsvertrag zur
                              									Anwendung kommen. Die Anmeldung der Erfindung bei dem Patentamte seitens des
                              									Anmelders kennzeichnet sich hier als die Ausführung des zu Grunde liegenden
                              									Auftragsvertrages zwischen dem Anmelder und dem wahren Erfinder. Fehlt ein
                              									derartiger zwischen dem wahren Erfinder und dem Anmelder getätigter ausdrücklicher
                              									Auftragsvertrag, so ist die Anmeldung seitens des Anmelders wiederum eine
                              									widerrechtliche, und es greifen nunmehr die oben gekennzeichneten Grundsätze und
                              									Regeln über die Schutzmittel des wahren Erfinders gegen eine derartige nunmehr
                              									widerrechtliche Anmeldung der Erfindung ein (Einspruch bzw. Nichtigkeitsklage), ohne
                              									daß sich irgendwelche Schwierigkeiten in der einen oder anderen Beziehung
                              									ergeben.
                           Bemerkenswert ist noch, daß nach § 36 P. G. derjenige, der wissentlich oder aus
                              									grober Fahrlässigkeit eine Erfindung in Benutzung nimmt, dem Verletzten zur
                              									Entschädigung verpflichtet ist, wobei statt jeder Entschädigung nach § 37 P. G. von
                              									dem Verletzten auch eine Buße bis zum Betrage von 10000 Mk. verlangt werden
                              									kann.
                           Von praktischer Bedeutung ist ferner, daß der Patentinhaber zum Schütze seiner
                              									industriellen patentrechtlichen Erzeugnisse (Maschinen usw.) auch berechtigt ist,
                              									öffentliche Warnungen an die Konkurrenz in möglichst ausdehnender Auslegung der
                              									Patente zu erlassen; Voraussetzung für die Zulässigkeit solcher Warnungen ist nach
                              									dem Reichsgericht (Ent. in Bd. 94 S. 56 ff.) immer, daß der Patentinhaber möglichst
                              									gewissenhaft den Umfang des Patentschutzes selber prüft. Der Patentinhaber, so führt
                              									das Reichsgericht nämlich hier aus, dürfe der Ueberzeugung, die er sich durch
                              									gewissenhafte Prüfung gebildet habe, auch öffentlich Ausdruck geben. Es sei sein
                              									gutes Recht, vor der Begehung von Verletzungen zu warnen; er brauche nicht
                              									abzuwarten, bis solche begangen seien. Da der Patentverletzer nur dann auf
                              									Schadensersatz hafte, wenn er der Eingriff in das Patent wissentlich oder in grober
                              									Fahrlässigkeit begehe, sei ein wirksamer Schutz der Patente ohne Warnungen des
                              									Inhabers vor Eingriffen überaus häufig nicht zu erzielen. Es verstehe sich daher von
                              									selbst, daß der Inhaber bei solchen Warnungen nicht auf seine Gefahr handeln könne,
                              									derart, daß er der Konkurrenz schon dann für Schadensersatz aufkommen müßte, wenn
                              									seine Meinung über den Umfang des Patentes demnächst von den Gerichten mißbilligt
                              									würde; Voraussetzung der Haftung des Patentinhabers sei vielmehr hier, daß ihm ein
                              									Verschulden zur Last falle, das eben bei gewissenhafter Prüfung des Umfanges des
                              									Patentschutzes nicht mehr in Frage komme.
                           Diesem Standpunkte des Reichsgerichtes ist beizustimmen.
                           Dr. Werneburg, Rechtsanwalt,
                              									Berlin-Schöneberg.