| Titel: | Polytechnische Schau. | 
| Fundstelle: | Band 337, Jahrgang 1922, S. 238 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Polytechnische
                              								Schau.
                        (Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
                           								– nur mit Quellenangabe gestattet.)
                        Polytechnische Schau.
                        
                     
                        
                           Gewerbehygienische Anlagen und Abwärmeausnutzung.
                              									(Nach einem Vortrage von O. Brandt im Sächs.-Anhalt.
                              									Bezirksvereine des Ver. Deutsch. Ing.) Einleitend wurde vom Vortragenden auf die
                              									Notwendigkeit hingewiesen, aus hygienischen und betriebstechnischen Gründen, wo in
                              									Arbeitsräumen bei Arbeitsvorgängen große Mengen Staub, Rauchgase oder säurehaltige
                              									Dämpfe entstehen, diese zu beseitigen. An Hand einiger Mikrophotogramme von
                              									anorganischem und organischem Staub wurden die gesundheitsschädlichen Eigenschaften
                              									dieser Staubarten erörtert, welche bei ständiger Einatmung während der Arbeitszeit
                              									Hals-, Kehlkopfkrankheiten, Bronchitis, Erkrankungen der Luftröhre, Tuberkulose
                              									oder Schwindsucht hervorrufen können. Dann wurde eine Reihe in den verschiedensten
                              									Industriezweigen ausgeführter Anlagen zur Bekämpfung von Staub, Rauch, Gasen und
                              									Säuredämpfen sowie Entneblungs- und Luftbefeuchtungsanlagen in Wort und Bild
                              									behandelt.
                           Da bei allen Entstaubungs- und Entneblungsanlagen infolge des erhöhten Luftwechsels
                              									im Winter die unangenehme Begleiterscheinung auftritt, daß große Wärmemengen den
                              									Arbeitsräumen entzogen werden, zeigte anschliessend der Vortragende eine Reihe Wege,
                              									wie sich diese Wärmemengen wirtschaftlich durch Abwärmeausnutzungs-Anlagen ersetzen
                              									lassen, indem man den Arbeitsräumen aus Abwärme gewonnene Warmluft zuführt. Unter Abwärme versteht
                              									man bekanntlich beispielsweise bei Dampfmaschinen, Dampfturbinen etc. im Abdampf bei
                              									Industrie-Oefen und Dampfkesseln in den Rauchgasen für den eigentlichen Zweck nicht
                              									verwertbare Wärmemengen. Als Abwärme-Warmlufterzeuger für die Beheizung von
                              									Arbeitsräumen mit gewerbehygienischen Anlagen sollten nach dem Vortragenden in
                              									erster Linie Rauchgas-Taschenlufterhitzer, Abhitzekessel in Verbindung mit
                              									Dampflufterhitzern, Abdampf-Lufterhitzern und Heißwasser-Lufterhitzern Anwendung
                              									finden, um die Warmlufterzeugung mittels Frischwärme im Interesse von
                              									Brennstoffersparnissen nach Möglichkeit auszuschalten. Rauchgas-Taschenlufterhitzer
                              									können in Anwendung gebracht werden bei Industrie-Oefen, wo die Abgase bis ca. 500°
                              									C besitzen, oder auch bei Dampfkesseln und sonstigen industriellen Feuerungen. Zu
                              									Industrie-Oefen, die sich mit Rauchgas-Taschenlufterhitzern verbinden lassen,
                              									gehören u.a. Glas-Oefen, Porzellan-Oefen, Trocken-Oefen, Glüh-Oefen etc. In Fällen,
                              									in denen neben Rauchgasabwärme außerdem noch Vakuum- oder Abdampf vorhanden ist,
                              									kann dies mit einer niedrigen Temperatur verfügbare Heizmittel zweckmäßig mit einem
                              									Dampflufterhitzer zur Vorwärmung der Luft benutzt werden, während zur Vorwärmung der
                              									rat höheren Temperaturen vorhandenen Rauchgase von Industrie-Oefen die Aufwärmung
                              									der vorgewärmten Luft auf die gewünschte Endtemperatur übernimmt.
                           Das Prinzip des Abas-Taschenlufterhitzers beruht darauf, daß der vorgeschaltete
                              									Ventilator Luft ansaugt und diese in dünnen Schichten durch die Taschen des
                              									Lufterhitzers drückt. Der Rauchgasstrom durchströmt die Hohlräume zwischen den
                              									Lufttaschen in der dem Luftstrom entgegengesetzten Richtung. Die den Lufttaschen an
                              									dem einen Ende mittels des Ventilators zugeführte Luft wird hierbei im
                              									Wärmeaustausch erwärmt und verläßt dann den Rauchgas-Taschenlufterhitzer am andern
                              									Ende. Die Fortleitung der aus der Rauchgasabwärme gewonnenen Warmluft nach den zu
                              									beheizenden Räumen erfolgt im allgemeinen durch Blechrohrleitungen. Gegenüber der
                              									gewöhnlichen Dampfheizung mit Rippenrohren zeichnet sich die Arbeitsweise der
                              									neuzeitlichen Luftheizung mittels Rauchgasausnutzung und Dampflufterhitzer durch
                              									kurze Anheizdauer, gleichmäßige Erwärmung der oberen Luftschichten und große
                              									Regulierfähigkeit aus. Hieraus ergibt sich, daß dies eine äußerst wirtschaftliche
                              									Arbeitsweise ist In hygienischer Hinsicht gestatten die vorbeschriebenen
                              									Luftheizungsarten die Möglichkeit einer Lufterneuerung in den Arbeitsräumen und
                              									Verhütung einer Verstaubung und Verschmutzung der Heizflächen; es sind somit
                              									Raumheizung mit der Lüftung vereint.
                           Anschließend wies der Vortragende darauf hin, daß in den Fällen, wo Abgase vorhanden
                              									sind, die eine Temperatur von mehr als 500°C besitzen, Abhitzekessel zur
                              									Dampferzeugung für die Speisung von Dampflufterhitzern Verwendung finden können. Die
                              									Aufstellung von Abhitzekesseln erfolgt für Hüttenwerke und Großbetriebe mit
                              									Gasmaschinen, Flamm-, Schweiß- und Glüh-Oefen, ferner für chemische Großbetriebe,
                              									Zement-, Kalk- und Gipsfabriken, Hlashütten usw. Die Dampfleistung der Abhitzekessel
                              									richtet sich nach der Gasmenge und deren Temperatur. Durch Beispiele wurden u.a.
                              									dabei gezeigt, daß bei einer Hochofengasmaschine von 3000 PS und 7200 jährlichen
                              									Betriebsstunden sich durch Aufstellung eines Rodbergabhitzekessels 18360000 kg Dampf
                              									von 15 at und 305° C erzeugen lassen.
                           Als weiteren Abwärmeverwerter zur Erzeugung von Warmluft und Abdampf behandelte der
                              									Vortragende den Luftkondensator. Durch Einbau eines derartigen Luftkondensators
                              									hat man ein Mittel, die Wirtschaftlichkeit der Dampfmaschinenanlage zu erhöhen, denn
                              									durch Ausnutzung der Abgasmengen in Luftkondensatoren können erhebliche Mengen
                              									Warmluft für Heizungs- und Entneblungsanlagen fast kostenlos erzeugt werden. Bei der
                              									normalen Kondensations-Dampfmaschine werden die vom Niederdruckzylinder kommenden
                              									Abdämpfe vom Oberflächen- bezw. Einspritzkondensator durch das Kühlwasser
                              									niedergeschlagen, die in dem Abdampf enthaltene Wärme geht dabei in den allermeisten
                              									Fällen verloren. Beim Luftkondensator dagegen wird die Abdampfwärme von der als
                              									Kühlmittel dienenden Luft aufgenommen, wobei sie sich entsprechend erwärmt. Ein
                              									Luftkondensator besteht aus einer Anzahl schmiedeeiserner, verzinkter Lamellenrohre,
                              									die zu einer Heizbatterie vereinigt sind. Durch die Heizbatterie drückt ein
                              									vorgeschalteter Ventilator die als Kühlmittel dienende Luft, dieselbe streicht mit
                              									großer Geschwindigkeit an den Lamellenrohren vorbei, entzieht dem Abdampf die Wärme
                              									und bewirkt eine intensive Kondensation desselben.
                           Weiter behandelte der Vortragende verschiedene Ausführungen von Dampflufterhitzern
                              									und Verwendung derselben zur Beheizung von Fabrikräumen. Anschließend wurden
                              									Lufterhitzer besprochen, die mit Heißwasser betrieben werden. Es wurde empfohlen, in
                              									dem Falle das Heißwasser in einem Rauchgas-Warmwasservorwärmer zu erzeugen. Da durch
                              									den Einbau eines Rauchgas-Wasservorwärmers der Widerstand in den Rauchgaswegen
                              									erhöht wird, wurde auch auf die zur Zugverstärkung in Betracht kommenden
                              									Saugzuganlagen nach dem direkten kombinierten und indirekten Verfahren erörtert. Die
                              									direkten Saugzuganlagen arbeiten in der Weise, daß die Rauchgase von dem Ventilator
                              									aus dem Schornsteinsockel abgesaugt und durch einen Druckstutzen wieder oben in den
                              									Schornstein gedrückt werden. Bei einer kombinierten Saugzuganlage wird nur ein Teil
                              									der Rauchgase abgesaugt und durch eine im unteren Teil des Abzugschlotes angeordnete
                              									Düse in denselben hineingedrückt, hierdurch werden infolge Strahlwirkung auch die
                              									restlichen Rauchgase durch den Abzugsschlot ins Freie befördert. Bei einer
                              									indirekten Saugzuganlage saugt der Ventilator keine Rauchgase, sondern nur
                              									Frischluft an und drückt diese mit hoher Pressung durch eine Düse in den
                              									Abzugsschlot, und die gesamten Rauchgase werden mittels Strahlwirkung abgesaugt.
                              									Nach Ansicht des Vortragenden hat infolge des höheren Kraftverbrauches der indirekte
                              									Saugzug heute im allgemeinen seine Berechtigung verloren, denn wenn es sich um die
                              									Absaugung sehr heißer Gase mit Temperaturen von über 350° C handelt, so sollte nicht
                              									ein indirekter Saugzug eingebaut werden, sondern schon in Anbetracht des bei diesen
                              									hohen Temperaturen vorhandenen großen Schornsteinverlustes sollte eine
                              									Abgas-Ausnutzungsanlage zur Ausführung gelangen.
                           Im Zusammenhange mit den Saugzuganlagen wurde auch kurz der Aufbau und die Anwendung
                              									des Unterwindes gestreift. Nach Ansicht des Vortragenden kommt Unterwind in der
                              									Regel in solchen Fällen in Betracht, wo der Zug etwa um den Rostwiderstand von ca. 5
                              									bis 15 mm WS erhöht werden soll. In allen Fällen jedoch, in denen die gesamten
                              									Widerstände in den Kessel-Oefenzügen, Economisern und Rauchgaskanälen usw. zu
                              
                              									überwinden sind, kann es sich nur darum handeln, ob eine Saugzuganlage oder ein
                              									gemauerter Schornstein vorteilhafter ist. Zum Schluß wurde auch kurz die Verwertung
                              									loser brennbarer Abfälle, wie Sägemehl, Gerberlohe etc. durch Brikettierung
                              									gestreift.
                           
                           Azetylen als Koch- und Heizgas. Im Hinblick auf die
                              									zunehmende Verwendung von Azetylen zu Heizzwecken in der Schweiz sowie in anderen
                              									Ländern, die keine eigene Kohle besitzen, dagegen über große Wasserkräfte und
                              									infolgedessen über eine hochentwickelte Karbidindustrie verfügen, erörtert Dr. W.
                              										von Amann obige Frage an Hand recht lehrreicher
                              
                              									Tabellen über den Wirkungsgrad, der mit den verschiedenen Brennstoffen in den
                              									gebräuchlichen Heizvorrichtungen erzielt werden kann. Die nachstehenden Zahlen
                              									wurden, wie Verfasser ausdrücklich bemerkt, nicht mit wissenschaftlicher Genauigkeit
                              									ermittelt, da es im vorliegenden Falle darauf ankam, Zahlen zu erhalten, die den
                              									tatsächlichen Brennstoffbedarf im täglichen Leben mit den üblichen unvollkommenen
                              									Heizsystemen und bei schlechter Bedienung darstellen. Es wurde darum einfach
                              									festgestellt, wie viel Brennstoff nötig ist, um eine bestimmte Wassermenge von
                              									Zimmertemperatur zum Sieden zu erhitzen, und zwar unabhängig von der Zeitdauer.
                              									Dabei wurden folgende Werte erhalten:
                           
                              
                                 Menge
                                 Heizstoff
                                 Heizwertf. d.EinheitWE
                                 Heizvorrichtung
                                 Prak-tischerreicht.WE
                                 Unger-fahrerVerlustin v. H.
                                 
                              
                                 1 kg
                                 Steinkohl
                                 6880
                                 Gewöhnl. Sparherd
                                   251
                                 96,4
                                 
                              
                                 1 kg
                                        „
                                 6880
                                 Spezial-Sparherd
                                   575
                                 91,6
                                 
                              
                                 1 cbm
                                 Leuchtgas
                                 5000
                                 Gaskocher (300 l/st)
                                 3000
                                 40,0
                                 
                              
                                 1 kg
                                 Karbid    (270 l Azetylen)
                                 3240
                                         „       (40 l/st)
                                 1822
                                 43,8
                                 
                              
                                 1 kWst
                                 Elektr. Strom
                                   860
                                 Elektr. Kochtopf
                                   164
                                 81,0
                                 
                              
                                 1 kg
                                 Steinkohle
                                 6500
                                 Dampfheizung
                                 2800
                                 56,9
                                 
                              
                                 1 kg
                                 Koks
                                 7250
                                            „
                                 3600
                                 50,3
                                 
                              
                           Die Zahlentafel zeigt zunächst sehr deutlich die bekannte Tatsache, daß in unseren
                              									Küchenherden die Ausnutzung des Brennstoffs sehr schlecht ist. Bedenkt man, daß der
                              									Hausbrandbedarf im Jahre 1913 etwa 25 Mill. t Kohle betrug, so kann man sich ein
                              									Bild von den riesigen Kohlenverlusten in unseren Haushaltungen machen. Was das
                              									Azetylen betrifft, so zeigt die Tafel, daß der Azetylenkocher in seinem Wirkungsgrad
                              									etwa 4 v. H. hinter dem Leuchtgaskocher zurücksteht. Seine konstruktive Verbesserung
                              									namentlich in der Richtung, daß das Azetylen mit längerer Flamme und ohne Rußbildung
                              									verbrennt, wäre daher sehr erwünscht. Der elektrische Strom ist bei uns die teuerste
                              									Wärmequelle, nicht aber in Ländern, die die elektrische Energie ausschließlich mit
                              									Wasserkraft gewinnen. Ebenso verhält es sich in diesen Ländern mit der Verwendung
                              									von Azetylen zum Kochen und Heizen. In Schweden z.B. stellte sich Ende 1920 das
                              									Kochen mit Azetylen nicht einmal halb so teuer wie die Verfeuerung von Kohle in
                              									schlechten Küchenherden; ähnlich dürften die Verhältnisse in der Schweiz liegen, wo
                              									man neuerdings auch Zentralheizungen mit Azetylen zu betreiben versucht. (Karbid und
                              									Azetylen, 25. Jahrg., S. 33–35.)
                           Sander.
                           Neues Verfahren zur Bindung des Luftstickstoffs unter
                                 										Verwendung von Methan. Das den Naturgasquellen in großen Mengen
                              									entströmende Methan wird bisher fast ausschließlich als Heizgas für häusliche und
                              									gewerbliche Zwecke benutzt, während seine chemische Verwertung noch in den ersten
                              									Anfängen steht, sofern man von der in Amerika in großem Maßstabe betriebenen
                              									Rußgewinnung aus Naturgas absieht. In der letzten Zeit hat man indessen auch der
                              									chemischen Verwertung des Naturgases bezw. seines Hauptbestandteiles, des Methans,
                              									mehr Beachtung geschenkt und es sind Verfahren angegeben worden einerseits zur
                              									Gewinnung von Schwefel aus Gips durch Reduktion mit Methan und andererseits zur
                              									Gewinnung von Methylalkohol aus Methan auf dem Umweg über das Methylchlorid. Ein
                              									beachtenswertes neues Verfahren zur Gewinnung von Zyanverbindungen aus dem
                              									Luftstickstoff unter Verwendung von Methan bezw. seiner Spaltprodukte beschreiben
                              										Prinz Karl zu Löwenstein und Dr. Fr. Hauff in dem DRP 318286. Methan wird bekanntlich bei
                              									Temperaturen von mehr als 1000° glatt in Wasserstoff und Kohlenstoff von hoher
                              									Reinheit gespalten. Wenn man den so gewonnenen Kohlenstoff nun mit Bariumkarbonat
                              									mischt oder aus diesem Gemisch Briketts formt und diese hierauf im Stickstoffstrom
                              									auf 1100–1300° erhitzt, so verbindet sich der Stickstoff, wie schon Margueritte und Sourdeval im
                              									Jahre 1862 fanden, mit dem Baryt und dem Kohlenstoff zu Bariumzyanid, aus dem durch
                              									Umsetzung mit Pottasche in guter Ausbeute Zyankalium gewonnen wird, wobei als
                              									Nebenprodukt wiederum Bariumkarbonat erhalten wird. Infolge der großen Reinheit des
                              									aus Methan abgeschiedenen Kohlenstoffs ist das Bariumkarbonat nicht wie sonst durch
                              									Schlacke verunreinigt und kann ohne weiteres wieder zur Bildung von Zyanid benutzt
                              									werden. Die für den Prozeß erforderliche Wärme liefert der gleichfalls aus dem
                              									Methan abgeschiedene Wasserstoff, bei dessen Verbrennung mit der genau berechneten
                              									Luftmenge ein Gemisch von Wasserdampf und Stickstoff entsteht. Durch Kühlung der
                              									Verbrennungsgase wird der Wasserdampf kondensiert und es bleibt reiner Stickstoff
                              									übrig, der seinerseits für die Gewinnung des Bariumzyanids Verwendung findet. Das
                              									neue Verfahren bietet somit durch die Reinheit des aus dem Methan abgeschiedenen
                              									Kohlenstoffs und Wasserstoffs sowie durch die Wiederverwendung sämtlicher
                              									Nebenprodukte gegenüber den bisher benutzten Verfahren große wirtschaftliche
                              									Vorteile und ermöglicht mit einfachen Mitteln die Schaffung einer
                              									Luftstickstoffindustrie in der Umgebung von Naturgasquellen.
                           Sander.
                           Synthetische Gewinnung von Essigsäure und Azeton aus
                                 										Azetylen. Ebenso wie bei uns wurden in den letzten Jahren auch in Kanada
                              									große Anlagen zur Verarbeitung von Azetylen auf die genannten Stoffe geschaffen. So
                              									errichtete die Shawinigan Water and Power Co. in Montreal zur Deckung des großen
                              									Azetonbedarfs für die Herstellung des Sprengstoffs Cordit in der zweiten Hälfte des
                              									Krieges unter Aufwand von 2 Mill. Doll. eine Fabrik zur synthetischen Gewinnung von
                              									Essigsäure und Azeton aus Azetylen. Als aber das Imperial Munitions Board zu Beginn
                              									des Jahres 1918 einen weit stärkeren Bedarf an Essigsäure als an Azeton hatte, wurde
                              									in der Folge ausschließlich Essigsäure hergestellt.
                           Da die chemischen Vorgänge dieser Fabrikation schon seit längerer Zeit bekannt waren,
                              									handelte es sich bei der industriellen Ausführung vornehmlich um konstruktive
                              									Aufgaben. Die Fabrikation der Essigsäure aus Kalziumkarbid zerfällt in mehrere
                              									Stufen: 1. Gewinnung von Azetylen durch Einwirkung von Wasser auf Karbid, 2.
                              									Hydratation des Azetylens unter Bildung von Azetaldehyd und 3. Oxydation des
                              									Azetaldehyds zu Essigsäure. Abgesehen von der ersten Stufe handelt es sich hierbei
                              									um katalytische Reaktionen, die unter Umständen so heftig vor sich gehen, daß
                              									Explosionen eintreten können, ganz abgesehen von der Explosionsgefahr des Azetylens
                              									selbst. Auch die Materialfrage machte Schwierigkeiten, da Behälter konstruiert
                              									werden mußten, die der Einwirkung der Schwefelsäure und das als Katalysator
                              									benutzten Quecksilberoxyds in gleicherweise Widerstand leisten mußten. Von den
                              									erprobten Baustoffen hat sich am besten eine Silizium-Eisenlegierung Duriron,
                              									bewährt. Da dieses Material jedoch keine genügende mechanische Festigkeit besitzt,
                              									mußte es in Verbindung mit Stahl Anwendung finden. Zur Hydratation des Azetylens wurden z.B.
                              									Kessel aus Duriron benutzt, die etwa 120 cm Durchmesser und 360 cm Höhe hatten und
                              									aus ringförmigen Gußstücken zusammengebaut waren. In diesen Behältern wurde eine
                              									Mischung von verdünnter Schwefelsäure und Quecksilberoxyd mit Hilfe von 3 Kührern,
                              									deren Schaft aus Stahl und deren Rührarme aus Duriron gefertigt waren, in Bewegung
                              									versetzt, während gleichzeitig durch ein durchlochtes Rohr aus Duriron Azetylen in
                              									das Gemisch eingeleitet wurde. Der. hierbei gebildete Azetaldehyd sowie das
                              									unveränderte Azetylen werden durch Kühler und Wäscher hindurchgeleitet, worauf das
                              									überschüssige Azetylen mit Hilfe einer Wasserturbine in den Behälter zurückgefördert
                              									wird. Gleichzeitig wird frisches Azetylen zugesetzt. Die Umwandlung des Azetylens in
                              									Azetaldehyd wird bei einer Temperatur von 70° vorgenommen, der Vorgang dauert 70
                              									Stunden. Der gebildete Azetaldehyd wird durch Salzsole kondensiert. Dieser Teil der
                              									Anlage explodierte im Dezember 1918, wobei mehrere Personen verletzt wurden. Das
                              									rohe Gemisch von Aldehyd und Wasser, das etwa 35 v. H. Aldehyd enthält, wird
                              									nochmals destilliert und der reine Aldehyd dann in eisernen Kesseln mit
                              									Aluminiumauskleidung bei etwa 60° zu Essigsäure oxydiert. Als Katalysator wird
                              									hierbei Manganazetat verwendet; die Oxydation des Aldehyds erfordert sehr
                              									sorgfältige Ueberwachung, um Brände und Explosionen zu verhüten. Die gebildete
                              									Essigsäure wird nach nochmaligem Destillieren in einer Reinheit von 99,8 v. H.
                              									erhalten. Zur Gewinnung von Azeton wird die Essigsäure zunächst in essigsaures
                              									Natrium verwandelt und dieses hierauf unter Verwendung von Kalk als Katalysator in
                              									elektrisch geheizten Stahlrohren zersetzt. Die Anlage kann 10 t Azeton im Tage
                              									liefern. (Engineering, Bd. 111, S. 720.)
                           Sander.
                           Dem beim Meßamt für die Mustermessen in Leipzig bestehenden Fachausschuß für die Technische Messe gehören an: Dr. Theodor Horn (Dr. Th. Horn), Leipzig-Großzschocher,
                              									Vorsitzender; Dr. Arnecke, Geschäftsführer des
                              									Gesamtverbandes der Deutschen Armaturen-Industrie, Leipzig; Direktor Birnholz (A. E. G.), Berlin; Dr. Curt Braun, Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen
                              									Landmaschinen-Industrie, Berlin; Dr. Friedrich
                                 									Carstanjen, Chemnitz; Ziv.-Ing. Leo Michael
                                 										Cohn-Wegner, Düsseldorf-Oberkassel; Fabrikdirektor Johann Dönitz, Porzellanfabrik Hermsdorf, Hermsdorf (S.-.A); Direktor Fessel (Siemens-Schuckert-Werke G. m. b. H.) Siemensstadt
                              									bei Berlin; Oberingenieur Heym (Deutsche Maschinenfabrik
                              									A.-G.), Duisburg; Dr. Janssen (Friedr. Krupp A.-G.),
                              									Essen; Direktor Dr. Heyne (Ernemann-Werke A.-G.),
                              									Dresden; Oberingenieur Karl Klute, Verkaufsgemeinschaft
                              									der Klingelhöffer-Defrieswerke G. m. b. H., Düsseldorf; Stadtrat Lampe, Leipzig; Direktor Lauber, Leipzig; Karl Lempelius, Direktor der
                              									Zentrale für Gasverwertung, Berlin; Rechtsanwalt Hermann
                                 										Meyer I (Fa. Technik, Meßvermietungs-Gesellschaft m. b. H.), Leipzig; Dr.
                              										Albert Müller (Baumesse Dr. Albert Müller), Leipzig;
                              									Dr. Negbaur, Geschäftsführer des Vereins Deutscher
                              									Werkzeugmaschinenfabriken, Charlottenburg IV; Direktor Gustav
                                 										Nitzsche, Zivilingenieur, Leipzig; Direktor Erwin
                                 										Othmer, Gaswerk Leipzig-Wahren; Direktor Arthur
                                 										Otto (Siemens-Schuckert-Werke G. m. b. H.), Leipzig; Stadtbaurat Dr. Paul, Leipzig; Joh. F. A.
                                 										Schöning, Gen.-Dir. der Zimmermann-Werke A.-G., Chemnitz; Oberbaurat R. Trautmann, Leipzig; Syndikus Dr. E. Voye, Hagen/Westf.; Oberingenieur Bernd
                                 									Ziemert, Berlin; Prof. Dipl.-Ing. A. F. Greiner,
                              									München.
                           Kölner Messe. Die Vorbereitungen für die erste Kölner
                              									Messe sind in vollem Gang. Die Arbeiten an den Messebauten auf dem
                              									Ausstellungsgelände am rechten Rheinufer nehmen ihren planmäßigen Fortgang; man
                              									hofft den Rohbau bis zum Eintritt des Winters noch vollenden zu können, um dann bis
                              									zum Frühjahr die Inneneinrichtung fertigzustellen. Voraussichtlich wird die erste
                              									Messe Anfang Mai 1923 stattfinden können. Für später ist in Aussicht genommen, die
                              									Messe jedesmal zwischen der Leipziger und Frankfurter Messe abzuhalten. Der Aufbau
                              									der Messe soll dem besonderen Charakter und den Bedürfnissen des westdeutschen
                              									Wirtschaftsgebietes angepaßt werden. Zwei Gesichtspunkte sind dabei maßgebend:
                              									Abrundung und Gliederung. Mit Abrundung ist möglichst vollständige Heranziehung der
                              									westdeutschen Industriezweige und darüber hinaus solcher Firmen, deren Absatzgebiet
                              									in erster Linie im Westen und im westlichen Auslande liegt, somit Vielfältigkeit und
                              									Reichhaltigkeit der Messeausstellung gemeint und mit Gliederung die planvolle
                              									branchenmäßige Anordnung der Messestände. Die irt messetechnischer Hinsicht
                              									vorzügliche Anlage der Messebauten kommt der Durchführung der geplanten Gliederung
                              									sehr zu statten. Folgende Einteilung der Messe ist vorgesehen: 1. Maschinenbau
                              									(Kraftmaschinen, Werkzeugmaschinen, Arbeitsmaschinen, Transportmaschinen); 2.
                              									Werkzeuge, Utensilien und Geräte für Fabrikbedarf, Armaturen und technische
                              									Bedarfsartikel; 3. Elektrotechnik (elektrotechnische Maschinen, Transformatoren und
                              									Akkumulatoren, Schalt-, Meß- und Sicherungsapparate, Leitungs- und
                              									Installationsmaterial, Glühlampen und Bogenlampen); 4. Baumesse (alle Gegenstände
                              									für Bau- und Wohnbedarf, Installationsgegenstände für Gas und Wasser,
                              									Heizungsanlagen, Maschinen und Geräte für das Baufach, neue Bauweisen und
                              									Bausparmittel); 5. Landwirtschaftliche Maschinen und Zubehör; 6. Verkehrsmittel
                              									(Lokomotiven, Waggon- und Eisenbahnbedarf, Feld- und Grubenbahnen, Drahtseilbahnen,
                              									Kraft- und andere Fahrzeuge); 7. Eisen- und Stahlwaren, Hausund Küchengeräte,
                              									elektrische Heiz- und Kochapparate, Schwachstromartikel; 8. Wohnungseinrichtungen
                              									(Möbel, Korbwaren, Tapeten, Beleuchtungskörper); 9. Keramik, Glas, Kunstgewerbe);
                              									10. Galanteriewaren, Lederwaren; 11. Korbwaren, Sportartikel, Spielwaren; 12.
                              									Edelmetall- und Schmuckwaren, Uhren, Optik; 13. Papierwaren, Kartonnagen,
                              									Verpackungsartikel, Bürobedarf, Rahmen etc.; 14. Nahrungs- und Genußmittel. Tabak,
                              									Rauchartikel; 15. Hygiene, chemisch, pharm. Artikel, Kosmetik; 16. Textilwaren,
                              									Konfektion; 17. Schuh- und Lederwaren. Obwohl die eigentliche Messepropaganda bis
                              									jetzt noch nicht eingesetzt hat, laufen schon täglich zahlreiche
                              									Ausstellungsanmeldungen beim Messeamt ein. Die bis jetzt angemeldeten Aussteller
                              									beanspruchen einen Raum, der über die Hälfte der zur Verfügung stehenden
                              									Ausstellungsfläche von rund 30000 qm ausmacht. Am zahlreichsten sind die Anmeldungen
                              									von Firmen der technischen Industrien, des Textilgewerbes und der Eisen- und
                              									Stahlwaren-Industrie. Man rechnet mit einer Gesamtausstellerzahl von etwa 4000.
                              									(Anmeldungen für die Messe sind zu richten an das Messeamt Köln, Domhof 28, das auch
                              									Auskunft über alle Angelegenheiten der Messe erteilt.)
                           In einer Besprechung zwischen dem Reichskunstwart Dr. Redslob, der Leitung der Kölner
                              									Messe ur d andern beteiligten Stellen über die Vorführung hochwertiger deutscher
                              									Handwerksarbeit auf der Kölner Messe wurde man sich darüber schlüssig, eine
                              									Messeausstellung der verschienartigen heimatlichen Handwerkstechniken (Tischlerei,
                              									Drechslerei, kermanisches, Schmiede-,Textilgewerbe usw.) mit einer Ausstellung von
                              									Siedlungsbauten und einer Gartenbauausstellung zu einem abgerundeten Ganzen
                              									zusammenzufassen. Die Organisation dieser Ausstellung liegt in den Händen des
                              									Messeamts Köln und der Arbeitsgemeinschaft für deutsche Handwerkskultur. Diese
                              									Arbeitsgemeinschaft ist ein Bündnis derjenigen Stellen und Verbände, die sich die
                              									Pflege handwerklichen Könnens zur besonderen Aufgabe gemacht haben. Es handelt sich
                              									dabei in erster Linie um den Reichsverband des Deutschen Handwerks (Sitz
                              									Hannover), den Deutschen Werkbund (Meistering), die deutschen Kunstgewerbevereine
                              									und den Deutschen Bund Heimatschutz unter Teilnahme des Reichsministeriums des
                              									Innern (Reichskunstwart) und des Reichs Wirtschaftsministeriums. Die weiteren
                              									Verhandlungen über die geplante Messeausstellung, vor allem mit Unternehmungen, die
                              									Siedlungsbauten auf der Kölner Messe vorführen wollen, sind in die Wege geleitet
                              									worden.