| Titel: | Der Fernsprecher in Ueberland-Kraftwerken. | 
| Autor: | G. Quaink | 
| Fundstelle: | Band 339, Jahrgang 1924, S. 19 | 
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                        Der Fernsprecher in
                           								Ueberland-Kraftwerken.
                        Von G. Quaink.
                        QUAINK, Der Fernsprecher in Ueberland-Kraftwerken.
                        
                     
                        
                           In Ueberlandkraftwerken ist für die wirtschaftliche Betriebsführung; ein
                              									geregelter Nachrichtendienst unbedingt notwendig. Unterzentralen, das
                              									Streckenpersonal müssen sich jederzeit von der Betriebsleitung telephonisch
                              									erreichen lassen, um über Vorkommnisse im Netz Auskunft geben oder Befehle und
                              									Verhaltungsmaßnahmen entgegennehmen zu können. Dazu die öffentliche Fernsprechanlage
                              									zu benutzen, hat sich als nicht zweckmäßig erwiesen. Einerseits ist gerade auf dem
                              									Lande der Fernsprechverkehr sehr eingeschränkt, andererseits sind die jährlich an
                              									das öffentliche Amt zu zahlenden Gebühren meistens hoher als der Betrag, der zur
                              									Unterhaltung und Amortisation einer eigenen Fernsprechanlage verbraucht wird. In der
                              									Regel wird deshalb eine eigene Anlage vorzuziehen sein. Die Leitungen als Kabel in
                              									die Erde zu betten oder als Freileitungen an besonderen Masten zu führen, erfordert
                              									recht hohe Anlagekosten. Ein Verfahren, mit Hochfrequenz-Wechselströmen auf den
                              									Hochspannungsleitungen selbst zu telephonieren, scheint nur für Starkstromanlagen
                              									mit nicht zu sehr verzweigtem Netz geeignet. Als weitere Möglichkeit bleibt, die
                              									Fernsprechleitungen an den Hochspannungsmasten zu verlegen, was in der Mehrzahl
                              									aller Fälle auch geschieht. Solcherart ausgeführte Anlagen haben sich, wenn man
                              									geeignete Vorrichtungen zum Schutz gegen die Einflüsse des Starkstromes verwendet,
                              									in der Praxis gut bewährt.
                           In der am Hochspannungsgestänge verlegten Fernsprechleitung werden von den
                              									Kraftleitungen Ströme induziert, die die gleiche Frequenz wie die Starkströme haben.
                              									Sie erzeugen im Hörer ein andauerndes, lautes Brummen und schließen damit jegliche
                              									Verständigung aus. Dieser Uebelstand wird vermieden, wenn man für die
                              									Fernsprechanlage Doppelleitungen verwendet und diese verdrillt, d.h. in bestimmten
                              									Abständen ihre Lage gegenüber den Kraftleitungen wechseln läßt. Dadurch heben sich
                              									die induzierten Strome gegenseitig teilweise auf und sind ohne Wirkung auf den
                              									Fernsprecher. Außer diesen elektromagnetischen Einflüssen treten noch
                              									elektrostatische auf. Denn das elektrische Feld der Hochspannungen influenziert in
                              									den Telephonleitungen Spannungen, die an sich bei Gesprächen nicht stören. Tritt
                              									aber irgendwo ein Fehler in der Isolation der Fernsprechleitungen auf, dann wirkt
                              									der entstehende Ausgleichstrom störend auf die Verständigung. Deshalb werden nach
                              									dem Verfahren der Siemens & Halske A.-G. in bestimmten Abständen zwischen die
                              									Leitungen Drosselspulen geschaltet, die in der Mitte ihrer Wickelung geerdet
                              									sind. Die infolge der gleichgerichteten Ladespannungen von beiden Enden her in die
                              									Spulen eintretenden Ströme heben wegen ihrer entgegengesetzten Richtung die
                              									elektromagnetische und damit drosselnde Wirkung der Spulen auf. Diese bilden also
                              									nur einen einfachen Ohm'schen Widerstand von geringem Betrag, über den die
                              									Ausgleichströme zur Erde abfließen. Dadurch werden die Ladespannungen nahezu restlos
                              									aus den Telephonleitungen entfernt. Den Ruf- und Sprechströmen dagegen, die nur in
                              									einer Richtung durch die Spulen fließen, ist infolge der hohen Selbstinduktion der
                              									Weg zur Erde versperrt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 339, S. 19
                              Abb. 1.Schema eines Hochspannungsschutzes.
                              
                           Außerdem besteht noch die Gefahr, daß z.B. bei Drahtbruch einer Hochspannungsleitung
                              									Starkstrom in die Fernsprechleitungen übertreten kann, was Zerstörungen der
                              									angeschlossenen Apparate sowie gesundheitsschädliche Wirkungen auf die sie
                              									bedienenden Personen zur Folge hätte. Daher baut die Siemens & Halske A.-G. vor
                              									jeden Fernsprechapparat einen Hochspannungsschutz in die Leitung ein. Dieser
                              									besteht, wie Abb. 1 im Schema zeigt, aus einer
                              									Grobspannungssicherung in Gestalt einer kräftigen Funkenstrecke,
                              									Feinspannungssicherungen, Luftleerspannungsableitern und vor allem aus einem
                              									Fernsprechtransformator, der die unmittelbar leitende Verbindung zwischen
                              									Fernsprechapparaten und den Leitungen aufhebt und durch eine induktive Koppelung ersetzt. Diese
                              									Schutzsysteme besitzen einen so hohen Grad von Sicherheit, daß sich dahinter
                              									Fernsprechstationen üblicher Bauart verwenden lassen. Doch müssen zum Zweck einer
                              									guten Ruf- und Sprachübertragung die Wickelungen von Fernhörer, Induktor und
                              									Anrufeinrichtung zum Transformator genau abgestimmt sein. Eine Sonderkonstruktion
                              									hierfür, und zwar eine Fernsprechzwischenstelle für eine Gesellschaftsleitung, ist
                              									in Abb. 2 dargestellt. In Vermittelungsstellen, also
                              									Anlagen mit Strahlenleitungen, muß jeder abgehenden Leitung ein vollständiger
                              									Hochspannungsschutz vorgeschaltet werden (Abb. 3).
                              									Verwendet man Zentralumschalter od. Klappenschränke, so würden bei Verbindung zweier
                              									Leitungen, die zum Hoch Spannungsgestänge führen, die zugehörigen Transformatoren in
                              									Reihe geschaltet werden. Um dies zu vermeiden, werden durch einen vor dem
                              									Klappenschrank liegenden Stöpselumschalter die Leitungen unmittelbar miteinander
                              									verbunden und dadurch die Transformatoren umgangen. Ein Schlußzeichen erscheint
                              									trotzdem am Klappenschrank. Hier lassen sich auch Apparate einer
                              									Haus-Fernsprechanlage anschließen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 339, S. 20
                              Abb. 2.Fernsprechzwischenstelle.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 339, S. 20
                              Abb. 3.Sprech- und Vermittlungsstelle mit Hochspannungsschutz in einem
                                 										Kraftwerk.
                              
                           Zweigt man von der Fernsprechlinie ab, so wird oben am betreffenden Mast ein
                              										„Abzweigkasten“ befestigt, der eine Grobschutzfunkenstrecke enthält. Bei
                              									Anschlußstellen für tragbare Fernsprecher, wie sie zur Streckenkontrolle auf dem
                              									ganzen Leitungsweg in gewissen Abständen eingerichtet werden, wird außerdem noch der
                              									Transformator mit in die Anschlußstelle eingebaut, da sonst der tragbare
                              									Fernsprecher zu schwer ausfallen würde. Mit Vorliebe ordnet man bei
                              									Bahnüberführungen am Kreuzungsmast eine vollständige Sprechstelle, einen sogen.
                              									Mastfernsprecher (Abb. 4), an, bei dem in einem
                              									eisernen Gehäuse eine wasserdichte Station zusammen mit dem Hochspannungsschutz
                              									untergebracht ist. Ist eine Sprechstelle in einer abseits liegenden Monteurwohnung
                              									oder dergl. zu errichten, so läßt man die Leitungen von einer Ueberführungsstelle,
                              									in die das gesamte Schutzsystem eingebaut ist (Abb.
                                 									5), am Mast abzweigen. Dadurch ist der Vorteil erzielt, daß man die abgehende
                              									Leitung als Niederspannungs-Starkstromleitung, also mit geringeren Kosten, verlegen
                              									kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 339, S. 20
                              Abb. 4.Mastfernsprecher.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 339, S. 20
                              Abb. 5.Ueberführungsstelle.