| Titel: | Biegungsschwingungen umlaufender Wellen. | 
| Autor: | Ulrici | 
| Fundstelle: | Band 339, Jahrgang 1924, S. 90 | 
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                        Biegungsschwingungen umlaufender
                           								Wellen.
                        Von Dipl.-Ing. Ulrici,
                           								Charlottenburg.
                        ULRICI, Biegungsschwingungen umlaufender Wellen.
                        
                     
                        
                           Bei den kritischen Drehzahlen umlaufender Wellen treten die
                              									Biegungseigenschwingungen mit den erregenden Kraftschwingungen in Resonanz. Um das
                              									Verhalten der Wellen dabei zu erkennen, soll zunächst der einfachste Fall einer
                              									gewichtslosen an den Enden gelagerten Welle mit einer scheibenförmigen Last
                              									betrachtet werden. Die Last sei vollkommen ausbalanziert; ihr Schwerpunkt liege also
                              									genau in der Wellenmitte. Von einer Durchbiegung der Welle infolge der
                              									Gewichtswirkung der Last werde abgesehen; es kommt also nur ihre Masse in
                              									Betracht.
                           Wird die ruhende, nicht umlaufende Welle in der Querebene der Masse etwa durch zwei
                              									verschieblich neben der Masse angebrachte Lager durchgebogen, so werden auf diese
                              									und die Endlager der Welle Kräfte übertragen, deren Größe nur von dem elastischen
                              									Widerstand der Welle abhängig ist. Läßt man die so verbogene Welle rotieren, so
                              									werden dadurch keine neuen Kräfte wachgerufen. Der einzige Unterschied zwischen den
                              									beiden Zuständen besteht darin, daß durch die Umdrehung die Welle dauernd in eine
                              									neue Form gebracht werden muß. Dort, wo eben noch Zugbeanspruchungen herrschen,
                              									treten bei wachsendem Umlauf Druckbeanspruchungen auf. Die an der Außenseite der
                              									Durchbiegung liegende Faser kommt nach einer halben Umdrehung an die Jnnenseite.
                              									Jede Faser durchläuft ständig wechselnd die Zustände höchster Zug- und höchster
                              									Druckbeanspruchung. Es muß daher ein ständiger Wechsel in der Arbeitsleistung für
                              									die elastische Formänderung eintreten, und falls dieser mit innerer Reibung erfolgt,
                              									zur Ueberwindung dieser ständig Arbeit aufgebracht werden. Diese Leistung kann nur
                              									das die Welle drehende äußere Drehmoment liefern, so daß ein Verlust von Arbeit
                              									entsteht, der in Form von Wärme von der Welle nach außen wieder abgegeben wird.
                           Wenn dieselbe ruhende, aber nicht umlaufende, Welle plötzlich von den beiden Lagern
                              									neben der Masse freigegeben wird, so schnellt sie unter dem Einfluß der elastischen
                              									Federkraft in der Richtung nach der ehemaligen Ruhelage, in der die Welle
                              									ursprünglich war, zurück. Dabei muß die Masse mitgeführt; werden und Geschwindigkeit
                              									erhalten. Wenn die Welle sich etwas zurückverbogen hat, ist die elastische
                              									Formänderungsarbeit, die vorher für diese Durchbiegung erforderlich war, zur
                              									Beschleunigung der Masse verbraucht, und findet sich, wenn von jeglichen
                              									Reibungswiderständen abgesehen wird, in der Bewegungsenergie der Masse wieder. Im
                              									Augenblick, da die Welle wieder gerade geworden ist, enthält die Masse, die jetzt
                              									ihre größte Geschwindigkeit hat, die ganze ursprüngliche elastische Energie der
                              									Welle als Bewegungsenergie. Sie verharrt daher nicht in der spannungslosen Ruhelage,
                              									sondern die weiterdrängende Masse biegt sie nach der anderen Seite durch und gibt
                              									unter ständiger Verzögerung ihre Energie an die Welle wieder ab. Es ist dies das
                              									charakteristische Bild des Arbeitsaustausches zwischen kinetischer und potentieller
                              									Energie der Schwingung, die solange bestehen bleibt, als sie nicht durch plötzlich
                              									neu hinzutretende oder durch die Schwingung selbst wachgerufene Kräfte gestört wird.
                              									Letztere können aus elastischer innerer oder aus äußerer Reibung bestehen. Ihre
                              									dämpfende Wirkung kostet Arbeit und vermindert die Schwingungsweite, wenn nicht von
                              									außen wieder Energie zugeführt wird. Erhält die Welle z.B. in regelmäßiger Folge der
                              									Schwingungsperiode einen Stoß, groß genug, die Reibungsverluste zu ersetzen, so
                              									bleibt die Schwingung dauernd bestehen. Solche kleinen Stöße, die z.B. in einer Uhr
                              									für den Antrieb des Pendels verwirklicht sind, können auch in Form einer gleichmäßig
                              									mit der Periode der Schwingung schwankenden, im einfachsten Falle harmonischen
                              									Kraft, deren zeitlicher Größenverlauf der Sinuslinie entspricht, auftreten. Eine
                              									Blattfeder übt an einem Ende eine solche Kraft aus, wenn sie an dem anderen Ende
                              									durch einen Kurbel- oder Exzenterantrieb in gleichmäßigem Wechsel hin- und
                              									hergebogen wird.
                           Nun werde die rotierende und ausgebogene Welle plötzlich frei gegeben. Dadurch ändert
                              									sich an dem eben erhaltenen Bilde der Schwingung ohne Rotation nichts. Die Welle
                              									schwingt hin und her, unbeeinflußt von der Rotation und rotiert, unbeeinflußt von
                              									der Verbiegung. Eine Aenderung der Tourenzahl bringt keine Aenderung der Schwingung
                              									hervor, wenn von dem Einfluß irgendwelcher Reibung abgesehen wird. Wie vorher,
                              									besteht der einzige Unterschied infolge der Rotation darin, daß die einzelnen
                              									Wellenfasern abwechselnd gezogen und gedrückt werden und bei innerer Reibung dazu
                              									Arbeit verbraucht wird. Aber es ist zu beachten, daß der Betrag der elastischen
                              									Formänderungsarbeit mit dem jeweils vorhandenen Schwingungsausschlag sich ändert und demnach bei
                              									innerer Reibung auch der Arbeitsverlust mit dem Schwingungsausschlag steigt und
                              									fällt. Wenn die Welle durch die Ruhelage schwingt, bedingt die Rotation keine
                              									Formänderung und bei innerer Reibung auch keinen Verlust. In allen anderen Lagen der
                              									Schwingung treten elastische Deformationen und innere Reibungsverluste ein. Die Art
                              									und Größe des Gesamtverlustes an Arbeit hängt von dem Zusammenspiel von Umdrehung
                              									und Schwingung ab und läßt sich im allgemeinen nicht übersehen.
                           Da sich Schwingungen verschiedener Art ebenso wie verschiedene Durchbiegungen
                              									überlagern können, ohne sich gegenseitig zu stören, so kann die Welle gleichzeitig
                              									in verschiedenen Ebenen schwingen. Umgekehrt kann jede beliebige Schwingung, bei der
                              									die Wellenmittellinie also eine räumliche Bewegung ausführt, in zwei oder mehrere
                              									ebene Schwingungen aufgelöst werden. Der interessanteste Fall tritt ein, wenn die
                              									Welle in zwei senkrecht zu einander stehenden Ebenen mit gleich großer Amplitude
                              									schwingt. Jeder Wellenmittelpunkt macht dann eine kreisende Bewegung um seine
                              									Ruhelage als Mittelpunkt. Der Durchmesser des Kreises ist die für beide Schwingungen
                              									gleiche Schwingungsweite. Der Wellenmittelpunkt durchläuft diesen Kreis in der Zeit
                              									einer Schwingung einmal. Die Umlaufrichtung hängt von der gegenseitigen Richtung der
                              									Schwingungen ab. Sie kann also, wenn die Welle gleichzeitig rotiert, in demselben
                              									und im entgegengesetzten Sinne erfolgen. Ist der Drehsinn der gleiche, so tritt der
                              									wichtige Fall ein, daß die Welle trotz der Schwingung keiner Formänderung
                              									unterworfen ist. Die ganz außen gelegenen gezogenen Fasern der Welle werden bei
                              									zusammenwirkender Schwingung und Drehung stets dem ursprünglichen Mittelpunkt der
                              									Welle diametral abgekehrt und daher am weitesten außen bleiben. Der
                              									Wellenquerschnitt kreist um den Mittelpunkt der Ruhelage wie der Mond um die Erde,
                              									der ebenfalls bei einem Umlauf sich einmal um sich selbst dreht.
                           Arbeitsverluste durch innere, elastische Reibung treten natürlich nicht auf;
                              									ebensowenig durch äußere, etwa Luftreibung. Denn diese liefert bei der kreisenden
                              									Bewegung der Welle nur ein Drehmoment, das durch das Antriebsdrehmoment der Welle
                              									ausgeglichen werden muß. Nur, wenn dieses nicht dazu ausreicht und dadurch die
                              									Drehzahl der Welle erniedrigt wird, entsteht mittelbar ein Einfluß auf die
                              									Schwingung. Dann fällt die Welle aus dem Takt und Drehung und Schwingung setzen sich
                              									zu einer ganz anders gearteten Bewegung zusammen. Der Wellenmittelpunkt macht zwar
                              									nach wie vor eine kreisende Bewegung, so daß die Wirkung der Luftreibung auf die
                              									Schwingung als Dämpfung entfällt, aber die Welle dreht sich jetzt nicht mehr im
                              									Verlauf einer Kreisschwingung einmal um sich selbst. Es entstehen also sofort wieder
                              									die elastischen Deformationen, damit innere Reibung und Dämpfung der Schwingung. Der
                              									Resonanzfall ist also dadurch ausgezeichnet, daß die Schwingung weder durch äußere
                              									noch innere Reibung gedämpft wird. Die Welle behält ihre einmal erregte Schwingung
                              									bei und rotiert, als wäre sie, dem größten Schwingungsausschlag entsprechend,
                              									dauernd verbogen. Der Vorgang hat daher, äußerlich betrachtet, mit einer
                              									Schwingungsbewegung scheinbar gar nichts mehr gemeinsam. Das ist z. T. eine Folge
                              									der Annahme, daß die beiden senkrecht zu einander stehenden Schwingungen gleiche
                              									Schwingungsweite haben sollten. Ist die eine größer als die andere, so macht der
                              									Wellenmittelpunkt eine ellyptische Bewegung, die deutlich den Eindruck einer
                              									Schwingung macht, die sich um die kreisförmige Bewegung des Wellenmittelpunktes
                              									als „Ruhelage“ abspielt. Es treten innere und äußere Reibungsverluste auf,
                              									die bei fehlendem Ersatz auf die kreisförmige Bewegung hinwirken.
                           Wenn man sich das Bild dieser rotierenden, verbogenen Welle vorstellt, entsteht
                              									unwillkürlich der Gedanke, daß die in den verbogenen Teilen hervorgerufenen
                              									Centrifugalkräfte der Rotation eine ständig fortschreitende Ausbiegung der Welle bis
                              									zum Bruch hervorrufen müßten, weil jede weitere Verbiegung die Centrifugalkraft
                              									vergrößert. Das widerspricht durchaus der Vorstellung, die wir uns vorher von der
                              									zusammengesetzten Schwingung und Drehung gemacht haben. Danach soll der einmal durch
                              									irgend eine Erregung eingetretene kreisförmige Schwingungszustand erhalten bleiben
                              									und beim Fehlen von Reibung von der Rotation unabhängig sein. Der Widerspruch löst
                              									sich sogleich, wenn man sich der elastischen Biegungskraft der Welle erinnert. Wäre
                              									diese nicht vorhanden, und die Welle also unelastisch deformiert, so läge ein ganz
                              									anderer Zustand vor, dessen Wesen in der fehlenden Ausbalanzierung liegen würde. Die
                              									elastische Biegungskraft der Welle steht eben im Gleichgewicht mit der
                              									Centrifugalkraft. Bezeichnen m die Masse, ω die Winkelgeschwindigkeit der Drehung, c
                              									die elastische Kraft der Welle pro Durchbiegungseinheit, f die Durchbiegung, so ist
                              									m f ω2 die Centrifugalkraft der Masse und c f die
                              									elastische Rückstellkraft der Welle; deren Gleichgewicht liefert:
                           
                              m\,f\,\omega^2=c\,f;\ m\,\omega^2=c;\ \omega=\sqrt{\frac{c}{m}}.
                              
                           Das ist der bekannte Wert der Eigenschwingung der Welle mit
                              									einer Masse, und es war ja vorausgesetzt, daß die Resonanz bestehen sollte. Daß der
                              									Wert der Durchbiegung f aus der Gleichung herausfällt, beweist, daß das
                              									Gleichgewicht für jede Durchbiegung besteht. Es bildet also dieser kreisende
                              									Schwingungsvorgang der Welle trotz Fehlens der inneren und äußeren Reibungsdämpfung
                              									keine Gefahr.
                           Die bisher betrachtete Bewegung ist die Eigenschwingung der Welle. Sie tritt bei
                              									vollkommen ausbalanzierten Massen, durch einen einmaligen Stoß oder harmonische
                              									Kräfte von der Periode der Eigenschwingung erregt, unabhängig von der Tourenzahl auf
                              									und bleibt nur bestehen, wenn die dämpfenden Reibungsverluste durch neue äußere
                              									Stöße ersetzt werden. Eine Ausnahme macht der Resonanzfall, wenn eine kreisende
                              									Doppelschwingung in der Drehrichtung der Welle besteht. Dann fehlt die Dämpfung und
                              									eine einmal erregte Schwingung bleibt bestehen.
                           Die im Betriebe auftretenden einzelnen Stöße auf die Welle führen in den meisten
                              									Fällen nur zu schnell abklingenden Schwingungen, denen keine Bedeutung beizumessen
                              									ist. Wirken auf die Welle aber periodische Kräfte, so entstehen neben den bald
                              									verschwindenden Eigenschwingungen noch erzwungene Schwingungen, die mit der Periode
                              									der erregenden Kraft verlaufen. Sie unterliegen ebenso wie die Eigenschwingung der
                              									dämpfenden Wirkung der inneren und äußeren Reibungskräfte, führen aber dauernde oft
                              									unangenehme Beanspruchungen von Maschinenteilen und Energieverluste herbei; man wird
                              									ihre Entstehung daher möglichst schon bei der Konstruktion beachten und zu
                              									verhindern suchen. Wo sie durch die Eigenart der Maschine selbst unvermeidlich sind,
                              									lassen sie sich durch geeignete Maßregeln, meist durch die stets vorhandene Reibung
                              									in Lagern usw. von selbst klein genug halten, so daß keine übermäßigen
                              									Beanspruchungen entstehen. Haben aber die erregenden Kräfte die Periode der
                              									Eigenschwingungszahl, so gehen die erzwungenen Schwingungen in Eigenschwingungen
                              									über, und dann muß stets mit gefährlichen Wirkungen gerechnet werden. Da die
                              									Ausbildung unzulässig großer Schwingungsweiten vom Eintritt in das Resonanzgebiet an
                              									immer eine gewisse Zeit erfordert, so ist es möglich, das Resonanzgebiet gefahrlos
                              									zu durchschreiten, wenn dies in genügend kurzer Zeit gelingt. Es kann vorkommen, daß
                              									die Schwingungserregung mehr Energie kostet, als die Antriebsmaschine bei dem
                              									höheren Leistungsbedarf der angetriebenen Maschine bei steigender Drehzahl
                              									herzugeben vermag. Dann läuft das Aggregat in das Resonanzgebiet hinein, fällt ab
                              									unter heftigen Erschütterungen, macht einen neuen Anlauf und pendelt dauernd hin und
                              									her. Solche Verhältnisse müssen sicher vermieden werden.
                           Von allen erregenden Kräften sind nun offenbar diejenigen am gefährlichsten, die
                              									Kreisschwingungen in Resonanz mit der Drehzahl erzeugen. Zu diesen gehören die durch
                              									nicht ausbalanzierte Massen hervorgerufenen Erregungen als die wichtigsten. Wird an
                              									die bisher betrachtete Welle eine kleine nicht ausbalanzierte Masse angebracht, so
                              									liefert sie eine Centrifugalkraft, die stets von der Mitte der Welle nach außen
                              									gerichtet ist und mit der Rotation umläuft. Sie läßt sich an jeder Stelle in eine
                              									horizontale und eine vertikale Komponente zerlegen.. Beide haben einen harmonischen
                              									Verlauf, sie wachsen und fallen wie der Sinus des Rotationswinkels und sind in ihrem
                              									Verlauf um eine Vierteldrehung gegeneinander versetzt.
                           Jede erzeugt und unterhält eine Schwingung der Welle, die in aufeinander senkrecht
                              									stehenden Ebenen erfolgen mit gleich großen Schwingungsweiten. Stimmen nun Drehzahl
                              									und Eigenschwingungszahl der Welle überein, so liegt der eigenartige Zustand der
                              									kreisförmigen Doppelschwingung vor, bei dem Dämpfung durch äußere oder innere
                              									Reibung fehlt. Die Folge ist eine ständige Vergrößerung der Schwingung, die nur
                              									dadurch eine Begrenzung findet, daß beim Wachsen der Schwingungen sich die
                              									Verhältnisse praktisch anders gestalten, als die Grundlagen der hier angestellten
                              									Betrachtung ergeben. Sobald die Schwingungsausschläge zu einer gewissen Größe
                              									angewachsen sind, treten neue Kraftwirkungen auf, z.B. in den Lagern, die immer
                              									Spiel haben und der Welle eine kleine Bewegung gestatten, während die theoretische
                              									Betrachtung mit irgend einer Stützung, aber stets mit Bewegungslosigkeit in Mitte
                              									Lager rechnet. Die in die Schwingung eingewanderte Energie äußert sich dann in
                              									gefährlicher Weise, z.B. durch heftige Lagerstöße oder bei anderen Maschinenteilen
                              									durch Reibung an Stellen, an denen keine Berührung vorgesehen war und die daher zu
                              									empfindlichen Störungen führen muß. Auch elastische Verschiebungen konstruktiv fest
                              									zu einander liegender Teile treten ein, die nach kürzerer oder längerer Wirkung
                              									Veränderungen herbeizuführen vermögen, die den Betrieb der Maschine unmöglich
                              									machen.
                           Auch wenn die Drehzahl zur Eigenschwingungszahl in einem ganzzahligen Verhältnis
                              									steht, wird die Schwingung auftreten. Sie wird dann kleiner ausfallen, da eine neue
                              									Erregung erst nach einigen Schwingungen erfolgt.
                           Liegt keine Resonanz vor, so tritt trotzdem eine Schwingung auf. Die Welle wird dann
                              									von der erregenden Kraft zu einer mit deren Periode schwingenden Bewegung gezwungen.
                              									Diese Schwingung ist gegen die Erregung in der Phase versetzt. Der Phasenwinkel wird
                              									um so größer, je größer die Dämpfungskräfte sind und je näher die
                              									Umdrehungszahl, also auch die Zahl der erregenden Impulse, sich der
                              									Eigenschwingungszahl der Welle nähert, während der Schwingungsausschlag bei
                              									zunehmenden Dämpfungskräften abnimmt, aber bei Annäherung an die Schwingungszahl der
                              									Welle wächst, und um so plötzlicher und zu größeren Werten bei Resonanz ansteigt, je
                              									kleiner die Dämpfung ist. Dann ist der Phasenwinkel zwischen erregender Kraft und
                              									Schwingung fast 90°. Ohne Dämpfung würden genau 90° eintreten.
                           Der bisher betrachtete Fall der gewichtslosen Welle mit einer schweren Masse von
                              									geringer Längsausdehnung findet sich bei Turbinen annähernd verwirklicht, trifft
                              									aber für viele andere Maschinenwellen, z.B. Generatorwellen, nicht zu. Betrachtet
                              									man eine nicht rotierende, schwingende, vollkommen ausbalanzierte Generatorwelle, so
                              									erkennt man, daß auch hier ein ständiger Wechsel zwischen elastischer und
                              									Bewegungs-Energie vorhanden ist. Für jeden kleinen Abschnitt der Welle ist der von
                              									diesem gelieferte Anteil an der gesamten Formänderungsarbeit in ständigem Austausch
                              									mit der Bewegungsenergie des kleinen Abschnittes. Was früher nur für die eine Masse
                              									galt, ist hier für jeden kleinen Teil der Welle zutreffend. In einer bestimmten
                              									Schwingungslage, also in irgend einem Augenblick, ist die Durchbiegungslinie das
                              									Ergebnis des Gleichgewichtes zwischen der elastischen Kraft und der
                              									Beschleunigungskraft an jeder Stelle der Welle. Wäre nun die Beschleunigung an allen
                              									Stellen gleich groß, so müßte die bei der Schwingung entstehende Durchbiegung
                              									dieselbe Form haben, wie die Durchbiegung infolge der Gewichtswirkung der Welle,
                              									denn dabei sind die biegenden Kräfte an jeder Stelle gleich dem Produkt der Massen
                              									mit der Erdbeschleunigung. Bei der Schwingung ist nun für alle Stellen der Welle der
                              									zeitliche Ablauf der Bewegung gleich, aber der Schwingungsausschlag ist an allen
                              									Stellen verschieden, daher ist auch die Beschleunigung, die aus der Schwingung
                              									resultiert, an jeder Stelle der Welle von anderer Größe. So ist z.B. an den Enden
                              									der Welle, wo die Durchbiegung immer kleiner sein wird, als in der Mitte, die
                              									Beschleunigung der Schwingung immer kleiner, als in der Mitte; bei der Schwingung
                              									muß daher die Durchbiegung an den Enden im Verhältnis kleiner sein, als bei der
                              									Durchbiegung infolge der Gewichtswirkung. Die Durchbiegungslinie der Schwingung ist
                              									daher im allgemeinen stärker gekrümmt, als die der Gewichtswirkung. Die Berechnung
                              									der kritischen Drehzahl mit Hilfe der Föppelschen Formel aus der größten durch
                              									Gewichtsbelastung entstehenden Durchbiegung kann deshalb nicht genau sein, und wird
                              									ein um so mehr abweichendes Resultat ergeben, je mehr die „Schwingungslinie“
                              									von der „Gewichtslinie“ abweicht. Bei der gewichtslosen Welle mit nur einer
                              									Masse ist dagegen kein Unterschied zwischen den beiden Durchbiegungslinien und die
                              									Föppelsche Formel gilt hier streng.
                           Während die Welle mit einer Masse, wie sie auch anfänglich erregt sein mag, stets nur
                              									eine einzige Schwingung von bestimmter Art und Form in einer und derselben Ebene
                              									ausführen kann, ist die Zahl der Schwingungsarten einer Generatorwelle in derselben
                              									Ebene beliebig groß. Stößt man die Welle in der Mitte an, so schwingt sie ähnlich
                              									wie die gewichtslose Welle mit einer Masse. Die Lager bilden Knotenpunkte, die Welle
                              									bildet einen einzigen großen Bauch. Stößt man dagegen die Welle an zwei ungefähr je
                              									auf ein Viertel der Länge von den Lagern gelegenen Stellen in entgegengesetzter
                              									Richtung an, so wird die Welle mit drei Knotenpunkten, je einem in den Lagern und einem ungefähr
                              									in der Mitte und mit zwei entgegengesetzten Bäuchen schwingen.
                           Durch beliebig viele, abwechselnd entgegengesetzt wirkende Stöße lassen sich Formen
                              									der Welle mit beliebig vielen Knotenpunkten und entsprechenden Schwingungsbäuchen
                              									erzeugen. Natürlich ist die Lage der Knotenpunkte und der Bäuche durch die
                              									Verteilung der Massen und der elastischen Kräfte der Welle bedingt. Zwingt man der
                              									Welle eine Gestalt auf, die mit dieser Verteilung nicht in Einklang steht, so werden
                              									sich mehrere gegeneinander zeitlich versetzte Schwingungen ergeben, derart, daß die
                              									aus allen zusammengesetzte Form der Welle der aufgezwungenen Gestalt gleicht.
                           Von allen möglichen auf die Lager oder die Welle selbst wirkenden Erregerkräften ist
                              									auch hier wieder die Fliehkraft nicht ausbalanzierter Massen der rotierenden Welle
                              									die wichtigste. Große Mannigfaltigkeit tritt auf bei Wellen, die mehrere Massen
                              									tragen, oder deren Stärke die Vernachlässigung des Eigengewichtes nicht mehr
                              									gestattet, durch beliebig viele nicht ausbalancierte Massen, die in irgendwelchen
                              									Querschnitten und in verschiedenen radialen Längsebenen liegen.
                           Ist nur eine einzige nicht ausbalanzierte Masse vorhanden, so gibt diese in den
                              									Komponenten ihrer Fliehkraft in zwei aufeinander senkrecht stehenden Ebenen
                              									harmonische Erregungskräfte, die in der Resonanz die kreisförmige Bewegung der
                              									Wellenmittellinie erzeugt. Liegt die exzentrische Masse in der Nähe der größten
                              									Massenbelastung der Welle, so bedingt sie eine Schwingung mit einem Bauch und den
                              									Knoten in den Lagern. Rückt die nicht ausbalanzierte Masse mehr zu den Lagern hin,
                              									so wird auch eine Schwingung mit zwei Bäuchen und drei Knoten entstehen, die sich
                              									der Schwingung mit einem Knoten überlagert. Welche der beiden Schwingungen
                              									überwiegt, hängt von der Verteilung der Massen und Trägheitsmomente, die für die
                              									Federkraft der Welle maßgebend sind, und der Form der Welle, die sie bei Beginn der
                              									Schwingungserregung besitzt, ab. Je nach der Lage der exzentrischen Masse und nach
                              									der Gestalt der Welle können Schwingungen mit mehreren Bäuchen und Knoten auftreten,
                              									die sich alle überlagern.
                           Sind mehrere nicht ausbalanzierte Massen in verschiedenen Querschnitten, aber in
                              									derselben radialen Längsebene vorhanden, so bilden diese zusammen eine einzige
                              									Resultierende und einige Momente. Erstere wirkt ebenso wie eine einzige
                              									Erregungskraft. Die Momente bringen Schwingungen von mindestens drei Knotenpunkten
                              									und zwei Bäuchen hervor.
                           Zweifellos wird im allgemeinen jede Resultierende von noch so vielen einzelnen,
                              									nicht ausbalanzierten Massen, auch die niedrigste Schwingung erregen. Welche
                              									Schwingungen höherer Art dabei vorzugsweise erregt werden, läßt sich beurteilen,
                              									wenn Größe und Lage der Unbalanzen bekannt ist. Das ist jedoch nicht der Fall. Man
                              									ist daher gezwungen, jede Erregungsmöglichkeit anzunehmen. Aber solange die
                              									Umdrehungszahlen der Maschinen so niedrig liegen, daß die Erregung höherer
                              									Schwingungen nicht zu befürchten ist, wird deren Untersuchung mit Recht unterlassen.
                              									Glücklicherweise wächst, wenn die Zahl der Möglichkeiten von Schwingungen erheblich
                              									zunimmt, damit auch gleichzeitig die Zahl der Mittel, um die Schwierigkeiten zu
                              									beseitigen bzw. zu umgehen. Weiter kann durch den Vergleich mit glatten Wellen
                              									gefolgert werden, daß die höheren Schwingungszahlen annähernd ähnliche Vielfache der
                              									niedrigsten Schwingungszahl sind. Die Schwingungen niedrigerer Art zeigen sich meist
                              									in Stößen in den Lagern und ganzen Maschinenteilen. Bei der Ausbreitung der Stöße
                              									über die ganze Maschine und das Fundament haben die Eigenschwingungen der einzelnen
                              									die Stöße fortleitenden Teile der Maschine einen wesentlichen Einfluß. Je höherer
                              									Art die Schwingungen sind, desto weniger treten Stöße in Erscheinung. Dann spielen
                              									sich die Schwingungsvorgänge nicht mehr zwischen den einzelnen großen
                              									Maschinenteilen als Ganze ab, sondern in den Teilen selbst. Sie greifen an den
                              									Aufbau der großen Maschinenteile aus ihren zahlreichen kleinen Stücken und
                              									schließlich in das Gefüge des Materiales selbst. Es ist sehr wahrscheinlich, daß
                              									gerade auf diesem Gebiete noch manche Erkenntnis der Aufdeckung harrt und
                              									eigenartige, schwer verständliche Vorgänge hier ihre Erklärung finden. Die
                              									Schwierigkeit liegt in der Bestimmung der Eigenschwingung und
                              									Schwingungsfortleitung, also fortschreitender Wellen, bei räumlich beliebig
                              									bestimmten Körperformen und Körperzusammenstellungen.
                           Bei den höheren Schwingungsarten können die durch die Neigung der Wellenteile
                              									entstehenden Drehbeschleunigungen eine wesentliche Bedeutung bekommen, so daß sie
                              									nicht, wie üblich, vernachlässigt werden dürfen. Dadurch wird die Berechnung
                              									schwierig. Da es sich dann aber um hoch liegende Schwingungszahlen handelt, tritt
                              									selten die Gefahr der Erregung ein. Man begnügt sich daher damit, die Schwingungen
                              									niedrigster Art mit der niedrigsten Schwingungszahl zu berechnen und eine Erregung
                              									dieser zu vermeiden.
                           
                              
                                 (Schluß folgt.)