| Titel: | Polytechnische Schau. | 
| Fundstelle: | Band 339, Jahrgang 1924, S. 103 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        Polytechnische Schau.
                        (Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszüge
                           								– nur mit Quellenangabe gestattet.)
                        Polytechnische Schau.
                        
                     
                        
                           Metallisieren von Roststäben. Unter den
                              									Anwendungsgebieten, die sich das Metallspritzverfahren erobert hat, steht das
                              									Ueberziehen von Eisenteilen, die ständiger Einwirkung von Feuer ausgesetzt sind, mit
                              									einem Aluminiumüberzug in erster Linie. Der Erfolg des Verfahrens beruht in diesem
                              									Falle darauf, daß das Aluminium in der Temperatur des Feuers mit der Oberfläche des
                              									Eisens eine Legierung eingeht, deren Oberfläche ganz dünn oxydiert. Die entstandene
                              									Oxydschicht verhindert weiteres Verbrennen des Eisens bzw. die Bildung von
                              									Schmelzflüssen, die das Eisen angreifen. Bei Flußeisen sinkert das aufgespritzte
                              									Aluminium bei nachträglicher Erhitzung bei Temperaturen über 1000 Grad in das Eisen
                              									hinein, so daß ein mehrmaliges Metallisieren erforderlich ist, bis die Oberschicht
                              									bis in genügende Tiefe mit etwa 15 % Aluminium legiert ist. Bei Hartguß verdrängt
                              									das Aluminium den chemisch an das Eisen gebundenen Kohlenstoff, dringt aber nur
                              									wenig in die Tiefe ein. Noch geringer ist die Tiefenwirkung bei Grauguß, wo der mit
                              									dem Eisen mechanisch gemengte Kohlenstoff das Eindringen verhindert. Bei Gußeisen,
                              									das mit dem Aluminium-Spritzverfahren überzogen wird, ist also ein mehrfacher
                              									Ueberzug nicht erforderlich.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 339, S. 103
                              Abb. 1.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 339, S. 103
                              Abb. 2.
                              
                           Besonders wirksam gegen Verbrennen durch Feuerwirkung hat sich der Aluminiumüberzug
                              									bei Roststäben erwiesen, bei denen nur die obere Kante einschließlich eines
                              									Streifens von einigen Zentimetern überzogen werden braucht. Bei Versuchen der
                              									Eisenbahnverwaltung in Oesterreich mit überzogenen schmiedeeisernen Roststäben hat
                              									sich eine Verlängerung der Gebrauchsdauer bis auf das Sechsfache ergeben. Versuche
                              									der Reichseisenbahnverwaltung mit gußeisernen Roststäben sind seit einigen Monaten
                              									im Gange. Die bisher wohl eingehendsten Versuche sind beim Gaswerk Altona gemacht
                              									worden, wo in einem stark beanspruchten Rost in der Mitte, also in der stärksten
                              									Feuerzone metallisierte, an den Seiten nicht metallisierte Roststäbe von 11 kg
                              									Gewicht eingebaut wurden. Nach 162tägigem Betrieb wurden die Roste herausgenommen,
                              									die nicht metallisierten hatten bei der Gaskoksfeuerung einen Abbrand von etwa 2 kg
                              									oder etwa 18 % erlitten, was in Anbetracht dessen, daß er nur auf der Kante
                              									erfolgt, ein beträchtlicher Verlust ist; die metallisierten Roststäbe zeigten kaum
                              									bemerkenswerte Abnutzung und Gewichtsabnahme. Die Stäbe sind in den Abb. 1–3 dargestellt,
                              									und zwar 1 neu, 2 gebrauchte, nicht metallisierte 3 gebrauchte, metallisierte
                              									Stäbe.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 339, S. 103
                              Abb. 3.
                              
                           Auch in der Schiffahrt haben sich metallisierte Roststäbe bestens bewährt. Ueber die
                              									endgültige Lebensdauer von metallisierten Roststäben und über die daher mit ihrem
                              									Gebrauch verknüpften Ersparnisse liegen noch keine umfassenden Erfahrungen vor, da
                              									die Versuchszeiten hierzu noch nicht ausreichen. Da das Ueberziehen nach einem
                              									besonderen Verfahren erfolgen muß, um eine wirklich innige Bindung und einen im
                              									Feuer nicht abspringenden Ueberzug zu erzielen, werden die metallisierten Roststäbe
                              									teurer; die Mehrkosten werden aber ganz zweifellos durch die längere Lebensdauer
                              									mehrfach aufgewogen.
                           Der Hauptvorteil der metallisierten Roststäbe liegt aber nicht in der verlängerten
                              									Lebensdauer, sondern in ihrer dauernd besseren Beschaffenheit. Bei allen bisherigen
                              									Anwendungen hat sich gezeigt, daß das Bearbeiten der Feuer wesentlich leichter ist.
                              									Bei nicht metallisierten Roststäben bilden sich bei der Berührung mit der glühenden
                              									Kohle Siliziumschmelzflüsse, die das Gußeisen auflösen, so daß die Schlacken schon
                              									bei 800–900 Grad festbrennen. Dadurch wird der Luftdurchtritt gestört und die
                              									Temperaturen steigen noch weiter. Bei metallisierten Roststäben, deren
                              									Aluminiumoxydschicht erst bei 2300 Grad schmelzen kann, ist das Festbrennen von
                              									Schlacke ausgeschlossen. Es wird also nicht nur das Feuerreinigen sehr viel
                              									leichter, sondern der Luftdurchtritt zwischen den Roststäben bleibt frei, die Feuer
                              									brennen besser und nutzen den Brennstoff günstiger aus; außerdem bleibt die
                              									Temperatur an der Oberkante der Roststäbe infolge des dauernden Luftdurchtritts
                              									günstiger. Besonders wertvoll ist die Erleichterung und Verringerung des
                              									Durchschleusens und Abschlackens der Feuer auf Seeschiffen; sie ist vor allem der
                              									Grund, weshalb eine Anzahl deutscher Großreedereien in großem Umfange zur Verwendung
                              									metallisierter Roststäbe übergegangen ist.
                           C.
                           Hauptversammlung des Vereines deutscher Ingenieure in
                                 										Hannover. (Sonntag, den 1. Juni 1924.) Zu einer eindrucksvollen Kundgebung
                              									gestaltete sich die in diesem Jahre nach Hannover einberufene Hauptversammlung des
                              									Vereines deutscher Ingenieure. Nachdem unter den widrigen Verhältnissen des vorigen
                              									Jahres die Abhaltung der regelmäßigen Tagung unterblieben war, sind die deutschen
                              									Ingenieure in diesem Jahre wiederum aus allen Teilen des Reiches zusammengeströmt,
                              										um durch ihre
                              									Verhandlungen und Vorträge aller Welt zu zeigen, daß sie unbeirrt durch
                              									Schicksalsschläge an ihrem zähen Arbeitseifer festzuhalten und, soviel an ihnen
                              									liegt, am Wiederaufbau des Reiches mitzuschaffen gewillt sind.
                           Die Erfolge dieser Arbeit traten namentlich bei dem Gegenstand hervor, der den ersten
                              									Tag der Versammlung beherrsschte, nämlich „Luftfahrt und Technik“.
                           Der Vorsitzende des Vereines, Geheimrat Prof. Dr. Klingenberg, eröffnete die Tagung am Sonntagvormittag mit einer Ansprache,
                              									in der er zunächst eine Parallele zwischen der deutschen und der amerikanischen
                              									Industrie zog und auf die Unterschiede in den Fabrikationsbedingungen hinwies. Er
                              									betonte die Folgerungen, die sich für die deutsche Technik hieraus ergeben und die
                              									in gründlicher technischer Ausbildung, Stärkung der technischen Vereinsarbeit und
                              									gemeinschaftlicher technischer Forschung gipfelten.
                           In diesem Zusammenhang unterwarf er den Erlaß des preußischen Kultusministers einer
                              									scharfen Kritik, der bekanntlich auf eine Verminderung des mathematischen und
                              									physikalischen Unterrichtes in den Mittelschulen hinzielt, wodurch der Ausbildung an
                              									den Technischen Hochschulen der Boden entzogen wird.
                           Geheimrat Klingenberg gedachte ferner der Verstorbenen,
                              									wobei er die Verdienste des Geheimrats Dr. Taaks, des
                              									langjährigen Kurators des VDI, besonders hervorhob, und begrüßte dann die
                              									Erschienenen, insbesondere die Vertreter der staatlichen und städtischen Behörden,
                              									die Vertreter der anwesenden technischen und wirtschaftlichen Vereine und die
                              									ausländischen Fachgenossen.
                           Der Rektor der Technischen Hochschule in Hannover, Se. Magnifizenz Prof. Dr.-Ing. Vetterlein, antwortete mit einer herzlichen Begrüßung der
                              									Teilnehmer in Hannover.
                           Unter dem feierlichen Schweigen der Versammlung sprach darauf der Kurator des
                              									Vereines, Geh. Baurat Lippart (Nürnberg) mit bewegten
                              									Worten die Uebernahme des Kriegerdenkmals im Berliner Ingenieurhaus durch den Verein
                              									aus. Das von Prof. Wandschneider geschaffene, einen trauernden Krieger darstellende
                              									Denkmal, das der Versammlung im Lichtbild gezeigt wurde, ist bereits seit einiger
                              									Zeit in der Eingangshalle des Ingenieurhauses aufgestellt. „Der Gewaltakt zu
                                 										Versailles“, so führte Geheimrat Lippart aus, „hat diesen Krieg nicht
                                 										beendet. Noch heute steht der Feind mitten im deutschen Lande, noch heute geht
                                 										uns gegenüber Macht vor Recht. Ungeheuer sind die Lasten, die wir tragen sollen,
                                 										und unerhört die Bedrückungen, die unsere Volksgenossen im besetzten Gebiet für
                                 										uns alle zu tragen haben. Mehr als je zuvor müßten wir aus den Folgen des
                                 										verlorenen Krieges heraus verstehen, was die Heldentaten der deutschen Männer
                                 										auf den Schlachtfeldern Europas bedeuteten. Auch viele Tausende unserer
                                 										Vereinsmitglieder haben an der Front ihr Leben eingesetzt, um in dem uns
                                 										aufgedrungenen Kampf unsere Heimat zu schützen. Viele Hunderte sind gefallen.
                                 										Ihr Andenken soll im Vereinshause durch das würdige Denkmal geehrt
                                 									werden.“
                           Aufgaben und Lage des deutschen Maschinenbaues.
                              									(Generaldirektor Dr. Reuter im Vereine Deutscher
                              									Maschinenbauanstalten.) In der am 9. Mai stattgefundenen Mitgliederversammlung des
                              									Vereines Deutscher Maschinenbauanstalten führte der Vorsitzende des Vereines, Herr
                              									Generaldirektor Dr. Reuter, nach kurzen, einleitenden
                              									Begrüßungsworten an die Gäste der Tagung, insbesondere die Vertreter der Reichsund
                              									Landesbehörden, der Hochschulen, des Reichsverbandes der Deutschen Industrie
                              									und der sonstigen Verbände folgendes aus:
                           Der Maschinenbau ist mehr als früher bei dem notwendigen Wiederaufbau unserer
                              									Wirtschaft auf eine verständnisvolle Mitarbeit aller unmittelbar und mittelbar
                              									beteiligten Kreise angewiesen, um unter möglichster Vermeidung jeglichen Leerlaufes
                              									diejenigen Aufgaben, die ihm gestellt sind, schnell und erfolgreich lösen zu
                              									können.
                           Wie der einzelne Mensch, so ist auch die Wirtschaft auf sich selbst angewiesen und
                              									muß sich selbst helfen durch zielbewußte Entfaltung ihrer Kräfte und durch nüchterne
                              									Erkenntnis ihrer Möglichkeiten. Dieses Ziel hat sich auch der Verein Deutscher
                              									Maschinenbauanstalten gesteckt. Er versucht es zu erreichen einerseits durch
                              									Zusammenschluß des ganzen Maschinenbaues, anderseits durch zweckmäßige Aufteilung in
                              									Gruppen, um durch letztere der Bearbeitung und Behandlung der verschieden gelagerten
                              									Interessen Rechnung zu tragen. Auf diese Weise können die einzelnen Gebiete des
                              									weitverzweigten Maschinenbaues ihre Zweckmäßigkeiten und Möglichkeiten am besten
                              									erkennen und verfolgen und dadurch zu größten Leistungen und Erfolgen der ganzen
                              									Maschinenindustrie beitragen. Mancher macht uns aus dieser Bildung von Gruppen und
                              									Fachverbänden innerhalb der Maschinenindustrie den Vorwurf einer Ueberorganisation,
                              									die angeblich nur den Zweck verfolgen soll, den Kampf auf der ganzen Linie gegenüber
                              									den Schwerindustriellen durchzuführen.
                           Ueberorganisation wäre heute nicht nur ein Verbrechen gegenüber dem Vaterlande, das
                              									in Not und Armut geraten ist, sondern auch eine Dummheit, weil durch jede
                              									überflüssige Einrichtung unsere Kräfte und unsere spärlichen Mittel unnötig
                              									vergeudet würden. Deutschland kann erst wieder hochkommen, wenn es die Achtung und
                              									das Interesse, die es beide inzwischen verloren hat, wiedergewinnt. Das ist ihm aber
                              									nur möglich, wenn es den ernsten Willen bezeugt und den Beweis dafür liefert, daß es
                              									seine Kräfte produktiv, nicht unproduktiv verwertet und zur höchsten Leistung
                              									verwendet. Warum kann eine Staatswirtschaft mit der Privatwirtschaft nicht
                              									erfolgreich in Wettbewerb treten? Weil durch die Eigenart ihres Aufbaues nur die
                              									Privatwirtschaft frei von politischen Fesseln wie überhaupt in der Lage ist, durch
                              									einfachste Mittel Größtmöglichstes zu erreichen. Das ist das eigentliche Wesen der
                              									Wirtschaft. Die Größe unserer wirtschaftlichen Führer zeigt sich und hat sich immer
                              									gerade nach der Richtung hin deutlich gezeigt, daß diese nicht nur in ihrem
                              									persönlichen Leben und Denken einfach, sondern auch bestrebt waren, unter
                              									Ausschaltung alles Unnötigen auf dem kürzesten und einfachsten Wege ihre Ziele zu
                              									erreichen. Daß dabei eine Zusammenfassung aller zur Verfügung stehenden Kräfte und
                              									ihre Einordnung in das ganze System, also eine gewisse Organisation, notwendig ist,
                              									sehen wir gerade bei den früheren Erfolgen der deutschen Wirtschaft. Im Gegensatz zu
                              									anderen Ländern, wie z.B. England, wo der Individualismus sowohl in technischer wie
                              									in wirtschaftlicher Beziehung noch vorherrschend ist, hat es die deutsche Wirtschaft
                              									und besonders die deutsche Industrie verstanden, durch Zusammenschluß sich
                              									gegenseitig zu befruchten und durch Zusammenfassung in großen Gebilden einheitliche
                              									Ziele, die von ihren Führern nach Maßgabe ihrer Erfahrungen und Begabungen als
                              									richtig anerkannt worden sind, zu verfolgen und zu erreichen.
                           
                           Eine solche Organisation stellt auch der Verein Deutscher Maschinenbauanstalten
                              									dar. Organisieren heißt bei uns eben auch nur Ordnung schaffen, um besonders auf dem
                              									Weltmarkt möglichst leistungsfähig und schlagfertig nicht nur zu sein, sondern auch
                              									zu erscheinen. Zu erscheinen, um zunächst auch wieder die Augen der Welt auf uns zu
                              									lenken und dadurch Gelegenheit zu finden, unsere Leistungsfähigkeit durch vermehrte
                              									Lieferungen zu beweisen. Um anerkannt und berücksichtigt zu werden, muß man sich zu
                              									erkennen geben und sagen, wer man ist und was man kann. Dazu soll unser
                              									Zusammenschluß, unsere Organisation, der Verein Deutscher Maschinenbauanstalten
                              									dienen.
                           Wir überschätzen uns nicht. Wir sind nur ein Glied in der deutschen Wirtschaft, das
                              									lediglich für sich das Recht auf Gesundheit in Anspruch nimmt, um gegenüber dem
                              									gesamten Organismus der deutschen Wirtschaft diejenigen Aufgaben erfüllen zu können,
                              									die dem Maschinenbau zukommen. Nicht durch einen rücksichtslosen Kampf, sondern
                              									durch verständnisvolle Zusammenarbeit mit den Schwesterindustrien und allen sonst
                              									beteiligten Kreisen versucht der Maschinenbau in der heutigen, für unser Vaterland
                              									so schweren Zeit, wo wir nur durch einen Zusammenschluß aller zur Verfügung
                              									stehenden Kräfte aus der Not herauskommen können, die Ziele zu erreichen, die ihm
                              									gesteckt sind. Wir wollen durch Aufklärung und Unterrichtung über unseren
                              									Industriezweig hinaus die Erkenntnis von der wachsenden Bedeutung der
                              									verarbeitenden, insbesondere der Maschinenindustrie, innerhalb der deutschen
                              									Volkswirtschaft, eine Tatsache, die nicht zu leugnen ist, zum lebendigen
                              									Mitempfinden aller Kreise in Deutschland machen. Das ist die Geschäftspolitik, die
                              									der Verein Deutscher Maschinenbauanstalten zu verfolgen gedenkt.
                           Seit unserer letzten ordentlichen Mitgliederversammlung im vorigen Jahr in München
                              									hat sich wirtschaftlich und politisch vieles in Deutschland geändert,
                              									wirtschaftlich, indem wir nach der katastrophalen Geldentwertung, die ihren
                              									Höhepunkt im letzten Herbst erreichte und Deutschland fast in den Abgrund gestürzt
                              									hat, jetzt stabiles, wenn auch noch nicht wieder wertbeständiges Geld haben.
                              									Hierdurch ist eine große Beruhigung in alle Kreise eingetreten; trotzdem haben wir
                              									und besonders die Maschinenindustrie jetzt mit größeren Schwierigkeiten als damals
                              									zu kämpfen. Unsere Ausfuhr hat nachgelassen, auf einigen Gebieten fast ganz
                              									aufgehört. Dabei waren unsere damaligen Erfolge nur Scheinerfolge, keine Gewinne,
                              									sondern Verluste, wodurch sich die große Geldknappheit erklärt, die die Wirtschaft
                              									jetzt lahm zu legen droht. Dazu kommen noch die politischen Schwierigkeiten, die
                              									sich bis heute keineswegs gemildert haben. Wir stehen vor einer schicksalsschweren
                              									Entscheidung, vor dem zu erwartenden Ergebnis aus den bekannten
                              									Sachverständigengutachten. Herr Geheimrat Bücher vom
                              									Reichsverband der Deutschen Industrie wird die Liebenswürdigkeit haben, uns darüber
                              									einige äußerst wertvolle Ausführungen zu machen. Welche Schlußfolgerungen werden
                              									sich aus dem Gutachten für uns ergeben? Von diesem wird das Schicksal des
                              									Vaterlandes auf Jahrzehnte hinaus abhängig sein. Auch innnerpolitisch stehen wir vor
                              									einer ganz neuen Lage. Die Wahlen haben uns einen neuen Reichstag gebracht. Welchen
                              									Weg wird er uns führen? Vertrauen wir der Urteilsfähigkeit, dem guten Willen und der
                              									Vaterlandsliebe unserer Volksvertreter, daß sie uns den Weg aus Unruhen und
                              									Knechtschaft zur Sicherheit und Freiheit führen werden.
                           Verein deutscher Eisenhüttenleute. Die 4.
                              									Gemeinschaftssitzung der Fachausschüsse des Vereins deutscher Eisenhüttenleute in
                              									der Stadthalle zu Hagen am 11. Mai 1924, der Generaldirektor Dr. Voegler (Dortmund) vorsaß, stand unter dem Zeichen der
                              									Dampfwirtschaft und ihrer Einwirkung auf den Hüttenbetrieb. Die Vorträge waren
                              									bereits zu der infolge der Zeitverhältnisse im letzten Augenblick abgesagten
                              									Hauptversammlung des Vereins im November 1923 in Hannover vorgesehen gewesen und
                              									konnten nun nach der zwischenzeitlichen Hochdrucktagung des Vereins Deutscher
                              									Ingenieure am 18. und 19. Januar d. J. in Berlin grundsätzlich Neues nicht mehr
                              									bringen. Sie zeichneten sich aber aus durch straffe Zusammenfassung, durch die in
                              									kurzer Zeit ein sehr lehrreicher Ueberblick über das ganze große Gebiet gegeben
                              									werden konnte, und durch die Betonung des Gedankens, daß Fortschritte nur durch
                              									Gemeinschaftsarbeit aller Beteiligten, d.h. der verschiedenen Hersteller- und
                              									Benutzerkreise erreicht, und daß Schwierigkeiten wohl durch rücksichtslose Offenheit
                              									im engen Kreise der Fachgenossen, aber nicht durch großes Geschrei in der
                              									Oeffentlichkeit überwunden werden können.
                           In dem ersten Vortrage „Entwicklungslinien des Dampfkesselbaues“ ließ Direktor
                              									Max Ott von der Hannomag in Hannover ein Gesamtbild
                              									dieses erst in letzter Zeit als solcher vollgültig anerkannten Zweiges des
                              									Maschinenbaues abrollen unter Berührung aller der Fragen, die die Aufmerksamkeit und
                              									die ganze Kunst des Ingenieurs heute auf diesem Gebiete erfordern. In der
                              									Werkstofffrage, die in der Hochdrucktagung vorgetragenen Gesichtspunkte im
                              									wesentlichen betätigend, erfuhren diese eine Erweiterung durch die Berechnung von
                              									Grenzwerten für den Druck genieteter Kessel, Angaben über den Verwendungsbereich
                              									geschweißter Trommeln und Ausführungsformen nahtloser Trommeln. Der Vortragende
                              									glaubt auf Grund umfangreicher Versuche an Schweißungen, die er als Obmann eines
                              									Sonderausschusses des Deutschen Dampfkessel-Ausschusses ausgeführt hat, und über
                              									deren Ergebnisse in einem demnächst erscheinenden Forschungsheft des Vereins
                              									Deutscher Ingenieure berichtet werden wird, ihre Verwendung bis 50 at Druck bei
                              									einem Trommeldurchmesser von 1300 mm zulassen zu können, namentlich, wenn die
                              									Prüfung und Behandlung nach einem neuen, der Firma Thyssen & Co. patentierten
                              									Verfahren erfolgt und die Böden in der erstmals von der Firma Krupp bei
                              									geschmiedeten Trommeln angewendeten Weise unmittelbar angekümpelt werden. Einfluß
                              									auf unsere Dampfkesselvorschriften werden auch die Ergebnisse dankenswerter Versuche
                              									der Hannomag über die Festigkeitsverhältnisse eingewalzter Kesselrohre gewinnen
                              									müssen. Die große Sorgfalt der heutigen Kesselschmiedearbeit kennzeichneten
                              									Einrichtungen, wie Nietkontroller, elektrische Induktions-Anwärmvorrichtungen für
                              									das Einbringen der Kesselböden und besonders schonende Stemmverfahren.
                           Die Höhe der Kesselleistung ist in erster Linie eine Frage der Feuerung und des
                              									Wasser-Umlaufs. Ein reiches Anschauungsmaterial zeigte die Entwicklung der
                              									Erkenntnis in dieser Richtung, die Anpassung und Anwendung auf die verschiedenen
                              									Verhältnisse. Oft mußten amerikanische Ausführungen als Muster herangezogen werden;
                              									namentlich was Größe und Zusammenbau betrifft ist hier ein unverkennbarer Vorsprung
                              									einzuholen. Im Zusammenhang damit spielt die Kohlenstaubfeuerung eine wesentliche
                              									Rolle. Den Schluß bildete nach Behandlung einer ganzen Reihe von weiteren
                              									Einzelpunkten eine Uebersicht über die vorhandenen Hochdruckkessel-Bauarten, die
                              									heute allerdings zum größten Teil nur Entwurf und noch nicht Wirklichkeit sind.
                           Professor Hubert Hoff von der Technischen Hochschule
                              									Aachen behandelte „Die Entwicklungslinien des Dampfkraftmaschinenbaues und die
                                 										Aussichten des Gasmaschinenbetriebes“. Der Vortragende konnte in einem
                              									kurzen geschichtlichen Ueberblick nachweisen, wie die Forderung nach
                              									Betriebssicherheit in allen Stadien der schnellen Steigerung der Wirtschaftlichkeit
                              									dieser zweiten Komponenten für das Werturteil über eine Kraftmaschine, ein Hindernis
                              									gewesen ist. Ausführlicher wurden der Grund und der Umfang der wärmetechnischen
                              									Ueberlegenheit des Höchstdruckdampfes erörtert, besonders bei Verwendung von
                              									gekoppelten Kraft- und Wärmebetrieben oder bei Anwendung des Anzapfverfahrens.
                              									Abschließend beleuchtete die Entwicklung von Dampfkolbenmaschinen ein Schaubild der
                              									jeweils erreichten Dampfverbrauchsziffern. Einführung des Heißdampfes und des
                              									Höchstdampfdruckes machen sich als stark abfallende Stufen deutlich als
                              									grundsätzliche Fortschritte bemerkbar. Schneller ist die Entwicklung der
                              									Dampfturbine, die ausläuft auf Höchstdruck-Schnelläufer-Vorschaltturbinen in der
                              									Bauart Brown-Boveri oder die folgerichtig ausgebildete Bauart der Ersten Brünner
                              									Maschinenfabrik. Zusammenfassend wird als Vorteil der Dampfkraftanlage gebucht:
                              									Möglichkeit, in weiten Grenzen zu überlasten und Unterlasten ohne erheblich
                              									gesteigerten Wärmeverbrauch für die Leistungseinheit und Möglichkeit der Speicherung
                              									großer Wärmemengen in kleinem Raum. Bei den in Frage stehenden Fortschritten braucht
                              									zur weiteren Verbesserung der Wärme- und Kraftwirtschaft vorläufig zur restlosen
                              									Vergasung fester Brennstoffe nicht geschritten werden. Bei dem Vergleich mit dem
                              									Gasmaschinenbetrieb auf Hüttenwerken sind dementsprechend nur Anlagen zu
                              									berücksichtigen, denen Hochofen- oder Koksofen-Gas zur Verfügung steht. Die an sich
                              									als bekannt vorausgesetzte Entwicklung der Gasmaschinen wird durch die Wiedergabe
                              									einer Reihe von Versuchsergebnissen belegt. Durch Vergrößerung der Leistungseinheit
                              									mit Hilfe des Spül- und Aufladeverfahrens, Ausnutzung der Abhitze, die eine
                              									Mehrausnutzung von etwa 20 % herbeigeführt, und durch Heißkühlung wird eine
                              									Verbesserung der Wärmeausnutzung beim Gasmaschinenbetrieb in dem gleichen Maße
                              									erzielt, wie sie in Dampfkraftanlagen durch die heutige Entwicklung angestrebt wird.
                              									An dem Verhältnis Dampfmaschine – Gasmaschine wird also wenig geändert. Ob die
                              									Gasturbine hier umwälzend wirken wird, läßt sich noch nicht übersehen.
                           In der durch die Zeit leider beschränkten Aussprache machte u.a. Dr. Münzinger (Berlin) beachtenswerte Angaben über
                              									amerikanische Kohlenstaubfeuerungen. Er rief ferner zu einer Gemeinschaftsarbeit der
                              									Hersteller und Abnehmer bei Aufstellung vonn Höchstdruckanlagen auf. Hartmann (Kassel) glaubte bei Anwendung von
                              									Höchstdruckdampf das Arbeitsgebiet der Dampfkolbenmaschine gegenüber der
                              									Dampfturbine bis mindestens 5000 KW ausdehnen zu können. Direktor Quack wies auf die betriebliche Ueberlegenheit großer
                              									Kesseleinheiten bei Großanlagen gegenüber einer Mehrzahl von kleineren hin,
                              									verlangte aber dabei eine viel sorgfältigere Durchbildung aller Einzelheiten,
                              									insbesondere der sogenannten Zubehörteile, damit nicht durch an sich belanglose
                              									Störungen an diesen Teilen ganze große Einheiten des Kesselhauses ausfallen.
                           Provinzialverband Brandenburg des Reichsverbandes der
                                 										Elektrizitäts-Abnehmer, e. V- (Rea, Brandenburg). Der Verband, der die
                              									elektrowirtschaftlichen Interessen der Stromabnehmer in der Provinz Brandenburg zu
                              									vertreten sich zur Aufgabe gemacht hat, hielt am 6. Mai seine diesjährige
                              									ordentliche Mitgliederversammlung in Berlin ab, die stark besucht war, auch von
                              									Vertretern industrieller, kommunaler und landwirtschaftlicher Organisationen. Aus
                              									dem Geschäftsbericht ist zu entnehmen, daß die Rea auf dem Gebiete der
                              									elektrowirtschaftlichen Reichsgesetzgebung tatkräftig und mit Erfolg gearbeitet hat;
                              									ihr ist es zu verdanken, daß eine Berufungsinstanz beim Reichswirtschaftsgericht für
                              									Schiedssprüche nach der Strompreisverordnung vom 1. Februar 1919 geschaffen worden
                              									ist. Mit Recht wird in dem Berichte darauf hingewiesen, daß die Strompreispolitik
                              									eines Eltwerkes sich nicht ganz unbeeinflußt aus sich heraus entwickeln kann, daß
                              									sie vielmehr in hohem Maße von der Reichsgesetzgebung der allgemeinen
                              									Rechtsauffassung und Rechtssprechung, der Gestaltung der wirtschaftlichen
                              									Gesamtlage, der Entwicklung der Technik u.a.m. abhängig und daß daher die gesamte
                              									Stromabnehmerschaft an den Arbeiten des Verbandes außerordentlich interessiert ist.
                              									Der Verband fordert, daß die bisher von den Eltwerken noch berechneten
                              									Inflationsklauseln verschwinden und daß die Strompreise unter Berücksichtigung der
                              									tatsächlichen Gestehungskosten des Stromes und der ungünstigen Wirtschaftslage der
                              									Abnehmerschaft festgesetzt werden. In Sonderheit müssen für die
                              									landwirtschaftlichen, gemeindlichen und industriellen Großabnehmer tragbare und
                              									leicht verständliche Stromtarife aufgestellt werden. Im Interesse der Eltwerke
                              									selbst und unserer gesamten Wirtschaft liegt es, daß die Stromlieferer ihre
                              									Monopolstellung nicht durch Forderungen ausnützen, die die größeren Verbraucher vom
                              									Bezüge des elektrischen Stromes abschrecken und zur Selbserzeugung zwingen, wie dies
                              									in letzter Zeit schon vielfach geschehen ist. Die Berechnung der Minderwertigkeit
                              									der Kohle muß fallen, da sie unkontrollierbar ist und zu Mißtrauen Veranlassung
                              									gibt. Vergewaltigungen der Stromabnehmer durch Absperren des Stromes bei
                              									Meinungsverschiedenheiten sind gerichtlich zu verfolgen. Barsicherheiten und
                              									Bauzuschüsse müssen abgelehnt werden. Das Geschäftsgebaren einiger Eltwerke läßt
                              									zurzeit viel zu wünschen übrig. Zum Schlüsse wurde über Strompreisberechnung in
                              									Goldmark bei laufenden und neu abzuschließenden Verträgen sowie über die Anrufung
                              									von Schiedsgerichten bei Meinungsverschiedenheiten berichtet. Der Verlauf der
                              									Versammlung zeigte die Notwendigkeit des Zusammenschlusses der Stromabnehmerschaft
                              									zu einer einheitlichen Frontstellung gegenüber unberechtigten Forderungen der
                              									Eltwerke. Der Sitz der Geschäftsstelle befindet sich in Berlin-Steglitz,
                              									Hohenzollernstraße 6.