| Titel: | Polytechnische Schau. | 
| Fundstelle: | Band 339, Jahrgang 1924, S. 115 | 
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                        Polytechnische Schau.
                        (Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszüge
                           								– nur mit Quellenangabe gestattet.)
                        Polytechnische Schau.
                        
                     
                        
                           Die Dampfkesselexplosionen des Jahres 1922. Während
                              									des Jahres 1922 sind nach der reichsamtlichen Statistik, die ich der Arbeit von Geh.
                              									Reg.-Rat Sickel in Heft 52, Jahrg. 46, „Die Wärme“ entnehme, 10
                              									Dampfkesselexplosionen im Deutschen Reiche erfolgt. Als Ursache wurde in nicht
                              									weniger als fünf Fällen Wassermangel festgestellt, in zwei Fällen örtliche
                              									Blechschwächung, in je einem Fall Ermüdung der Kesselwandung, Nachverbrennungen im
                              									Oberzug und mangelhafte Stehbolzenverbindung.
                           Bei. einem Zweiflammrohrkessel von rund 20 m2
                              									Heizfläche, der 21 Jahre lang anstandslos mit einem Druck von 8 at in Betrieb
                              									gewesen war, wurden die beiden Schüsse des einen Flammrohres vom Scheitel bis fast
                              									zur Sohle hinabgedrückt. Die Niete des oberen Teiles der Rundnaht wurden abgeschert,
                              									und es entstand eine klaffende Oeffnung von etwa 0,3 m2. Die Anlauffarbe der Bleche und die erheblichen Formänderungen ließen
                              									auf ein Ausglühen der Bleche infolge Wassermangels schließen. Bestätigt wird diese
                              									Annahme durch die Geringfügigkeit des entstandenen Schadens.
                           Ebenfalls infolge Wassermangels explodierte ein zweifacher Walzenkessel mit je zwei
                              									Unterkesseln. Der erste Schuß des linken Oberkessels zerriß in seiner ganzen Länge
                              									und wurde abgewickelt. Dabei wurde das 13,5 mm starke Blech auf 1,5 mm Stärke
                              									ausgezogen. Die Blechwand war in einer Ausdehnung von 3,5 m ausgeglüht, was auf
                              									Wassermangel schließen läßt. Der Kessel hatte eine Heizfläche von 150 m 2.
                           Bei einem Einflammrohrkessel hatte sich der gefürchtete scheinbare Wasserstand
                              									gebildet, da die Bohrung des Wasserstandsstutzens durch Kesselstein und Schlamm
                              									verstopft und die Oeffnung des Wasserstandsglases durch die Gummipackung
                              									verschlossen war. Der Kesselwärter wurde dadurch über den wahren Wasserstand
                              									getäuscht, und infolge des eintretenden Wassermangels wurden die beiden vorderen
                              									Flammrohrschüsse auf 2,6 m Länge eingebeult und aufgerissen. Anlauffarben waren zwar
                              									an den Blechen nicht festzustellen, doch liegt, die Vermutung nahe, daß bei diesem
                              									schon 35 Jahre in Betrieb gewesenen Kessel eine mäßige Temperaturzunahme genügte, um
                              									dem Blech die Festigkeit zu nehmen.
                           Ein noch älterer Kessel, der bereits aus dem Jahre 1872 stammte, zerknallte
                              									gleichfalls infolge Wassermangels. Der Kesselwärter war über den Wasserstand dadurch
                              									getäuscht worden, daß bei einem der Wasserstandszeiger Klingerscher Bauart die
                              									Glasplatte mit den Längsrippen nach außen, also verkehrt, eingebaut war. Die in der
                              									Höhlung des Wasserstandszeigers eingegossene Versteifungsrippe konnte infolgedessen
                              									mit dem Wasserspiegel verwechselt werden. Der Kessel war ursprünglich mit 5 at, seit
                              									5 Jahren jedoch nur mit 4 at Druck betrieben worden. Bei der Explosion wurden beide
                              									Flammrohre ausgebeult, das linke Flammrohr war aufgerissen; beide Flammrohre waren
                              									stark ausgeglüht.
                           Wassermangel, dessen Ursache nicht aufgeklärt ist, verursachte die Explosion eines
                              									Zweiflammrohrkessels von 103 m2 Heizfläche. Der
                              									Kessel war 13 Jahre in Betrieb; er hatte Flammrohre, die aus Wellrohrschüssen
                              									zusammengesetzt waren. Das eine davon wurde bei der Explosion eingebeult und
                              									aufgerissen.
                           Durch Nachverbrennung im Oberzug wurde ein Zweiflammrohrkessel zerstört. Der Kessel
                              									hatte Quersieder und einen walzenförmigen Dampfsammler. Letzterer lag in einem
                              									besonderen Oberzuge über dem Flammrohrkessel. Der Betriebsdruck betrug 12 at, die
                              									Heizfläche 95,77 m2 bei 3,15 m2 Rostfläche. Bei dem Kessel war die ursprüngliche
                              									Planrostfeuerung durch eine Evaporatorfeuerung ersetzt worden, obwohl der
                              									Dampfkessel-Ueberwachungsverein unter Hinweis auf die Gefahr von Nachverbrennungen
                              									im Oberzug die Genehmigung nicht erteilt hatte. Die Befürchtungen erwiesen sich als
                              									richtig. In den Oberzug mitgerissene unverbrannte Brennstoffteile entzündeten sich
                              									und verringerten die Festigkeit des Dampfsammlers durch örtliche Ueberhitzung. Zwei
                              									seiner Schüsse wurden ausgebeult, während der erste Schuß auf 570 mm Länge und 80 mm
                              									Breite aufgerissen wurde. Dabei wurde das 11 mm starke Blech an den Rändern bis auf
                              									1,5 mm ausgezogen.
                           Bei einer Anlage von sieben Zweiflammrohrkesseln mit je 87 m2 Heizfläche war während des Krieges wegen
                              									Sodamangels die Wasserreinigung eingestellt worden. Infolgedessen hatten sich
                              									Anfressungen gezeigt, besonders an den Wellrohren. Nachdem schon sechs Kessel
                              									ausgebessert waren, stand der letzte kurz vor der Reparatur, als er explodierte.
                              									Dabei wurde der Wellrohrschuß des linken Flammrohres eingedrückt und
                              									aufgerissen.
                           Infolge Anfressungen durch Rost wurde ein Einflammrohrschiffskessel mit Feuerkammer
                              									und rückkehrenden Heizröhren zerstört. Dieser Kessel war auf dem Schleppdampfer
                              										„Kyffhäuser“ so eingebaut, daß der hintere Kesselboden in der Bilge lag.
                              									Hier sammelte sich das Leckwasser, und dieser Teil des Kessels konnte infolgedessen
                              									nicht besichtigt werden. Etwa 40 cm vom hinteren Kesselboden war das 11 mm starke
                              									Mantelblech auf etwa 1 mm Stärke abgerostet. Diese starke Schwächung des Bleches
                              									hatte sich bei einer drei Jahre vor der Explosion erfolgten Wasserdruckprobe nicht
                              									bemerkbar gemacht. Infolge der Anfressungen des Bleches, das ein sehr schlechtes,
                              									schieferartiges Gefüge hatte, explodierte der Kessel. Der Kesselmantel wurde
                              									vollständig aufgerollt und 50 m weit fortgeschleudert, der übrige Kesselkörper flog
                              									8 m weit. Der Dampfer sank infolge der Explosion.
                           Ein anderer Schiffskessel gleicher Bauart mit 60 m2
                              									Heizfläche und 13 at Betriebsdruck explodierte ebenfalls während der Fahrt. Als
                              									Ursachen wurden festgestellt: Lösen der Stehbolzenverbindungen, die schlechtes
                              									Gewinde hatten, sowie wahrscheinlich Ueberschreitung des zulässigen Höchstdruckes.
                              									Jedenfalls fand man bei der nachfolgenden Untersuchung ein Holzstück, das genau
                              									zwischen die Oese des Belastungsgewichtes des Sicherheitsventils und die an dieser
                              									Stelle etwas ausgebeulte Decke der Kesselkappe paßte. Bei der Explosion wurde die
                              									Umlaufwand der Feuerkammer von den Stehbolzen abgedrückt und eingebeult. Dadurch riß
                              									das Flammrohrblech, das in die Feuerkammer vorgezogen war, in den Nietlöchern auf
                              									und verursachte eine Oeffnung von 320 mm Breite.
                           Auf Ermüdung des Bleches wird die Explosion eines Wasserrohrkessels von 150 m2 Heizfläche und 10 at Betriebsdruck
                              									zurückgeführt. Der Vorderboden des Oberkessels wurde in der ganzen Krempung
                              									durchgedrückt, der oberste Niet mit einem Stück des Mantelbleches abgerissen. Die
                              									Blechstärke reichte rechnungsmäßig aus, wenn auch nur knapp; der Krümmungsradius der
                              									Krempung war jedoch sehr klein, ein Fehler, auf den in der Dampfkesseltagung des V.
                              									D. I. mehrfach besonders hingewiesen ist. In schart gekrempten Kesselböden haben
                              									sich vielfach hohe Spannungen gezeigt, die zu Rissen führten. Als besonders
                              									ungünstig bei dem vorgenannten Kessel kann man die Anbringung der
                              									Speiserohrmündung in der Nähe der unteren Bodenkrempe betrachten. Dadurch war auf
                              									letztere der Speisewasserstrom gerichtet, so daß zusätzliche Wärmespannungen
                              									auftraten.
                           Außer diesen 10 Kesselexplosionen des Jahres 1922 ist noch eine nachträglich
                              									gemeldete Explosion aus dem Jahre 1921 anzuführen.
                           Ein Zweiflammrohrkessel mit 74 m2 Heizfläche und 10
                              									at Betriebsdruck zerriß infolge eines Blechfehlers. Der verletzte Mantelschuß, in
                              									dem der Fehler saß, wurde längs aufgerissen, die Rundnähte um mehr als drei Viertel
                              									des Kesselumfanges aufgerollt. Der explodierende Kessel flog 15 m seitlich, der
                              									hintere Teil eines Nachbarkessels gleicher Größe wurde um 10 m verschoben.
                           Bei den 11 Explosionen wurden 8 Personen tödlich, 6 Personen schwer und 16 leicht
                              									verletzt. Schon diese Zahlen geben alle Veranlassung, den Explosionsursachen
                              									nachzugehen, um möglichste Verminderung der Unglücksfälle zu erreichen. Die
                              									erheblichen Materialschäden durch die Explosionen geben naturgemäß noch besonderen
                              									Anlaß, nach den Fehlern zu forschen.
                           Der hohe Prozentsatz der Explosionen durch Wassermangel zeigt deutlich Mängel in der
                              									Bedienung. Das Kesselhauspersonal braucht nicht immer nachlässig oder gar so
                              									leichtsinnig zu sein, daß es die Sicherheitsventile feststellt, um Ursachen zu
                              									Explosionen zu geben. Oft genug ist mangelhafte Ausbildung schuld, die die Leute
                              									unglaubliche Fehler, wie falsches Einsetzen der Wasserstandsgläser, der Dichtungen
                              									dafür usw. begehen läßt. Die wahre Schuld dürfte in solchen Fällen allerdings meist
                              									den Betriebsleiter treffen, der aus falscher Sparsamkeit ungeeignete Leute an den
                              									falschen Fleck stellt.
                           Die Fehler durch Blechschwächung bestätigen die Erfahrung, daß die Wasserdruckprobe
                              									kein sicheres Bild von der Widerstandsfähigkeit des Kessels liefert. Selbst stark
                              									beschädigte Kessel zeigen sich oft noch völlig widerstandsfähig. Dringend
                              									erforderlich ist, den Einbau der Kessel so vorzunehmen, daß sie möglichst in allen
                              									Teilen der Besichtigung zugänglich sind. Das Unglück auf dem Dampfer
                              										„Kyffhäuser“ dürfte zu denken geben.
                           Auf die Anforderungen an die Beschaffenheit der Kesselbleche, auf die Gefahren
                              									scharfgekrümmter Kesselböden, hohen Nietdrucks bei der Herstellung usw. hier
                              									einzugehen, fehlt der Raum. Ich verweise auf das Sonderheft „Hochdruckdampf“,
                              									das der Verein Deutscher Ingenieure herausgegeben hat. Der lange Zeit als Stiefkind
                              									behandelte Dampfkessel ist in der neuesten Zeit stark in den Vordergrund gezogen
                              									worden, wodurch auch die erfolgten Unglücksfälle erhöhte Bedeutung gewinnen. Durch
                              									sie müssen Fehler erkannt und infolgedessen vermieden werden, sonst können bei den
                              									angestrebten Höchstdrücken die verheerendsten Folgen eintreten.
                           Parey.
                           Bergbau und Hüttenwesen Luxemburgs im Jahre 1922 lassen
                              									eine merkliche Besserung erkennen. Die Eisenerzgewinnung in jenem Jahre belief sich
                              									auf 4,49 Mill. t was 1,46 Mill. t oder 48,07 % mehr sind als im Jahre 1921.
                              									Allerdings bleibt die 1922er Förderung immer noch hinter derjenigen des letztes
                              									Friedensjahrs um 2,84 Mill. t oder um 38,79 % zurück. Auch die Ausfuhr Luxemburgs an
                              									Eisenerz zeigt, entsprechend der Förderzunahme eine beachtenswerte Steigerung; mit
                              									1,92 Mill. t macht sie jedoch nur 66,06 % der Eisenerzausfuhr von 1913 aus. Nach
                              									Deutschland gingen im Berichtsjahr 1922 rund 982000 t gegen 1,14 Mill. t im Jahre
                              									1921. Hiervon erhielt das besetzte Gebiet 512000 t oder 52,19 %, das unbesetzte
                              									Deutschland 469000 t = 47,81 %. Die Einfuhr Belgiens an luxemburgischem Eisenerz hat
                              									sich 1922, bei
                              									748000 t mehr als verdoppelt. Frankreich bezog in 1922 nur 190000 t Eisenerz aus
                              									Luxemburg, während es in 1913 annährend die doppelte Menge davon bezogen hatte.
                              									Folgende Uebersicht, nach Glückauf Nr. 52 vom 29. Dezbr. 1923, möge hier Platz
                              									finden:
                           Eisenerzgewinnung Luxemburgs.
                           
                              
                                 Jahr
                                 Menget
                                 WertFrcs.
                                 Wert pro tFrcs.
                                 
                              
                                 1913
                                 7333372
                                 21965818
                                 2,99
                                 
                              
                                 1921
                                 3031626
                                 26461773
                                 8,73
                                 
                              
                                 1922
                                 4488974
                                 37116900
                                 8,44
                                 
                              
                           Eisenerzgewinnung nach Bezirken.
                           
                              
                                 Bezirk
                                 1913t
                                 1921t
                                 1922t
                                 
                              
                                 DifferdingenEschRümelingen
                                 290140219500502481920
                                 1004005  8976891129932
                                 162871713121951548062
                                 
                              
                                 Zusammen t
                                 7333372
                                 3031626
                                 4488974
                                 
                              
                           Eisenerzausfuhr Luxemburgs.
                           
                              
                                 Jahr
                                 Loth-ringent
                                 Saar-bezirkt
                                 Rheinld.-Westfal.t
                                 Deutschld.insgesamtt
                                 Belgient
                                 Frank-reicht
                                 Gesamt-ausfuhrt
                                 
                              
                                 1913
                                 278760
                                 240240
                                 541350
                                 1060350
                                 1470350
                                 375400
                                 2906200
                                 
                              
                           
                              
                                 
                                 besetzt. Gebiet
                                 unbes. Gebiet
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 1921
                                 444781
                                 698994
                                 1143775  
                                 357776  
                                 167031
                                 1668582
                                 
                              
                                 1922
                                 512481
                                 469492
                                   981973
                                 747853
                                 190082
                                 1919908
                                 
                              
                           Im Luxemburgischen Eisenerzbergbau waren in 1922 3928 Arbeiter beschäftigt, das sind
                              									32,36 % weniger als im Jahre 1913, aber 16,94 mehr wie im Jahre 1921. Die Löhne sind
                              									naturgemäß auch hier stark gestiegen; Die Förderleistung aber ist noch unter jener
                              									von 1913, während der gezahlte Lohn etwa 3 ½ mal so hoch, wie folgende Zahlentafel
                              									zeigt.
                           
                              
                                 Im luxemburgischen Eisenerzbergbau
                                    											betrug
                                 
                              
                                 Jahr
                                 dieZahl d.Ar-beiter
                                 die Lohnsumme
                                 die Jahresförderungpro. Arbeiter
                                 
                              
                                 insgesamtFrcs.
                                 pro. ArbeiterFrcs.
                                 Menge tons
                                 Wert in Frcs.
                                 
                              
                                 1913
                                 5807
                                 11447865
                                 1971
                                 1262
                                 3783
                                 
                              
                                 1921
                                 3359
                                 23227670
                                 6915
                                   903
                                 7878
                                 
                              
                                 1922
                                 3928
                                 27732346
                                 7060
                                 1143
                                 9449
                                 
                              
                           Zahl der Arbeiter in der Eisenindustrie.
                           
                              
                                 Jahr
                                 Hochofen-betrieb
                                 Stahlwerke
                                 Walzwerke
                                 Gießereien
                                 
                              
                                 1913
                                 5233
                                 6514
                                 432
                                 
                              
                                 1921
                                 3237
                                 1213
                                 2536
                                 714
                                 
                              
                                 1922
                                 4004
                                 1632
                                 3328
                                 840
                                 
                              
                           Im Hüttenwesen des Ländchens zeigt sich folgender Entwicklungsgang:
                           Roheisenerzeugung.
                           
                              
                                 Jahr
                                 Zahl der Hochöfen
                                 Roheisen erzeugt
                                 Wert prot in Frcs.
                                 
                              
                                 insges.
                                 davon inBetrieb
                                 Menge t
                                 Wert in Frcs.
                                 
                              
                                 1913
                                 45
                                 45
                                 2547861
                                 163359161
                                   64,11
                                 
                              
                                 1921
                                 47
                                 18 bis 23
                                   970336
                                 239257324
                                 246,57
                                 
                              
                                 1922
                                 47
                                 27 bis 30
                                 1679318
                                 363651540
                                 217,74
                                 
                              
                           Verbrauch der Hochöfen.
                           
                              
                                 Jahr
                                 InländischesEisenerzt
                                 FremdesEisenerzt
                                 GesamtEisenerzt
                                 Kokst
                                 Verbrau pro tRoheisen
                                 
                              
                                 Eisenerzt
                                 Kokst
                                 
                              
                                 1913
                                 –
                                 –
                                 8653670
                                 –
                                 3,396
                                 –
                                 
                              
                                 1921
                                 2561368
                                 480067
                                 3041435
                                 1199995
                                 3,134
                                 1,237
                                 
                              
                                 1922
                                 4681419
                                 823010
                                 5504429
                                 2213332
                                 3,278
                                 1,318
                                 
                              
                           Die Rohstahlerzeugung kommt im letzten Jahre der Friedensproduktion 1914, die
                              									1913er Zahlen liegen nicht vor, schon ganz wesentlich näher als die
                              									Roheisenerzeugung. Ebenso ist die Produktion der Walzwerke beträchtlich gestiegen
                              									und die Erzeugung der Gießereien Luxemburgs hat die Friedenshöhe wieder
                              									erreicht.
                           Rohstahlerzeugung.
                           
                              
                                 Jahr
                                 
                                    Stahlblöcke
                                    
                                 
                                    Elektrostahl
                                    
                                 
                              
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                                 1914
                                 1128791
                                 77097187
                                   68,35
                                 7704
                                 3093750
                                 
                              
                                 1921
                                   750974
                                 219836385
                                 292,73
                                 3098
                                 3955250
                                 
                              
                                 1922
                                 1387902
                                 373362405
                                 269,01
                                 6070
                                 4605305
                                 
                              
                           
                              
                                 Walzwerkserzeugung.
                                 Gießerei-produkte
                                 
                              
                                 Jahr
                                 Halbzeugt
                                 Eisenbahnoberbau-materialt
                                 Trägert
                                 Stabeisent
                                 Walz-drahtt
                                 Band-eisent
                                 
                              
                                 t
                                 
                              
                                 1914
                                 385148
                                 80702
                                 208011
                                 214988
                                 51330
                                   6481
                                 26513
                                 
                              
                                 1921
                                 231212
                                 99189
                                 102058
                                 112286
                                 51819
                                 11585
                                 16097
                                 
                              
                                 1922
                                 485315
                                 79294
                                 197472
                                 332112
                                 67646
                                 32713
                                 26496
                                 
                              
                           Si.
                           Der Triebwagen im Eisenbahnverkehr. Solange es Eisenbahnen
                              									gibt, so alt ist auch das Bestreben, den Verkehr nach Möglichkeit wirtschaftlich zu
                              									gestalten. Dies ist bei der Benutzung von Dampflokomotiven, die ja das erste
                              									Beförderungsmittel nach der Erfindung der Eisenbahn darstellen, nicht in allen
                              									Fällen möglich. Vor allen Dingen nicht da, wo es sich um schwach belegte Strecken
                              									oder um stoßweisen Verkehr handelt, wie zum Beispiel um den Berufsverkehr größerer
                              									Städte (die Reichshauptstadt ist hierbei auszunehmen) wo aber andererseits die
                              									Grenze der Wirtschaftlichkeit der Straßenbahnen aufhört.
                           Von großer Wichtigkeit ist, daß die Triebwagen dazu berufen sind, Lücken im Fahrplane
                              									auf wirtschaftlichste Weise auszufüllen. Ferner im Vorortverkehr zumal in den
                              									Stunden des schwachen Andranges den Betrieb aufrechtzuerhalten. Auf den großen
                              									durchgehenden Strecken ist es das Bestreben der Eisenbahnverwaltung, um einen
                              									möglichst hohen Wirtschaftlichkeitsgrad zu erzielen, die Züge möglichst lange
                              									Strecken durchfahren zu lassen. Um nun aber auch den dazwischen liegenden Städten
                              									und Ortschaften Gelegenheit zum Anschluß an diese Durchgangszüge, zu bieten, sind
                              									die Triebwagen wiederum das gegebene Beförderungsmittel und zwar sowohl für vorwärts
                              									als auch für rückwärtige Verbindungen. Dazu kommt noch die Verwendung der Triebwagen
                              									als Zubringer von Seiten- und Verbindungsbahnen, was besonders für ländliche
                              									Gegenden von großer Bedeutung ist.
                           Hier ist der Triebwagen unbedingt am Platze, wie er sich auch seit seiner Erfindung
                              									in diesem Falle restlos und vorzüglich bewährt hat. Es ist naheliegend, daß der
                              									älteste Triebwagen als Antrieb eine Dampfmaschine hatte und in seinem ganzen Bilde
                              									eigentlich nichts weiter darstellte als eine Lokomotive mit festangebautem
                              									Personenraum. Mit der fortschreitenden Entwicklung der Technik, besonders auf dem
                              									Gebiete der Elektrizität, kann man es für selbstverständlich ansehen, daß der
                              									elektrische Betrieb auch für Eisenbahn-Zwecke, insbesondere natürlich für Triebwagen
                              									zur Einführung gelangte. So kamen zunächst die Akkumulatorentriebwagen, die ja heute
                              									noch auf zahlreichen Strecken der Reicheisenbahn im Betrieb sind, zustande, die aber
                              									neben den relativ hohen Beschaffungskosten den Nachteil haben, daß sie ein
                              									außerordentlich hohes Gewicht besitzen und außerdem in ihrer Freizügigkeit durch
                              									die Abhängigkeit von den Ladestationen beschränkt sind.
                           Mit der Erfindung der Verbrennungsmotoren trat auch der Triebwagenbau in eine neue
                              									Entwicklungsstufe ein. Gerade dieser Motor hat den Vorteil, Brennstoffe verwerten zu
                              									können, die als Abfallstoffe bei der Verkokung der Steinkohle gewonnen werden. Von
                              									großer Wichtigkeit für jeden Triebwagen ist, daß der Wagen nicht nur in einer
                              									Richtung benutzt werden kann, d.h. nicht wie z.B. unsere großen Lokomotiven am Ende
                              									ihrer Fahrt auf einer Drehscheibe umgedreht werden müssen, sondern daß sie, wie z.B.
                              									die Straßenbahnwagen, ohne weiteres am Ziele ihrer Fahrt von dem Fahrer auf der
                              									anderen Seite bestiegen werden können, um dann von dort aus zur Rückfahrt benutzt zu
                              									werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 339, S. 117
                              Triebwagenzug.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 339, S. 117
                              Getriebe.
                              
                           Bei der Entwicklung der durch Verbrennungskraftmaschinen bewegten Triebwagen hat die
                              									Entwicklung des Automobilbaues, vornehmlich des Automobilmotors, eine vorbildliche
                              									Rolle gespielt. Nun liegen aber die Verhältnisse des Eisenbahnbetriebes ganz anders,
                              									als die des Automobilbetriebes. So ist es erklärlich, daß die Verwendung des Benzin-
                              									oder Benzolmotors für den Eisenbahnbetrieb lange Zeit daran scheiterte, daß die
                              									einfache unmittelbar mechanische Kraftübertragung durch Zahnradwechselgetriebe, wie
                              									sie bei den Kraftfahrzeugen allgemein eingeführt sind, nicht ohne weiteres auf den
                              									Eisenbahnbetrieb übertragen werden konnte. Der Grund hierfür lag teilweise in einem
                              									Vorurteil gegen die Verwendung zu stark beanspruchter Zahnräder, das vielleicht
                              									berechtigt sein konnte, andererseits aber auch in der Eigenart der beabsichtigten
                              									Verwendung, bei der es sich nicht nur um die Schaltung allgemein beträchtlich großer
                              									Leistungen bei niedrigen Drehzahlen handelt, sondern um die Mitwirkung sehr großer
                              									bewegter Massen während des Schaltvorganges. Die Folge davon war, daß der Gedanke,
                              									einen Benzolmotor für Triebwagen zu verwenden, zum Bau benzolelektrischer Wagen
                              									führte. Dies ist ein Fahrzeug, bei dem durch einen Verbrennungsmotor eine Dynamo
                              									angetrieben wird, dessen Strom dem eigentlichen Antriebsmotor des Wagens zugeleitet
                              									wird. Hierbei brachte die Entwicklung, genau wie bei dem Akkumulatorenwagen,
                              									zunächst die maschinelle Anlage im Innern des Wagens. Die Nachteile dieser Anordnung
                              									waren, daß durch die von dem Motor ausgestrahlte Wärme und durch die
                              									Ausdünstungen der Maschinen die Luft im Wageninnern verschlechtert wurde;
                              									andererseits wirken auch die Geräusche der Motoren und die bei ihrem Gange
                              									entstehenden Erschütterungen recht störend. Dazu kam noch, daß die Zugänglichkeit zu
                              									den einzelnen Teilen recht schwierig war, so daß man sich späterhin entschloß, den
                              									motorischen Teil ganz aus dem Wagen herauszunehmen und in den an den Wagenenden
                              									befindlichen Drehgestellen unterzubringen. Für diese Gattung von Triebwagen wurde
                              									ausschließlich die Verbrennungskraftmaschine „Deutz“ mit 6 paarweisen in
                              									V-Stellung angeordneten Zylindern benutzt. An Stelle des Benzolmotors ist späterhin
                              									der günstigen Entwicklung des Dieselmotors folgend dieser als Antriebmaschine für
                              									Triebwagen verwendet und 1914 auf der baltischen Ausstellung in Malmö ein 5achsiger
                              									Dieselelektrischer Triebwagen gezeigt worden, dessen dreiachsiges Drehgestell mit
                              									einem 200 PS Sulzer Dieselmotor ausgerüstet war. Der Nachteil dieses Wagens lag vor
                              									allen Dingen in der Schwierigkeit des Anlassens des Motors und in der Beschaffung
                              									der hierfür erforderlichen Preßluft. Dies wurde vermieden bei dem 1922 von der
                              									Sulzer Maschinenfabrik für die Schweiz gelieferten Dieselelektrischen Wagen mit dem
                              									kompressorlosen Dieselmotor von gleichfalls 200 PS Leistung.
                           Kurz vor dem Kriege wurden bei der württembergischen Bahn 4 Daimler-Wagen in Betrieb
                              									genommen, bei denen die Achsen durch ein mechanisches Vorgelege von dem
                              									Verbrennungsmotor angetrieben wurden. Diese Wagen können als Vorläufer zu den
                              									neueren Benzoltriebwagen angesehen werden, bei denen dasselbe Verfahren, wie im
                              									Großautomobilbau üblich, angewandt wird. Abweichend davon haben die
                              										„Linke-Hofmann-Lauchhammer A.-G.“ in Gemeinschaftsarbeit mit der
                              										„Nationalen Automobil-Gesellschaft“ und der „Allgemeinen
                                 										Elektrizitäts-Gesellschaft“ einen Triebwagen herausgebracht, dadurch
                              									charakterisiert, daß die Betätigung des Wechsel- und Wendegetriebes sowie die
                              									Regulierung des Motors durch Preßluft erfolgt. Die grundsätzliche Unterteilung der
                              									Triebwagen ist, wie in jedem Eisenbahnwagen, das Untergestell und der Wagenkasten.
                              									Das Untergestell nimmt den gesamten maschinellen Aufbau auf. Es kann zwei- oder
                              									vierachsig mit Drehgestell ausgearbeitet sein und je nach den zu stellenden
                              									Anforderungen mit einem oder zwei Motoren ausgerüstet werden. Der maschinelle Aufbau
                              									ist in seinen Grundzügen dem Automobilbau entnommen. Der Antriebsmotor kann als
                              									Vier- und Sechszylindermotor ausgebildet werden. Er arbeitet im Viertakt und
                              									entwickelt als Sechszylindermotor 75 PS. Die sechs Zylinder stehen in drei Blöcken
                              									nebeneinander. In der Regel wird der Motor elektrisch angeworfen; doch ist für den
                              									Fall, daß die Akkumulatorbatterie einmal versagen sollte, auch eine mechanische
                              									Anlaßvorrichtung vorgesehen. Als Brennstoff kommen Benzin, Benzol, Tetralin oder
                              									Gemische von diesen zur Verwendung. Ganz besondere Sorgfalt wurde dem
                              									Geschwindigkeitsgetriebe gewidmet. Hierfür wurde eine Anordnung gewählt, bei der so
                              									viele Zahnräder dauernd im Eingriff bleiben, als Uebersetzungen gewünscht werden.
                              									Das Aus- und Einrücken der Gänge erfolgt durch Kupplungen, die durch Preßluft
                              									betätigt werden. Jede stoßweise Beanspruchung des Zahngetriebes ist dadurch
                              									vermieden worden. Wichtig ist, daß für jeden Geschwindigkeitsgang eine Kupplung
                              									vorhanden ist. Das Luftsteuerventil führt dem Kolben Luft zu, dessen Zahnräder
                              									die Kraft übertragen sollen, während alle anderen Zahnräder leer mitlaufen.
                           Der Vorgang im Getriebekasten ist folgender:
                           Die Motorwelle arbeitet durch die Zahnräder auf die Nebenwelle, auf der die
                              									verschieden großen Zahnräder fest aufmontiert sind. Auf der Getriebewelle selbst
                              									sitzen lose die Kupplungsräder und mit diesen starr verbunden die Kupplungstrommel.
                              									Soll nun der erste Gang eingeschaltet werden, so läßt der Wagenführer Druckluft in
                              									den Zylinder „1“ durch Drehen der Fahrkurbel auf Fahrstellung „1“.
                              									Diese Druckluft bewegt den Kolben „1“ und drückt durch eine Hebelübertragung
                              									die inneren Kupplungsteile gegen die Kupplungstrommel. Die Getriebewelle wird
                              									nunmehr mit der Geschwindigkeit des ersten Zahnradpaares mitgenommen. Durch
                              									Weiterdrehen der Fahrkurbel auf Fahrstellung „2“ wird der erste Zylinder
                              									entlastet und es wiederholt sich der soeben beschriebene Vorgang durch den zweiten
                              									Zylinder.
                           Das Fahren ist sehr einfach. Der Führer braucht nur, um die Fahrbewegung
                              									einzuschalten, durch einen Hand- oder Tretkontakt den Motor anzulassen, sodann zum
                              									Anfahren die Kurbel auf Fahrstellung „1“ zu drehen. Um eine ruckweise
                              									Beschleunigung der Fahrgeschwindigkeit zu vermeiden, wird vor Uebergang von der
                              									ersten zur zweiten Geschwindigkeitsstufe die Umlaufzahl des Motors durch
                              									Abdrosselung von Gas vermindert und dann das zweite Zahnräderpaar durch Weiterdrehen
                              									der Fahrkurbel auf Fahrstellung „2“ eingeschaltet, wobei die Motorumdrehzahl
                              									wieder gesteigert wird, bis die Höchstgeschwindigkeit erreicht ist.
                           Das Wendegetriebe hat die Aufgabe, die Fahrtrichtung des Wagens zu ändern. Da diese
                              									Fahrtrichtungsänderung nur bei Stillstand des Wagens erfolgen soll, so ist die beim
                              									Automobil bewährte Bauart übernommen worden, mit der Abänderung, daß die Betätigung
                              									nicht auf mechanischem Wege durch Hebelübertragung, sondern durch Luftdruck
                              									erfolgt.
                           Der Antrieb des Wagens geschieht durch eine Welle mit zwei Kardangelenken, die durch
                              									Kegelräder auf die Wagenachsen wirken. Es können auch von einem Wendegetriebe aus
                              									gleichzeitig zwei Achsen angetrieben werden. Die Wagen sind mit Handspindel- und mit
                              									Luftdruckbremsen ausgerüstet, welch letztere durch den Luftkompressor gespeist
                              									werden.
                           Die Beleuchtung ist elektrisch und geschieht durch eine von dem Verbrennungsmotor
                              									angetriebene Dynamomaschine, die für die Dauer von Aufenthalten durch eine
                              									Akkumulatorenbatterie, welche zugleich als Puffer gegen auftretende Stromstöße
                              									dient, unterstützt wird. Infolge der Anwendung der Preßluft für die Umsteuerung des
                              									Motors und für die Schaltung der Geschwindigkeitsgetriebe können auch zwei und
                              									mehrere Wagen zusammengekuppelt werden. Hierbei ist es möglich, die Motoren des
                              									ganzen Wagenzuges von einem Fahrer aus steuern zu lassen. Durch diese Anordnung wird
                              									erreicht, den Verkehrsbedürfnissen in weitgehendstem Maße Rechnung zu tragen, indem
                              									entweder der einzelne Triebwagen oder aber dieser mit einem oder mehreren Anhängern
                              									gefahren werden kann.
                           Die Entwicklung der Triebwagen kann keineswegs als abgeschlossen betrachtet werden,
                              									sondern es ist anzunehmen, daß mit der fortschreitenden Durchbildung der
                              									kompressorlosen Dieselmotoren sich auch für den Triebwagen noch eine erhöhte
                              									Wirtschaftlichkeit im Eisenbahnbetrieb erzielen läßt.