| Titel: | Polytechnische Schau. | 
| Fundstelle: | Band 339, Jahrgang 1924, S. 196 | 
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                        Polytechnische Schau.
                        (Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszüge
                           								– nur mit Quellenangabe gestattet.)
                        Polytechnische Schau.
                        
                     
                        
                           Telefunken auf dem „Z. R. III“. Die unbedingte
                              									Notwendigkeit, auch jedes moderne Luftfahrzeug mit drahtloser Telegraphie und
                              									Telephonie auszurüsten, erhellt schon daraus, daß die Sicherung gerade des
                              									Luftverkehrs eine dauernde Verständigung mit der Erde als unerläßlich erwiesen hat.
                              									Zur Uebermittlung von Meldungen der Heimats- und Anlaufhäfen, zur Mitteilung von
                              									Wetternachrichten und Sturmwarnungen, wie endlich für den Nachrichten- und Unter
                              									haltungsdienst für die Fahrgäste bietet die Funktechnik das einzige
                              									Ueberbrückungsmittel zwischen Luft und Land. Es ist daher selbsverständlich, wenn
                              										„Z. R. III“, das erste Verkehrsluftschiff von großen Ausmaßen, eine allen
                              									Anforderungen genügende Funkausrüstung erhalten hat. Die Telefunken, Gesellschaft
                              									für drahtlose Telegraphie, Berlin, die in jahrzehntelanger Zusammenarbeit mit dem
                              									Luftschiffbau Zeppelin alle Erfahrungen hat sammeln können, hat diese Anlage in
                              									allen Teilen geliefert.
                           Der Telefunken-Röhrensender des Luftschiffes entwickelt
                              									eine Antennenleistung von 200 Watt und gewährleistet mit einer dreistrahligen
                              									Antenne eine Telegraphier-Reichweite von rund 2500 km. Damit ist die Verbindung des
                              										„Z. R. III“ mit dem europäischen oder amerikanischen Kontinent jederzeit
                              									gesichert, während die Telephonie-Reichweite von etwa 500 km eine fernmündliche
                              									Verständigung mit Land- und Seestationen auf vier Stunden Flugweite noch zuläßt. Dem
                              									Empfang drahtloser Nachrichten dient eine Telefunken-Empfangsanlage für alle Wellenlängen, während für die
                              									Unterhaltung der Fahrgäste durch eine Telefunken-Rundfunkanlage gesorgt ist.
                           Eine Neuerung – soweit Luftfahrzeuge in Betracht kommen – ist der auf „Z. R.
                                 										III“ eingebaute Telefunken-Bordpeiler, der – auf den Prinzipien der richtungsempfindlichen
                              									Rahmenantenne aufgebaut – die Anpeilung jedes Senders ermöglicht. Eingehende
                              									Erprobungen, an denen u.a. Professor Wedemeyer durch
                              									Aufstellung besonderer Peilkurven hervorragenden Anteil hat, haben die
                              									Unentbehrlichkeit dieses modernsten Navigationsmittels – und nicht nur für
                              									unsichtiges Wetter – erwiesen. Die ersten Peilungen auf „Z. R. III“, die
                              									gelegentlich der Schweizer Fahrt stattfanden und auf seiner großen Probefahrt über
                              									der Ostsee fortgesetzt wurden, haben alle Erwartungen in vollstem Maße erfüllt und
                              									der deutschen Funktechnik einen bleibenden Erfolg auch gegenüber dem kommenden
                              									Besitzer des deutschen Luftschiffs gesichert.
                           Das Ergebnis der Leipziger Herbstmesse 1924. Die Leipziger
                              									Herbstmesse 1924 wurde einen Tag nach der Unterzeichnung der Londoner
                              									Konferenzbeschlüsse eröffnet. Man kann feststellen, daß die Einigung in London auch
                              									die Aussicht auf eine Stabilisierung der Wirtschaftsverhältnisse in Deutschland
                              									gibt. Die Leipziger Messe mußte naturgemäß zuerst davon Notiz nehmen. In der Tat
                              									haben die vom deutschen Reichstag am 30. August getroffenen Entscheidungen auf die
                              									Stimmung der Leipziger Herbstmesse vorteilhaft eingewirkt. Man ist durchaus davon
                              									überzeugt, daß die Aufhebung der Zollgrenze im deutschen Westen und die
                              									Wiederherstellung der deutschen Wirtschaftseinheit eine Ermutigung und Belebung des
                              									Geschäftslebens bedeuten.
                           Die Messe war lebhaft besucht. Man muß dabei in Betracht ziehen, daß die
                              									Frühjahrsmessen stets bedeutender zu sein pflegen als die Herbstmessen. Um so höher
                              									war die Tatsache zu bewerten, daß die diesjährige Herbstmesse neben der
                              									Inlandskundschaft auch einen kräftigen Auslandsverkehr aufwies. Man rechnet mit den
                              									kommenden neuen Handelsverträgen mit Deutschland, die es voraussichtlich leichter
                              									gestalten werden, Ware aus Deutschland zu beziehen und die eigenen Erzeugnisse nach
                              									Deutschland zu verkaufen.
                           
                           Das deutsche Inlandsgeschäft ließ einen lebhaften Bedarf erkennen, besonders bei
                              									jenen Kreisen des Publikums, die während der Inflationszeit nicht im normalen Maße
                              									hatten kaufen können. Dem Bedarf entsprach allerdings auch heute noch nicht die
                              									Kaufkraft und die Kreditmöglichkeit. Um nach langer Zeit der Stagnation wieder
                              									Umsätze zu erzielen, bemühen sich die Verkäufer, ihre Preise möglichst niedrig zu
                              									stellen. Billige Lagerposten, insbesondere auch für den Weihnachts- und
                              									Winterbedarf, wurden daher auf der Textilmesse, der Schuhmesse sowie in der
                              									Spielwarenbranche verhältnismälig flott abgesetzt. Auch bessere Gebrauchswaren
                              									wurden nicht unbefriedigend verkauft, allerdings zumeist in kleineren Posten.
                              									Ziemlich schwierig war dagegen die Situation für größere Transaktionen, die
                              									notwendigerweise mit ausreichender Kreditgewährung verbunden sein müssen. Hier
                              									erwies sich der Geld- und Kreditmangel der deutschen Wirtschaft als großes
                              									Hindernis. Man rechnet allgemein in Deutschland damit, daß nunmehr nach
                              									Inkraftsetzung des Dawesplanes erhebliche Auslandskredite für die deutsche
                              									Produktion hereinkommen werden. Die Messe hat in der imposanten Gesamtleistung von
                              									weit über 13000 Ausstellern den Beweis dafür erbracht, daß der Apparat der
                              									deutschen Produktion glänzend konstruiert ist, und daß es eine vorteilhafte
                              									Kapitalanlage darstellt, wenn man den finanziell erschöpften Betrieben heute die
                              									erforderlichen Betriebskredite einräumt.
                           Neben den zahlreichen interessanten Neuheiten, die in den verschiedenen Branchen der
                              									Leipziger Allgemeinen Mustermesse anzutreffen waren, fanden die Ausstellungen der
                              									Leipziger Technischen Messe und Baumesse die höchste Aufmerksamkeit der Fachleute
                              									des In- und Auslandes. Besonders ist dies von der Radiomesse und vom „Haus der
                                 										Elektrotechnik“ sowie den Textilmaschinen zu berichten.
                           In Anbetracht der Zeitverhältnisse und der zahllosen erschwerenden Momente, unter
                              									denen die deutsche Wirtschaft heute arbeiten muß, hat das Geschäft der diesjährigen
                              									Leipziger Herbstmesse vernünftig bemessenen Erwartungen durchaus entsprochen, mit
                              									der Aussicht auf durchgreifende Besserung der Verhältnisse, sobald die Ergebnisse
                              									der neuen Dawes-Wirtschafts-Politik weiter an Ausdehnung gewinnen. Dies wird der
                              									Leipziger Frühjahrsmesse 1925 (Anfang März) zweifellos in höchstem Maße zugute
                              									kommen.